E N D
1. Krisenverarbeitungsmodell nach Erika Schuchardt Referat von Sabine Grune und Ramona Schrader (Ergotherapie)
16.10.2008
Psychologische Grundlagen der sozialen Kommunikation und Interaktion, Frau Streb-Baumann
3. Einleitung / Beschreibung: • wird auch als Lernprozess Krisenverarbeitung bezeichnet
• beschreibt den Verlauf einer idealtypischen Krisenverarbeitung
• Untersuchung von Biographien von Menschen mit und ohne
Behinderung
Krise = unheilvolle Nachricht
= schlimmes Ereignis
• Krisenverläufe laufen in aller Regel nach bestimmten immer
wiederkehrenden Spiralphasen ab
• lassen sich als Mechanismus zur Verarbeitung von extrem schwierigen
Situationen erkennen
• aus diesen Erkenntnissen formulierte Erika Schuchardt das
Krisenverarbeitungsmodell
4. 8 Spiralphasen(Spiralphase vs. Phase) Begriffsklärung:
Spiralphase:
• verdeutlicht Dynamik und Komplexität des
Lernprozesses + damit verbundenen Auf- und Abstieg
• wiederholbar
• unterschiedlich neu initiierbar
• Länge verschieden
• existieren oft miteinander oder nebeneinander
Phase:
• klarer Abschluss
• keine Überlagerung
5.
Spontan-Verbaler Ausdruck
? direkte Rede
(Bsp.: „Warum gerade ich?“)
Kognitiver - Emotionaler Ein- Druck
? Zustandsbefindlichkeit
(Bsp.: „Aggression“)
6. Es wird deutlich, dass: Lernprozess Krisenverarbeitung= KEIN ausschließlich kognitiver, durch Diagnose erfassbarer, sondern gleichermaßen ein aus Deutungen lebender Prozess ist!
7. Spiralmodell der Krisenverarbeitung
9. Spiralphase 1: Ungewissheit = Eingangsphase • Anfangs = Chaos / Schock
unvorbereitete Konfrontation mit der
Nicht – Norm = Normabweichung
• der/die Betroffene = panische Angst vor
unbekannten, ungeordneten automatische
Reaktion = unaufhaltsame Kreation von
Abwehrmechanismen
Hauptmerkmal = implizite Leugnung
• differenziert, durch 3 typische Zwischenphasen
10. Zwischenphasen Unwissenheit • lösen sich naturgemäß
ab
• Unsicherheit • existieren neben-
einander und
miteinander
• Unannehmbarkeit • sind von unter-
schiedlich langer Dauer
11. 1. Zwischenphase = Unwissenheit Bagatellisierung
Zweifel für nichtig erklärt
Start in Phase „UNGEWISSHEIT“
naive Unwissenheit muss angesichts
Zeichen, Signale + Reaktionsweisen
der Umwelt (welche ?) weichen
12. 2. Zwischenphase = Unsicherheit Unwissenheit weicht Unsicherheit
Zweifel können nicht mehr negiert werden
psychisch unstabile Gefühlslage verhindert = Tatbestand erkennen zu können
• spannungsgeladene Ambivalenz erhöht Sensibilisierungsgrad ? alles wird registriert
• Unsicherheit soll abgeleugnet werden
• Ambivalenz der Spannungslage = entscheidend mit geprägt durch sozialen Kontext
• oft existiert schon ein Wissender, z. B. Arzt, Nachbar, Mitpatient
trägt Verantwortung, „stellt Weichen“ für zukünftiges Ver- oder
Misstrauen
• dem Betroffenen noch „nicht“ bewusst = massive Verteidigung gegenüber der
Bedrohung
13. 3. Zwischenphase = Unannehmbarkeit Abwehr der drohenden Gewissheit
selektive Wahrnehmung
letzter Versuch ? der Wahrheitsgewissheit zu entfliehen
• Erkennungs- oder Einleitungsphase = prägend für gesamten Krisenverarbeitungsverlauf
• Weichen werden gestellt, um soziale Isolation zu
verhindern
= Ende der drei Zwischenphasen
= Abschluss der Gesamtphase „UNGEWISSHEIT“
15. Spiralphase 2: Gewissheit • rational + prinzipiell = Betroffener bereit Wahrheit
zu erkennen
• emotional + faktisch = Weiterleben durch
Hoffnung
• Ambivalenz zwischen verstandsmäßigem „JA“ und
gefühlsmäßigem „NEIN“
• Gebrauch von Puffer je nach Bedarf
• Wichtig: klärende Gespräche, Hilfe
• !Voraussetzung! = Bereitschaft/Signal vom Betroffenen
17. Spiralphase 3: Aggression Einleitungsphase der emotionalen Krisenverarbeitung im Gesamtprozessverlauf
Gefühlsausbrüche
durchsickern rationaler Kopferkenntnis zur emotionalen Herzerfahrung des Bewusstseins
Betroffener in Grundfesten zutiefst verletzt und erschüttert vulkanartiger
Ausbruch ? Aggression
Tragisch = Krisenauslöser nicht an-faßbar, an-greifbar Aggressionen suchen sich Ersatzobjekt
Aggression endläd sich für Außenstehenden ohne jeden sichtbaren Anlass = in alle Richtungen + gegen alles und nichts
• dem Patienten unbewusst ? sucht nach Ventilen = Beginn eines neuen Teufelskreislauf
• Gefahr für Betroffenen ohne angemessene Prozessbegleitung
a) Ersticken an Aggression als passive oder aktive Selbstverwirklichung
b) Falsche Interpretation der ausbrechenden Aggression Isolation
c) Verzicht auf Aggression Beginn einer apathischen Resignation
19. Spiralphase 4: Verhandlung Hektischer Aktivismus ohne rationalen Überlegungen durch Aggression freigesetzte Kräfte drängen zur Tat
„Abschaffungsversuche“: Maßnahmen, Strategien und persönlicher Einsatz um der Situation Herr zu werden
Zwei Richtungen: Ärzte Warenhaus = wahllose, häufig sehr
kostenintensive Konsultation von sämtlichen Ärzten
und Heilpraktikern
Wunder-Wege = Wallfahrten, religiöse
Messen,...
