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Armut in der Bibel und unser Auftrag

Armut in der Bibel und unser Auftrag Der Vortrag von Prof. em. Dr. Ernst Leuninger dient der Bildungsarbeit und hat kein kommerzielles Interesse. Inhalt 1. Die Armut in der Zeit des 1. Testamentes 1.1 Beschreibung der Situation 1.2. Das Eintreten für die Armen

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Armut in der Bibel und unser Auftrag

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  1. Armut in der Bibel und unser Auftrag Der Vortrag von Prof. em. Dr. Ernst Leuninger dient der Bildungsarbeit und hat kein kommerzielles Interesse.

  2. Inhalt • 1. Die Armut in der Zeit des 1. Testamentes 1.1 Beschreibung der Situation • 1.2. Das Eintreten für die Armen • 1.3. Die Idee des Sabbat- und des Jubeljahres • 1.4. Strategien gegen die Armut • 1.5. Zusammenfassung Armut in Israel • 2. Armut im Neuen Testament • 2.1 Jesus aus bescheidenen Verhältnissen • 2.2 Den Armen eine frohe Botschaft zu verkünden • 2.3 Für Jesus ist Gott der Anwalt der Armen • 2.4 Jesus und das Reich Gottes • 2.4 Die Armen im Endgericht • 3. Handlungsperspektiven • 3.1 Theologie der Befreiung • 3.2. Die Gottesreichverträglichkeiten der Gesellschaft • 4 Konkrete Schritte der Deutschen Kirchen

  3. Die Armut in der Zeit des 1. Testamentes 1.1 Beschreibung der Situation Armut gehört wie selbstverständlich zum Alltag des Volkes Israel. Sie nimmt sogar im Verlaufe der Jahrhunderte zu. Es hat wohl nie eine Zeit der gerechten Verteilung der Güter gegeben, obwohl dies angestrebt war. Aber die Sorge für die Armen ist durchgängig. Einige Beispiele sollen hier aufgeführt werden: 2 Samuel 12,1 Darum schickte der Herr den Nathan zu David; dieser ging zu David und sagte zu ihm: In einer Stadt lebten einst zwei Männer; der eine war reich, der andere arm.2 Der Reiche besaß sehr viele Schafe und Rinder, 3 der Arme aber besaß nichts außer einem einzigen kleinen Lamm, das er gekauft hatte. Er zog es auf und es wurde bei ihm zusammen mit seinen Kindern groß. Es aß von seinem Stück Brot und es trank aus seinem Becher, in seinem Schoß lag es und war für ihn wie eine Tochter. 4 Da kam ein Besucher zu dem reichen Mann und er brachte es nicht über sich, eines von seinen Schafen oder Rindern zu nehmen, um es für den zuzubereiten, der zu ihm gekommen war. Darum nahm er dem Armen das Lamm weg und bereitete es für den Mann zu, der zu ihm gekommen war. . Urija bei DavidAus einem Stundenbuch 1504

  4. David tobt und sagt: Der Mann verdient den Tod. Es geht hier aber um David, Der begehrte die Frau des Urija Er hatte Urija im Krieg gegen die Ammoniter in die erste Reihe geschickt. Sei Kalkül ging auf, Urija fiel. David nahm seine Frau. Das Kind aus dieser Verbindung musste sterben. Nathan bei David

  5. Sklaverei war zumeist Schuldsklaverei, die Sklaven gehörten zu den extrem Armen und Entrechteten. 2 Könige 4.1 Eine von den Frauen der Prophetenjünger wandte sich laut rufend an Elischa: Mein Mann, dein Knecht, ist gestorben. Du weißt, dass dein Knecht gottesfürchtig war. Nun kommt der Gläubiger, um sich meine beiden Söhne als Sklaven zu nehmen. Zahlungsunfähige Schuldner konnten zu Sklaven gemacht werden 2 Elischa fragte sie: Was kann ich für dich tun? Sag mir: Was hast du im Haus? Sie antwortete: Deine Magd hat nichts im Haus als einen Krug Öl. 3 Da sagte er: Geh und erbitte dir auf der Gasse von allen deinen Nachbarn leere Gefäße, aber nicht zu wenige! 4 Dann geh heim, verschließ die Tür hinter dir und deinen Söhnen, gieß Öl in alle diese Gefäße und stell die gefüllten beiseite! 5 Sie ging von ihm weg und verschloss die Tür hinter sich und ihren Söhnen. Diese reichten ihr die Gefäße hin und sie füllte ein.6 Als alle Gefäße voll waren, sagte sie zu ihrem Sohn: Bring mir noch ein Gefäß! Er antwortete: Es ist keines mehr da. Da floss das Öl nicht mehr weiter. 7 Sie aber kam und erzählte es dem Gottesmann. Dieser befahl ihr: Geh, verkauf das Öl und bezahl deine Schuld! Von dem, was übrig bleibt, magst du mit deinen Söhnen leben. Witwen und Waisen gehörten oft auch zu den Armen. Weiterhin Tagelöhner und Bettler. ElischaIorgio Vasari 1566

