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Versprecher und deren Reparaturen

Versprecher und deren Reparaturen. 11. Vorlesung (22.07.2010). apl. Professor Dr. Ulrich Schade Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationstechnik und Ergonomie ulrich.schade@fkie.fraunhofer.de. Versprecher und deren Reparaturen. Beispiele

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Versprecher und deren Reparaturen

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  1. Versprecher und deren Reparaturen 11. Vorlesung (22.07.2010) apl. Professor Dr. Ulrich Schade Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationstechnik und Ergonomie ulrich.schade@fkie.fraunhofer.de

  2. Versprecher und deren Reparaturen Beispiele „Schuhmacher hat jetzt in einer Sekunde vier Sekunden verloren, in der Runde, in der ..." (Wortfehler / Ersetzung / Antizipation) „Kniffs und Tricke“ (Morphemfehler / Ersetzung / Vertauschung)

  3. Versprecher und deren Reparaturen Überblendungsbeispiele „Dann ist ja alles in grünen Tüchern – in trockenen.“ „... sie kennen sich damit nicht zurecht“ „Jetzt fangen wir los!“ „Ich hab das auch schon fast vergriffen.“ „Das Problem ist aufgestanden, als ...“ „Ich darf Dir hiermit die Urkunde überleihen!“ „Dann ist ihm nicht zu retten!“ „Es ist jetzt nicht wichtig, dass man sich alle Fakten einzeln behält.“

  4. Versprecher und deren Reparaturen noch ein paar Beispiele „Wenn ich gleich wiederkoche /“ (Wenn ich gleich wiederkomme, gibt's 'n Kaffee.) „Wenn er [Prof. Dr. X] dann demnächst als Fachversprecher ...“ „Sie wird dem Gewinner den Lorbeer um den Kranz hängen.“ (Thomas Gottschalk 18.03.1995)

  5. Versprecher und deren Reparaturen Versprecher im Vergleich

  6. Versprecher im Vergleich Versprecher und sprachliche Fehlleistungen bei Kindern Die Kenntnis von Versprecherdaten ist auch wichtig für die Einschätzung von Spracherwerbsprozessen sowie der Diagnostik von Sprachentwicklungstötungen. Kinder machen während des Sprachentwicklungsprozesses spezifische Fehler. Sie machen aber bei ihrer Sprachproduktion auch „normale“ Versprecher, die entsprechend nicht als spezifische und für den Entwicklungsprozess typische Fehler zu klassifizieren sind. Die Unterscheidung ist insbesondere dann von Wichtigkeit, wenn der Verdacht auf eine Sprachentwicklungsstörung vorliegt und auf solche Fehlleistungen geachtet wird, die aus der Störung resultieren.

  7. Versprecher im Vergleich Versprecher und sprachliche Fehlleistungen bei Kindern Stemberger (1992, S. 166f.): „The child‘s wraps are true errors, derving from the same processing characteristics that underlie true phonological errors in the speech of children and adults (as well as phonological paraphasias in aphasia). There are obvious differences in frequency (every time versus rare), but this difference is both superficial and perdictable.“

  8. Versprecher im Vergleich Versprecher bei Kindern Die folgenden Vergleiche stammen aus einem Aufsatz von Frank Wijnen, der die Versprecher von zwei Jungen (2;4 – 2;11 und 3;1-3;9) mit den Versprechern aus dem London-Lund-Korpus (Garnham et al., 1982) vergleicht. Das London-Lund-Korpus ist jedoch vergleichsweise klein (Anzahl der Wörter > 170.000 – Anzahl der Versprecher: 155). Das Kindersprachenkorpus entstammt Aufnahmen, die über neun Monate für jeweils eine Stunde pro Woche von Wijnen erstellt wurden. Die Versprecher der Kinder sind solche Fehler, die nach dem sprachlichen System des jeweiligen Kindes als Versprecher „incidental errors“ gelten müssen.

