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Sprache und Selbstorganisation : Von der Ursprache zum spontanen Sprachgebrauch

Sprache und Selbstorganisation : Von der Ursprache zum spontanen Sprachgebrauch . Wolfgang Wildgen (Universität Bremen) Vortragsreihe: Selbstorganisation der Universität Passau: 20.12.2006. Inhalte. 1 Was heißt „Selbstorganisation“?

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Sprache und Selbstorganisation : Von der Ursprache zum spontanen Sprachgebrauch

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  1. Sprache und Selbstorganisation : Von der Ursprache zum spontanen Sprachgebrauch Wolfgang Wildgen (Universität Bremen) Vortragsreihe: Selbstorganisation der Universität Passau: 20.12.2006

  2. Inhalte • 1 Was heißt „Selbstorganisation“? • 2 Selbstorganisationsprozesse in der Sprache: Ein Überblick • 3 Die evolutionäre Selbstorganisation von Sprache • 4 Selbstorganisationsprozesse in der Sprachgeschichte • 5 Zur spontanen Selbstorganisation der Sprache (im Gebrauch) • 6 Schlussbemerkungen

  3. Was heißt „Selbstorganisation“? • Wenn man sich auf einige auffällige Merkmale konzentriert, dann heißt „Selbstorganisation“: • Das Ganze zeigt eine einfache Dynamik trotz der unüberschaubaren Vielfalt einzelner Teile und Prozesse. • Die kausalen Wirkungen erfolgen in viele Richtungen gleichzeitig und ihre Effekte überlagern sich, wobei neue Strukturen hervortreten (Emergenz). • Es gibt Kreisprozesse, d. h. die Wirkungen werden mit den Ursachen zurückgekoppelt (Katalyse).

  4. Das Ganze wäre bloß eine nutzlose Spekulation, gäbe es nicht seit fast hundert Jahren (in Teilbereichen) erfolgreiche Modelle der Selbstorganisation. Eine Auswahl mag dies verdeutlichen: • Die statistische Dynamik (aus der Quantenmechanik entwickelt: Penrose). • Die dissipativen Systeme (aus der Chemie entwickelt: Prigogine). • Die Katastrophen- und Chaostheorie (aus der Analysis und der Topologie entwickelt: Poincaré und Smale, Thom). • Kooperative dynamische Systeme (aus der Laserphysik entwickelt: Haken, Kelso).

  5. Selbstorganisationsprozesse in der Sprache: Ein Überblick • Evolutionäre Prozesse. Sieht man von der Hypothese einer göttlichen Detailsteuerung ab, so sind nur Selbstorganisationsprozesse vorstellbar. Dabei herrschen allerdings komplizierte Randbedingungen, die im Rahmen einer modernen Evolutionstheorie zu beschreiben sind. • Bei der Reifung des Gehirns spielen sich komplizierte Selbstorganisations­prozesse ab. Es ist keineswegs so, dass das Wachstum direkt durch den genetischen Code gesteuert ist, vielmehr werden Neuronen "im Überschuss" produziert, deren Überleben dann durch lokal sehr unterschiedliche Mechanismen reguliert wird, wodurch eine plastische und funktional adaptierte Struktur entsteht. Diese Struktur des Gehirns ist die Basis für eine interaktive, soziale Formung des Denkens und der Sprache in den Prägungsphasen.

  6. Der Spracherwerb wurde schon seit den Arbeiten von Piaget als Selbstorganisationsprozess verstanden (er spricht von „Formen kognitiver Selbstregulationen, die flexibel und konstruktiv sind“ (Furth, 1972: 275). • In der Lautproduktion und -rezeption spielen sich komplexe, hochkooperative Prozesse ab. In diesem Bereich können gut entwickelte Modelle der Selbstorganisation angewandt werden (vgl. Kelso, 1997 und Oudeyer 2006). • Die romantische Sprachwissenschaft versuchte, Sprachen wie Organismen zu behandeln und sogar die Evolutionstheorie Darwins zur Beschreibung der Ausdifferenzierung von Sprachfamilien heranzuziehen (siehe die Stammbäume von Sprachen und Spezies bei Schleicher 1863). Die Selbstorganisationstheorie kann die Gründerintuition der Philologen des frühen 19. Jh.s in einem geeigneten Rahmen realisieren.

