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Die Keynesianische (nachfrageorientierte) Theorie oder ”In the long run we‘re all dead“ (Keynes). Graue Felder kennzeichnen die Position der Neoklassik zu den jeweiligen Aussagen des Keynesianismus. Literatur u.a. Felderer/Homburg: Makroökonomik und neue Makroökonomik, 7. Auflage 1999.
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Die Keynesianische (nachfrageorientierte) Theorieoder”In the long run we‘re all dead“ (Keynes) Graue Felder kennzeichnen die Position der Neoklassik zu den jeweiligen Aussagen des Keynesianismus Literatur u.a. Felderer/Homburg: Makroökonomik und neue Makroökonomik, 7. Auflage 1999 © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Inhaltsfolie • Die Rolle des Staates: Unterschiedliche Auslegung von Keynes • Die Güternachfrage • Die Güternachfrage der Haushalte • Die Sparfunktion • Die Güternachfrage der Unternehmen • Die Unvollkommenheit des Kapitalmarktes • Der Arbeitsmarkt • Das Zusammenspiel von Faktor- und Gütermärkten © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Inhaltsfolie • Krisenmanagement a la Keynes • Die Wirkung alternativer Finanzierungskonzepte auf die Stärke des Multiplikators • Wirtschaftswachstum: Gegenseitige Abhängigkeit von Arbeitsmarkt, Technologie und Nachfrage • Wirtschaftspolitische Konsequenzen • Der Keynesianische Kapital- und Geldmarkt im Detail © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Hauptstoßrichtung der Kritik an der Neoklassik • Politik: Es mag sein, dass langfristig ein Gleichgewicht wieder entsteht, aber die Zeit bis dahin kann politisch und sozial nicht durchgestanden werden. • Ökonomie: Durch ihre Prämissen („Vollkommener Markt“) ist die Neoklassik unangreifbar. Sie bleibt aber den Beweis der praktischen Umsetzbarkeit dieses Marktes schuldig. • Die Zeit war somit reif für neue Ansätze, die damals von mehreren Ökonomen zeitgleich entwickelt wurden. Dass Keynes sich letztlich durchsetzte hing wohl damit zusammen, daß er Theorie und politische Handlungsanweisungen gleichzeitig anbot und aufgrund seiner bisherigen Karriere (leitete u.a. die Delegation des britischen Schatzamtes bei den Versailler Verhandlungen 1919 und lehnte die Reparationen Deutschlands als ökonomisch nicht vertretbar ab; Berater der „Liberal Party“) leichter Gehör beim politischen Establishment Großbritanniens fand. © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Keynesianische und Neokeynesianische Theorie Die Existenz der Selbsthei-lungskräfte des Marktes (Preismechanismus) wird nicht geleugnet. Wirtschafts-politik darf sich aber nicht auf die Schaffung von Rah-menbedingungen beschrän-ken, sondern muß aktiv Ungleichgewichten entge-genwirken, um die Anpas-sung zu beschleunigen. („Neoklassische Synthese“) Postkeynesianische Theorie Nach ihrer Auffassung gibt es keine Selbsthei-lungskräfte des Marktes. Also bedarf die Wirtschaft der kontinuierlichen Beglei-tung durch Interventionen des Staates. Die Trennungslinie zwischen Zentralverwaltungswirtschaft und Marktwirtschaft wird hier bisweilen überschritten. Die Rolle des Staates:Unterschiedliche Auslegung von Keynes © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Wirtschaftsliberalismus Es besteht keine Notwendigkeit zur staatlichen Intervention, da die Märkte in sich stabil sind Der Staat kann gar keine wirksame Politik betreiben, da z.B. die Staatsbürger diese Maßnahmen von vornherein in ihr Kalkül einbeziehen und damit keine psychologischen Wirkungen eintreten (allenfalls Verwir-rung bei abweichendem Staatsverhalten; Friedman). versucht er es trotzdem: Folge ist Politikversagen Interventionismus Da keine vollständige Selbst-stabilisierung der Märkte gegeben ist, muß von außen in das Marktgeschehen eingegriffen werden, um die Stabilität (schneller) zu erreichen. Eine solche Stabilisierungs-politik kann nur vom Staat geleistet werden. Geeignete Mittel sind Geld- und Fiskalpolitik sowie direkte Eingriffe. Für und wider staatliche Wirtschaftspolitik V.a. angebotsorientierte Wirtschaftspolitik V.a. nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Die GüternachfrageYd=C+I © Anselm Dohle-Beltinger 2002
