180 likes | 264 Views
„Was tun? Die Arbeit mit sexuell übergriffigen Kindern und Jugendlichen als Herausforderung“ Vortrag am 15.06.2012 Mag. Schölzhorn Martin. Begrifflichkeiten. Begriff des „sexuellen Missbrauchs“ sollte im Zusammenhang mit Kindern unter 14 Jahren nicht verwendet werden.
E N D
„Was tun? Die Arbeit mit sexuell übergriffigen Kindern und Jugendlichen als Herausforderung“Vortrag am 15.06.2012 Mag. Schölzhorn Martin
Begrifflichkeiten • Begriff des „sexuellen Missbrauchs“ sollte im Zusammenhang mit Kindern unter 14 Jahren nicht verwendet werden. • Sexueller Missbrauch setzt als Straftatbestand ein Maß an Eigenverantwortlichkeit voraus, das Kindern nicht unterstellt werden kann. • Im Zusammenhang mit Kindern sollte von sexuellen Übergriffen bzw. sexuellen Grenzverletzungen gesprochen werden • Der „Täter“ und „Opfer“ -Begriff sollte vermieden werden, nicht hilfreich
Kindliche Sexualität-1 • Kinder (er)leben ihre Sexualität ganzheitlich: es gibt keine Trennung zwischen Sinnlichkeit, Zärtlichkeit und Sexualität. • Erwachsenensexualität ist eher auf genitale Sexualität, Befriedigung und Orgasmus ausgerichtet
Kindliche Sexualität-2 • Auch wenn Kinder nachspielen, was sie an Bildern zu Sexualität sehen, dann wollen sie keine erwachsene Sexualität praktizieren, diese aber durchaus mit anderen Kindern imitieren • Die öffentliche Pornografisierung und die allgegenwärtige Verknüpfung von Sexualität und Gewalt erachte ich persönlich als großes Problemfeld für Kinder, weil sie es sehr früh verinnerlichen „ich darf mich auf Kosten Schwächerer stark fühlen…“
Sexuelle Übergriffe unter Kindern „Ein sexueller Übergriff unter Kindern liegt dann vor, wenn sexuelle Handlungen durch das übergriffige Kind erzwungen werden bzw. das betroffene Kind sie unfreiwillig duldet oder sich unfreiwillig daran beteiligt. Häufig wird dabei ein Machtgefälle zwischen den beteiligten Kindern ausgenutzt, indem z.B. durch Versprechungen, Anerkennung, Drohung oder körperliche Gewalt Druck ausgeübt wird (Freund & Riedel-Breidenstein, 2004).“
Formen von sexuellen Übergriffen unter Kindern • im Überschwang • in einer gekippten Situation • bewusst gesetzte Übergriffe • Übergriffe durch selbst von Missbrauch betroffene Kinder
Dramatisierung bedeutet… • …nur aus der Empörung bzw. Wut heraus zu agieren • …sich zu stark mit dem angegriffenen Kind zu identifizieren • …massive Schutzimpulse auszuagieren • …vor allem seinen persönlichen Straf – und Vergeltungsimpulsen nachzugehen
Gefahr ist groß… • … übergriffige Kinder und Jugendliche in der „Täterrolle“ festzuschreiben! • …durch die Täter-Opfer-Dynamik jede Form von Hilfsmaßnahme zu verhindern! • …Spaltungen zu erzeugen, die eine komplette Eskalation auslösen können!
Bagatellisierung bedeutet… • …sich zu stark mit dem übergriffigen Kind bzw. Jugendlichen zu identifizieren • …kein Einfühlvermögen dem angegriffenen Kind bzw. Jugendlichen gegenüber zu haben • …fehlende Zivilcourage und persönliche „Bequemlichkeit“ • …die Verantwortung zu stark bei den Kindern zu lassen („das machen die Kinder unter sich aus“)
Gefahr ist groß… • …sexuell übergriffige Handlungen zu tolerieren und somit Kinder und Jugendliche, die „schwächer“ sind, nicht zu schützen • …dass ein Klima der Angst entsteht und dominante Kinder die Regeln vorgeben • …dass sich Übergriffe wiederholen!
Was ist konkret zu tun, wenn ein Kind sexuell übergriffig wird? Übergriffshandlung zu stoppen und zu benennen. Nächster Schritt: Geeignete Reaktionen und Maßnahmen für… • das betroffene Kind • das übergriffige Kind • die Kindergruppe oder die Klasse In der Reihenfolge der Gespräche ist es wichtig zuerst mit dem betroffenen Kind, dann erst mit dem übergriffigen Kind zu sprechen Gespräche unter sechs Augen sind unbedingt zu vermeiden!
Umgang mit dem betroffenen Kind • Dem Kind Glauben schenken • Parteilichkeit • Gefühle ernst nehmen • Schutz, Trost, Stärkung • Lob, dass das Kind sich anvertraut hat
Umgang mit dem übergriffigen Kind • Das übergriffige Kind wird mit seinem Fehlverhalten konfrontiert. • Klare Ablehnung des übergriffigen Verhaltens – nicht des Kindes selbst • Die Fachperson muss den Übergriff genau beschreiben u. darf diesen Part nicht dem übergriffigen Kind überlassen. • Das Kind muss spüren, dass kein Zweifel an der Glaubwürdigkeit des betroffenen Kindes besteht. • Frage nach dem „Warum“ ist nicht hilfreich. • Das übergriffige Kind soll merken, dass der Erwachsene den Vorfall zu seinem Anliegen macht. • Das Kind darf keinesfalls als „Täter“ bezeichnet werden
Leitlinien in der Arbeit mit übergriffigen Buben und Burschen • Der empathische Kontakt und eine klare Haltung gegenüber dem gewalttätigen Verhalten sind Vorbedingung für eine erfolgreiche Arbeit mit übergriffigen Buben und Burschen • Keine zu „harte“ oder zu „weiche“ Intervention /die Chance der „einfühlsamen“ Konfrontation • Eigene Bewertung muss zurückgestellt werden. Es erschwert den Aufbau einer Beziehung zum Burschen, wenn die eigene Haltung in der Phase der Kontaktaufnahme vom Berater/von der Beraterin kommuniziert wird • Auf Gewalt darf nicht mit Gewalt geantwortet werden. Übergriffige Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf menschliche Begegnung • Buben und Burschen können ohne Unterstützung von außen keinen realistischen Blick auf ihre Taten bekommen und diese nicht integrieren
Themenbereiche der Präventionsarbeit im Kinderschutz • Gefühle • Grenzen, Grenzverletzungen, Abwertung Gewalt • Berührungen • Körperwissen • Geheimnisse • Hilfe Holen • Kinderrechte „Mein Körper gehört mir“
3 Botschaften zum Abschluss: • Sexuelle Übergriffe unter Kindern und Jugendlichen nehmen zu, u. a. wegen der Zunahme des Pornografiekonsums unter Kindern und Jugendlichen (als persönliche Hypothese zu verstehen) • Neben den bestehenden selbstverständlichen Hilfsmassnahmen für die betroffenen, angegriffenen Kindern und Jugendlichen, brauch es dringend Hilfsangebote auch für die übergriffigen Kinder und Jugendliche • Dies erfordert von den Erwachsenen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, einen sehr achtsamen und reflektierten Umgang mit dieser Thematik und auch mit sich selbst, weil die Reaktionsweisen sehr oft eine hohe Emotionalität aufweisen, die den Blick auf die Kinder verstellt.