  7. In der neueren komparatistischen Forschung stehen Grammatikalisierungsprozesse im Vordergrund, Untersuchungen zum Sprachwandel „in progress“ behandeln das Zusammenwirken von inneren und äußeren Kräften beim Sprachwandel oder wählen die „hidden hand“-Metapher an, die ein historischer Vorläufer der Selbstorganisationstheorien ist (siehe Keller, 2002). • Ziemlich einfach lässt sich der Selbstorganisationscharakter bei der spontanen Erzeugung („Aktualgenese“) sprachlicher Strukturen beobachten. Dazu gehören sowohl Innovationen im Lexikon als auch Makroformen wie die Erzählung und der Diskurs.

  8. Die evolutionäre Selbstorganisation von Sprache

  9. Über die eigentliche Lautsprache der Zwischen-stufen, deren ÜberGrammatik, Lexikon usw. können wir nichts Konkretes wissen, denn erst seit der Erfindung einer phonetisch motivierten Schrift und des Phonographen hat die gesprochene Sprache historische Spuren hinterlassen. Es bleiben zwei Argumentationsmöglichkeiten: • Der Verhaltensvergleich mit evolutionär verwandten Arten. • Die Erschließung einer Protosprache im Übergang zwischen Schimpansen (oder Australopithicinen) und dem modernen Menschen.

  10. Größere Phasen in der Evolution der menschlichen Sprache

  11. Die folgenden Sprachstufen sind also betrachtenswert: • Protosprache : Homo erectus vor der Out-of-Africa-Bewegung (z.B. 2,3-1,7 Mill. J.v.h.). • Proto-sapiens: Homo sapiens vor der Out-of-Africa-Bewegung (300 000 - 70 000 J.v.h.). • Prämoderne Sprache: Vor den Großkulturen; entweder vor der Kultur der Höhlenmaler; ca. 34 000, oder vor der neolithischen Revolution, 10 000 J.v.h. Ob tatsächlich noch wesentliche Veränderungen stattgefunden haben, ist fragwürdig, da es Kulturen und Sprachen gibt, welche noch auf dem ökonomischen und technischen Niveau der Steinzeit stehen und dennoch eine moderne Sprachfähigkeit besitzen.

  12. Ebenen einer Protosprache • Proto-Phonetik (Phonologie), wobei die auditive von der produktiven Phone­tik/Phonologie zu unterscheiden ist, • Protopragmatik und Protosemantik (Umsetzung des erweiterten ökologischen und sozialen Wissens in eine Form der sozialen Kommunikation). • Protosyntax (sowohl von Wörtern als auch von Sätzen); der Ausgangspunkt ist die Entstehung von Morphemfolgen bzw. das Anwachsen des Lexikons (z.B. jenseits von 30-50 Wörtern).

  13. Proto-Phonetik (auditiv und produktiv) Silben einer Protosprache • CV – koronaler Konsonant + frontaler Vokal, z.B. te–te–te • CV – labialer Konsonant + zentraler Vokal ba–ba–ba • CV – dorsaler Konsonant + hinterer Vokal go–go–go • CVC – labialer Konsonant – Vokal – koronaler Konsonant: bat, bod, pet, …

  14. Protosemantik Hierarchie der Situationsdistanz • Das indexikalische Zeichen (z.B. Rauch für Feuer; Donner für Blitzschlag) beinhaltet zwar eine zeitliche und räum­liche Distanz (Blitz und Donner werden zeitlich oft viele Sekunden getrennt wahrgenommen, da das Licht schneller ist als der Schall), die (kausale) Verbindung ist aber schon auf der Stufe der höheren Primaten einsehbar. • Das ikonische Zeichen bezieht sich auf eine dem Benützer interne Ähnlichkeitsmatrix, löst sich also vom raumzeitlichen Kontext; außerdem können die Ähnlichkeitsdimensionen aus einer großen Vielfalt an Möglich­keiten ausgewählt werden. In Bereichen, wie der Form- und Prozesswahrnehmung können die Raster allerdings so speziestypisch einheitlich sein, dass auch die ikonische Beziehung stark motiviert ist.

  15. Das Symbol schließlich maximiert die Unabhängigkeit von Situation und Individuum, ist minimal oder gar nicht motiviert und entspricht dem Prototyp des arbiträren Zeichens bei Ferdinand de Saussure. Die jeweiligen Auswahlchancen, die sich vom Index über das Ikon zum Symbol in ihrem Informationsgehalt steigern, haben als Preis, dass sie im Gedächtnis verstetigt werden müssen, und dass dieses Gedächtnis sozial geteilt werden muss, damit die Verständigung zuverlässig ist.

