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„ Intuitive Psychologie – Untersuchung zur „Theory of Mind“

„ Intuitive Psychologie – Untersuchung zur „Theory of Mind“. ToM – Theory of Mind. Theory of Mind bezeichnet die Fähigkeit, mentale Funktionen bei anderen wahrzunehmen sowie das Vermögen, eine Verbindung zwischen den mentalen Funktionen einer Person und ihren Handlungen herzustellen.

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Presentation Transcript


  1. „Intuitive Psychologie – Untersuchung zur „Theory of Mind“

  2. ToM – Theory of Mind Theory of Mind bezeichnet die Fähigkeit, mentale Funktionen bei anderen wahrzunehmen sowie das Vermögen, eine Verbindung zwischen den mentalen Funktionen einer Person und ihren Handlungen herzustellen

  3. Mentale Funktionen • Produkte des Denkens (beliefs): Ansichten, Meinungen, Überzeugungen, Wissensbestände • Antriebsfaktoren für das Handeln (desires): Bedürfnisse, Wünsche, Intentionen

  4. Entwicklung der Theory of Mind

  5. Vorläufer der Theory of Mind: • Unterscheidung zwischen eigenen und fremden Gefühlen bzw. Handlungszielen • Entwicklung der Fähigkeit, anderen Personen bestimmte Wünsche zuzuschreiben • Alter: bis ca. 2 Jahre

  6. First-order belief: • Verständnis, dass man eine falsche Überzeugung über einen Sachverhalt haben kann, d.h. Unterscheidung zw. Überzeugung und Realität • Alter: ca. 3 ½ Jahre

  7. Anne-und-Sally-Test

  8. Second-order belief: • Entwicklung des Verständnisses, dass jemand eine falsche Überzeugung über eine Überzeugung haben kann • Alter: ca. 6 Jahre

  9. Kinder mit Autismus haben häufig Schwierigkeiten, die Perspektive zu wechseln. • Es gibt aber auch Autisten, die unterschiedlich stark ausgeprägte ToM-Fähigkeiten besitzen. • Ungeklärt ist, welche Rolle die Intelligenz bei der Entwicklung der ToM-Fähigkeiten von Autisten spielt.

  10. ToM-Defizite bei anderen Erkrankungen

  11. Schizophrenie • Bipolar affektive Störung • AD(H)S • Apoplektischer Insult

  12. Schizophrenie • Patienten zeigen im Vergleich zu Gesunden signifikant schlechtere Leistungen in unterschiedlichen ToM-Aufgaben • Variation der Defizite innerhalb des schizophrenen Formenkreises sehr groß: • Schwierigkeiten aus indirekter Rede korrekte Schlussfolgerungen zu ziehen • mangelnde Fähigkeit die Ich-Perspektive einzunehmen • Fehlende Einsicht in soziale Zusammenhänge

  13. Zusammenhänge zwischen Einschränkungen der ToM-Kompetenzen und schizophrenen Symptomen bestehen im Einzelnen aus formalen Denkstörungen und Defiziten der verbalen Gedächtnisleistungen • Schizophrene haben geringere ToM-Defizite als Autisten • z.B. bei der Wahrnehmung von Emotionen

  14. Trotz normaler Entwicklung der ToM vor Beginn ihrer Erkrankung, gibt es bei ihnen ähnliche zerebrale Auffälligkeiten, wie sie auch bei Autisten auftreten • Ähnliche biologische Basis?

  15. Affektive Störungen • Lediglich zwei Untersuchungen zu ToM-Defiziten: • Eine stellte deutliche ToM-Defizite fest, die sich allerdings nach der Remission der bipolaren Symptomatik deutlich zurückbildeten oder gar völlig verschwanden • eine Zweite stellte keine Einschränkungen im Vergleich mit einer Kontrollgruppe mit milden Lernschwierigkeiten (IQ 50-70) fest

  16. AD(H)S • Kein Unterschied bei der Verarbeitung von ToM-Aufgaben zweiter Ordnung zwischen Asperger-Autisten, Patienten mit atypischem Autismus und Patienten mit AD(H)S • Nachteil: lediglich 9 Kinder mit AD(H)S • Befund dennoch bedeutsam, da 40% aller autistischen Kinder zusätzlich eine Aufmerksamkeitsstörung aufweisen • Bei Genomscans von Familien mit AD(H)S wurden Regionen identifiziert, die auch als relevant für den Autismus beschrieben werden

  17. ToM-Fähigkeiten können auch nach Schlaganfällen selektiv beeinträchtigt sein, besonders bei einer rechtsfrontalen Schädigung

  18. Bei den beschriebenen ToM-Defiziten handelt es sich nicht um autismusspezifische Störungen • Im Gegensatz zu anderen psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen, liegt die Störung bei Autisten jedoch schon von Geburt an vor • Keine Verlaufsuntersuchungen zu AD(H)S

