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Attributionstheorien. Der Begriff Attribution bedeutet eigentlich nur Zuschreibung er wird aber in der Psychologie am häufigsten im Zusammenhang mit Ursachenzuschreibungen (Kausalattribution) verwendet. Attributionstheorien.
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Attributionstheorien • Der Begriff Attribution bedeutet eigentlich nur Zuschreibung • er wird aber in der Psychologie am häufigsten im Zusammenhang mit Ursachenzuschreibungen (Kausalattribution) verwendet.
Attributionstheorien • beruhen auf der Annahme, dass Menschen ein Bedürfnis haben, kausale Erklärungen für das zu finden, was um sie herum (und mit ihnen selbst) passiert. • Attributionen sind Antworten auf Warum-Fragen = somit Bestandteile von Alltagstheorien, mit denen sich der Laie das Funktionieren der Welt erklärt.
Attributionstheorien • Die Attributionsforschung hat sich hauptsächlich mit zwei Fragen befasst: • Wie gelangen Menschen zu bestimmten Erklärungen? – • Welche Folgen haben Attributionen für das Erleben und Verhalten?
Naive Handlungsanalyse (Heider) • Heider geht davon aus, dass Laien in ihren naiven Handlungstheorien zwei Kategorien von Ursachen unterscheiden, nämlich a) Ursachen, die in der Person liegen (effektive Kraft der Person) b) Ursachen, die außerhalb der Person, also in der Umgebung liegen (effektive Kraft der Umgebung).
effektive Kraft der Person • hier gehen zwei Faktoren ein: • Motivation (M) d.h. der Wille der Person, ein bestimmtes Ziele zu erreichen • Fähigkeit (F): Die (körperlichen und geistigen) Fähigkeiten der Person. • beiden Faktoren sind multiplikativ miteinander verknüpft, d.h. die effektive Kraft der Person ist gleich Null, wenn die Person nicht motiviert oder fähig ist, ein Ziel zu erreichen.
effektive Kraft der Umgebung • hier gehen ebenfalls zwei Faktoren ein: • Schwierigkeit (S) d.h. das Ausmaß an Anstrengungen (allgemeiner: Ressourcen), das eine bestimmte Aufgabe erfordert. • Zufall (G) d.h. Zufalls und Gelegenheitsstrukturen, die die Zielerreichung begünstigen oder behindern ( z.B. schönes Wetter, wenn man Angeln will).
Effektive Kraft der Person Effektive Kraft der Umgebung Motivation x Fähigkeit Schwierigkeit x Zufall Handlungsergebnis
Ursachenschema (Weiner) • übernahm von Heider die Unterteilung • interne (effektive Kraft der Person) • Externe Ursachen (effektive Kraft der Umgebung), die er Lokationsdimension nannte • fügt aber noch zwei weitere Dimensionen hinzu: • die zeitliche Stabilität der Ursache (stabil-variabel) • die Kontrollierbarkeit der Urasche (unkontrollierbar-kontrollierbar).
Ursachenschema (Weiner) • Eine Person, die über die Zeit und Situationen hinweg dazu neigt, externale, stabile und unkontrollierbare Ursachenattributionen vorzunehmen, kann man als eine Person mit einem externalen Locus of Control bezeichnen. • Eine Person, die hingegen dazu neigt, internale, stabile und kontrolierbare Ursachenattributionen vorzunehmen, besitzt einen interrnalen Locus of Control. • Generell könnte man auch sagen: Kontrollüberzeugungen sind stabile und konsistente Attributionspräferenzen.
Differenzmethode von Heider (1958) • Wie gelangen Personen zu bestimmten Attributionen? • Beispiel: Sagen, wir eine Person empfindet einem bestimmten Objekt gegenüber Freude. Dann kann die Ursache für diese Empfindungen entweder • In der Person liegen (und kein Spezifikum des Objektes sein) oder • In dem Objekt liegen (und kein Spezifikum der Person sein).
Differenzmethode von Heider (1958) • Um eine Attribution vornehmen zu können, muss ein Effekt (z.B. Freude) bei verschiedenen Personen und in verschiedenen Situationen bzw. gegenüber verschiedenen Objekten beobachtet und mit diesen in Zusammenhang gebracht werden. • Folglich geht der Mensch im Alltag bei der Beantwortung von Warum-Fragen ähnlich vor wie ein Wissenschaftler. Auch dieser sucht nach Kontingenzmustern in Daten und schließt von diesen auf zugrunde liegende Ursachen.