  16. Protopragmatik Abschlagtechniken • A. Erste grobe Abschläge an Kieseln ergaben die sogenannten „choppers“. Das Rohmaterial wurde sorgfältig ausgewählt, über größere Strecken gesucht und transportiert. (ab dem Homo habilis). • B. Die präziseren Abschlagtechniken des Homo erectus (in seiner weiteren Evolution) sind gegliedert und beinhalten bis zu 50 einzelne Schritte. Diese Technik wurde neben der Verarbeitung von Holz und Knochen zur Grindlage von sog. „Industrien“, d.h. es wurde große Serien gleichartiger Objekte hergestellt.

  17. C. Beim Cro-Magno-Menschen kommen sehr kleine Instrumente (etwa Pfeilspitzen, Nadeln) hinzu; die Technik des Abdrückens der Kanten erlaubt außerdem schärfere Instrumente bzw. deren Nachschärfung. Erst im Neolithium kommen das Schleifen von Stein und dann natürlich die Metall­techniken (Kupfer, Gold, Silber, Bronze, Eisen usw.) hinzu.

  18. Protosyntax In vielen Sprachverwendungen sind verzichtbar : • Rekursivität (wie Mehrfachattribute und wiederholte Subordinationen). • Positionelle Flexibilität im Sinne der Transformationsgrammatik. Als zentrale Eigenschaften einer Protosyntax bleiben: • Struktur: Der Satz ist keine zufällige Abfolge von Elementen; es gibt Regeln der Satzordnung (die Techniken können verschieden sein). • Hierarchie: Es gibt mehr als eine Ebene, auf der solche Strukturen (siehe oben) existieren).

  19. Selbstorganisationsprozesse in der Sprachgeschichte Gibt es eineHöherentwicklung in der Sprachgeschichte? ?

  20. Zwei Aporien • Die Evolution, z. B. seit der Protosprache (2 Mill. J.) zeigt eine dramatische Höherentwicklung, im historisch erfassten Zeitraum (ca. 10 000 J.) gibt es aber anscheinend keine relevanten Veränderungen (bezüglich Komplexität und Leistung). Dies könnte ein Analogon zur Aporie des Zenonsein: Da der Pfeil zu jedem Augenblick steht, kann er auch in einem längeren Zeitintervall nicht beweglich sein. • Die Sprachentwicklung des Kindes ist deutlich ein Prozess der Höherentwicklung, der Steigerung. Nun wird aber die Sprache durch den Spracherwerb des Kindes am Leben erhalten, ist also im historischen Prozess das Ergebnis einer Vielzahl (paralleler) Erwerbsprozesse (die bis zur Leistung der Dichter reicht). Wie erklärt man dann, dass die Unzahl einzelner Höherentwicklungen keine Spur in den historischen Sprachstufen hinterlässt?

  21. Drei Optionen • Man dehnt den Untersuchungsraum so lange aus, bis eine diachrone Höherentwicklung sichtbar wird. Diese Methode wird durch einen Verlust an Beobachtungs-schärfe im Rekurs auf längst vergangene Phasen des Sprachwandels begrenzt. Eine Sonderrolle spielen eventuell Sprachwandeluniversalien, die wir gesondert behandeln werden. • Man untersucht den Sprachwandel mit schärferen Instrumenten „im Verlauf“. Labov hat diese Linie erfolgreich entwickelt. • Man untersucht besonders schnelle Prozesse des Sprachwandels durch Sprachkontakt. Arbeiten zu den kolonialen Kreolsprachen bieten sich hier an.

  22. Langzeitentwicklungen und Rekonstruktionen Ausbreitungswege einer franko-kantabrischen Bevölkerung von 15 000-10 000 (vgl. Renfrew, 2000: 478).

  23. „Fortschritte“ in der Sprachgeschichte? Vorschläge von Bichakjian (2002) • Obstruenten ersetzen glottalisierte Konsonanten, • lange und kurze Vokale ersetzen Laryngale (der Grund wäre die leichtere neuromuskuläre Kontrolle der Artikulation), • Verlust des Duals und Abbau von Genusmarkierungen, • Ersatz von Aspektmarkierungen durch Tempusmarkierungen, • Bevorzugung der Subjekt-Kategorie mit Passivierung gegen andere (Ergativ-Konstruktionen), • Bevorzugung von Kopf-Erst- gegenüber Kopf-Letzt-Positionen.