In der Neoklassik war die Gesamt-Nachfrage gleich dem Einkommen, da eine Hortung von Einkommensteilen öko-nomisch nicht sinnvoll war („Raffzahn“ kriegt keinen Zinsertrag). Somit schuf sich das Güterangebot über das bei der Produktion erzeugte Faktorein-kommen seine gleich hohe Nachfrage selbst. Keynes stellt heraus, dass der zur Markträumung ausreichende Nachfrage-w u n s c h (gearbeitet wird um konsumieren zu können) der Haushalte und Unternehmen nach Gütern nur selten übereinstimmt mit der tatsächlich auf dem Markt auftretenden, der e f f e k t i v e n Nachfrage. Wie hoch ist die Nachfrage? © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Die Güternachfrage der Haushalte © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Bei den Neo-klassikern war die geplante Konsumhöhe eine Restgröße aus Y=C+S(i) C=C(i).Der - nicht ge-leugnete – Zu-sammenhang zwischen C und Y konnte ver-nachlässigt werden ohne die Ergebnisse zu verändern. Keynes: Der geplante Realkonsum C ist primär abhängig vom laufenden Realeinkommen Y, also: C = C(Y) Der Konsum ist also nicht mehr direkt von der Sparplanung abhängig, sondern wird vorrangig in Abhängigkeit vom Einkommen bestimmt. (Neoklassik: ohne Zinssatz und Sparfunktion kein eindeutiger Zusammenhang mit Y; s. links). Die keynesianische Konsumfunktion (1) © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Die keynesianische Konsumfunktion (2) • Keynes: Der geplante Konsum nimmt mit steigendem Realeinkommen zu, aber mit einer geringeren Steigerungsrate als dieses. • Die Steigerungsrate wird bezeichnet als marginale Konsumneigung „c“ die marginale Sparneigung „s“ mit s=1-c;Begründung: Einkommen wird entweder gespart oder konsumiert. © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Regressionsgerade Ca Die Keynesianische Konsumfunktion (3) • Bei einer einfachen linearen Funktion wird angenommen C(Y)=Ca+cY. Beispiel für BRD 1962-1991: C(Y)=7,32+0,86Y [Y in Mrd. €] Ca= der autonome Konsum = nicht erklärbarer Teil der Konsumfunktion Praktische Gründe für Ca: Die Statistiker haben zwar den Zusammenhang zwischen Konsum und Volkseinkommen analysiert und durch lineare Regression (Näherung mittels einer Geraden) daraus eine Verhaltensgleichung abgeleitet; es wurden aber keine Einkommenswerte nahe genug bei 0 festgestellt, um für das Verhalten der Haushalte in diesem Bereich eine Aussage treffen zu können. C Erklärungsansätze für Ca als Entsparen: - „Entwicklungshilfe“ - Naturentnahme Beobachtete Punkte Y © Anselm Dohle-Beltinger 2002
-Ca S Die Sparfunktion • Aus dem Zusammenhang Y = C + S und der Konsumfunktion C=Ca+cY ergibt sich C,S C Ca Y Aus der Grafik ist ersichtlich, daß die Ersparnisbildung (positive Nachfrage nach Spargütern) erst bei einem bestimmten Volkseinkommen größer 0 ist, im Bsp. der BRD ab etwa 52,3 Mrd. €. © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Die Güternachfrage der Unternehmen © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Neoklassik: Die Unternehmen pla-nen solange Real-kapital nachzufragen, wie die gegenwärtige Rendite (Grenzpro-duktivität) mindestens so groß ist wie die Kosten i. Die Ertragserwartungen sind unwichtig, da die produzierten (= für die Rentabilität der Inve-stition erforderlichen Mengen immer voll abgesetzt werden.) Keynes:Die Investitionsgüternachfrage hängt nicht von den jetzt realisierbaren Gewinnen ab (BWL: einperiodige statische Investitions-rechnung), sondern von den erwarteten zukünftigen Renditen. Meßgröße für die Rentabilität der Investition ist die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals (BWL: interner Zinsfuß). Ist sie i, so wird die Investition durchgeführt, sonst nicht. Steigende Zinsen (i) wirken also auch hier c.p. investitionshemmend. Bestimmungsgründe der Investitionen © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Bestimmungsgründe der Investitionen (2) • Von zentraler Bedeutung für die Bildung der Ertragserwartungen sind nicht die aktuellen Ist-Werte von Einkommen, Produktion etc., sondern die subjektive Entwicklungseinschätzung des Unternehmers. • Welche dies ist und für welchen Zeithorizont sie getroffen wird (ob kurz-, mittel- oder langfristige Erwartungen als entscheidungsrelevant angesehen werden) ist eine rein persönliche Entscheidung jeden einzelnen Unternehmers. Die Psyche dominiert die Zahlen; Stimmung geht vor Fakten! Pessimisten sehen nur kurze Zeitspannen als kalkulierbar an, Optimisten deutlich längere. © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Folgen der Einbeziehung subjektiver psychischer Faktoren • Bei gleichem Marktzins und gleicher Produktionsfunktion kann die Investitionsgüter-nachfrage deutlich unter-schiedliche Werte annehmen aufgrund von • Geschätzten Überschüssen in Abhängigkeit von der Stimmung des Unternehmers • Schwankungen bei der Zahl der einbezogenen Jahre • Folge: auch bei niedrigen Zinsen i gibt es unter Umständen nur geringe Investitionen. = „Investitionsfalle“ © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Wichtige Überlegung zur Investition • Das Investitionsvolumen nicht aus dem Modell heraus erklärt werden, ist also autonom, denn • es handelt sich um ein statisches Modell, das keinen Anhaltspunkt liefert für das Zustandekommen der psychischen Verfassung der Unternehmerschaft. • insbesondere kann aus den Größen Einkommen bzw. Güterangebot einerseits und Kapitalangebot der Haushalte oder Zinsen andererseits nicht auf die Höhe der Investitionen geschlossen werden. Der selbe Einkommenswert kann bei steigender oder fallender Konjunktur erreicht werden. • I=Ia • Dagegen hängt das Angebot an Realkapital S vor allem von der Höhe des Einkommens ab. • Sollen also Angebot und Nachfrage auf dem Kapitalmarkt (und damit auf dem Gütermarkt) ausgeglichen sein, so muss gelten S(Y)=Ia • Folge: es gibt keinen Mechanismus für einen Marktausgleich, insbesondere keinen Preismechanismus mehr! Neoklassik: I(i)=S(i) © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Die Unvollkommenheit des KapitalmarktesS(Y)≠Iastatt S(i)=I(i) © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Preismechanismus fehlt fast immer • Der Zinssatz sorgt bei den Keynesianern nicht mehr für einen Marktausgleich, d.h. für die Gleichheit von Ersparnis und Investition und damit die Markträumung. Ungleichgewichte werden denkbar. • Die Selbstheilungskraft des Marktes via Preismechanismus = Zins i funktioniert allenfalls bei einer stabilen (und keinesfalls pessimistischen) psychischen Disposition der Unternehmer und Haushalte (s. Spekulationskasse Folie 22). © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Eingetragen ist hier die Ersparnisbildung S in Abhängigkeit vom Realeinkommen Y. Es wäre aber genauso möglich, die Ersparnis in Abhängigkeit von der Outputmenge anzuge-ben, da Realeinkom-men und Gütererzeu-gung Ys für den letzten Ge- und Verbrauch identisch sind. Angebot Nachfrage Überangebot Angebot S(Y) Bereich der zinslosen Ersparnisbildung Nachfrage I bzw. Ia Der Keynesianische Kapitalmarkt Legende: S = Ersparnisbildung = Realkapitalangebot I = Investitionsgüternachfrage = Realkapitalnachfrage a = nicht aus dem System heraus erklärbarer = autonomer Wert Y = Realeinkommen aus dem Faktorangebot I, S Keynes Y © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Das Problem der Sturköpfe • Wenn die Neoklassiker feststellen mussten, dass ihre Sparpläne nicht aufgehen, dann verzichteten sie darauf zu sparen und verwendeten das Geld für