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Polytrauma und -managment. Referat von Andreas Schmidt, RA 21 bbgl. BWM Bildungszentrum Leipzig andreas.schmidt@cdunet.de. Definition des Polytraumas.
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Polytrauma und -managment Referat von Andreas Schmidt, RA 21 bbgl.BWM Bildungszentrum Leipzigandreas.schmidt@cdunet.de
Definition des Polytraumas • Bei einem Polytrauma handelt es sich um die Verletzung mehrerer Körperregionen oder Organsysteme, von denen mindestens eine oder die Kombination mehrerer lebensbedrohlich sind. (Def. nach Tscherne)
Kurzer Überblick • Ca. 8000 Patienten pro Jahr • Patientenspitze zwischen 20 und 24 Jahren • 72 % männlich • Zu 95 % stumpfe Traumen • Todesursache Nummer 1 bei unter 40jährigen • 65% Intubiert, 8% thorakal drainiert, Rea 4%
Dreigeteilte Letalität • 1/3 innerhalb der 1. Sekunde-Minute infolge der maximalen Gewalteinwirkung » nicht beeinflussbar • 1/3 innerhalb Minuten und Stunden infolge Hypoxie, Hypotonie, Hypovolämie » therapeutisch begrenzt zu beeinflussen • 1/3 innerhalb Tagen und Wochen infolge Sekundärschäden (Schock, Entzündung) » therapeutisch zu beeinflussen
Verletzungsmuster • Gesicht / Hals 5 % • SHT 60 % • Thorax 60 % • Wirbelsäule 15-30 % • Abdomen 25 % • Extremitäten 40 %
Klassifikationen - Scores • Abbreviated Injury Scale (AIS) 1990 • Injury Severity Score (ISS) 1987 • Polytraumaschlüssel (PTS) 1997 • Glasgow Coma Scale (GCS) 1974 • Revised Trauma Score (RTS) 1990 • Schockindex: Pulsfrequenz/syst. RR • Je höher desto mehr Gefahr
Probleme: • Seltener Einsatzgrund (2-5 % der Einsätze) • Große Herausforderung aufgrund der Vielfalt der Aufgaben • Zeitdruck (golden hour of shock*) • Meist nicht alleine (häufig mehrere Verletze) • Maskierung schwerer durch leichte Verletzungen
Golden hour of shock • Adam Cowley – Baltimore 1970 • In den 50er und 60er Jahren Versuche mit Hunden im hämmorrhagischen Schock • Bei der Wiederherstellung des Kreislaufs innerhalb von einer Stunde höhere Überlebensrate • NEU: Letalität erhöht sich alle 3min um 1%
Zügige Bekämpfung der „5 Hypotheken“ • Hypoxie (O2, Beatmung und/oder Intubation) • Hypovolämie (Schocklage, mind. 2 großlumige Zugänge, Infusion im Schuss) • Hypoperfusion ( Lagerung, RR) • Hypothermie (Wärmeerhalt, Decke, Scheinwerfer) • Hypotherapie (Analgesie, Narkose, chirurgische Intervention) durch NA
Strategie • Standardisiertes Vorgehen am Unfallort • Frühzeitiges Stellen der VD Polytrauma • Prioritäten beachten • Zeit gewinnen • Patient in geeignete Klinik bringen (lassen) • Saubere Übergabe in Zielklinik • Dort ebenfalls standardisiertes Vorgehen
Vermeidbare Fehler • Unterbewertung • Zu wenig getan • Zu spät und zu langsam gehandelt ABER: Wir sind auch nur Menschen.
