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Ökonomie des Mittelalters (500 – 1500)

2.2. Vorläufer der Ökonomie in Antike und Mittelalter. Ökonomie des Mittelalters (500 – 1500). „Kirchenväter“ Scholastiker. Kirchenväter (Spätantike). Hauptvertreter: Augustinus (354 – 430). Bibelauslegung mit Hilfe griechischer Philosophie (insbesondere Platon)

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Ökonomie des Mittelalters (500 – 1500)

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  1. 2.2. Vorläufer der Ökonomie in Antike und Mittelalter Ökonomie des Mittelalters (500 – 1500) „Kirchenväter“ Scholastiker Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  2. Kirchenväter (Spätantike) Hauptvertreter: Augustinus (354 – 430) Bibelauslegung mit Hilfe griechischer Philosophie (insbesondere Platon) „Ideen“ Platons  Gottes Vorstellung von der Welt vor dem Sündenfall Staat bleibt wichtig, aber 2 Unterschiede zu Platon: •Erwächst aus der Familie durch freiwillige Übereinkünfte (Subsidiaritätsprinzip !) •Steht selbst im Dienste christlicher Ethik: Verfolgung des bonumcommune im Diesseits, zwecks Erreichung des summumbonum im Jenseits Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  3. Kirchenväter (Spätantike) • Übernahme von Zinsverbot und Geringschätzung des Handels • (Kaufmann kann höchstens sündlos, niemals aber gottgefällig handeln) • Unterschiede zu Platon: • Einbindung des Staates in ethische Grundsätze (z.B. Willkürverbot) • ausgeprägtes Arbeitsethos (siehe Apostel Paulus: Wer nicht arbeitet, • soll auch nicht essen) Weitere Kirchenväter: Gregor von Nyssa (ca. 334 – 394 n. Chr.) Ambrosius (340 – 397) Hieronymus (331 – 420) Lactantius († 330 n. Chr.) Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  4. Wert- und Preislehre der Kirchenväter • Naturwert • (valornaturalis) • Entspringt Vernunft bzw. Gottes Ordnung: • Mensch  Tier  Pflanze  Metall • Moderne Interpretation: Vorläufer der Umweltökonomie (Immler) • Gebrauchswert • (valorusalis) • Entspringt Bedürfnissen bzw. menschlichen Schwächen • Gold • Perle • Pferd • etc. • Widerspruch zu göttlicher Ordnung, da sinnentbehrende > sinnbegabte Wesen • Kritik: Widerspruch existiert immer, hat nichts mit Wirtschaftssystem zu tun Fliege Magd Sklave •  •  •  Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  5. Scholastik • Albertus Magnus (1193 – 1280), Dominikanermönch • Thomas von Aquin (1225 – 1274), dessen Schüler • Bernhard von Siena (1380 – 1444), gründete „studiumgenerale“ • in Köln ( Uni) • Versöhnung von Griechen mit Bibel, eher auf Aristoteles zurückgreifend • Ideal von Askese und Armut (ora et labora); selig sind die Armen) • Max Weber These: hat wirtschaftlichen Aufschwung im Mittelalter verhindert, erst Johannes Calvins (1509 – 1564) Prädestinationslehre brachte Wende Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  6. Thomas von Aquin zu Arbeit und Privateigentum Lob der Arbeit Funktionen des Eigentums • Sichert (eigenen) Lebensunterhalt • Ermöglicht Unterstützung anderer (und der Kirche) • Schützt vor Müßiggang und Laster • Notwendig zu menschenwürdigem Leben • Anreiz zu sparsamem und sorgsamem Umgang mit irdischen Gütern • Weniger Streit um Nutzung als bei Gemeineigentum Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  7. Normative Grundlage der Scholastik 3 Gesetzesarten Lex divina (göttliches Gesetz, z.B. 10 Gebote) Lex naturalis (Naturrecht, z.B. Eigentum) Lex positiva (staatliches Recht, z.B. Steuern) 3 Gerechtigkeitsdimensionen Justitia commutativa (Tauschgerechtigkeit) Justitia distributiva (Verteilungsgerechtigkeit) Justitia generalis (gerechte Staatsgesetze) Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  8. Verhältnis zum Geld • Vereinbartes Zahlungs- und Rechenmittel (nominalistische Geldauffassung) • Gelderwerb und Tausch nicht zum Zwecke des Gewinns erlaubt („propterlucem“) • Buridanus (1300 – 1358) und sein Schüler Oresmius (1320 – 1382) erkannten schon sog. Greshamsches Gesetz • „Schlechtes Geld verdrängt das gute Geld“ (Sir Thomas Gresham, 1519 – 1549, Berater Elisabeth I., Gründer der Londoner Börse Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  9. Kanonisches Zinsverbot Prophet Ezechiel (=Hesekiel) im Alten Testament (597 v. Chr.): „Wer auf Zins leiht und Zuschlag nimmt, sollte der am Leben bleiben? – Er wird nicht am Leben bleiben!