Kovariationsprinzip von Kelly (1976, 1973) • drei Fragen • Wie haben sich andere Personen in der gleichen Situation verhalten, bzw. was ist anderen Personen in einer ähnlichen Situation widerfahren) (Vergleich über Personen hinweg) • Hat eine Person sich schon zu anderen Zeitpunkten so verhalten, bzw. ist ihr das Ereignis schon früher öfter widerfahren? (Vergleich über die Zeit hinweg) • Hat eine Person sich schon gegenüber anderen Dingen (oder Personen oder in anderen Situationen) so verhalten, bzw. ist ihr das Ereignis auch im Zusammenhang mit anderen Dingen (oder Personen oder Situationen) widerfahren? (Vergleich über Entitäten hinweg).
Kovariationsprinzip von Kelly (1976, 1973) • Der Begriff Entität meint ganz allgemein alle möglichen Umgebungsvariablen außer der Zeit. • Die drei Variablen Zeit, Person und Entität konstruieren einen dreidimensionalen Datenwürfel.
Kovariationsprinzip von Kelly (1976, 1973) • Konsens: liegt vor, wenn es bei einem Vergleich über Personen hinweg keine Unterschiede zwischen diesen gibt: • Dinstinktheit: liegt vor, wenn es bei einem Vergleich über Enitäten hinweg keine Unterschiede zwischen diesen gibt: • Konstistenz: liegt vor, wenn es bei einem Vergleich über Zeitpunkte hinweg keine Unterschiede zwischen diesen gibt:
Fundamentaler Attributionsfehler (Ross et al., 1977) • Generell zeigt sich, dass mehr unberechtigte Person-Attributionen vorgenommen werden. Ross et al. (1977) haben diesen systematischen Verzerrungseffekt den fundamentalen Attributionsfehler genannt. • Etwas bescheidener ist die Bezeichnung Korrespondenzverzerrung (correspondence bias; Gilbert, 1995), d.h. die Neigung von Beobachtern, aus dem Verhalten eines anderen Menschen auf dessen Persönlichkeitseigenschaften zu schließen.
Actor-Observer-Bias (Jones E Nisbett, 1972) • Diejenigen, die eine Handlung ausführen, die Akteure, attribuieren ihr Handeln eher auf die Situation, während diejenigen, die das Handeln anderer beobachten, eher auf die Person des Handelnden attribuieren.
Actor-Observer-Bias (Jones E Nisbett, 1972) • Für diese Perspektivendivergenz werden im Allgemeinen vier Erklärungsansätze vorgeschlagen: 4zwei kognitive Erklärungen: unterschiedliche Informationsgrundlagen und Unterschiede in der Wahrnehmungsperspektive, 4zwei motivationale Erklärungen: Selbstwertdienlichkeit der Attributionsverzerrungen und Kontrollbedürfnis.
Actor-Observer-Bias (Jones E Nisbett, 1972) • (I) Unterschiedliche Informationsgrundlagen. Akteure kennen sich selbst aus vielen ähnlichen Situationen. • Sie verfügen also nach Kelley über Konsistenz- und Distinktheitsinformationen. • Beispiel: Sie wissen, ob Sie immer oder nur manchmal kein Trinkgeld geben (Konsistenz). Sie wissen auch, ob Sie in anderen Situationen als im Restaurant ebenfalls kleinlich sind (Distinktheit). • Beobachter hingegen kennen die beobachtete Person in der Regel nur aus dieser einen Situation. Ihnen liegen also keine Konsistenz- und/oder Distinktheitsinformationen vor.
Actor-Observer-Bias (Jones E Nisbett, 1972) • (2) Unterschiede in der Wahrnehmungsperspektive. Für Akteure sind in einer gegebenen Situation eher die Anforderungen und Spezifika dieser Situation salient. • Die eigene Person tritt dahinter zurück. • Für Beobachter ist in einer solchen Situation eher die Person des Handelnden salient. Der situative Kontext tritt zurück.
Actor-Observer-Bias (Jones E Nisbett, 1972) • (3) Selbstwertdienlichkeit der Attributionsverzerrungen. • Das Attribuieren auf (negative) Personeigenschaften anderer kann selbstwertdienlich sein. • Von Personen, die negative Eigenschaften besitzen, kann man sich wohltuend abheben. Allerdings würde das bedeuten, dass der Actor-Observer-Bias allein in Bezug auf negatives Verhalten anderer zum Tragen kommen dürfte. • Diesbezüglich ist die empirische Befundlage jedoch widersprüchlich.
