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Nachhaltige Beschaffung – Rechtliche Rahmenbedingungen, Train-the-trainer - Workshop in Mainz am 27.2.2013. Dr. Kirsten Wiese, Referentin bei der Senatorin für Finanzen, Bremen und Projektleiterin Bremen für das LANDMARK Projekt; kirsten.wiese@finanzen.bremen.de. and. Coordinated by :.
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Nachhaltige Beschaffung –Rechtliche Rahmenbedingungen,Train-the-trainer - Workshop in Mainz am 27.2.2013 Dr. Kirsten Wiese, Referentin bei der Senatorin für Finanzen, Bremen und Projektleiterin Bremen für das LANDMARK Projekt; kirsten.wiese@finanzen.bremen.de. and Coordinatedby:
Gliederung • Vergaberechtssystem – Übersicht • Aufbau eines Vergabeverfahrens und unterschiedliche Vergabeverfahren • Grundsätze für die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte und § 97 Absatz 4 Satz 2 GWB • Umweltaspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Soziale Aspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Berücksichtigung von IAO-Kernarbeitsnormen in RhPf • Erfahrungen aus Bremen
Vergaberechtssystem – Unterteilung nach Schwellenwerten • Die einschlägigen rechtlichen Vorschriften unterscheiden sich danach, • ob das Auftragsvolumen einer Vergabe oberhalb oder unterhalb der • von der Europäischen Union vorgegeben Schwellenwerte liegt. • Die Schwellenwerte betragen gegenwärtig • für Bauaufträge 5 000 000 €. • für Liefer- und Dienstleistungsaufträge 200 000 €.
(maßgebliche) Vergaberechtliche Vorschriften oberhalb der EU-Schwellenwerte • Europäisches Recht • europäisches Primärrecht (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union; Vertrag über die Europäische Union), • Vergabekoordinierungsrichtlinie der EU (Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.3.2004), wird ggw. reformiert, • Bundesrecht • §§ 97 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), • Vergabeverordnung (VgV), • Vergabe- und Vertragsordnungen • Vergabe- und Vertragsordnung für Leistung (VOL/A und VOL/B), • Vergabe- und Vertragsordnung für freiberufliche Dienstleistungen (VOF), • Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A, B, C) (Erlangen gemäß §§ 4 – 6 VgV Geltung.)
(maßgebliche) Vergaberechtliche Vorschriften unterhalb der EU-Schwellenwerte • Europäisches Primärrecht und Verfassungsrecht • Landeshaushaltsordnung und ausführende Verwaltungsvorschriften, • Landesvergabe- und Tariftreuegesetze, • VOL, VOB, VOF, sofern sie durch Gesetz oder durch Erlass für anwendbar erklärt werden.
(maßgebliche) Vergaberechtsvorschriften in Rheinland-Pfalz oberhalb und unterhalb der EU-Schwellenwerte • Landestariftreuegesetz (= Landesgesetz zur Gewährleistung von Tariftreue und Mindestentgelt bei öffentlichen Auftragsvergaben, LTTG), in Kraft seit 1.3.2011; • Erlass des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau zur Nichtberücksichtigung von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit im sinne des IAO-Abkommens Nr. 182 bei der Vergabe öffentlicher Aufträge; • Gemeindehaushaltsverordnung vom 18.5.2006 (nach § 22 Abs. 2 sind Kommunen bei öffentlicher Auftragsvergabe an die Verwaltungsvorschriften des zuständigen Ministeriums gebunden); • Geltung von VOL, VOB auch unterhalb der Schwellenwerte (Erlass des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau „Öffentliches Auftragswesen“ vom 11.12.2011).
Gliederung • Vergaberechtssystem – Übersicht • Aufbau eines Vergabeverfahrens und unterschiedliche Vergabeverfahren • Grundsätze für die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte und § 97 Absatz 4 Satz 2 GWB • Umweltaspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Soziale Aspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Berücksichtigung von IAO-Kernarbeitsnormen in RhPf • Erfahrungen aus Bremen
Aufbau eines Vergabeverfahrens • Auftragsgegenstand bestimmen • Verdingungsunterlagen, insbesondere Leistungsverzeichnis erstellen • Angebotsphase • Prüf- und Wertungsphase • Eignung der Bieterinnen in finanzieller, wirtschaftlicher, fachlicher u technischer Hinsicht überprüfen, • Angebotswertung (Zuschlagskriterien) • Nebenangebote • Ausführungsbestimmungen • Vertragsdurchführung überwachen (inkl. Vertragsstrafen)
Mögliche Vergabeverfahren • Öffentlich Ausschreibung (Regelverfahren bei Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte) • Beschränkte Ausschreibung • Ggf. mit Teilnahmewettbewerb • Verhandlungsverfahren • Freihändige Vergabe (in RhPf bis 15.000 € im VOL-Bereich und - je nach Gewerk - bis 150.000 € im VOB-Bereich zulässig) • Direktkauf ohne Vergleichsangebote (in RhPf bis 500 € zulässig, § 3 Abs. 6 VOL))
Gliederung • Vergaberechtssystem – Übersicht • Aufbau eines Vergabeverfahrens und unterschiedliche Vergabeverfahren • Grundsätze für die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte und § 97 Absatz 4 Satz 2 GWB • Umweltaspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Soziale Aspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Berücksichtigung von IAO-Kernarbeitsnormen in RhPf • Erfahrungen aus Bremen
Grundsätze für die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte • Gleichbehandlung • alle Bieter_innen müssen unabhängig von Staatsangehörigkeit über die gleichen Chancen verfügen; • Transparenz • alle Anforderungen an das Angebot müssen umfassend veröffentlicht werden; • Verhältnismäßigkeit • die Bieter_innen dürfen nicht vor unerfüllbare Anforderungen gestellt werden; • der Auftraggeber muss die Anforderungen, die er stellt, überprüfen können; • Auftragsbezug • die Anforderungen müssen im Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen; • eine bestimmte allgemeine Firmenpolitik darf nicht verlangt werden.
