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Entspannungsmethoden. Tutorium: Medizinische Psychologie Bettina Bewernick WS 2003/04. Was ist Entspannung?. Mehr als bloßes Fehlen von Anspannung Zustand mit gesenktem biologischem Energieumsatz Angenehm empfundener psychophysiologischer Zustand Physiologische Veränderungen :
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Entspannungsmethoden Tutorium: Medizinische PsychologieBettina BewernickWS 2003/04
Was ist Entspannung? • Mehr als bloßes Fehlen von Anspannung • Zustand mit gesenktem biologischem Energieumsatz • Angenehm empfundener psychophysiologischer Zustand • PhysiologischeVeränderungen: • Tonusverminderung der Muskulatur • Periphere Vasodilatation (Wärmegefühl) • Verlangsamung und größere Gleichmäßigkeit von Atmung und Herzschlag • Abnahme der Hautleitfähigkeit • Freisetzung verschiedener Neurotransmitter • Zunahme der Magenmotorik • Psychische Veränderungen: • Körperliche und psychische Gelöstheit • Erholung • Gelassenheit gegenüber Außen- und Innenreizen • Fehleinschätzungen von Zeit • Zerfließen von Körpergrenzen
Entspannungsebenen • Subjektiv kognitive Ebene • Denken, Gefühle, Wahrnehmungen • Physiologisch vegetative Ebene • Herzschlag, Atmung, Verdauung • Motorische Ebene • Muskeltonus, Mimik • Ebenen stehen in enger Verbindung zueinander • Ziel: über eine Ebene, die anderen Ebenen manipulieren • Autogenes Training setzt an subjektiv kognitiver Ebene an • Biofeedback auf der Physiologisch vegetativen Ebene • Progressive Muskelentspannung auf der motorischen Ebene • Motorische Ebene ist am leichtesten zu beeinflussen • Progressive Muskelentspannung in vielen Studien als das wirksamste bezeichnet
Einsatzmöglichkeiten von Entspannungsverfahren • Vor potentiell belastenden Situationen • Nach belastenden Situationen zur Senkung der Aktivierung • Patienten mit Angststörungen (z.B.Phobien) • Angst und Entspannung sind inkompatible Zustände • Patienten mit psychosomatischen Beschwerden • Bluthochdruck • Spannungskopfschmerz • Patienten mit Schlafstörungen
Mögliche Nebenwirkungen • Entspannungsinduzierte Angstzustände • Depersonalisationsphänomene • Magenknurren • Übelkeit, Kopfschmerzen • Gähnen, Frösteln, Kribbeln in den Fingern • Evtl. Paradoxe Effekte: Herzfrequenzanstieg, Muskelzucken • Evtl. sexuelles Arousal
Kontraindikationen bzw. vorsichtige Anwendung bei • Hypotonie • Durch Entspannung weiteres Absinken des Blutdrucks • Asthma • Verlangsamung der Atmung und Verengung der Bronchien • Herzrhythmusstörungen oder Extrasystolen • Bei akuten Migräneattacken • Vasodilatation peripherer Gefäße mit Verschlimmerung der Beschwerden • Aber zwischen den Attacken verringert Entspannung die Wahrscheinlichkeit für neue Attacken
Voraussetzungen • Ruhige Atmosphäre (Telefon,..) • Angenehme Sitz-, Liegeposition • Lockere Kleidung • Zeit nehmen • Regelmäßiges Üben • Bereitschaft zu „Kontrollverlust“
Methoden • Medikamente / Drogen (Alkohol): Nebenwirkungen, keine Langzeitwirkungen, Suchtpotential, kein Erlernen von Bewältigungsstrategien • Hypnose: passives Verfahren, hohe Suggestibilität notwendig, nicht allein und gezielt anwendbar • Autogenes Training: „Selbsthypnose“, hohe Konzentrationsfähigkeit notwendig • Meditative Verfahren: meist religiöser / esoterischer Hintergrund, nicht für jeden erlernbar • Biofeedback: hoher apparativer Aufwand bei nicht höherer Effektivität als andere Verfahren • Progressive Muskelentspannung nach Jakobson: gezielt situativ anwendbar, leicht erlernbar, hauptsächlich körperliche Entspannung
Hypnose • Geschichte • Hypnose: passives Verfahren, hohe Suggestibilität notwendig • ältestes Verfahren mit medizinischer, psychotherapeutischer und psychosomatischer Tradition • 1734-1815 Franz Anton Mesmer (Mesmerismus: Störungen des Magnetismus für Krankheiten verantwortlich, durch Hypnose wieder in Gleichgewicht) • Paris (Charcot, Freud, Breuer): Behandlung von hysterischen und dissoziativen Störungen • Letztes Jahrhundert: Hull & Hilgard (USA) wissenschaftliche Erforschung im Labor • Erikson: Vertreter der Hyppnotherapie s.u.