  24. Klassischer Ketten-Wandel Große Vokalverschiebung im Frühneuenglischen Bynon, 1977 Wechsel vom Langvokal zum Diphthong; Vgl. Wildgen und Mottron, 1987: 103-108.

  25. Rolle von inneren Faktoren des Sprachwandels, die sich durch eine Selbstorganisation im Körper der Sprecher. Künstliche Systeme von Sprechern und Hörern, welche die Selbstorganisation phonologischer Systeme simulieren (ohne die funktionalen Aspekte allerdings). Es entstehen Vokalsysteme, die denen in den heutigen Sprachen der Welt sehr ähnlich sind. Vokalsysteme mit drei bis sieben Vokalen (simulierte und festgestellte Frequenz); vgl. Oudeyer (2006: 121)

  26. Universalien des Sprachwandels und Grammatikalisierungsprozesse • Da die Grammatikalisierung ein Prozess des Verlustes (semantischer) Information ist, ist sie gerichtet und irreversibel. Gleichzeitig muss der Verlust (dem ein organisatorischer Gewinn für das grammatische System entspricht) kompensiert werden. Der Sprachwandel stellt sich somit als eine komplexe Koppelung von Prozessen auf verschiedenen Ebenen mit Erhaltung der Gesamtinformation dar. Längerfristig kann solch ein zyklischer Ausgleichsprozess aber zur funktionalen Umgestaltung des Systems führen. • Wichtiger als die allgemeinen Verlustprozesse sind Prozesse, die das Gesamtsystem längere Zeit in einem stationären Fließgleichgewicht bleibt.

  27. Zwei Typen von Ressourcen • a) Starre Strukturen. Sie halten ein Grundinventar von Kategorien stabil, für die jeweils Sprachformen gefunden werden müssen. Man kann von einer tiefenkategorialen Stabilität der Sprache sprechen. • Kontextabhängige pragmatische Strukturen, z.B. die Skala: Ich (Sprecher) du/er (Hörer).

  28. Wellen der Grammatikalisierung Die Kopplung der beiden Prozesse entspricht einem klassischen Beute-Jäger-System in der Biologie; die "Jäger" sind die Konventionali-sierungen, welche "freie" Problemlösungen "einfangen". Wir erhalten dadurch einen Grenz-zyklus, wie er für die Biologie von Populationen vorgeschlagen wurde. Als senkrechte Achse nehmen wir die Skala, die von einer totalen Konventionalisierung zu einer totalen Aktualgenese (Ad hoc - Problemlösung) reicht. In einem Zyklus werden aktualgenetische Lösungen bis auf einen Restbetrag durch grammatische Mittel ersetzt.

  29. Die Entstehung von Kreolsprachen als Muster der Organisation von Sprachsystemen Aus den Englischen „by and by“ entstanden folgende Formen: • baimbai – temporales Adverb vor dem Verb • bai – Futurindikator /em bai I go / = ich werde gehen • Reduzierung /em bi-i go / = ich werde gehen Sankoff und Laberge (1973) konnten Eltern und ihre Kinder in der Entwicklung des Tok Pisin, einer nach der Unabhängigkeit von Papua Guinea zum Kreol (schließlich zur Nationalsprache) entwickelten Kontaktsprache, beobachten.

  30. Die Kinder folgen ihren Eltern in der Tendenz und verstärken diese lediglich. • Korrelation der Kinder und Eltern bei der Akzent-reduktion der Futur-Markierung bai im Tok Pisin. • vgl. Labov, 2001: 425

  31. Fazit zum Sprachwandel Die Selbstorganisation des Sprachwandels hat mindestens zwei Ebenen: (1) die des Systems, das im Wesentlichen restrukturiert wird und dazu ein Potential hat; (2) die der Sprachgemeinschaft, die sich in ihrer Zusammensetzung durch Migration veränderter kann und durch den Generationenwechsel eine ständige Variationsquelle aufweist, deren Folgen sozial kanalisiert werden (Selektion). Das Potential wird einerseits durch die Sprachfähigkeit, andererseits durch die langfristige Systementwicklung bestimmt. Der Wandel hat Kosten (z. B. das Verwischen von Bedeutungsunterschieden durch den Lautwandel oder den Verlust von Lexemen bei der Grammatikalisierung). Diese können kompensiert werden; allerdings können auch Situationen entstehen, in denen das semantische und pragmatische Potential (die Gesamtinformation) verändert wird.