  6. Sprüche 22,7: 7 Der Reiche hat die Armen in seiner Gewalt, der Schuldner ist seines Gläubigers Knecht. Dieser Satz aus dem Buch der Sprichwörter macht deutlich, dass das Geldleihsystem mit seinen hohen Zinsen einen großen Anteil an der Verarmung hatte. Das steht auch nochmals im Buch Jiob 22,7 Der Reiche hat die Armen in seiner Gewalt, der Schuldner ist seines Gläubigers Knecht. 8 Wer Unrecht sät, erntet Unheil, der Stecken seines Übermuts versagt. 9 Wer ein gütiges Auge hat, wird gesegnet, weil er den Armen von seinem Brot gibt. Das Phänomen der Armut war weit verbreitet, es betraf besonders schwache Bevölkerungsgruppen. Insgesamt wird man von der Frühzeit bis zum Hellenismus (1. Jh. vor Christus) mit einem stetigem Wachsen von Armut in Israel zu rechnen haben.

  7. 1.2. Das Eintreten für die Armen Der Einsatz für die Armen zieht sich durch die Bibel. Die Tora im Buch Exodus fordert, dass vor Gericht das „Recht des Armen“ nicht gebeugt werden soll. Exodus 23,6:Du sollst das Recht des Armen in seinem Rechtsstreit nicht beugen. 7 Von einem unlauteren Verfahren sollst du dich fern halten. Wer unschuldig und im Recht ist, den bring nicht um sein Leben; denn ich spreche den Schuldigen nicht frei. 8 Du sollst dich nicht bestechen lassen; denn Bestechung macht Sehende blind und verkehrt die Sache derer, die im Recht sind. Dieser Text weist darauf hin, dass die Armen ihr Recht erhalten müssen und nicht Korruption an die Stelle der Gerechtigkeit treten darf.

  8. Jeremias 5,26 Frevler gibt es in meinem Volk; sie lauern, gebückt wie Vogelsteller, Fallen stellen sie auf, Menschen wollen sie fangen. 27 Wie ein Korb mit Vögeln gefüllt ist, so sind ihre Häuser voll Betrug; dadurch sind sie mächtig und reich geworden, 28 fett und feist. Auch sündigen sie durch ruchloses Tun. Das Recht pflegen sie nicht, das Recht der Waisen, die Erfolg erwarten, und die Sache der Armen entscheiden sie nicht. Weil das so ist, wird ein Strafgericht über Israel erfolgen, sagen die Propheten. Sprichwörter 14,31 Wer den Geringen bedrückt, schmäht dessen Schöpfer, ihn ehrt, wer Erbarmen hat mit dem Bedürftigen. Der Umgang mit den Geringen hat unmittelbar mit deren Schöpfer zu tun, wie mit diesen umgegangen wird, so wird mit Gott umgegangen.