Hypnose • Grundlagen • Suggestibilität: Persönlichkeitsmerkmal, korreliert am stärksten mit Phantasiebegabung, Tagträumen, Motivation wichtig • Trance: Bewusstseinszustand mit vermehrter psychosomatischer Durchlässigkeit und kognitiver Flexibilität • Sonderformen: AT, Meditation • Physiologische Korrelate: hirnphysiologisch (Durchblutung, theta-Aktivität), endokrinologisch (Stresshormone sinken), immunologisch (Leukozytenmobilität, bessere Wundheilung), zentralnervös (Tonusveränderung), vegetativ (trophotrope Umstellung) • Psychische Veränderungen: Trancelogik (Bilder, Botschaften, Toleranz gegenüber Inkongruenz), erhöhte Erinnerbarkeit (Kindheit), Amnesie, Leistungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Emotionalität, Zeitwahrnehmung
Hypnose • Hypnotherapie (Erikson) • Mehr als Entspannung, da auch Aufdeckung von Problemen • Klient lernt Verhaltensmuster verändern, defizitäre oder traumatische Erfahrungen bearbeiten, Schmerzen verändert wahrnehmen, psychophysiologische Prozesse anregen • Suggestion, keine Disputation • Experimentelle Gruppenstudien: empirische Wirksamkeit mit anderen anerkannten Methoden vergleichbar, aber oft methodische Mängel in diesen Studien • Anwendung: Ergänzung zu medizinischen und psychotherapeutischen Behandlungsformen wie Wundheilung, Angst, Stress,Schmerzbewältigung, Geburtshilfe, Zahnheilkunde, Tumorbehandlung, psychosomatische Störungen (allergischen Reaktionen oder ulcerösen Erkrankungen) Verhaltensprobleme, Rauchen, Übergewicht
Autogenes Training (Johannes Heinrich Schultz, 1920) • Selbstkontrolle, mentale Konzentration führt zu Entspannung („konzentrative Selbstentspannung“) • Passive Konzentration • Abgeleitet von Hypnose („Autosuggestion“) • Regelmäßiges Üben • Geht über Entspannungsverfahren hinaus, da auch Aufdeckung von Problemen • Grundstufe (6 Übungen) • Oberstufe (Vorsätze, Bilder, Fragen)
Prinzipieller Ablauf des AT • Grundhaltung einnehmen (Droschkenkutscherhaltung, liegen) • Grundeinstellung (zwischendurch immer wiederholen): Ich bin ganz ruhig • Der rechte Arm ist ganz/angenehm schwer • Der linke Arm ist ganz/angenehm schwer • Die rechte Hand ist wohlig warm • Die linke Hand ist wohlig warm • Die Atmung ist ganz ruhig - es atmet in mir • Das Herz schlägt ruhig, kräftig, regelmäßig • Das Sonnengeflecht (Solar Plexus) ist ruhig und strömend warm • Die Stirn ist angenehm kühl • Rücknahme: Arme fest - tief durchatmen - Augen auf
Meditation/Yoga • Kontrolle von Körpervorgängen durch selektive Aufmerksamkeit (Atmung) • Konzentrativ (Selbstversenkung) • Entfaltend (Auseinandersetzung mit Lebensvorgängen) • Beide Hemisphären gleich aktivieren (rechte in westlicher Kultur weniger benutzt) • Senkung autonomer Funktionen (Entspannung) • Bewusstmachung von sonst unzugänglichen Inhalten • Methoden: Mantras, Eigenfarbe, Musik, Mandalas, Phantasiereisen
