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Täuschung und Drohung, § 123. Nachtrag: Einschränkung der Anfechtung. Probleme ergeben sich bei langlaufenden Schuldverhältnissen Vor allem Gesellschaftsvertrag und Arbeitsvertrag Auch solche Verträge können anfechtbar sein RF dann: § 142, Nichtigkeit von Anfang an (ex tunc) Konsequenz:
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Nachtrag: Einschränkung der Anfechtung • Probleme ergeben sich bei langlaufenden Schuldverhältnissen • Vor allem Gesellschaftsvertrag und Arbeitsvertrag • Auch solche Verträge können anfechtbar sein • RF dann: § 142, Nichtigkeit von Anfang an (ex tunc) • Konsequenz: • Gesellschaft nichtig! Wer haftet? • Alle in Bezug auf das Rechtsverhältnis vorgenommenen Rechtshandlungen wären ungültig • Alle ausgetauschten Leistungen wären zurückzuerstatten (§ 812) • Wobei für unkörperliche Vorteile (Arbeit!) Wertersatz zu leisten wäre • Der schwierig zu berechnen ist • Rückabwicklung nach längerem Vertragsvollzug praktisch undurchführbar!
Korrektur des § 142 • Bei Dauerschuldverhältnissen Einschränkung der Anfechtungswirkung • Sofern Wille der Parteien zum Vertragsschluss an sich vorhanden war • Und Vertrag faktisch vollzogen • Anfechtung möglich, aber nur mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) • Wirkt praktisch wie eine Kündigung aus wichtigem Grund • Fehlerhafte Gesellschaft, fehlerhaftes Arbeitsverhältnis • Vertrag bleibt Rechtsgrundlage für die Vergangenheit • Mit Ausnahmen insbes. zugunsten Minderjähriger
Arglistige Täuschung • Schutz der Entschließungsfreiheit • Täuschung des anderen Teils erforderlich • Muss zu einem Irrtum geführt haben • Nur dann ist Entschließungsfreiheit beeinträchtigt • Täuschung durch Tun: • Vortäuschen oder Unterdrücken von Umständen, die für die Entscheidung des anderen Teils wesentlich sind • Nicht nur Tatsache, sondern auch Wertungen und Meinungen, sofern auf Tatsachenkern beruhend • zB Bezeichnung als generalüberholt, saniert, restauriert • Nicht bloße reklamehafte Anpreisung (fährt super, wäscht am weißesten)
Arglistige Täuschung: • Täuschung durch Unterlassen: • Frage der Aufklärungspflicht • Nachfrage des anderen Teils • Vertragspartner legt erkennbar Wert auf besondere Umstände/Eigenschaften • Grundstück zu Bauzwecken • Software für eine bestehende EDV- Anlage • Steuerersparnis bei Immobilienerwerb • Aufklärungspflicht in Bezug auf Umstände, die diesen Zweck vereiteln könnten • Besonderes Vertrauensverhältnis, Vertrag mit Schutz- oder Beratungscharakter
Rechtswidrigkeit • Ist bei unwahren Auskünften und Verschweigen entgegen einer Aufklärungspflicht ohne weiteres gegeben • Frage kann aber gegen höherrangiges Recht verstoßen • Insbes. GG • Insbes. Fragen nach Schwangerschaft, Gewerkschafts- und Parteizugehörigkeit im Arbeitsrecht • Darf verschwiegen werden (keine Aufklärungspflicht des AN. • Und bei Nachfrage?
Arglistige Täuschung • Auch hier muss Irrtum kausal für die WE gewesen sein • Kein Anfechtungsrecht, wenn Getäuschter die wahre Lage erkennt. • Subjektive Voraussetzung: Arglist • Wissen und Wollen der Täuschung • Wissen- Können, Wissen- Müssen reicht nicht aus • Nach hM genügt aber „Für Möglich halten und für den Fall der Verwirklichung Billigen“ • Sog. bedingter Vorsatz • Sowie die „Angabe ins Blaue hinein“ • Angabe in völliger Unkenntnis der Tatsachen, in der Hoffnung, sie werde schon zutreffen • Bei fahrlässigen Falschangaben kann c.i.c. vorliegen.
Täuschung durch Dritte: • Wird nur bei Kenntnis oder Kennen- Müssen des Vertragspartners zugerechnet, § 123 II • Problem: Wer ist Dritter? • Beachten Sie § 278.