  9. Versprecher im Vergleich Versprecher bei Kindern Fehlerfrequenz # Wörter # Fehler Fehler/1000 Wörter L-L Korpus 170000 155 0.91 T. (2;4-2;11) 15181+ 121 zwischen 6.5 und 7.3 N. (3;1-3;9) 25543+ 145 zwischen 4.8 und 5.4

  10. Versprecher im Vergleich Versprecher bei Kindern Ersetzungsfehler (# Fehler Erwachsener / # Fehler Kind)

  11. Versprecher im Vergleich Versprecher bei Kindern Verstöße gegen die syntaktische Kategorie sind selten.

  12. Versprecher im Vergleich Versprecher bei Kindern Die Kinder haben mehr Probleme mit den Verben.

  13. Versprecher im Vergleich Versprecher bei Kindern Erstaunlich ist die jeweils hohe Anzahl der Fehler bei Präpositionen.

  14. Versprecher im Vergleich Versprecher bei Kindern Bei den nichtkontextuellen Wortersetzungen überwiegen die Ersetzungen, bei denen Zielwort und Fehlerwort semantisch relatiert sind (Ko-Hyponym, Antonym).

  15. Versprecher im Vergleich Versprecher bei Kindern Bei den nichtkontextuellen Wortersetzungen überwiegen nur bei den Erwachsen die Ersetzungen, bei denen Zielwort und Fehlerwort phonologisch ähnlich sind, wenn keine semantische Relation besteht.

  16. Versprecher im Vergleich Versprecher bei Kindern Bei Erwachsenen ist der (Wort-)Onseteffekt stärker ausgeprägt.

  17. Versprecher im Vergleich Versprecher bei Kindern Bei Erwachsenen erfolgen Phonemfehler etwas häufiger in betonten Silben.

  18. Versprecher im Vergleich Versprecher und sprachliche Fehlleistungen bei Kindern Kinder produzieren nicht nur Versprecher „incidental errors“, sondern natürlich auch Fehlleistungen, die auf das noch nicht vollständig entwickelte Sprachproduktionssystem zurückgeführt werden müssen. Diese Fehlleistungen sind entsprechend systematischer. In der Literatur gibt es für solche systematischen Fehlleistungen auf der Ebene der Phonologie die nicht sehr passende Bezeichnung „phonologische Prozesse“.

  19. Versprecher im Vergleich „phonologische Prozesse“ • Generell kann man bei den „phonologischen Prozessen“ unterscheiden zwischen strukturellen Fehlleistungen und phonembezogenen Fehlleistungen. Zu den strukturellen Fehlleistungen zählen • die Codaauslassung, • die Clusterreduktion und • das Auslassen unbetonter Silben.

  20. Versprecher im Vergleich Codaauslassung Codaauslassung ergeben sich dadurch, dass das Kind zu Beginn des Sprechens nur über den einfachen CV-Rahmen als Struktur verfügt. Ball N Stamm ball C-V /l/ /b/ /a/ Beispiel: Ball  ba C - V

  21. Versprecher im Vergleich Clusterreduktion Bei einer Clusterreduktion wird ein Cluster von Konsonanten zu einem einzigen Konsonanten reduziert (vereinfacht). Beispiel (Stilwell Peccei, 1999, S. 102) C: (Hannah sees the tape recorder and ist buttons) pess. pess. pess. (press)

  22. Versprecher im Vergleich Clusterreduktion Die Clusterreduktion ist mit der Codaauslassung vergleichbar. Der Strukturrahmen für die Produktion eines Clusters muss zunächst erworben werden. N Knall Stamm knall Beispiel: Knall  Kall Knall  Nall Knall  Dall C-V-C /k//n/ /a/ /l/ C - V - C

  23. Versprecher im Vergleich Clusterreduktion knall Die Clusterreduktion ist mit der Codaauslassung vergleichbar. Der Strukturrahmen für die Produktion eines Clusters muss zunächst erworben werden. /k/ /n/ Beispiel: Knall  Kall Knall  Nall Knall  Dall /a/ /l/

  24. Versprecher im Vergleich Auslassung von unbetonten Silben Beispiel (Stilwell Peccei, 1999, S. 103) A: where‘s your drink? C: dere. (there, pointing to the tape recorder) A: that‘s not your drink. what‘s that? tape-recorder. C: teep corder. A: tape-recorder.