  19. Neuronale Beziehungen der ToM

  20. ToM-Leistungen beinhalten viele mentale Prozesse, welche mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht in einer einzigen Hirnregion lokalisiert sind • Verschiedene Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren (PET und fMRT) • klassische ToM-Aufgaben • Aufgaben zur Gesichterverarbeitung

  21. Signifikant weniger Aktivität im Bereich der Amygdala • zuständig für die Verarbeitung von emotionalen Prozessen und Belohnungsreizen

  22. Weniger Aktivität im Bereich des Gyrus fusiformis: • besonders bei der Betrachtung von Gesichtern aktiv • Stattdessen höhere Aktivität in zerebralen Bereichen der Objekterkennung

  23. Funktionelle Abweichungen des Gesichtererkennungssystems, sowohl in der quantitativen Aktivierung bestimmter Hirnregionen, als auch der qualitativen • Ist die Aktivitätsminderung ein primäres Phänomen und die erhöhte Aktivierung des Objekterkennungssystems kompensatorischer Natur oder wenden Autisten völlig andere Strategien zur Gesichtererkennung an?

  24. Methodische Aspekte und Ausblick auf die Zukunft

  25. Bisher drei Publikationen über testtheoretische Aspekte • Ergebnis: • eher unbefriedigende Test-Retest-Reliabilität • Moderate interne Geschlossenheit • Kritik: • Schwieriger Vergleich mit bisherigen Untersuchungen, da in einem Fall statt mit Bildern, mit Videos gearbeitet wurde

  26. Erhebungen über ToM-Kompetenzen sind besonders dann reliabel und valide, wenn die genannten false-belief-tasks mit „belief-desire reasoning“-Aufgaben verknüpft werden

  27. Weitere Theorien • Theorie der schwachen sozialen Kohärenz: Autisten haben Schwierigkeiten einzelne Komponenten zu einem zusammenhängenden Ganzen zusammenzufügen. Sie erfassen Stimuli eher einzeln und detailkonzentiert und nicht kontextgebunden • Zwei Arbeitshypothesen: • kausaler Zusammenhang zur ToM • Inverser Zusammenhang zur ToM

  28. Theorie der defizitären Exekutivfunktion: Schwäche, Handlungen willentlich und zielgerichtet planen zu können • Autisten schneiden auch hier vergleichsweise schlechter ab, so dass dies ein Beleg für Zusammenhänge zur ToM sein könnte • Defizite in der Exekutivfunktion treten allerdings auch bei anderen psychiatrischen Störungen auf (besonders bei Kindern mit AD(H)S • Überlappung von Autismus und AD(H)S?

  29. Zusammenfassung • Anpassung der ToM-Tests an das jeweilige Entwicklungsniveau des Kindes vonnöten • Da nach neueren Studien (die ebenfalls den „high-functioning“-Autismus umfassen) zwischen 25%-50% die Kriterien für eine geistige Behinderung erfüllen, sind selbst false-belief-tasks erster Ordnung nicht für alle drei bis fünf-jährigen Kinder angemessen

  30. Zusätzliche Einflussvariablen: • Sprache • Gedächtnis • Keine genügende empirische Belegung • Beziehung zwischen verbalen Fähigkeiten und ToM-Fähigkeiten bewiesen

  31. Fazit • Weitere Forschung nötig • In wieweit finden Transmissionen von ToM-Kompetenzen innerhalb der Familie statt?

  32. Replikationsstudie des Sally-und-Anne-Tests (nach Baron-Cohen, Leslie & Frith (1985)) • Ziel der Studie: Überprüfung der Spezifitätshypothese eines Theorie-of-Mind-Defizits beim Frühkindlichen Autismus auf der Basis einer gesicherten, nach Forschungskriterien ausgerichteten Autismus-Diagnostik.

  33. Methodik

  34. Stichprobe: 60 Kinder, aufgeteilt in drei Kategorien: • Frühkindlicher Autismus • Down-Syndrom • normal entwickelte Kinder

  35. Frühkindlicher Autismus • 16 Probanden im Alter von 6;6 bis 15;9 Jahren. • Diagnose: Frühkindlicher Autismus (F84.0) nach ICD-10 • qualitative Auffälligkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie begrenzte repetitive und stereotype Verhaltensmuster Interessen und Aktivitäten. • Manifestation vor dem dritten Lebensjahr für die drei genannten Verhaltensdomänen.

  36. Down-Syndrom • 24 Probanden im Alter von 6;6 bis 20;1 Jahren. • Bei der zugrunde liegenden Chromosomenaberration handelt es sich in allen Fällen um Trisomie 21. Normal entwickelte Kinder • 20 normal entwickelte Kinder im Alter von 3;2 bis 6;0 Jahren. • Auswahlkriterium: altersgemäßer Entwicklungsstand (Beurteilung durch die Kindergärtnerinnen)

  37. Untersuchungsinstrumente

  38. Sally-und-Anne-Test • Sally-und-Anne-Test nach Baron-Cohen, Leslie & Frith • Rücksprache mit dem Erstautor der Originaluntersuchung hinsichtlich Design und Auswertung. • Durchführung des Tests durch Studenten der Heilpädagogischen Fakultät der Universität Köln.

