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HERZLICH WILLKOMMEN!. Höhe und Art der Hinzuschätzung = Reine Willkür?. Höhe und Art der Hinzuschätzung = Reine Willkür?. Einführung. Keine Hinzuschätzung bei ordnungsmäßiger Buchführung rein formellen Fehlern ohne materielle Auswirkung
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HERZLICH WILLKOMMEN! Höhe und Art der Hinzuschätzung = Reine Willkür?
Einführung Keine Hinzuschätzung bei • ordnungsmäßiger Buchführung • rein formellen Fehlern ohne materielle Auswirkung • materiellen Fehlern die punktuell berichtigt werden können
Vorgehen der Betriebsprüfung in der täglichen Praxis: Schritt: Maschinelle Verprobung Schritt: Feststellen von formellen Fehlern Schritt: Mitteilung der Schätzungshöhe
BFH (ständige Rechtsprechung) Ziel einer jeden Schätzung muss es sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben.
Teilschätzung oder Vollschätzung Teilschätzung bedeutet die grundsätzliche Heranziehung des Buchführungsergebnisses, aber Vornahme einiger ergänzender Korrekturen. Mit Vollschätzung bezeichnet man die Verwerfung der gesamten Buchführung und eigenständige Einkünfteermittlung durch das Finanzamt. Sie stellt den stärksten Eingriff dar und ist nur bei gravierenden Buchführungsmängeln zu rechtfertigen.
Auswahl und Konkurrenzen zwischen verschiedenen Schätzungsmethoden Die Auswahl ist vom Finanzamt in sachgerechter Weise zwischen den verschiedenen Schätzungsmethoden zu treffen, wobei die uneingeschränkte Auswahlfreiheit nur bei gleich geeigneten Schätzungsmethoden besteht.
Nach der Rechtsprechung des BFH im Regelfall gleich geeignet (BFH, Urteil vom 25.03.2015 X R 20/13) Aufschlagkalkulation oder Ausbeutekalkulation Geldverkehrs- bzw. Vermögenszuwachsrechnung
Nachrangig geeignet, da tendenziell ungenauer Zeitreihenvergleich Griffweise Schätzung, Sicherheits-/ oder Unsicherheitszuschlag Schätzung nach Richtsatzsammlung
Ausbeutekalkulation am Beispiel Gastronomie Wareneinkauf + Anfangsbestand der Ware - Endbestand der Ware = Wareneinsatz • Schwund durch Verderb • Runden (Gastgeschenke) • Eigenverbrauch und Mitarbeiterbeköstigung = Ware zum Verkauf (Verarbeitung) sowohl Getränke als auch Speisen = Grundlage zur Kalkulation (Speisen, Getränke, Sonstiges)
Häufige Mängel • Es wird nicht vollständig kalkuliert: • Nur Kalkulation der Getränke im Bereich der Gastronomie (sog. 30/70 Kalkulation) • Nur Kalkulation von Teilzeiträumen und Hochrechnung auf den Prüfungszeitraum • Nichtberücksichtigung von Sonderverkäufen (Schlussverkäufe), sondern nur Hochkalkulation von Standardpreisen • Es wird nicht individuell kalkuliert: • Nichtberücksichtigung von individuellen betrieblichen Besonderheiten Beispiel: Socken zum Anzug, Cola zur Pizza oder Salat als Garnitur
Geldverkehrsrechnung Folgende Fragen sollen geklärt werden: Können die getätigten Ausgaben / sonstige Vermögensmehrungen aus den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln bestritten werden? • Woher kommt das Geld (Einnahmen / Vermögen / Schenkung)? • Wo bleibt das Geld (Ausgaben / Investitionen / Geldanlage / Schenkung)? Eine konsequente und lückenlose Abstimmung der Geldverkehrsrechnung ist nur möglich durch eine buchführungsähnliche Erfassung sämtlicher privater Geldkonten und des Kapitalvermögens.
Beispiel Das Excel-Tool „Geldverkehrsrechnung“ finden Sie auf der Seite des Verbandes (www.stbv.de) im Mitgliederbereich unter Praxishilfen.
Häufige Mängel Keine Ermittlung der vollständigen Geld- bzw. Kontobestände am Anfang und Ende des Betrachtungszeitraumes Ansatz von unbegründeten Pauschalen für den Lebensunterhalt ohne Berücksichtigung individueller Gegebenheiten Ansatz von Pauschalen für den Bargeldbedarf ohne Berücksichtigung des individuellen Zahlungsverhaltens
Zeitreihenvergleich Für den Zeitreihenvergleich gelten die allgemeinen, für jede Schätzung geltenden Grundsätze. Es handelt sich im Ergebnis um eine Vollschätzung. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass der Prüfer aus der Buchführung die wöchentlichen Wareneinkäufe und die wöchentlichen Verkaufserlöse entnimmt. Aus den Wareneinkäufen versucht er auf den wöchentlichen Wareneinsatz zu schließen. Danach wird aus dem Verhältnis zwischen Wareneinsatz und Erlösen für jede Woche des Jahres ein individueller Rohgewinnaufschlagsatz ermittelt.
Zeitreihenvergleich Betrachtet wird dann der gleitende Durchschnittswert für jeweils zehn aufeinanderfolgende Wochen. Die Zehn-Wochen-Periode mit dem höchsten Rohgewinnaufschlagsatz des Jahres wird als repräsentativ für das Gesamtjahr angesehen und unterstellt, dass dieser Rohgewinnaufschlagsatz auch in allen anderen Wochen des Jahres erzielt worden ist.
