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Risiken, Ressourcen und Förderung

Risiken, Ressourcen und Förderung. Orientierungsrahmen der Förderdiagnostik. Ressourcenorientierung Prozessorientierung Fallorientierung / Lebensweltorientierung. Ressourcenorientierung. Feststellung von Schwächen UND Stärken

zandra
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Risiken, Ressourcen und Förderung

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Presentation Transcript


  1. Risiken, Ressourcen und Förderung

  2. Orientierungsrahmen der Förderdiagnostik • Ressourcenorientierung • Prozessorientierung • Fallorientierung / Lebensweltorientierung

  3. Ressourcenorientierung • Feststellung von Schwächen UND Stärken • Abkehr von einer rein defizitorientierten Diagnostik, die sich auf die Feststellung von Störungen beschränkt • Identifikation individueller Stärken und Ressourcen • Nutzung der Ressourcen für die Förderung

  4. Aufbau von Verhaltensalternativen (z.B. Konfliktlösungen, Regeln einhalten) Verhaltensprobleme Kompetenzaufbau Sozialverhalten Selbststeuerung (Emotionen, Aufmerksamkeit) Wissen vermitteln, verändern Identifikation, Nutzung und Stärkung von psychosozialen Ressourcen Unterstützen, kompensieren

  5. Resilienzstudien • Entwicklungspsychologisches Forschungsfeld, dessen Denkansätze und Ergebnisse als Hintergrundswissen für Förderansätze im sozio-emotionalen Bereich herangezogen werden können • Synonyme: Schutzfaktoren, protektive Faktoren, Salutogenese

  6. Definitionen • Risiko • Ressource

  7. Definitionen • Risiko: Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Verhaltensproblems • Risikofaktor: Merkmal von Person/Umwelt, welches das Risiko erhöht • Ressource: Faktor, der positive Entwicklung/Bewältigung fördert oder unterstützt • Protektiver/Schutzfaktor: Kompensiert oder neutralisiert Risikofaktor ohne weiteren Effekt

  8. Ausgangspunkt: • Kauai-Längsschnittstudie (Werner/Smith) • Erforschung der Folgen von Entwicklungsrisiken bei dem 1955er Geburtenjahrgang (698 Kinder) der Insel Kauai (Hawaii) • Erfassung im Geburtsalter und mit 1, 2, 10, 18, 32 und 40 Jahren

  9. Entwicklungsrisiken bei 30% der Kinder (Armut, Geburtskomplikationen, Disharmonie / Psychopathologie in Familie) • 10% (1/3 dieser Kinder) wuchsen heran, ohne gravierende Verhaltensprobleme zu entwickeln, bzw. konnten als Erwachsene ihre Lebenssituation verbessern • = resilient (widerstandsfähig), „Superkids“

  10. Protektive Faktoren • Personelle Faktoren • Kommunikativ &problemlösefähig • Nutzung von Talenten • Realistische Kontrollüberzeugungen • Selbstvertrauen durch Überwindung von Krisen • Selbstwirksamkeit • Flexibilität • Sinnhaftigkeit • Soziale Faktoren • enge Bindung mit einer kompetenten und stabilen Person • Familienklima klare Strukturen/Regeln Gefühlsoffenheit relative Autonomie • Lehrer als Vertrauensperson • positive Rollenvorbilder

  11. Ergebnisse waren zunächst überraschend • Bestätigung durch mehrere internationale Studien, z.B. • USA • Deutschland • Großbritannien • Entstehen eines pädagogisch-therapeutischen Optimismus • = Fördern protektiver Faktoren

  12. Protektive Faktoren • Soziale Faktoren • enge Bindung mit einer kompetenten und stabilen Person • Familienklimaklare Strukturen/Regeln Gefühlsoffenheit relative Autonomie • Lehrer als Vertrauensperson • Schulklima klare Strukturen/Regeln Individuelle Unterstützung Zugehörigkeitsgefühl • positive Rollenvorbilder • Personale Faktoren • Kommunikations- &Problemlösefähigkeiten • Nutzung von Talenten • Realistische Kontrollüberzeugungen • Selbstvertrauen durch Überwindung von Krisen • Selbstwirksamkeit • Flexibilität • Sinnhaftigkeit des Handelns

  13. Methodische Probleme des Resilienzkonzepts • Weitverbreitete Definition: • Protektiver Faktor = Gegenteil von Risiko • Trennung zwischen protektiven Faktoren und geringerem Entwicklungsrisiko ?