  39. CPM / SPM • Baron-Cohen, Leslie & Frith (1985) führten bei den autistischen Probanden und bei den Probanden mit Down-Syndrom ein handlungs- und sprachorientiertes Verfahren durch. • Ziel war die Bestimmung des Intelligenzalters (mental age). • Grundlage für Ableitung des IQ-Äquivalents bildete das handlungsorientierte Intelligenzalter (nonverbal mental age)

  40. Problem für die Replikationsstudie: - keine Adaption der genannten Verfahren für den deutschsprachigen Raum. - weder im deutschsprachigen noch im internationalen Raum gibt es spezielle Verfahren für Intelligenzmessung bei intellektueller Minderbegabung. • Die Lösung lag im Raven Matrizen Tests, der für sprachfreie Bestimmung des allgemeinen Intelligenzpotentials entwickelt wurde: • Zur Bestimmung des IQ-Äquivalents wurden CPM (Coloured Progressive Matrices) und SPM (Standard Progressive Matrices) verwendet. • Vorteil des Raven Matrizen Tests: auch bei Probanden mit ausgeprägten Verhaltensauffälligkeiten durchführbar (im Gegensatz zu HAWIK-R, K-ABC)

  41. CPM (Coloured Progressive Matrices) • sprachfreie Bestimmung des allgemeinen Intelligenzpotentials • bestehend aus 3 Sets (A, B, C) zu je 12 Items. • misst die wichtigsten kognitiven Prozesse, die Kinder im Alter unter 11 Jahren im Allgemeinen beherrschen. • Die Board-Form ermöglicht unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit und Sprache eine verständliche Demonstration der Testaufgaben.

  42. AufgabenblattCPM

  43. SPM (Standard Progressive Matrices) • zur sprachfreien Erfassung des allgemeinen Intelligenzpotenzials • Die Aufgaben bestehen aus geometrischen Figuren oder Mustern, die aus jeweils 6 dargebotenen Antwortalternativen ergänzt werden sollen (multiple choice)

  44. Arbeitsblatt SPM

  45. Von der Umwandlung der IQ-Äquivalenten in handlungsorientiertes Intelligenzalter wurde abgesehen. • Grund: beide Matrizentests (CPM/ SPM) differenzieren im unteren IQ – Bereich nur eingeschränkt. • Wie auch in der Originalstudie wurde die Intelligenz der Kindergartenkinder nicht untersucht. • Es wurden nur Kindergartenkinder berücksichtigt, deren kognitives Niveau von den Kindergärtnerinnen als altersgemäß beurteilt wurden.

  46. Autism Diagnostic Interview-Revised(Lord, Rutter & Le Couteur, 1994) • ADI-R (Autism Diagnostic Interview-Revised) wurde ergänzend zu der klinischen Diagnostik des Frühkindlichen Autismus eingesetzt. • Beim ADI-R handelt es sich um ein halbstandartisiertes, untersuchergeleitetes Elterninterview. • ADI-R ist ab dem 3. Lebensjahr anwendbar. • Erfragt die Entwicklung und das Verhalten autistischer Personen gemäß der für Autismus kritischen Domänen: • Entwicklung bis einschließlich 36. Lebensmonat • Auffälligkeiten in der sozialen Interaktion • Auffälligkeiten der Kommunikation und Sprache • repetitives*, restriktives** und stereotypes Verhalten • Dieses diagnostische Inventar stand zur Zeit der Originalstudie (1985) noch nicht zur Verfügung. * repetitiv: sich wiederholend ** restriktiv: einschränkend, beschränkend

  47. Untersuchungsablauf

  48. Annahmeerhebung , die Intelligenztestungen und die Durchführung des Sally-und-Anne-Tests wurden in einem 60-90 minütigen Aufenthaltes im Untersuchungsraum in der Heilpädagogischen Fakultät Köln durchgeführt. • ADI-R Erhebung wurden mit den ersten Bezugspersonen der Probanden in den Familien durchgeführt. • Sally-und-Anne-Test wurde bei den normal entwickelten Kindern in einem ruhigen Raum in den Kindergärten durchgeführt.

  49. Ergebnisse der Replikationsstudie

  50. Im Vergleich zur Originalstudie sind die autistischen Kinder und Jugendlichen etwa 12 Monate, die Kinder und Jugendlichen mit Down-Syndrom 8 Monate sowie die Kindergartenkinder 5 Monate älter. • Das kognitive Leistungsprofil im Vergleich zu der Originalstudie ist dennoch sehr gut vergleichbar. • Der mittlere Wert des IQ-Äquivalents der autistischen Probanden ist deutlich höher als der Wert der Probanden mit Down-Syndrom. • Problem: beide Matrizentests (CPM/ SPM) differenzieren im unteren IQ – Bereich nur eingeschränkt.

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