Unfallmechanismen Frontalaufprall • Alarmzeichen beachten • Knieanstoß am Armaturenbrett • Bullaugenwindschutzscheibe • Sichtbare Veränderung des Radstandes • Deformierung um mehr als 50cm
Unfallmechanismen Seitenaufprall • Typische schwere Verletzungen • HWS-Verrenkung • Thoraxtrauma • Aortentrauma • Leber- / Milzruptur • Beckenfrakturen
Unfallmechanismen Heckaufprall • An HWS-Trauma denken • Insasse wird nach vorn geworfen -> Lenkradkontusion
Unfallmechanismen PKW-Unfall allgemein • Gewalteinwirkung entspricht Fahrzeugeinwirkung • Haben die Sicherungssysteme ausgelöst? EIGENSCHUTZ!!! • Beim Herausschleudern um 300% erhöhtes Verletzungsrisiko • Knieverletzungen meist Zeichen von OS- bzw. Beckenfrakturen oder Hüftgelenksverrenkungen sein
Fußgänger / Radfahrer wird erfasst • Generell mit schweren Verletzungen rechnen • Bei ca. 50 km/h Aufschlag des Kopfes auf der Motorhaube • Bis 70 km/h Aufschlag auf Windschutzscheibe • Mehr als 70 km/h Flug über das Dach • Ab 30 km/h bereits lebensbedrohliche Verletzungen möglich • Bremsspur > 10-20m • An Überrolltraumen denken
Sturz aus der Höhe • Immer an HWS-/WS und SHT denken • Bei Sturz auf die gestreckten Beine typische Fraktur der Fersenbeine • Spätestens ab 3m ist von einem Polytrauma auszugehen
Allgemeine Maßnahmen / Primärversorgung • Eigenschutz !!! • Arbeitsdiagnose Polytrauma, wenn der Unfallmechanismus darauf schließen lässt, CAVE: können auch bei geringeren Schäden auftreten oder bei größeren fehlen • Im Zweifel immer wie Polytrauma behandeln!
Sofortmaßnahmen • Blutstillung • Bewusstlos: Seitenlage • Rückmeldung / Nachalarmierung durch adäquate Meldung • Ggf. Einweisung / Koordinierung nachrückender Kräfte • Ruhe bewahren
Sofortmaßnahmen • Immobilisierung der HWS • Sauerstoff mit 10 l/min • Wärmeerhalt • Basischeck am Patienten – Vitalparameter Puls, AF, RR, EKG, GCS, etc. • Schock und Alkohol gelten bis zum Gegenteilsbeweis NICHT als Ursache für Bewusstseinstörung!
Initiale Schocktherapie • Freimachen/Freihalten der Atemwege • Ggf. Beutelbeatmung • Ggf. endotracheale Intubation • Stillung von massiven Blutungen • Wärmeerhalt / Schocklage • Mind. 2 großlumige Zugänge • 2 Ringer + 1 HAES • Ggf. CPR
Small Volume Resuscitation • Polytraumapatient ist hämodynamisch instabil • Bei normaler Infusionstherapie erhöhtes Risiko eines erhöhten Blutverlusts • Äusserst negativ auf Überlebensrate • Bei Infusion einer stark hypertonen NaCl-Kolloidlösung Verringerung dieses Problems da weniger Flüssigkeit infundiert wird • Mobilisierung von endogener Flüssigkeit • Dadurch Minderung der Gefahr der metabolischen Vorgänge in der Mikrozirkulation • Infusion nennt man HyperHAES >> NA-Medikament
Lagerung • Auf der Vakuummatratze • Ansonsten nach Vorgabe
Weitere Notfallmaßnahmen • Analgesie • Narkoseinleitung, Intubation und Beatmung • Technische Rettung wenn notwendig • Monitoring • Vollständiges Entkleiden des Patienten zur genauen Verletzungsbestimmung • Wunden steril abdecken • Ggf. Magensonde legen
Weitere Notfallmaßnahmen • Vorbereiten des Transports (Auswahl Zielklinik – z.B. Verbrennung, SHT) • Anmeldung in der Klinik über RLst • Großzügige Indikationsstellung für RTH • Dokumentation
Versorgung einzelner Verletzungen • Thoraxtrauma: Lagerung, Assistenz des NA • Abdominaltrauma: Lagerung, Volumen, steril feuchtes Abdecken bei offenem Trauma • KEIN Reponieren
Versorgung einzelner Verletzungen • Schädel-Hirn-Trauma: auf ausreichenden RR achten, 30° Oberkörperhochlagerung • Wirbelsäulentrauma: Lagerung, Ruhigstellung, Kortikoidgabe • Extremitätentrauma: Lagern, Reponation durch NA, Ruhigstellung, Blutstillung, Versorgung, ggf. Amputatversorgung
Transport • Unter Fortführung von Schockbehandlung, Narkose, Beatmung, Monitoring, Dokumentation • Zeit im Auge behalten • Psychische Betreuung nicht vergessen – Patient ist im Stress, hat Angst