  14. Enge Definition: Ein protektiver Faktor vermindert den Effekt eines Risikofaktors, hat aber ansonsten keinen Effekt • Diese eng definierten Faktoren sind wegen Problemen mit der Stichprobengröße schwer nachzuweisen • In einer aktuellen Studie (KiGGs) zu Aggressivität fanden sich nur schwache protektive Wirkungen für „familialer Wärme“

  15. Ambiguität /Multifinalität • Weiteres Problem: • Ein protektiver Faktor kann unter Umständen selbst zum Risiko werden • Bsp: • Intelligenz • Selbstbild / Selbstwertgefühl • Soziale Beziehungen

  16. Ambiguität: Intelligenz • Hohe Intelligenz schützt vor antisozialer Auffälligkeit • Hochintelligente Söhne straffälliger Väter werden seltener straffällig • Sie sind in der Lage zu planen, negative Konsequenzen vorherzusehen, nicht-aggressive Verhaltensalternativen zu entwickeln und Konflikte verbal zu lösen

  17. Ambiguität: Intelligenz • Hohe Intelligenz kann das Risiko für Depressivität und internalisierende Störungen erhöhen • Intelligente Personen haben eine differenzierte Umwelt- und Selbstwahrnehmung • können leichter Misserfolgserwartungen entwickeln • Lassen sich schwer vom Gegenteil überzeugen

  18. Ambiguität: Selbstwertgefühl • Selbstvertrauen und positives Selbstwertgefühl helfen bei der Bewältigung von leichten multiplen Risiken und kritischen Lebensereignissen (z.B. Scheidung der Eltern) • selbst wenn nur wenige soziale Ressourcen vorhanden sind, fördern SW & SV eine konstruktive Problembewältigung

  19. Ambiguität: Selbstwertgefühl • SW & SV protektiv gegen Aggressionen und Antisozialität • Bei sehr hohem SW Risiko für Aggression • Ursache: Abwertung anderer Personen Gefühl, nicht angemessen respektiert zu werden Gefühl, negativ behandelt zu werden

  20. Ambiguität: Soziale Beziehungen • Befriedigende soziale Beziehungen und Unterstützung durch Freunde und Angehörige puffern Risiken ab • soziale zufriedene Jugendliche mit geringen Verhaltensproblemen bleiben unauffällig • sozial zufriedene Jugendliche mit hohen Verhaltensproblemen bleiben auffällig

  21. Hintergrund der Multifinalität • Risiko/Protektion-Indizes gehen von einer probabilistischen Betrachtung aus • In der Rezeption wird eine Durchschnittsumwelt unterstellt • Aber auch Umwelten haben eine Varianz • daher können Risikofaktoren in bestimmten Umwelten von Vorteil sein, oder in manchen Risiken leichter zu kompensieren als in anderen • Umgekehrt können protektive Faktoren in bestimmten Konstellationen zum Risiko werden

  22. Linsenmodell der Resilienz (Staudinger, 1999) Psychologische FaktorenSoziale BeziehungenSelbst & PersönlichkeitKognition Entwicklungs-beeinträch-tigungen Entwicklungs-stand Individuelle Konstellation= Ressource oder Risiko Nicht-psychologische Faktorenbiologischsozio-ökonomisch / materiell

  23. Fazit • Resilienz wird nicht mehr generell als unveränderbare Persönlichkeitseigenschaft gesehen • Sie bezeichnet in erster Linie einen temporären Zustand und ein Bearbeitungsergebnis