  9. Ein Psalm lobpreist Gott selbst als Beschützer der Schwachen und Armen. (Psalm 35,10). Mit Leib und Seele will ich sagen: Herr, wer ist wie du? Du entreißt den Schwachen dem, der stärker ist, den Schwachen und Armen dem, der ihn ausraubt. Wie theologisch wichtig die Option für die Armen ist, sagt Psalm 82 in deutlichen Bildern: 1 Die Götter sollen ihr Gottsein verlieren, weil sie nicht in der Lage sind, die Armen zu retten und ihnen Recht zu verschaffen. Gott steht auf in der Versammlung der Götter, im Kreis der Götter hält er Gericht. 2 «Wie lange noch wollt ihr ungerecht richten und die Frevler begünstigen? 3 Verschafft Recht den Unterdrückten und Waisen, verhelft den Gebeugten und Bedürftigen zum Recht! Befreit die Geringen und Armen, entreißt sie der Hand der Frevler!» 5 Sie aber haben weder Einsicht noch Verstand, sie tappen dahin im Finstern. Alle Grundfesten der Erde wanken. Die Götter sind keine Götter mehr, weil sie sich nicht für die Unterdrückten einsetzen, sondern den Frevlern beistehen, die sie bedrängen.. .

  10. Trotz des deutlichen Einsatzes für die Armen verklären die Texte der Bibel jeder die Armut nicht. Armut gilt als Elend und ist kein Ideal einer asketischen Lebensweise. Sie kennen kein Armutsideal, das in mönchischer oder asketischer Lebensweise zu verwirklichen wäre. Demgemäß kann Reichtum auch ein Segen Gottes sein. Was kritisiert wird ist die Unterdrückung der Armen durch die Reichen und ein Leben auf Kosten dieser. reich arm

  11. Das utopische Ideal ist eine „Gesellschaft ohne marginale Gruppen“ (so sagte es N. Lohfink, 1990), die für den Fall der Einhaltung der Tora erwartet wird, wie es im Buch Deuteronomium 15,4-6 steht: 4. Doch eigentlich sollte es bei dir gar keine Armen geben; denn der Herr wird dich reich segnen in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir als Erbbesitz gibt und das du in Besitz nimmst, 5 wenn du auf die Stimme des Herrn, deines Gottes, hörst, auf dieses Gebot, auf das ich dich heute verpflichte, achtest und es hältst. 6 Wenn der Herr, dein Gott, dich segnet, wie er es dir zugesagt hat, dann kannst du vielen Völkern gegen Pfand leihen, du selbst aber brauchst nichts zu verpfänden; ...

  12. 1.3. Die Idee des Sabbat- und des Jubeljahres Sieben war eine heilige Zahl, sieben Tage dauerte die Woche. Alle sieben Jahre war ein Sabbatjahr, das den Armen diente. So steht es in Exodus 23, 10-12: Sechs Jahre kannst du in deinem Land säen und die Ernte einbringen; 11 im siebten sollst du es brach liegen lassen und nicht bestellen. Die Armen in deinem Volk sollen davon essen, den Rest mögen die Tiere des Feldes fressen. Das Gleiche sollst du mit deinem Weinberg und deinen Ölbäumen tun. 12 Sechs Tage kannst du deine Arbeit verrichten, am siebten Tag aber sollst du ruhen, damit dein Rind und dein Esel ausruhen und der Sohn deiner Sklavin und der Fremde zu Atem kommen. Auch der Sabbat diente insbesondere den arbeitenden Menschen, den Fremden und Sklaven.

  13. Nach sieben Schemitta-Jahren (jedes 7. Jahr, also nach 49 Jahren) folgte ein Jubeljahr (Joewel-Hahr), das 50. Jahr, in welchem die Freiheit aller Bewohner des Landes ausgerufen wird. Leviticus 25.8 Du sollst sieben Jahreswochen, siebenmal sieben Jahre, zählen; die Zeit von sieben Jahreswochen ergibt für dich neunundvierzig Jahre. 8-12: Das deutsche Wort «Jubel» kommt vom hebräischen jobél (= Widderhorn). Mit dem Widderhorn blies man Alarm, kündigte man aber auch freudige Ereignisse, Feste und Festzeiten an. 9 Im siebten Monat, am zehnten Tag des Monats, sollst du das Signalhorn ertönen lassen; am Versöhnungstag sollt ihr das Horn im ganzen Land ertönen lassen. 10 Erklärt dieses fünfzigste Jahr für heilig und ruft Freiheit für alle Bewohner des Landes aus! Es gelte euch als Jubeljahr. Jeder von euch soll zu seinem Grundbesitz zurückkehren, jeder soll zu seiner Sippe heimkehren.