Konsumzwecke. • Die Keynesianischen Haushalte stören sich jedoch nicht im gleichen Umfang an dem Nutzenentgang durch Zinsverzicht und sparen deshalb den aufgrund ihres Einkommens gewünschten Betrag in jedem Fall – auch dann, wenn die Unternehmen ihn nicht wollen = keine Bonds ausgeben = keine Zinsen zahlen. • In diesem Fall wird schlicht der Zahlungsmittelbestand als Sparerssatz vergrößert. © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Die zinslose Ersparnis beinhaltet im Ergebnis (ex post) zwei Komponenten: Die Vorsichtskasse Die Spekulationskasse Die Vorsichtskasse ist geplant (ex ante) als Zahlungsmittelbestand für noch nicht konkret feststehende Konsumgüterkäufe. Wird sie dafür nicht voll gebraucht, so stellt sie im Nachhinein eine zinslose Ersparnis dar. Die Spekulationskasse ist (ex ante) gedacht als verzinste Ersparnis. Es stellt sich aber später als unvernünftig/ unmöglich dar, das Geld verzinst anzulegen. Deshalb wird zinslos gespart. L = Liquidity Demand = Geldnachfrage LT= Geldnachfrage für Transaktionen = Transaktionskasse LT = LT(Y); Y = Realeinkommen Der Charakter der zinslosen Ersparnis Keynes © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Die zinslose Ersparnis beinhaltet zwei Komponenten: Die Vorsichtskasse Sie wird gehalten um bei unvorhergesehenen Güterkäufen zahlungsfähig zu sein und nicht darauf warten zu müssen, dass Geldanlagen auslaufen. Ihre Höhe steigt mit dem Einkommens- bzw. Konsumniveau, verhält sich also wie die Kassenhaltung für geplante Güterkäufe, die Transaktionskasse LT und wird dieser deshalb meist zugeschlagen. Allerdings sinkt sie auch mit ansteigenden Opportunitätskosten der Bargeldhaltung, d.h. steigenden Zinsen, was beim Konsum und damit der engen Transaktionskasse nicht der Fall ist. Die Spekulationskasse L = Liquidity Demand = Geldnachfrage LT= Geldnachfrage für Transaktionen = Transaktionskasse LT = LT(Y); Y = Realeinkommen Der Charakter der zinslosen Ersparnis Keynes © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Zinsen sind Nutzenzuwachspotential. Wird das Geld verzinslich angelegt, so besteht bei Verkauf der Anleihen vor Fälligkeit ein Kursrisiko. Der Kursverlust kann den Zinsgewinn deutlich übersteigen. Für noch nicht gekaufte Wertpapiere gilt: Je niedriger der Zinssatz ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer Zinssatzerhöhung und damit das Verlustrisiko. Die Bargeldhaltung der Haushalte erhöht sich im Rahmen der Gesamtersparnis mit sinkendem Zinssatz (Opportunitätskosten) und mit steigendem Einkommen, da dann S(Y) insgesamt steigt. Im Sinne einer Risikominimierung sollten auch schon gekaufte Wertpapiere vor Eintritt einer Zinssatzerhöhung verkauft und nach deren Eintritt wieder gekauft werden. Das vermeidet nachhaltig Opportunitätskosten in Form entgangener Zinssteigerungen. Die Spekulations-kasse LS erhöht sich bei höherem Einkommen und in Erwartung steigen-der Zinsen, also bei einem jetzt niedrigen Zins-niveau. In Erwartung stei-gender Zinsen wird auch Geldkapital aus früheren Jah-ren in LS umgewan-delt. Auch das Altvermögen sichern Die Spekulationskasse Ls Keynes © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Eine gängige Form der Geldanlage ist das festverzinsliche Wertpapier. Der Schuldner verspricht auf diesem Wertpapier, dem Kreditgeber den geliehenen Geldbetrag (das Kapital) zuzüglich einem am Anfang fest vereinbarten Prozentsatz vom Nennbetrag (Zinsen) zurückzuzahlen. Steigt der Zins für Kredite an, so wäre das alte Wertpapier nicht mehr zu verkaufen, da jeder nur noch die neuen höheren Zinsen will (Markttransparenz und Homogenität). Deshalb wird der Zinsunterschied zwischen dem Wertpapier und dem aktuellen Marktzinssatz als Abschlag vom Original-Kaufpreis des Wertpapiers, also als verringerter Kurswert (Angabe in % vom Nennwert) an den Anlageinteressenten weitergegeben. Er zahlt weniger für das