  24. Einen Zustand, der gekennzeichnet ist durch eine erhöhte Bearbeitungskapazität für Risiken und die daraus resultierende Perspektive, auch mit künftigen Risiken umgehen zu können • Basiert auf dem Erkennen eigener Ressourcen und der Mittel und Wege, sie funktional einzusetzen • Nicht einzelne Faktoren, sondern Kompetenzen • Finden von Ressourcen • Einsatz zur Erreichung sozial anschlussfähiger Ziele • Flexibles Zielmanagement

  25. Konsequenzen für die Diagnostik

  26. Wir diagnostizieren keine Resilienz • Personale und soziale Ressourcen • Stärken und Defizite müssen vor dem Hintergrund der individuellen Lage betrachtet werden • Die Funktionalität von Sicht- und Verhaltensweisen im individuellen Bezugsrahmen muss in den Blick gefasst werden • Es gilt, Ressourcen mit neuen Funktionen zu versehen • Soziale und personale Ressourcen bilden einen organisierten, aufeinander abgestimmten Raum (Nische)

  27. „Schalenmodell“ der ressourcenorientierten Förderung Risikofaktoren Fähigkeitsdefizite Ressourcen-aktivierung Kompetenzaufbau Adaptive,individuellzugeschnitteLernumgebung Subjektivsinnhaft, motivierendund komplexitäts-reduzierend Spezifische Förderangebote z.B. Aufmerksam-keitstraining, Soziales Kompetenz-training

  28. Nischen als Veränderungskatalysatoren • Nische: Umwelt, die klare und gerechte Verhaltensanforderungen stellt, die subjektiv erreichbar sind • Nische: Umwelt, deren Veränderungs-anforderungen mit subjektiven Gewinnen und tragbaren Verlusten einhergehen • Nische: Umwelt, in der das eigene Profil mehr Vorteile als Nachteile mit sich bringt • Möglichst widerspruchsfrei und mit niedriger Komplexität

  29. Nischen und Intervention Stabilisierendes oder entwicklungs- Förderndes Setting (Nische) Problemspezifische Intervention L/R-Training, Aufmerksamkeit, etc.)

  30. Die erfolgreiche Etablierung persönlicher Nischen kann Veränderungsprozesse befördern • Da Veränderungsaufwand reduziert wird • Veränderung mit Gewinn einhergeht • Dies setzt auch voraus, dass Umfang und Erreichbarkeit von Entwicklungszielen optimiert werden • Schrittweise Annäherung an globale/maximale Ziele • Setzen von Prioritäten („Weniger ist mehr“) • Pädagogische Ziele und Ziele des Subjekts sollte eine sinnvolle Einheit bilden

  31. Nischen und schulische Ressourcen • Nischen müssen nicht nur an die individuelle Bedürfnislage des Klienten angepasst sein, sondern auch an die Bedürfnisse und Ressourcen der Schule

  32. Ressourcendiagnostik • Anamnese: Hintergrundinformationen, Familiensituation, Klassensituation -> soziale Ressourcen • Sichtweise des Kindes/Jugendlichen: Freunde, Bezugspersonen, Interessen, Stärken, Bewältigungsformen, Problemwahrnehmung -> soziale/personale Ressourcen • Screening für personale Schutzfaktoren

  33. Resilienzskala - Schuhmacher et al., 2005

  34. Berner Ressourcen-Inventar, Trösken & Grawe, 2003

  35. LAR - Lehrerratingskalen für adaptive Ressourcen Subskalen

  36. LAR - Lehrerratingskalen für adaptive Ressourcen

  37. Förderdiagnostik • Erfassung der Problematik und Einschätzung ihrer Stärke (Förderbedarf) • Erfassung personaler und sozialer Ressourcen • Nutzung der Ressourcen, z.B.: • Nutzung von Interessen in Projektarbeiten, in die Elemente eines Sozialtrainings involviert werden • Vermitteln von Erfolgen durch Nutzung kognitiver Ressourcen • Kooperation mit verlässlichen Bezugspersonen