Maßgebliche deutsche Norm für soziale und ökologische Aspekte: § 97 Absatz 4 Satz 2 GWB • „Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, • die insbesondere soziale, umweltbezogene und innovative Aspekte betreffen, • wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen • und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben.“ • → gilt oberhalb der EU-Schwellenwerte • → ist in einige Landesvergabegesetze übernommen worden (z.B. § 1 Abs. 3 RhPf LTTG, § 18 Abs. 2 Brem TtVG)
Gliederung • Vergaberechtssystem – Übersicht • Aufbau eines Vergabeverfahrens und unterschiedliche Vergabeverfahren • Grundsätze für die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte und § 97 Absatz 4 Satz 2 GWB • Umweltaspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Soziale Aspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Berücksichtigung von IAO-Kernarbeitsnormen in RhPf • Erfahrungen aus Bremen
Umweltaspekte in öffentlicher Auftragsvergabe I • Auftragsgegenstand • Wahl eines umweltfreundlichen Produktes, z.B. Ökostrom, Recyclingpapier, Holz- statt Plastikstuhl • Leistungsverzeichnis • Bezugnahme auf Umwelteigenschaften, die die zu beschaffende Ware/Dienstleistung erfüllen muss (§ 8 EG Abs. 5 VOL/A 2009, § 7 Abs. 7 VOB/A 2009); • z.B. bestimmte Chemikalien dürfen nicht enthalten sein, Energieeffizienz elektrischer Geräte; • Umweltzeichen wie Blauer Engel, Energystar, EG-Ökoblume, können als Nachweis zulässig sein und ihre Spezifikationen können als Leistungsanforderungen verwendet werden; • aber: Gleichwertige Nachweise wie andere Umweltzeichen, technische Unterlagen des Herstellers und Prüfberichte müssen zugelassen werden.
Umweltaspekte in öffentlicher Auftragsvergabe II • Eignung des Bieters/der Bieterin • Bei Bau- und Dienstleistungsaufträgen kann Vorhandensein eines Umweltmanagementsystems als Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit verlangt werden (§ 7 EG Abs. 11 VOL/A 2009) • Zuschlag • Lebenszykluskosten können einbezogen werden (§ 19 EG Abs. 9 VOL/A) • Lebenszykluskosten = Summe aller Kosten, die während des gesamten Lebenszyklus eines Produktes (während Herstellung, Nutzung und Entsorgung) entstehen • Ausführungsbestimmungen • z.B. CO2-armer Transport, i.d.R nicht Ausschluss eines bestimmten Transportmittels wegen der Gefahr der Diskriminierung
Umweltaspekte: Beispiele • Stühle mit Holz aus nachhaltiger Holzwirtschaft ☺; • Regionales Obst und Gemüse bei Cateringdienstleistung ☻; • Biologisches hergestelltes Obst- und Gemüse bei Cateringdienstleistung ☺; • Baumwoll-T-Shirts für Mensamitarbeitende ☺; • Natursteine aus der Wingst (bei Bremen) ☻; • Fahrzeuge mit Abgasnorm Euro 6 ☺; • Arbeitshandschuhe ohne bestimmte näher bezeichnete Arylamine ☺.
Gliederung • Vergaberechtssystem – Übersicht • Aufbau eines Vergabeverfahrens und unterschiedliche Vergabeverfahren • Grundsätze für die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte und § 97 Absatz 4 Satz 2 GWB • Umweltaspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Soziale Aspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Berücksichtigung von IAO-Kernarbeitsnormen in RhPf • Erfahrungen aus Bremen
Soziale Aspekte in öffentlicher Auftragsvergabe I • Auftragsgegenstand • Barrierefreiheit eines Gebäudes; im Umgang mit alten Menschen geschultes Personal bei Dienstleistung für alte Menschen • Ausführungsbestimmungen • Soziale Anforderungen an die Auftragsdurchführung können gestellt werden, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben (§ 97 Abs. 4 S. 2 GWB; § 1 Abs. 3 RhPf LTTG). Z.B. • die Beschäftigung von Auszubildenden; • die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen; • die Verwendung von Produkten oder die Lieferung von Waren, die im Ausland unter Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation gewonnen oder hergestellt wurden, und • die Sicherstellung der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen.