Allerletztes Sichaufbäumen um Aufschub vor dem Unvermeidlichen zu bekommen
Teilweise bis zur vollkommenen materiellen und geistigen Aufgabe
Professionelle Begleitung ist von Bedeutung um vor Enttäuschung zu bewahren
21. Spiralphase 5: Depression Alle Verhandlungen sind zum Scheitern verurteilt, das Unvermeidliche kann nicht abgewendet werden
Nach außen gerichtete Emotionen sind verausgabt kraftloses nach innen gerichtetes Verharren
Gefühl des subjektiven Versagens, Resignation, Verzweiflung, Ausweglosigkeit
Emotionale Anerkennung der Situation
Rezeptive Depression: Trauer über erlittenen Verlust
Antizipierende Depression: Trauer über zukünftig drohende Verluste
Loslassen aller kognitiven und emotionalen Leugnungsversuche, begleitet von grenzenloser Traurigkeit Trauerarbeit: Vorbereitung auf endgültige Annahme des Schicksals
Phase der Ein-kehr, des Sich-selbst-Findens
23. Spiralphase 6: Annahme Grenzsituation: nach langem Kampf folgt Er-lösung und damit Offenheit
Mensch erkennt, dass er nicht allein ist, er sich seiner Sinne bedienen kann
„Ich bin, ich kann, ich will, ich nehme mich an, ich lebe jetzt mit meiner individuellen Eigenart“
Ein Leben nicht mehr gegen die Krise sondern mit ihr
Bedeutet ebensowenig Resignation wie freudige Bejahung
sondern Fähig-geworden-Sein zur Annahme
25. Spiralphase 7: Aktivität Zielgerichtete Aktivitäten zur selbstbestimmten Gestaltung des Lebens
Keine idealistische Neuschaffung von Werten und Normen sondern Umstrukturierung inmitten des gültigen Norm-Werte-Systems
Der Betroffene ändert sich primär selbst und gibt damit Anstoß für Systemveränderungen
Änderung = Möglichkeit des Andersseins durch alternative Handlungsperspektiven als Ergebnis eines sich neu Definierens im Prozess lebenslang lernenden Handelns
27. Spiralphase 8: Solidarität Übernahme sozialer Verantwortung
Eigene Situation rückt in den Hintergrund, gemeinsames Handeln tritt in den Vordergrund
Bei erfolgreicher Krisenverarbeitung soziale Integration, aktive Selbstverwirklichung
Diese Phase wird nur selten erreicht
28. Drei Stadien des Lernprozesses EINGANGS-STADIUM: primär kognitiv fremdgesteuerte Dimension (Ungewissheit, Gewissheit)
DURCHGANGS-STADIUM: primär emotional ungesteuerte Dimension (Aggression, Verhandlung, Depression)
ZIEL-STADIUM: primär aktional selbstgesteuerte Dimension (Annahme, Aktivität, Solidarität)
29. Fazit Krisenverarbeitung ist nicht nur ein intrapsychischer Prozess
Krisenverarbeitung wird das Ergebnis handlungsorientierter Interaktion und ist immer im Zusammenhang mit der ganzen Gesellschaft zu sehen
Damit bleibt Krisenverarbeitung nicht das Problem des einzelnen sondern ist institutionalisierbar durch notwendige Krisenintervention und -prävention
30. Literatur- und Quellenangaben Erika Schuchardt, „Soziale Integration Behinderter“ – Braunschschweig: Westermann, 1980
Wikipedia: Erika Schuchardt
www.geistigbehindertenpaedagogik.pbwiki.com/Krisenverarbeitungsmodell
http://www.ricardas-homepage.de/Dorothee/Themen/Trauer/09-2.html