  14. 11 Dieses fünfzigste Jahr gelte euch als Jubeljahr. Ihr sollt nicht säen, den Nachwuchs nicht abernten, die unbeschnittenen Weinstöcke nicht lesen. 12 Denn es ist ein Jubeljahr, es soll euch als heilig gelten. Vom Feld weg sollt ihr den Ertrag essen. 13 In diesem Jubeljahr soll jeder von euch zu seinem Besitz zurückkehren. ...23 Das Land darf nicht endgültig verkauft werden; denn das Land gehört mir und ihr seid nur Fremde und Halbbürger bei mir. ... 39 Wenn ein Bruder bei dir verarmt und sich dir verkauft, darfst du ihm keine Sklavenarbeit auferlegen; 40 er soll dir wie ein Lohnarbeiter oder ein Halbbürger gelten und bei dir bis zum Jubeljahr arbeiten. 41 Dann soll er von dir frei weggehen, er und seine Kinder, und soll zu seiner Sippe, zum Eigentum seiner Väter zurückkehren. Die ursprüngliche Gleichheit und Freiheit aller sollte wieder hergestellt werden. Ob das in dieser Form gemacht wurde ist nicht bekannt. Es signalisiert aber eine Tendenz zur grundsätzlichen Gleichheit und Gerechtigkeit. Sieben war eine heilige Zahl, sieben Tage dauerte die Woche.

  15. 8-12: Das deutsche Wort «Jubel» kommt vom hebräischen jobél (= Widderhorn). Mit dem Widderhorn blies man Alarm, kündigte man aber auch freudige Ereignisse, Feste und Festzeiten an. 9 Im siebten Monat, am zehnten Tag des Monats, sollst du das Signalhorn ertönen lassen; am Versöhnungstag sollt ihr das Horn im ganzen Land ertönen lassen. 10 Erklärt dieses fünfzigste Jahr für heilig und ruft Freiheit für alle Bewohner des Landes aus! Es gelte euch als Jubeljahr. Jeder von euch soll zu seinem Grundbesitz zurückkehren, jeder soll zu seiner Sippe heimkehren. 11 Dieses fünfzigste Jahr gelte euch als Jubeljahr. Ihr sollt nicht säen, den Nachwuchs nicht abernten, die unbeschnittenen Weinstöcke nicht lesen. 12 Denn es ist ein Jubeljahr, es soll euch als heilig gelten. Vom Feld weg sollt ihr den Ertrag essen. 13 In diesem Jubeljahr soll jeder von euch zu seinem Besitz zurückkehren. ...23 Das Land darf nicht endgültig verkauft werden; denn das Land gehört mir und ihr seid nur Fremde und Halbbürger bei mir. ...

  16. 39 Wenn ein Bruder bei dir verarmt und sich dir verkauft, darfst du ihm keine Sklavenarbeit auferlegen; 40 er soll dir wie ein Lohnarbeiter oder ein Halbbürger gelten und bei dir bis zum Jubeljahr arbeiten. 41 Dann soll er von dir frei weggehen, er und seine Kinder, und soll zu seiner Sippe, zum Eigentum seiner Väter zurückkehren. Die ursprüngliche Gleichheit und Freiheit aller sollte wieder hergestellt werden. Ob das in dieser Form gemacht wurde ist nicht bekannt. Es signalisiert aber eine Tendenz zur grundsätzlichen Gleichheit und Gerechtigkeit.

  17. 1.4. Strategien gegen die Armut Es gab schon in der Bibel Israels Strategien gegen die Armut. Die ersten waren Sozialgesetze. In ihnen wird eine Option (vorrangiger Einsatz) für die Armen deutlich. Diese ist im biblischen Gottesbild selbst festgemacht. Er hat ja die Tora (Gesetze Israels) erlassen, die dies zum Ausdruck bringen. So soll zum Beispiel die Schwäche der Armen nicht ausgenutzt werden. Aus der Option für die Armen, die im biblischen Gottesbild selbst verankert wird, leiten sich konkrete Maßnahmen ab, die der Eindämmung von Armut dienen sollen.