Kritik des BFH Diese Form der Vorgehensweise führt denklogisch immer zu Mehrergebnissen auch bei formell und materiell ordnungsgemäßer Buchführung. Es ergeben sich enorme mathematische Hebelwirkungen, wenn an den Parametern des Zeitreihenvergleichs nur geringfügige Änderungen vorgenommen werden. Dies bedeutet, dass schon kleine Fehler bei der Datenaufnahme zu gravierenden Auswirkungen führen. Dies gebietet nach Auffassung des BFH geradezu zwingend eine Einschränkung des Anwendungsbereichs.
Ergebnis des BFH Bei einer formell (weitestgehend) ordnungsgemäßen Buchführung kann der Nachweis ihrer materiellen Unrichtigkeit nicht allein mit einem Zeitreihenvergleich geführt werden. Ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Mängel der Einnahmenerfassung konkret nicht nachgewiesen, kann er nachrangig nach anderen Schätzungsmethoden einen „Anhaltspunkt“ für die Höhe der Hinzuschätzung bilden. Ist nachgewiesen, dass die Buchführung in größerem Umfang materiell unrichtig ist, können die Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs zur Ermittlung der Höhe der Hinzuschätzung herangezogen werden, wenn sich im Einzelfall keine Schätzungsmethode aufdrängt, die mit vertretbarem Aufwand zu genaueren Ergebnissen führt.
Häufige Mängel Aus dem Wareneinkauf wird der jeweilige wöchentliche Wareneinsatz nicht zutreffend abgeleitet. Die Erlöse werden nicht korrekt den jeweiligen tatsächlichen Verkaufs-, bzw. Leistungswochen zugeordnet (verspätete Zahlung). Warenbestände werden nicht korrekt berücksichtigt (damit ist die Methode bei der Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 EStG generell nicht sachgerecht).
Griffweise Schätzung, Un-/Sicherheitszuschlag Eine griffweise Schätzung, bzw. ein Sicherheitszuschlag kommt nur in Betracht wenn eine konkrete Sachverhaltsermittlung versucht worden ist, aber zu keinem Ergebnis geführt hat. Die Amtsermittlungspflicht geht vor. Sie muss (noch) schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Die betrieblichen Besonderheiten müssen berücksichtigt werden. Das gewonnene Schätzungsergebnis ist nachvollziehbar für die Beteiligten auf seine Plausibilität hin zu prüfen.
Häufige Mängel Der angesetzte Sicherheitszuschlag wird nicht, bzw. nicht hinreichend begründet. Die Ermittlungsschritte, die zu dem Sicherheitszuschlag geführt haben, werden nicht dargelegt. Eine Plausibilitätsbeurteilung fehlt.
Schätzung nach Richtsatzsammlung • Die Richtsätze sind ein Hilfsmittel (Anhaltspunkt) für die Finanzverwaltung, Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden zu verproben und ggf. bei Fehlen anderer geeigneter Unterlagen zu schätzen (§ 162 Abgabenordnung). • Die Richtsätze sind für die einzelnen Gewerbeklassen auf der Grundlage von Betriebsergebnissen zahlreicher geprüfter Unternehmen ermittelt worden. Sie gelten nicht für Großbetriebe und stellen auf die Verhältnisse eines Normalbetriebs ab. (Quelle: www.bundesfinanzministerium.de)
Häufige Mängel • Die Nachrangigkeit dieser Methode wird nicht beachtet • Die Besonderheiten des Betriebes werden nicht berücksichtigt • Es wird ausschließlich der Rohgewinnaufschlagsatz berücksichtigt, ohne den sich daraus ergebenen Reingewinn zu beachten • Grundlegende Mängel sind z. B. : • Nicht repräsentativ: Nur 4.779 Betriebe im Jahr 2017 für 19 Gewerbeklassen • Verlustbetriebe werden nicht berücksichtigt • Empirisch nicht belegt Quelle: Die BMF-Antwort vom 10.09.2018 (BT-Drucks. 19/4238 v. 11.09.2018) und Beyer NWB Nr. 44 vom 29.10.2018 DokID (QAAAG-97546)
Ergebnis • Der Steuerpflichtige hat Anspruch darauf, dass sein Vortrag und seine Sachangaben vollständig im Rahmen der Kalkulation gewürdigt bzw. berücksichtigt werden • Die neue Rechtsprechung des BFH zwingt zu methodisch sauber durchgeführten und für alle Beteiligten nachvollziehbaren Kalkulationsberechnungen • Um Willkür auszuschließen gelten zwingend folgende Grundsätze: • Keine Hinzuschätzung bei rein formellen Mängeln • Keine Hinzuschätzung bei punktueller Korrekturmöglichkeit • Keine Vollschätzung wenn Teilschätzung möglich
Ergebnis • Wenn Vollschätzung, dann generell Ausbeutekalkulation oder Geldverkehrsrechnung. • Nur wenn diese Methoden objektiv unmöglich sind kommen Zeitreihenvergleich, Unsicherheitszuschlag oder Richtsatzsammlung als Schätzungsmethoden in Betracht. • Bei allen Methoden gilt, dass das Ziel einer jeden Schätzung sein muss, das Ergebnis der Höhe nach zu finden, das die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich hat. Strafschätzungen sind unzulässig. • Die Höhe, also das Ergebnis der Schätzung, ist nachvollziehbar schriftlich zu begründen.
Vielen Dank! Höhe und Art der Hinzuschätzung = Reine Willkür?