Papier. Daher ist der alte Zinsbetrag (x% * Nennwert) eine höhere Verzinsung auf das gebundene Kapital als es auf dem Papier steht. Steigender Zins = Kursverlust Sinkender Zins = Kursgewinn bei festverzinslichen Papieren Wie geht das mit den Kursverlusten © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Konsequenz • Es gibt ein zinsloses Sparen der Haushalte und damit eine Möglichkeit, dass Einkommensteile nicht nachfragewirksam werden. • Weder als Konsumgüternachfrage der Haushalte • Noch als Investitionsgüternachfrage der Unternehmen. • Das besondere: Ist der Zins hoch, steigt das Risiko, dass die Ersparnisse nicht von den Unternehmen gebraucht werden; ist er niedrig, dann wird die Spekulationskasse gefüllt und den Unternehmen keine Bonds abgekauft. Sind die Erwartungen der Unternehmen pessimistisch, so spielt die Höhe des Zinses gar keine Rolle mehr, weil kein Bondangebot besteht. Während die Unternehmen nicht investieren (und die Kapitalanbieter ihre Zinsforderungen ermäßigen bis in den kritischen Bereich), sparen die Haushalte trotzdem zinslos weiter. • Also: fast immer droht eine Nachfragelücke auf dem Gütermarkt wegen zu hoher Ersparnisbildung der Haushalte! © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Der Arbeitsmarkt © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Der Unterschied zur Neoklassik • Der keynesianische Arbeitsmarkt unterscheidet sich im formalen Aufbau nicht von der Neoklassik, hat aber andere Spielregeln: • Die Nominallöhne können starr sein (Tariflöhne), was längere Ungleichgewichte zur Folge hat. • Die Haushalte lassen sich kurz- und mittelfristig über den Reallohn hinwegtäuschen, wenn ihnen der Nominallohn interessant erscheint. • Deshalb kann durch ein Mehr an Inflation bei starren Löhnen kurzfristig der Reallohn gesenkt und der Markt geräumt werden. © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Zusammenhang mit der Nachfrage • Es ist denkbar, daß auf dem Arbeitsmarkt ein Gleichgewichtsreallohn (w/p)* herrscht, dem über die Arbeitskräftenachfrage und die Produktionsfunktion (bei verzögerter Kapazitätswirksamkeit von I) eine Güterproduktion von Y* zugeordnet ist. • Dieses angebotene Y* muß aber wegen des Kapitalmarktes nicht identisch sein mit Y0, dem Gütermarktgleichgewicht, also der nachgefragten Menge. • Folge bei Y*>Y0: trotz „richtigem“ Reallohn gibt es eine Überschußproduktion, die die Unternehmen durch verringerte Arbeitskräftenachfrage abbauen. Dies löst ein Absinken der verfügbaren Einkommen und damit einen weiteren Rückgang der Konsumausgaben und (via Wirtschafts“klima“) der Investitionen aus. Wirtschaftskrise Auslöser: Eine zu hohe Ersparnisbildung (möglich wenn Geld auch ohne Zinsertrag nicht verausgabt wird)! © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Das Zusammenspiel von Faktor- und Gütermärkten © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Für jedes Y > Y0 ist die angebotene Kapitalmenge größer als die nachgefragte. Tatsächlich zum Einsatz gelangen in diesem Bereich nur die nachgefragten Faktormengen, also Ia. Y0 Ia Güterproduktion und Verwendung nach Keynes Y Angebot S Keynes I,S = Kapital © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Bei Reallohnstarr-heiten kann es auch auf dem Arbeits-markt zu Ungleich-gewichten und damit zu Faktoreinsatz-mengen kommen, die nicht dem Gleichgewichtspunkt entsprechen Güterproduktion und Verwendung nach Keynes w/P Y Angebot Keynes Preisstellung auf dem Arbeitsmarkt Faktoreinsatzmenge von Arbeit und Kapital Arbeit I,S © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Bei effizienter Produktion gibt es genau ein Outputniveau zu jeder Inputkombination (gilt nicht umgekehrt; vgl. Isoquante) Investition Ia Güterproduktion und Verwendung nach Keynes YS Y Keynes Inputkombination und Outputmenge bei effizienter Produktion und Markieren des Outputniveaus Ys