  18. Hier sind an erster Stelle die Sozialgesetze der Tora zu nennen. Sie verbieten generell die Ausnutzung der Schwäche der Armen. ( 6Exodus 22,20-24). 20 Einen Fremden sollst du nicht ausnützen oder ausbeuten, denn ihr selbst seid in Ägypten Fremde gewesen. 21 Ihr sollt keine Witwe oder Waise ausnützen. 22 Wenn du sie ausnützt und sie zu mir schreit, werde ich auf ihren Klageschrei hören.23 Mein Zorn wird entbrennen und ich werde euch mit dem Schwert umbringen, sodass eure Frauen zu Witwen und eure Söhne zu Waisen werden. 24 Leihst du einem aus meinem Volk, einem Armen, der neben dir wohnt, Geld, dann sollst du dich gegen ihn nicht wie ein Wucherer benehmen. Ihr sollt von ihm keinen Wucherzins fordern. Gott wird das Fehlverhalten sanktionieren. 25 Nimmst du von einem Mitbürger den Mantel zum Pfand, dann sollst du ihn bis Sonnenuntergang zurückgeben; 26 denn es ist seine einzige Decke, der Mantel, mit dem er seinen bloßen Leib bedeckt. Worin soll er sonst schlafen? Wenn er zu mir schreit, höre ich es, denn ich habe Mitleid. Gott hat Mitleid mit den Armen.

  19. Die Armen haben das Recht zu ihrer Versorgung auf Nachlese auf den abgeernteten Feldern oder auch den Ertrag dessen, was in einem Brachjahr wächst. Das Gesetz fordert, den Zehnten alle drei Jahre als Armensteuer zu verteilen. Eine ganze Reihe von Wirtschaftsgesetzen dient dazu, Prozesse der Verarmung zu verlangsamen oder ganz zu verhindern. Dazu gehören das Zinsverbot, Beschränkungen bei der Pfandnahme, Regelungen zu genauen und Einschränkung der Schuldsklaverei auf sechs Jahre. Das Almosenwesen gewinnt an Bedeutung, da trotz allem die Armut immer mehr zunimmt. Almosen heißt auch heute noch „Gerechtigkeit“, denn die Armen haben einen Anspruch darauf. Mittelalterlicher Almosenbeutel um für Arme immer Geld da zu haben

  20. Da trotz aller Maßnahmen die Armut im Lauf der Geschichte des alten Israel eher zu- als abnimmt, gewinnt das Almosenwesen zunehmend an Bedeutung. Dabei heißt „Almosen“ im hebräischen – so bis heute in den jüdischen Gemeinden – „Gerechtigkeit“. Auf das, was die Armen erhalten, haben diese ein Recht, das „Recht der Armen“. Die Gabe für die Armen ist kein Akt der Gnade, sondern ein Akt der Gerechtigkeit. Dennoch bleibt die Gefahr der persönlichen Abhängigkeit, wenn die Gaben personbezogen gegeben werden. Wohl aus diesem Grund wurde schon in hellenistischer Zeit die Armenfürsorge als eine „Aufgabe der Gemeinde“ verstanden. Am Tempel wird eine Armenkasse eingerichtet, die das Vorbild der Armenversorgung in den Synagogen und später den christlichen Gemeinden wurde. Das so genannte „Recht der Armen“ kann auch erstritten werden. Verflucht, wer das Recht der Fremden, die Waisen sind, und das der Witwen beugt. Und das ganze Volk soll rufen: Amen. So steht es in Deuteronomium 27,19.. Die Gabe für die Armen ist kein Betteln, sondern ein Anspruch der Gerechtigkeit für die Juden

  21. 1. 5. Zusammenfassung Armut in Israel Armut war ein präsentes Phänomen. Die Ursachen lagen vor allem in der Ausbeutung durch andere. Bestimmte Bevölkerungsgruppen, so die Tagelöhner, waren deshalb in der Regel arm. Arme hatten einen gesellschaftlichen Schutz. Sie hatten das Recht auf Almosen, dies war ein Frage der Gerechtigkeit. Insbesondere nahm Gott sich der Armen an und hatte Mitleid mit ihnen. Utopien – wie das Jubeljahr – wiesen daraufhin, dass eigentlich eine gerechte Gesellschaft gewollt war. So steht es bei Jesaja 32,17

  22. 2. Armut im Neuen Testament • 2.1 Jesus aus bescheidenen Verhältnissen • Jesus selbst kam aus bescheidenen Verhältnissen. Seine Geburt in einem Stall symbolisiert dies in besonderer Weise. • Josef war „Zimmermann“, wie es zumeist wiedergegeben wird, wir würden eher sagen „Häuslebauer“, denn die Häuser der einfachen Leute waren keine großartigen Einrichtungen.