… Er muß sterben! Sein Blut komme über ihn!“ Christus in der Bergpredigt (Lukas-Evangelium): „vielmehr liebet eure Feinde und tut Gutes und leihet, ohne etwas zurückzuerwarten. Dann wird euer Lohn groß sein und ihr werdet Söhne des Höchsten sein…“ Gesetz von Kaiser Lothar, 825 n. Chr. „Wer Zins nimmt, wird mit dem Königsbann belegt, wer wiederholt Zins nimmt, wird aus der Kirche ausgestoßen und soll vom Grafen gefangen gesetzt werden.“ Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  10. Begründung und Ausnahmen • Geld geht bei Verwendung unter, im Gegensatz zu Haus • Geld verschleißt nicht, anders als Haus • Zins ist Preis für die Zeit, diese aber gehört Gott Ausnahmen vom Zinsverbot (nach Thomas von Aquin) Schaden für Verleiher (damnumemergens) Entgangener Gewinn (lucrumcessans) Versäumter Rückgabetermin (titulusmorae) Beteiligung an Unternehmen (societas) Ausfallrisiko (periculumsorties) •  •  Es bleibt nur noch Verbot von Wucherzinsen und reinen Konsumentenkrediten Dagegen Martin Luther (1483 – 1546): totales Zinsverbot, sogar Ratenkauf ist Wucher Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  11. Umgehung des Zinsverbotes (z.B. durch „contractustrinus“*) • Vertrag: Beteiligung (z.B. am Kauf eines Hauses)  erlaubt • Vertrag: Versicherung eines Mindestgewinnanteils von 5%  erlaubt • Vertrag: Verzicht auf etwaige höhere Gewinne  erlaubt Weitere übliche Umgehungen (auch im Islam) • Geldgeschenk als Dank statt Zins für Gläubiger • Schuldschein über höheren als den Kreditbetrag (oft 100% Aufschlag) • Absichtlich zu kurzer Rückzahlungstermin  Strafzahlung erlaubt s.o. • Zum Schein Kauf einer Ware und sofortiger Rückverkauf zu höherem Preis, aber mit späterem Zahlungstermin • Beteiligung zum Schein an einem Unternehmen / einer Investition * Erfinder: Johannes Eck (DrEck“), erbitterter Gegner von Luther („Luder“) Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  12. Justitia Commutativa (Tauschgerechtigkeit) • Justumpretium (gerechter Preis)  grundsätzlich im Wettbewerb zu finden • Aber: Aufklärungspflicht beider Seiten: • Nach Maßgabe der Bedürfnisse ( subjektive Wertlehre!) • Unter Berücksichtigung der Kosten (labora et expenses, ohne Kapitalzins  aber keine Arbeitswertlehre!) • Bietet der Verkäufer die Handschrift zu billig an  Käufer muss ihn darauf hinweisen! • Im Zweifel entscheidet Wertschätzung des Verkäufers Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  13. Beispiel Justumpretium kann notfalls vom Staat erzwungen werden Luther : generelle staatliche Preisfestsetzung Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  14. Antonin von Florenz (1389 – 1459) (zum Justumpretium) • Virtuositas (Nützlichkeit) • Varitas (Seltenheit) • Complacibilitas (subjektive Wertschätzung) 3 Bestimmungsgründe 3 Stufen • Frommer Preis (niedrig) • Interessenpreis (mittel) • Strenger Preis (hoch) Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  15. Justitia distributiva (Verteilungsgerechtigkeit) „Ein jeder lebe nach seinem Stande“ Ständestaat, Gottgewollte Ordnung, Hierarchie nach Gottesnähe  Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  16. Justitia generalis (gerechte Staatsgesetze) • Rechtsstaatsgedanke des Aristoteles • Maßstab vor allem: Bibel, Christliche Gebote • Europäische Besonderheit: Trennung von weltlicher und religiöser Macht beginnt im Mittelalter („Gang nach Canossa“)*) als Voraussetzung für die spätere Trennung von Staat und Religion • Hinterziehung gerechter Steuern (Kirchensteuer?) ist Sünde • Erhebung ungerechter Steuern (Weinsteuer?) aber auch! *) Heinrich IV 1077, ging von Speyer nach Canossa zu Papst Gregor VII (Lösung Kirchenbann), Investiturstreit Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

  17. Zusammenfassung und Kritik • Ableitung der ökonomischer Lehre (z.B. Justumpretium, Zinsverbot) aus religiösen und sozialen Normen • Hauptsächlich durch metaphysische Argumentation und Spitzfindigkeiten (z.B. Gottesbeweise) • Positive Ansätze einer Preis- und Werttheorie bei Albertus Magnus, einer Zinstheorie bei Thomas v. Aquin • Problematisierung des Staates, Subsidiaritätsprinzip • Positive Begründung von Eigentum und Fleiß Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum

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