Rechtsfolge der arglistigen Täuschung • Anfechtbarkeit nach § 142 • Mit Rechtsfolge Nichtigkeit des Geschäfts • idR beide Geschäfte (Verpflichtung und Verfügung) betroffen • Sog. Doppelmangel • Kein § 122, kein SE des Anfechtenden • Im Gegenteil: Es kommt bei Schäden, die durch Anfechtung nicht behoben werden können, c.i.c. gegen den Täuschenden in Betracht • Anfechtung nicht subsidiär gegenüber Kaufrecht (anders als § 119 II)
Drohung: • Übel, auf dessen Eintritt der andere angeblich Einfluss hat • Psychische Einwirkung • Bei physischem Zwang (Festhalten, Führen der Hand) gar keine WE • Anfechtung nicht erforderlich • Kausalität: Konkrete Auswirkung der Drohung beim Betroffenen
Widerrechtlichkeit • Drohung muss widerrechtlich sein • Muss positiv festgestellt werden • keine Vermutung wie bei § 823 I • Kann folgen aus: • Rechtswidrigem Zweck • Erfolg muss verboten oder sittenwidrig sein • Dass kein Anspruch auf die Leistung besteht, genügt nicht • Rechtswidrigem Mittel • Stets widerrechtlich • Selbst wenn berechtigter Zweck verfolgt wird • zB Eintreiben von Schulden durch Drohung mit Gewalt • Zweck- Mittel- Relation • Einsatz dieses Mittels zu diesem Zweck verwerflich • Maßstab des § 138 • zB Drohung mit Strafanzeige
Vorsatz: • Auch die Drohung muss (wie die Täuschung) vorsätzlich erfolgen • Vorsatz muss die Widerrechtlichkeit umfassen • Parallelwertung in der Laiensphäre • Bei Irrtum über die Widerrechtlichkeit (zB Fehlbeurteilung der Zweck- Mittel- Relation) Sicht des Drohenden entscheidend • Mit der Einschränkung, dass Beurteilung durch ihn nicht ganz willkürlich gewesen sein darf (Maßstab der „Vertretbarkeit“) • So BGH NJW 2002, 2274, aber str.
Sonstige Voraussetzungen der Anfechtung • Außer dem Anfechtungsgrund muss vorliegen: • Kausalität des Irrtums für die Erklärung • Anfechtungserklärung • Anfechtungsfrist
Rechtsfolgen der Anfechtung: • Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, § 142 • Je nach Sachlage kann betroffen sein: • Nur Verpflichtungsgeschäft • Nur Verfügungsgeschäft • Beide Geschäfte (Doppelmangel) • Bei § 123 die Regel, bei den Irrtümern eher die Ausnahme.
Unterschiedliche Rückabwicklung § 433 § 433 A B C § 929 § 929 Fall 1: Nur KV A – B nichtig Anspruch A -> C auf Herausgabe der Kiste aus § 985?
Lösung Fall 1: • (-), Eig. Verlust von A an B und dann von B an C • § 142 II nicht einschlägig, da nur Verpflichtungsgeschäft betroffen • Eventuelle Kenntnis des C von der Anfechtbarkeit irrelevant • Anspruch A gegen C aus § 812 I, 1, 1. Alt? • Etwas Erlangt? • Durch Leistung des A (-), C hat die Kiste von B erlangt, der damit auch den KV zwischen ihm und C erfüllen wollte. Daher hat B geleistet, nicht A. • Anmerkung: In einer solchen Sachlage ist die Nichtleistungskondiktion (Bereicherung in sonstiger Weise, § 812 I, 1, 2. Alt.) subsidiär. • Ansonsten wäre C uU zwei Kondiktionsansprüchen ausgesetzt, er muss sich aber nur mit demjenigen auseinandersetzen, den er sich als Vertragspartner ausgesucht hat. • Daher kann C die Kiste endgültig behalten. A muss sich wegen des unwirksamen Kaufvertrages mit B auseinandersetzen.
Lösung Fall 1: • Anspruch gegen B aus § 985 • Ersichtlich (-) da B nicht Besitzer • Anspruch gegen B auf Herausgabe der Kiste aus § 812 I 1, 1. Alt? • Etwas erlangt? Ja, Eigentum und Besitz an der Kiste • Durch Leistung des A (+), wollte KV erfüllen • Ohne Rechtsgrund (+), KV wirksam angefochten • RF: Herausgabe! • Aber unmöglich, § 275 I BGB • Daher statt dessen Wertersatz, § 818 II • Nach hM obj. Verkehrswert • Für Entreicherung (Abs. 3) keine Anhaltspunkte
Fall 2: • Wie zuvor, nur jetzt Kaufvertrag A – B und Übereignung A – B nichtig
Lösung Fall 2: • Anspruch A – C auf Herausgabe der Kiste aus § 985? • Eigentumsverlust an B (-), Übereignung wirksam angefochten • Eigentumsverlust an C? • Einigung B – C (+) • Übergabe (+) • Berechtigung des B? (-) wegen Nichtigkeit des Erwerbs von A • Gutgläubiger Erwerb des C, § 932? • Bösgläubigkeit muss sich auf Anfechtung beziehen, § 142 II • Wenn guter Glaube gegeben, Erwerb nach §§ 932, 142 II (+) • Anspruch des A aus § 985 (-) • § 812 I, 1, 1. Alt. wie oben Fall 1: Keine Leistung A – C
Lösung Fall 2: • Anspruch A – B aus § 812 I, 1, 1. Alt (+) wie oben • Zusätzlich kommt § 816 I in Betracht: • B war Nichtberechtigter • Hat verfügt (an C) • Das war A ggü. wirksam (wegen §§ 932, 142 II, s.o.) • Es würde dafür aber auch eine Genehmigung des A genügen (§ 185) • RF: Herausgabe des Erlangten • Nicht nur Verkehrswert wie bei § 818 II • Sondern auch Mehrerlös durch B • Sog. commodum ex negotii