Soziale Aspekte in öffentlicher Auftragsvergabe II • Zuschlagskriterien • Der EuGH hat in dem Urteil Europäische Kommission/Königreich der Niederlande (Nordholland) vom 10.5.2012 entschieden, dass Fair Trade – Anforderungen auch als Zuschlagskriterien bestimmt werden dürfen. • Anzunehmen ist deshalb, dass auch die Einhaltung der IAO-Kernarbeitsnormen als Zuschlagskriterium bestimmt werden darf. • Zielführende Maßnahmen • Bei Produkten, für die noch keine Zertifikate zu den Herstellungsbedingungen existieren, bietet es sich an, von den Bieter_innen die Einhaltung zielführender Maßnahmen zur bestmöglichen Umsetzung der IAO-Kernarbeitsnormen zu verlangen. Solche zielführenden Maßnahmen können sein: • Schulung des Managements entlang der Lieferkette zu den IAO-Kernarbeitsnormen; • Aushändigung von Arbeitsverträge an die Arbeitnehmer_innen entlang der Lieferkette; • Einrichtung eines Beschwerdesystems für die Arbeitnehmer_innen entlang de Lieferkette.
Gliederung • Vergaberechtssystem – Übersicht • Aufbau eines Vergabeverfahrens und unterschiedliche Vergabeverfahren • Grundsätze für die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte und § 97 Absatz 4 Satz 2 GWB • Umweltaspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Soziale Aspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Berücksichtigung von IAO-Kernarbeitsnormen in RhPf • Erfahrungen aus Bremen
Berücksichtigung von Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation in Rheinland-Pfalz • Die Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO, IAO) kann, • muss aber nicht gefordert werden (§ 1 Abs. 3 RhPf LTTG). • Aber: Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit dürfen die Landesauftragsgeber nicht kaufen (Runderlass vom 6.4.2010). Kommunalen Auftragebern, landeseigenen Unternehmen...Zuwendungsempfänger_innen wird empfohlen, entsprechend zu verfahren.
RhPf: Runderlass vom 6.4.2010 • Für folgende Produkte • Sportbekleidung, Sportartikel, insbesondere Bälle, • Spielwaren, • Teppiche, Textilien, Lederprodukte, • Billigprodukte aus Holz, • Natursteine, Agrarprodukte wie zum Beispiel Kaffee, Kakao, Orangen- und Tomatensaft, • die in Asien, Afrika oder Lateinamerika hergestellt oder bearbeitet wurden, • muss eine Eigenerklärung des Bieters verlangt werden. • In dieser Eigenerklärung muss • der Bieter erklären, dass er nur Produkte liefert, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt oder bearbeitet worden sind oder • der Bieter muss zusichern, dass das Unternehmen, dessen Lieferanten und Nachunternehmer aktive und zielführende Maßnahmen eingeleitet haben, um ausbeuterische Kinderarbeit bei der Herstellung der zu liefernden Produkte zu vermeiden.
Gliederung • Vergaberechtssystem – Übersicht • Aufbau eines Vergabeverfahrens und unterschiedliche Vergabeverfahren • Grundsätze für die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte und § 97 Absatz 4 Satz 2 GWB • Umweltaspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Soziale Aspekte in öffentlicher Auftragsvergabe • Berücksichtigung von IAO-Kernarbeitsnormen in RhPf • Erfahrungen aus Bremen
Erfahrungen aus Bremen I • Projekt „Aktiver öffentlicher Einkauf – sozial, ökologisch und wirtschaftlich“ ressortübergreifend seit 2008; • Stärkung einer zentralen Beschaffungsstelle und Bündelung von Bedarfen, z.B. Arbeitshandschuhe; • Zusammenarbeit mit NGOs und Arbeitnehmerkammer im Beirat für nachhaltiges Verwaltungshandeln und EU-Projekt LANDMARK; • Zusammenarbeit mit Wirtschaftsförderung Bremen, Handels- und Handwerkskammer
Erfahrungen aus Bremen II • Verwaltungsinterne Beratung zu sozialen und ökologischen Standards; • Allgemeine Schulungen und produktbezogene Schulungen zur sozial-verantwortlichen Beschaffung; • Zertifizierungsorganisation und Multistakeholder Initiativen als Referent_innen z.B. Fair Wear Foundation im Dez. 2012; • Markterkundung durch Unternehmensdialoge: Vor Ausschreibungen werden Unternehmen, die als Bieter_innen in Frage kommen, zu Gesprächen eingeladen, um ihnen u.a. die sozialen und ökologischen Anforderungen der Ausschreibung zu erläutern.