Umsetzung Ia→Yd © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Es gilt immer Y=YS Für S(Y)>Ia (=Nachfragelücke auf dem Kapital-markt) folgt eine Nachfragelücke auf dem Gütermarkt Konsum Nachfragelücke Ia S Güterproduktion und Verwendung nach Keynes YS Y Keynes Investition Markierung des Outputs auch auf der Y-Achse und Verbindung von Y und Ys • Lücke auf dem Kapitalmarkt • Lücke auf dem Gütermarkt © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Neoklassik: Angebot und Nach-frage auf den Fak-tormärkten werden von den gleichen Größen gesteuert. Deshalb Selbsthei-lungskräfte. Für jede beliebige Höhe des Güteran-gebotes gilt: Das Angebot schafft sich seine ausreichende Nachfrage selbst, da alles Faktorein-kommen wegen S=I nachfragewirksam wird. Keynesianismus: Es gibt nur eine einzige Höhe des Güteran-gebotes, für das ein Gleichgewicht auf dem Gütermarkt herrscht. Ansonsten tritt entweder ein Überangebot oder eine Übernachfrage auf. Der fehlende Preismecha-nismus auf dem Kapitalmarkt macht den Ausgleich von S und I unwahrscheinlich. Schlußfolgerung © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Yd=Y=Ys C,Ia,Yd Nachfragelücke Yd=C(Y)+Ia C(Y) Ia elementarerMultiplikator Angebotslücke Y,Ys Y0 Gleichgewichtseinkommen und Multiplikatoreffekt • Die effektive Güternachfrage besteht aus Konsum und Investition, also Yd=C(Y)+Ia = Ca+cY+ Ia; im Gütermarktgleichgewicht bei Y0=Ys=Yd gilt: Y0=Ca+cY0+ Ia; © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Gleichgewichtseinkommen aus Kapitalmarktsicht • Grundsätzlich kann nur soviel Realeinkommen erzielt werden, wie Güter produziert werdenY=Ys S,I S(Y) Nachfragelücke Ia 0 Y Y0 -Caut © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Neoklassik: Der Zinssatz wird gesenkt bis Angebot und Nachfrage übereinstim-men. Keynesianismus: Der Angebotsüberhang/die Nachfragelücke wird durch eine Rücknahme der Güterproduktion und des damit verbundenen Faktoreinkommens geschlossen. Die Arbeitslosigkeit entsteht/nimmt zu, die Krise hat sogar die Tendenz, sich zu verschärfen, wenn sie sich psychologisch auch auf die Investitionen auswirkt. Folgen einer Nachfragelücke auf dem Kapitalmarkt © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Krisenmanagement a la Keynes © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Je schlechter die Zukunftsaussichten, desto niedriger die zu erwartenden Gewinne. Damit bestehen schnell Schwierigkeiten, die Investitionskosten (= Zinsen) wieder zu verdienen. Dann unterbleibt die Investition. Ist der Unternehmer pessimistisch, so ist die Investitionsneigung trotz niedriger Zinsen gering, während die Haushalte trotzdem viel Bargeld sparen. Ist er optimistisch, so investiert er viel auch zu höheren Zinsen, so dass kaum zinslose Ersparnis stattfindet. Wie war das noch mit der Zukunftserwartung und der Investition © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Wie geht der politische Keynesianer um mit der Krise? Krisengerede ist wegen der Anfälligkeit der Investitionen für Stimmungen unverantwortlich • Zunächst einmal wird der Wirtschaftspolitiker sich im „Gesundbeten“ versuchen, d.h. die negative Wahrnehmung der Konjunktur und daraus folgend eine Reduzierung der Investitionsbereitschaft der Unternehmen zu unterbinden suchen. Dabei darf er jedoch nicht selber von seinen Worten beeindrucken lassen, sondern muss gleichzeitig prüfen, mit welchen Mitteln der lahmenden Wirtschaft geholfen werden muss. • Insbesondere sollte die Sparneigung gedämpft (z.B. Abbau von Sparanreizen wie Arbeitnehmer-Sparzulage, Freibeträge für Kapitaleinkommen kürzen) sowie • die Investitionssumme erhöht werden (z.B. durch Subventionen). © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Staatliche Ergänzung der privaten Investitionen • Wird eine Konjunkturkrise aufgrund Nachfragelücke diagnostiziert, so gilt es, diese Lücke möglichst