Biofeedback • Bewusste vs. unbewusste Körpervorgänge (Herzschlag vs. Muskelbewegung) • Zusammenhang Stress und bewusste/unbewusste Prozesse • Herzschlag, Hirnströme, Muskelanspannung (EKG, EEG, EMG) werden in optische/akustische Signale umgesetzt und rückgemeldetFeedback • Ziel: Selbst gezielt „unbewusste“ Prozesse verändern • Anwendung: Schmerzen, Verspannung, Migräne • Forschungsstand: funktioniert, aber technischer Aufwand nicht gerechtfertigt, da andere Methoden gleichen Effekt erzielen (ausser bei bestimmten Erkrankungen)
Progressive Muskelrelaxation (Edmund Jakobson, 1938) • Entspannung geht mit entspannten Muskeln einher bzw. ein entspannter Körper führt zu einem entspannten Geist • 1. Beobachten von Anspannung in verschiedenen Muskelgruppen (5-6 Sek) • 2. Bewusste Entspannung der Muskeln und Beobachtung des Unterschiedes zwischen An- und Entspannung (12 Sek) • Bei Erlernen zunächst bewusste An- und Entspannung, später nur noch Entspannung nach der Wahrnehmung von Anspannung (Differentielle Entspannung) • Grundprinzipien: • Erweiterung (auf mehr Muskelgruppen) • Verkürzung (mit zunehmender Erfahrung Muskelgruppen zusammenfassen)
Prinzipieller Ablauf der progressiven Muskelentspannung • Grundhaltung (Handflächen nach unten, Augen schließen) • Eingangsimpuls: Ich werde nun ganz ruhig • 2x Hand rechts, 2x Hand links • 2x beide Unterarme (Handflächen nach oben drehen) hochziehen • 2x beide Unterarme (Handflächen nach oben drehen) auf die Knie drücken • 2x beide Oberarme (Hand auf Schulter legen und Oberarm anspannen) • 2x Augenbrauen hochheben und Stirn kräftig runzeln • 2x Augen kräftig schließen • 2x Zähne aufeinanderbeißen, Kiefer anspannen • 2x Lippen aufeinanderpressen • 2x Kopf nach hinten drücken, zur rechten Seite drücken, zur linken Seite drücken • 2x Kinn gegen Brust drücken • 2x Schultern hochziehen, nach vorne drücken, nach hinten drücken
Prinzipieller Ablauf der progressiven Muskelentspannung II • 2x Bauchmuskeln nach außen pressen • 2x Bauchmuskeln nach innen einziehen • 2x Rücken/Brust nach oben/vorne wölben, dabei auf Arme/Schultern abstützen • 2x Gesäßmuskeln und Oberschenkel anspannen • (Füße nach vorne strecken:) • 2x Füße/Zehen nach vorne/unten drücken (vom Körper weg) • (Füße nah heranstellen), 2x Fersen heben, 2x Zehen hochziehen • Entspannung der Gesamtperson: Hände, Arme, Gesicht, Schultern, Bauch, Rücken, Beine • Rücknahme: 4 – Bewegen Sie die Füße ein wenig. 3 – Bewegen Sie die Beine. 2 – Räkeln Sie sich mit den Armen. 1 – Räkeln Sie sich kräftig. 0 – Öffnen Sie die Augen. Sie fühlen sich erfrischt
Aber... • Keine Zeit! • 5-10 Min täglich • Nur Einbildung! • Physiologische und Psychische Veränderungen wissenschaftlich nachgewiesen, realistische Erwartungen haben • Lieber anders! • Vorteil: methodisch sicherer Weg, auch in schwierigen Situationen anwendbar • Ich bin ganz ruhig! • Entspannung oft unbewusst (Gewohnheiten, Schreibtisch...), Entspannungstechniken verändern Körperbewusstsein • Ich kann nicht abschalten! • Grübeln, Problemewälzen,...Verfahren ermöglichen Fokussierung auf Entspannung, danach Lösungen leichter zu finden, gute Bedingungen schaffen!