  23. 2.2 Den Armen eine frohe Botschaft zu verkünden • In seiner Antrittspredigt in Nazareth wendet er sich in besonderer Weise an die Armen, indem er Jesaja zitiert und dies auf sich bezieht. • Lukas 4,16-22: 16 So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um aus der Schrift vorzulesen, 17 reichte man ihm das Buch des Propheten Jesaja. Er schlug das Buch auf und fand die Stelle, wo es heißt: • 18 Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze 19 und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe. (Jes 61,1f) • 20 Dann schloss er das Buch, gab es dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet.21 Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt. • 22 Seine Rede fand bei allen Beifall; sie staunten darüber, wie begnadet er redete, und sagten: Ist das nicht der Sohn Josefs?

  24. 2.3 Für Jesus ist Gott der Anwalt der Armen Jesus stellt Gott als Anwalt der Armen dar, diesen vertritt er in seiner Botschaft. Im Lukas-Evangelium Kapitel 4-19, die das Wirken Jesu von der Taufe bis vor der Passion beschreiben, geht es in einem Fünftel der Verse um Geld und Besitz, sehr oft im Sinne des rechten Umganges damit. Jesus hat den reichen Jüngling in Markus 10,17-27 unmissverständlich aufgefordert, seinen ganzen Besitz zu verkaufen und den Armen zu geben. Der Lohn ist schließlich ein Schatz im Himmel, was will man mehr... Jesus antwortete ihm: 21 ... Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach.22 Als der junge Mann das hörte, ging er traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen.

  25. Markus 10,23 Da sagte Jesus zu seinen Jüngern: Amen, das sage ich euch: Ein Reicher wird nur schwer in das Himmelreich kommen.24 Nochmals sage ich euch: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. 25 Als die Jünger das hörten, erschraken sie sehr und sagten: Wer kann dann noch gerettet werden? 26 Jesus sah sie an und sagte zu ihnen: Für Menschen ist das unmöglich, für Gott aber ist alles möglich. Reichtum ist ein Hindernis für den Weg zu Gott. Aber Gott kann auch den Reichen berufen, dazu gehört, in besonderer Weise für die Armen da zu sein. Interpreten, die auf handfeste Tatsachen bauen, sind der Meinung, der Messias habe bei seinem Vergleich auf eine enge Gasse in Jerusalem  Bezug genommen. Eine Gasse mit winzigem Tor an ihrem Ende – zu schmal, zu niedrig, um imposante Wüstenschiffe mitsamt Ladung hindurch zu lassen. Mittlerweile wird diese Textauslegung verworfen. Nicht wirklich anerkannt ist auch der zweite Erklärungsversuch für das neutestamentliche Zitat. Es handle sich um eine Entsprechung zur rabbinischen Tradition. Im Talmud ist die Rede von einem Elefanten, der nicht durch ein Nadelöhr passe. Jesus, ein Plagiator? Wohl kaum, meinen die Dritten. Die wahrscheinlichste Erklärung für diesen schrägen, paradoxen Vergleich liefern Sprachwissenschaftler, die meinen, es handle sich schlicht um einen Übersetzungsfehler. Im Griechischen, der Sprache in der der Ursprungstext verfasst wurde, unterscheiden sich die Worte für Kamel (kamelos) und Schiffstau beziehungsweise Tau (kamilos) nur um einen Laut, einen Buchstaben.

  26. 2.4 Jesus und das Reich Gottes Jesus von Nazaret hat nach den Evangelien des Neuen Testaments das Reich Gottes als „nahe herbeigekommen“ Markus 1,15 Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes15 und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium! In diesem Satz fasst Markus den die Botschaft Jesu zusammen.. Das Reich Gottes ist im Sinne der Schrift ein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens. Es will vor allem auch soziale Gerechtigkeit für alle bringen. Deswegen nennt Jesus sein Evangelium auch „eine frohe Botschaft für die Armen.“