frühzeitig zu schließen. • Am schnellsten wirkt wahrscheinlich eine direkte Nachfragestimulation über staatliche Ausgaben-programme [Staatsausgaben „Ga“ (government expenditure)]. • Sie sind auch autonom, da sich der Staat bewusst aus dem privatwirtschaftlichen Investitionskalkül herausnehmen kann und zur Wirtschaftslenkung auch will. © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Der Multiplikatoreffekt der staatlichen Investitionen • Frage: wie stark ist der Effekt (ohne Berücksichtigung der Finanzierung)? • Antwort: Die notwendige Gegenfinanzierung verringert den Effekt. Es bleibt allerdings dabei, dass die Wirkung von 1 € Staatsausgaben stärker ist als 1 €. © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Phase 5 Phase 4 Phase 3 Phase 2 Multiplikatoreffekt der Staatsausgaben • Die Mehrnachfrage führt zu Mehrproduktion und damit zu einem erhöhten Faktor-einkommen. • Hiervon wird ein Teil gespart, d.h. - bei noch schlechten Perspektiven oder zu niedrigen Zinsen – nicht nachfragewirksam. • Der Rest führt aber wieder zu hö-heren Ausga-ben etc. … Staats- ausgabe Zusatz einkommen © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Die Wirkung alternativer Finanzierungskonzepte auf die Stärke des Multiplikators © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld, wer hat so viel Pinke-Pinke • Grundsätzlich gibt es zwei Finanzierungs-möglichkeiten: • Änderung der Geldmenge oder der Zinsen (Geldpolitik; ist in der Euro-Zone alleine der Zentralbank EZB vorbehalten bzw. von deren Genehmigung abhängig; soll deshalb vorerst nicht weiter behandelt werden) • Änderung von Höhe und Art der Staatseinnahmen und ~ausgaben (Fiskalpolitik) • Daneben besteht noch die Möglichkeit direkter Eingriffe durch gesetzliche Ge- und Verbote. © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Neoklassik: Der Markt befindet sich ohnehin im Gleichgewicht; der Gütermarkt ist also geräumt. Die zusätzliche Nachfrage des Staates kann nur zu Lasten der Nachfrage von Unternehmen und Haus-halten befriedigt werden, unabhängig davon ob die Ausgaben durch Kredit (i C, I ) oder durch Steuern (Y-T=C+S C, da i konst) finanziert werden. sinnlos Keynesianismus: Auch hier wird nur andere Nachfrage verdrängt. Einzige Änderung: neben die Zinseffekte treten noch Preiswirkungen. Fiskalpolitik bei Vollbeschäftigung © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Neoklassik: Das Prob-lem ist nicht relevant, da keine Unsi-cherheit be-steht, die Psyche also nicht zur Lethargie führen kann. Keynesianismus: Die Unternehmen reagieren gar nicht mehr auf Zinsänderungen bei Ihrer Nachfrage I. Deshalb sind von vermehrten Staats-schulden ausgelöste Zinserhöhungen irrelevant. Im Gegenteil lösen die damit verbundenen Ausgaben über den Multi-plikator eine breite Konsumbelebung aus, die vielleicht sogar die Unternehmen aus ihrer investiven Lethargie reißt. Bei Steuer-erhöhungen tritt der gleiche belebende Effekt auf, aber in geringerem Maße Tendenz zur Staatsverschuldung Fiskalpolitik bei Unterbeschäftigung wegen pessimistischer Erwartungen Nachhal-tigkeit ? © Anselm Dohle-Beltinger 2002
Neoklassik: Wie schon gesagt: Starrheiten beseitigen!!! Keynesianismus Durch die zusätzliche Nachfrage steigen die Preise und die Reallöhne sinken damit. Erhöhte Nachfrage und sinkender Reallohn (bei starrem w!!!) ermöglichen eine höhere Beschäftigung!!! Der einhergehende Zins-anstieg (mehr Kreditnachfrage bzw. weniger Sparkapitalbildung bei Y-T) ist hierbei zu vernachlässigen. Kredit- und Steuerfinanzierung wirken gleich, Steuerfinanzierung aber schwächer, da sie das verfügbare Einkommen der Haushalte (Überwälzung der Unternehmens-steuern) schmälert und damit den Konsum um c*Steuerbetrag reduziert (crowding out). präziser: wegen nach unten starrer Nominallöhne Fiskalpolitik bei Unterbeschäftigung wegen starrer Löhne © Anselm Dohle-Beltinger 2002