  25. Versprecher im Vergleich „phonologische Prozesse“ • Zu den phonembezogenen Fehlleistungen zählen • die systematische Ersetzung (Beispiel Velarfronting) und • die Harmonisierung.

  26. Versprecher im Vergleich Systematische Ersetzung Bei einer systematischen Ersetzung werden bestimmte Phoneme systematisch durch andere ersetzt, da diese noch nicht produziert werden können. Beispiel (Stilwell Peccei, 1999, S. 103) A: where‘s your drink? C: dere. (there, pointing to the tape recorder) A: that‘s not your drink. what‘s that? tape-recorder. C: teep corder. A: tape-recorder.

  27. Versprecher im Vergleich systematische Ersetzung N Kamm Stamm kamm immer Bei einer systematischen Ersetzung werden bestimmte Phoneme systematisch durch andere ersetzt, da diese noch nicht produziert werden können. /k/ /a/ /m/ velar Beispiel: Kamm  tamm alveolar

  28. Versprecher im Vergleich systematische Ersetzung N Kamm Stamm kamm meistens Bei einer systematischen Ersetzung werden bestimmte Phoneme systematisch durch andere ersetzt, da diese noch nicht produziert werden können. /k/ /a/ /m/ velar Beispiel: Kamm  tamm alveolar

  29. Versprecher im Vergleich systematische Ersetzung N Kamm Stamm kamm manchmal Bei einer systematischen Ersetzung werden bestimmte Phoneme systematisch durch andere ersetzt, da diese noch nicht produziert werden können. /k/ /a/ /m/ velar Beispiel: Kamm  tamm alveolar

  30. Versprecher im Vergleich systematische Ersetzung N Kamm Stamm nur als normaler Versprecher kamm Bei einer systematischen Ersetzung werden bestimmte Phoneme systematisch durch andere ersetzt, da diese noch nicht produziert werden können. /k/ /a/ /m/ velar Beispiel: Kamm  tamm alveolar

  31. Versprecher im Vergleich Harmonisierung Die Harmonisierung ist keine systematische Ersetzung, denn bei Harmonisierungen werden Phoneme nur in bestimmten Kontexten ersetzt. Harmonisierungen sind auch keine Assimilationen, da sie über Vokale hinwegreichen. da → /dā/ Dom → /bōm/ Nagel → /nāge(l)/ Name → /māme/ Harmonisierungen sind in aller Regel antizipatorisch (Berg, 1992). Mutter → /mutta/ (nicht: /muppa/)

  32. Versprecher im Vergleich Harmonisierung N Kamm Stamm kamm Bei einer Harmonisierung ist ein Merkmal zu stark mit seinen Phonemen verbunden, so dass es konkurrierende Merkmale leicht verdrängen kann. /k/ /a/ /m/ velar Beispiel: Kamm  pamm alveolar bilabial

  33. Versprecher im Vergleich Harmonisierung Bei der Harmonisierung kann es zwischen den Merkmalen (und damit auch zwischen den zugehörigen Phonemen) zu einer Rangfolge kommen, die sich während des Prozesses des Spracherwerbs ändert. Diese Änderungen können auch Überlerneffekte mit einschließen. Es gibt allerdings das Problembeispiel von Suzanne (Deville, 1891), die „variabel“ harmonisiert. /∫o:∫e:/ chausser /∫o:se:/ /so:se:/

  34. Versprecher im Vergleich Harmonisierung Das Problem löst sich, wenn man die perseveratorischen Harmonisierungen als Selbstinhibitionsproblem begreift. Die antizipatorischen Harmonisierungen zeigen dann, wie postuliert, eine Rangfolge (Berg & Schade, 2000).