  38. Ressourcenidentifikation durch Umdeutung • Es lohnt sich (z.B. für die Planung individueller Förderangebote), auch zu versuchen, das Positive im Negativen zu sehen • Umdeutung von Defiziten • Verhaltensprobleme (Fehler) können im Einzelfall auch als Formen des Anders-Könnens betrachtet werden • Sie stellen dann einen individuellen Weg dar, sich dem Ziel zu nähern (Werner, 2003)

  39. Aktuelle Verhaltens-/Fähigkeitsdefizite Risikofaktoren (personale/soziale Faktoren, die Defizite verursachen /aufrechterhalten Ressourcen (Interessen, Stärken, Ziele; personale /soziale Ressourcen) Entwicklungsziele / Lernziele

  40. 1) Aktuelle Probleme auflisten (möglichst konkret; keine globalen Defizitzuschreibungen) 2) Risikofaktoren explorieren (situative [schulische/familiale], personale Faktoren, welche die aktuellen Probleme verursachen oder aufrechterhalten) 3) Ressourcen explorieren (sämtliche Merkmale von Person und Umwelt, die positiv sind; hierzu gehören auch eventuell Umdeutungen der Probleme; z.B. Aggressivität als Ausdruck von Selbstbehauptungsmotiv oder Sich-wehren gegen Ungerechtkeit) • Hypothesen formulieren; d.h., Suche nach denjenigen Risikofaktoren (2), die sparsamste Erklärung liefern und empirisch belegbar sind • Eventuell Reformulierung der Ausgangsfragestellung auf der Basis der endgültigen Hypothesen 5) Lernziele definieren a. Konkrete, unmittelbare Lernziele (z.B. keine anderen Kinder schlagen) b. Weitergefasste Lernziele (Nicht alles feindselig interpretieren, Probleme konstruktiv lösen) c. Hierarchische Prioritätsliste für Lernziele erstellen (um die Komplexität der Entwicklungserwartungen für Schüler und Lehrer zu reduzieren) . 6) Ressourcenaktivierung: a. Welche zielführenden Motive / Interessen liegen bereits vor (z.B. Gerechtigkeitsempfinden) b. Gibt es eventuell frühere Ansätze für Fähigkeiten oder Entwicklungen in die Richtung der Lernziele, die verschüttet sind? c. lässt sich ein Verhaltensziel finden, das als intrinsischer Verstärker für eine positive Entwicklung dienen kann. Z.B. Einsetzen für Gerechtigkeit? d. Lässt sich ein Interesse, eine Fähigkeit identifizieren, die dazu dienen kann, dem Schüler eine bessere soziale Rolle aufzubauen e. Welche Umweltressourcen gibt es (z.B. Implementation eines Streitschlichterprogramms, kooperative Bezugsperson)

  41. Kooperative Suche nach Lösungen • Die Flexibilität dieses Förderkonzepts macht es nötig, dass man auch die Möglichkeiten und Grenzen des jeweiligen schulischen Settings in den Blick nimmt • Das Konzept funktioniert am besten, wenn es zu tragfähigen Kompromissen zwischen den Zielen/Fähigkeiten von Schüler und Lehrer kommt • Sie müssen in Form von gemeinsamen Absprachen fixiert werden und Verbindlichkeit besitzen

  42. Konsequenzen für Förderdiagnostik • Keine alleinige Konzentration auf Schüler und Familie, sondern Berücksichtigung von Klasse (Mitschüler, Lehrer) und Schulklima • aus der Perspektive der Betroffenen • Sequenzierung von Förderangeboten und parallele Betrachtung von Schüler und Schule • Eventuell Etablierung außerschulischer Angebote (z.B. für Schulverweigerer)

  43. Bezugsrahmen für Förderung protektiver Konstellationen Verringerung der Riskoeinflüsse Peer-tutoring Kinder- und Jugendhilfe Verringerung der negativen Folgen von Risiken Schulklima PositiveBeziehungen Klassenklima SpezifischeFörderangebote Erhöhung von Selbstwert und Selbstwirksamkeit Erziehungs-beratung Eröffnung neuerMöglichkeiten Lehrerverhalten

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