  27. 2.5 Die Armen im Endgericht Matthäus 25, 31 Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. 32 Und alle Völker werden vor ihm zusammengerufen werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. (Ez 34,17) 33 Er wird die Schafe zu seiner Rechten versammeln, die Böcke aber zur Linken. 34 Dann wird der König denen auf der rechten Seite sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist. 35 Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen; 36 ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. So genannte Bamberger Apokalypse

  28. 41 Dann wird er sich auch an die auf der linken Seite wenden und zu ihnen sagen: Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist! 42 Denn ich war hungrig und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; 43 ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir keine Kleidung gegeben; ich war krank und im Gefängnis und ihr habt mich nicht besucht. 44 Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder obdachlos oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen? 45 Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. 46 Und sie werden weggehen und die ewige Strafe erhalten, die Gerechten aber das ewige Leben. An unserer Haltung zu den Armen entscheidet sich unser ewiges Leben. Wie aber Handeln? Die Gefallenen in der HölleJohn Martin 1841

  29. 3 Handlungsperspektiven 3.1 Theologie der Befreiung In der Theologie der Befreiung (Exodusmotiv: basierend auf dem Gedanken der Befreiung des Volkes Israel aus der ägyptischen Knechtschaft) wurde der Begriff der grundsätzlichen Option der Kirche für die Armen eingeführt, der inzwischen in der katholischen Soziallehre Allgemeingut geworden ist. Es geht jetzt darum, Strategien zu entwickeln, wie diese Ungerechtigkeit zu Gunsten von mehr Gerechtigkeit für die Armen der Welt geändert werden kann, national und international. Hier werden die Ansätze der Bibel wieder deutlich. Dazu bedarf es einer Förderung der Tugend der Gerechtigkeit und deren Zuschärfung auf das Unrecht im sozialen Bereich und der Entwicklung von gerechteren Strukturen in der National- wie Weltgesellschaft. Diese Theologie hat die Option für die Armen befördert, dies heißt: In all unseren Handlungsüberlegungen müssen die Armen einen Vorrang haben. Befreiung wird von der Befreiung aus Ägypten genommen.

  30. In der Befreiungsbewegung überhaupt, rückte die Entwicklung an der Basis in den Blick, die von Objekten der Seelsorge zu den Handelnden werden. Die beiden lateinamerikanischen Synoden sind keine Synoden der Befreiungstheologe, eher einer Sozialpastoral, die in ihrer Option für die Armen ein umfassendes befreiendes Evangelium wie Jesus verkündigen und zugleich auch leben will. Sie wollen auf den "Schrei der Armen" reagieren, indem sie gemeinsam mit diesen für Gerechtigkeit eintreten. Angesichts der Schwierigkeiten vor denen wir heute stehen, ist es nicht verfehlt, von Strukturen der Sünde" zu sprechen die "in persönlicher Sünde ihre Wurzeln haben und daher immer mit konkreten Taten von Personen zusammenhängen, die solche Strukturen herbeiführen, sie verfestigen und es erschweren, sie abzubauen. Leonardo Boff einer der Begründer

  31. Angesichts der Schwierigkeiten vor denen wir heute stehen, ist es nicht verfehlt, von Strukturen der Sünde" zu sprechen die "in persönlicher Sunde ihre Wurzeln haben und daher immer mit konkreten Taten von Personen zusammenhängen, die solche Strukturen herbeiführen, sie verfestigen und es erschweren, sie abzubauen . Die zwei "bezeichnendsten" Verhaltensweisen bzw. "Strukturen der Sünde" sind ,,die ausschließliche Gier nach Profit" und "das Verlangen nach Macht". Nach der Wirtschaftkrise wissen wir wieder neu, was da bedeutet. So im Soziales Weltrundschreiben "Sollicitudo rei socialis" (Die soziale Sorge) 1987 Nr.42 vom Johannes Paul II: .. : Sünde" und "Strukturen der Sünde" sind Kategorien, die nicht oft auf die Situation der Welt von heute angewandt werden. Man gelangt aber nicht leicht zu einem tieferen Verständnis der Wirklichkeit, wie sie sich unseren Augen darbietet, wenn man der Wurzel der Übel, die uns bedrängen, nicht auch einen Namen gibt.