  35. Versprecher im Vergleich Versprecher und sprachliche Fehlleistungen bei Kindern Kinder produzieren natürlich auch „systematische“ Wort-, Morphem- und Syntaxfehler. Bei Wortfehlern entspricht die „Überdehnung“ der systematischen Ersetzung bei phonologischen Fehlern. Es soll ein Objekt bezeichnet werden, für das das Kind noch kein Wort hat. Das Kind produziert dann das Wort, das etwas bezeichnet, was dem zu bezeichnenden Objekt in Bezug auf die aktuelle Situation am ähnlichsten ist. Mond

  36. Versprecher im Vergleich Versprecher und sprachliche Fehlleistungen bei Kindern In Analogie zu den phonologischen Strukturfehlern (Codaauslassung, Clusterreduktion, Auslassung unbetonter Silben) gibt es auch syntaktische Reduktionen. Insbesondere, wenn das Kind nur Zwei- oder Dreiwortäußerungen produzieren kann, ist es ihm nicht möglich, alle thematischen Aspekte in einer Äußerung zu berücksichtigen. Beispiel (Stilwell Peccei, 1999, S. 95) (Szagun, 1996, S. 32f.) C: me want to read that. Daniel: dani tasse. A: okay. let‘s read that. C: read that. wrong side. Simone: auch miau

  37. Versprecher im Vergleich Versprecher und sprachliche Fehlleistungen bei Kindern In Bezug auf die Morphologie (Flektion) findet man häufig Übergeneralisierungen (Szagun, 1996, Abschnitt 1.3.3): Numerus: die Teller  Tellern Kasus: da kann man mit den Auto hinfahr (Beispiel nach Clahsen, 1984) Verbflektion: haste mir was mitgebringt?

  38. Versprecher und deren Reparaturen Literatur

  39. Versprecher und deren Reparaturen Literaturhinweise Berg, T. (1992). Phonological harmony as processing problem. Journal of Child Language, 19, 225-257. Berg, T. & Schade, U. (2000). A local connectionist account of consonant harmony in child language. Cognitive Science, 24, 123-149. Chang, F., Dell, G. S., & Bock, J. K. (2006). Becoming syntactic. Psychological Review, 113, 234-272. Clahsen, H. (1984). Der Erwerb der Kasusmarkierungen in der deutschen Kindersprache. Linguistische Berichte, 89, 1-31. Deville, G. (1891). Notes sur le développement du language. Revue de Linguistique et de Philologie Comparée, 24, 242-257; 300-320.

  40. Versprecher und deren Reparaturen Literaturhinweise Fox, A.V. & Dodd, B.J. (1999). Der Erwerb des phonologischen Systems in der deutschen Sprache. Sprache, Stimme, Gehör, 23, 183-191. Garnham, A., Shillcock, R.C., Brown, G.D.A., Mill, A.I. & Cutler, A. (1982). Slips of the tongue in the London-Lund corpus of spontaneous conversation. In Cutler, A. (Ed.), Slips of the tongue and language production. Berlin: Mouton. Schade, U. (2003). Phonologische Prozesse. Forum Logopädie, 7, 6-13. Stemberger, J.P. (1992). A connectionist view of child phonology. In Ferguson, C.A., Menn, L. & Stoel-Gammon, C. (Eds.), Phonological Development: Modesl, Research, Implications. Timonium, MD: York Press. Stilwell Peccei, J. (1999). Child Language. London: Routledge, 2nd Edition.

  41. Versprecher und deren Reparaturen Literaturhinweise Stoel-Gammon, C. (1985). Phonetic Inventories, 15-24 Months: A Longitudinal Study. Journal of Speech and Hearing Research, 28, 505-512. Szagun, G. (2006). Sprachentwicklung beim Kind. Weinheim: Beltz, 7. Auflage. Vihman, M.M. (1996). Phonological Development: The Origins of Language in the Child. Cambridge, MA: Blackwell. Wijnen, F. (1992). Incidental Word and Sound Errors in Young Speakers. Journal of Memory and Language, 31, 734-755.

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