  32. Aktualgenese sprachlicher Strukturen und Selbstorganisation Es müssen zwei Prozess-Ebenen unterschieden werden: • die spontane Sprachbildung (in der Produktion und im Verstehen) beim einzelnen Sprachsubjekt, • die Akzeptanz eines als neu empfundenen Produkts in der Sprachgemeinschaft. Der erste Prozess beruht auf einer organismus-internen Selbstorganisation, der zweite auf einer überindividuellen Selektion. Dabei spielt die Position des neuen Elements im Sprachsystem ebenso eine Rolle, wie die Funktion oder die stilistische Markierung des neuen Elements,

  33. Die Aktualgenese nominaler Komposita als autokatalytischer Prozess A: Identitätsanalogien Auto-Bahn (= Autoreisezug) (Die Bundesbahn wirbt mit diesem Wort für die Vorteile des Autoreisezuges gegenüber den überfüllten Autobahnen.) Hosen-Träger (= jemand, der Hosen trägt; spaßhafter Bezug zum Kleidungsstück).

  34. B: Partielle Analogien Die partielle Analogie hält ein Element des Ausgangskompositums fest und variiert das andere, bzw. die syntagmatische Bindung (oder beides gleichzeitig). Wir können unterscheiden: • innere Expansion: Brotgeber--> Brot-für- die-Weltgeber Nulltarif--> Null - Benzintarif • Links- bzw. Rechtsvariation: Hochrechnung --> Flachrechnung

  35. C: Reihenbildung Friedens - Apostel Video - Zeitalter " - Apotheose Lärm " - " - Makler Ängste - " " - Messe Plastik - " " - Präsident Wenn die Reihe länger wird, verliert sich der analogische Bezug, da jedes Glied der Kette die Analogie variiert und damit verringert. Es bleibt letztlich nur ein Schema.

  36. Man kann sagen, dass die Abfolge lokaler produktiver Wortbildungsprozesse selbstorganisiert zur Bleichung der Analogie-Beziehungen und damit zu semantisch nicht mehr motivierten Wortbildungsregeln führt. • Die Analogieprozesse sind insofern autokatalytisch, als jede erfolgreiche Bildung die Wahrscheinlichkeit einer Neubildung mit ähnlichen Konstituenten und ähnlicher syntaktischer Konstellation erhöht. Gleichzeitig hat die lokale Analogie eine nur begrenzte Reichweite, sie löst sich auf, und als "Skelette" bleiben allgemeine Muster übrig. Diese Skelettierung durch Verlust des Analogiebezuges lässt situationsneutrale Organisationsschemata hervortreten.

  37. Sackgassen der Erklärung • Dass die Sprache keine nachträglich eingesetzte Ausstattung des Menschen durch Gott ist, hat bereits Herder (1770) überzeugend dargestellt. Sie ist auch keine vom angeborenen Sprachorgan physikalisch determinierte Struktur (wie uns Chomsky lange glauben ließ). • Der Sprachwandel verläuft nicht nach ewigen Gesetzen, die in Physik und Physiologie ihr Fundament haben. Saussure hat die falsche Konsequenz aus dem Scheitern des Programms der Junggrammatiker gezogen, und geglaubt, der Sprachwandel sei gar nicht wissenschaftlich zu erklären.

  38. Die Aktualgenese und generell jede Verwendung von Sprache ist mehr als ein instinktives Regelbefolgen, oder das mechanische Ausfiltern der richtigen Sätze aus der unendlichen Vielfalt der möglichen. Die Neurodynamik wird dazu wahrscheinlich bald neue Zugänge schaffen. Die Lösung der Weshalb-Frage in der Sprachwissenschaft muss erst noch systematisch angegangen werden.

  39. Weitere Informationen (demnächst auch diese Präsentation) auf meiner HomepageInternet-Suche: Wildgen Siehe auch: http://www.fb10.uni-bremen.de/homepages/wildgen/pdf/das_dynamische_paradigma.pdf http://www.fb10.uni-bremen.de/homepages/wildgen/pdf/katastrophen_und_chaostheorie2004.pdf

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