  32. 3.2. Die Gottesreichverträglichkeiten der Gesellschaft 1. Als erstes muss eine Option für das Leben gefordert werden. Das Reich Gottes ist das Reich des Lebens. Erfülltes Leben für alle Menschen ist gefragt. Alle Grundbedürfnisse sind zu befriedigen. Die Güter dieser Welt sind für alle bestimmt. Das Recht auf Eigentum ist diesem nachgeordnet. Damit müssen auch die Bedingungen für das Leben erhalten werden. 2. Die Option für das Leben schließt auch die Natur und kommende Generationen ein. 3. Die Gottes Reich verträgliche Gesellschaft ist eine Gesellschaft in der alle Platz haben. Alle Diskriminierungen sind aufgehoben. Alle sind wie zum großen Gastmahl eingeladen. Jeder hat Platz am Tisch der Gesellschaft. 3. Gleichberechtigung für die Frauen ist gefordert. Frauen dürfen weder ökonomisch noch politisch oder kulturell benachteiligt werden. Das ist in der Weltgesellschaft keineswegs der Fall, z.B. kontrollieren Männer weltweit 90% des Einkommens und 99% des in Geld gemessenen Vermögens.

  33. 4. Historische politische Projekte dürfen weder verallgemeinert noch verabsolutiert werden. Der eschatologische Vorbehalt der über allem liegt (erst im Himmel kommt die Vollendung) erweist solche Projekte immer als historisch. Wie lange hat man dafür gekämpft, dass die Monarchien absolut und unabänderbar seien, solche Vorstellungen gibt es in anderem Zusammenhang immer noch. Gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen müssen sich immer an der Gottesreichverträglichkeit prüfen lassen. 5. Gegenüber den Sachzwängen herrscht der Primat der Politik. Neoliberalismus kann z.B. nicht von sich behaupten, dass er nicht sozial durch die Politik kontrollierbar sei. Das gilt auch für die Weltgesellschaft. 6. Sogenannte Systemdynamiken dürfen nicht zu Spaltungen in der Gesellschaft führen, wie z. B zu einer drohenden "Zweidrittelgesellschaft". Gesellschaftliche Systemdynamiken müssen so angelegt sein, dass sie nicht ungleich-asymmetrische Verhältnisse fördern, sondern egalitär (gleiche) symmetrische.

  34. 7. Es geht darum wie Johannes Paul II. sagt: "...der Globalisierung des Profits und des Elends eine Globalisierung der Solidarität entgegenzuhalten..." Wer daran glaubt, dass die Mitte der Botschaft Jesu die Predigt vom Reiche Gottes ist, der wird sich für seine Gerechtigkeit für und auf dieser Erde einsetzen. Das Reich will in allen Gegenkräften dieser Welt durch uns sichtbar werden, wir können uns vertrauend darauf einlassen, dass ein solches Wirken das sinnvollste ist, trotz aller Probleme und Rückschläge, weil Gott die Vollendung schenkt. 8. Vor allem muss darauf geachtet werden, dass Hilfe, Hilfe zur Selbsthilfe ist.

  35. 4 Konkrete Schritte der Deutschen Kirchen Konkrete Schritte müssen auf vielen Ebenen gegangen werden. Sie fangen in Familie und Nachbarschaft an, gehen über weitere Bereiche bis auf die Nation und heute besonders auf die Globalisierung. Armut ist in unserer Umgebung vorhanden, bei den Kindern und Familien und bei vielen anderen. Hier in national sind vor allem Caritas und Diakonie tätig. Viele andere Initiativen widmen sich diesen Aufgaben. Immer bedeutender wird die Frage nach der Globalisierung. Hier helfen die Kirchen vor allem durch ihre Werke, Brot für die Welt, Misereor, Renovabis und Adveniat. Hier wird großartige Arbeit geleistet. Es kommt auch darauf an, die Politik in dieser Richtung zu beeinflussen. Die Armut in der Welt darf nicht weiter wachsen, sie muss noch mehr abnehmen.

  36. All das reicht noch nicht aus, es muss im Sinne Jesu noch mehr getan werden. Wir alle sind um der Glaubwürdigkeit des Evangeliums herausgefordert. Die Option für die Armen ist eine Aufforderung an uns, im Sinne der Gedanken des Reiches Gottes zu arbeiten. Dies gilt für unser Landund weltweit

  37. Ich danke für die Aufmerksamkeit

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