Actor-Observer-Bias (Jones E Nisbett, 1972) • (4) Kontrollbedürfnis. Menschen haben das Bedürfnis, das Verhalten anderer Menschen vorhersagen und kontrollieren zu können (Miller et al., 1978). • In vielen sozialen Situationen ist es von Vorteil, wenn man den anderen „kennt", sein Verhalten vorhersagen kann und ihm damit einen Schritt voraus ist.
False-Consensus-Effekt • In mehreren Studien konnte nachgewiesen werden, dass Menschen dazu neigen, ihr eigenes Verhalten als typisch einzuschätzen: Sie glauben, dass andere sich in der gleichen Situation in gleicher oder ähnlicher Weise verhalten würden wie sie selbst.
False-Consensus-Effekt • Es werden zwei Erklärungen für den False-Consensus-Effekt genannt: • der Wunsch, der Mehrheit anzugehören und sich dadurch mit seiner Meinung bzw. seinem Verhalten auf der „richtigen" Seite zu glauben, • selektiver Kontakt: Menschen suchen den Kontakt zu anderen, die ihnen ähnlich sind . Sie beobachten deshalb viel häufiger Verhalten bei anderen, das dem eigenen ähnlich ist, als Verhalten, das vom eigenen abweicht. Aus dieser selektiven (künstlich homogenen) „Stichprobe" schließen sie fälschlicherweise auf die „Population".
Attributionsasymmetrie bei Erfolg und Misserfolg • In vielen Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass eigene Erfolge häufiger personal (internal) und eigene Misserfolge häufiger situativ (external) attribuiert werden (z.B. Zuckerman, 1979). • Die überzeugendste Begründung für diese Attributionsverzerrung scheint zu sein, dass sie selbstwertdienlich ist: Eigene Erfolge als Resultate persönlicher Fähigkeiten darstellen zu können, dürfte Stolz hervorrufen, und eigene Misserfolge als Ausrutscher zu bezeichnen, dürfte ein positives Bild von sich selbst nicht allzu stark gefährden.
Verantwortlichkeits- und Schuldattributionen • Wenn es um Verhalten und Verhaltenskonsequenzen geht, die einer moralischen Bewertung unterliegen, sind Verantwortlichkeits- und Schuldattributionen von Bedeutung. Wie in der Rechtsprechung wird auch im Alltag die moralische Bewertung eines Verhaltens davon abhängig gemacht, wie man Verhalten erklärt bzw. unter welchen Umständen es erfolgte.
Modell von Shaver (1985) • Abbildung: Die Theorie von Shaver (1985). Attribution von Verantwortlichkeit und Schuld vollzieht sich in mehreren Prüfschritten: Stand das Handeln der Person in einer kausalen Beziehung zum Schaden? Konnte die Person den Schaden vorhersehen? Hat sie ihn beabsichtigt? Hat sie freiwillig gehandelt? Ist sie fähig zur moralischen Einsicht? Kann sie ihr Handeln rechtfertigen?
Modell von Montada (1989) • Montada differenziert Verantwortlichkeit in sechs Stufen, wobei die Intentionen der Person und ihre Kompetenzen über den Grad der Verantwortlichkeit entscheiden. Die Stufen – in abnehmender Verantwortlichkeit – lauten: • Die Schädigung erfolgte absichtlich und böswillig. • Die schädlichen Folgen der Handlung werden billigend in Kauf genommen. • Die Schädigung erfolgte unbedacht und fahrlässig. • Die Schädigung wurde unbeherrscht und impulsiv herbeigeführt, war erzwungen oder war nicht vorhersehbar. • Die Handlung war gut gemeint, wurde aber ungeschickt oder falsch ausgeführt. • Es liegt keine Handlung im eigentlichen Sinne vor, sondern lediglich ein unfreiwilliger, unbeabsichtigter Zufall.
Ergebnisse der Studie von Schmitt et al. (1991). Der Ärger über eine Person ist dann am höchsten, wenn diese den Schaden absichtlich herbeigeführt hat; er ist dann am geringsten, wenn sie den Schaden gar nicht selbst ausgelöst hat. Die Ergebnisse bestätigen die Annahme Montadas, dass moralischer Ärger mit jeder Stufe der Verantwortlichkeit zunimmt.
Kritik an der Rationalitätsimplikation • Attributionen läuft oft schematisch und automatisiert ab, • führt mitunter zu Fehlern und Verzerrungen • Hängt unter Umständen mit bestimmten Bedürfnissen, z.B. einem Selbstwertschutzmotiv zusammen • Schaut man sich die Modelle, insbesondere das Kovariationsprinzip von Kelley und das Schuldattributionsmodell von Shaver, jedoch genauer an, tut sich ein Widerspruch auf, denn hier werden Attributionen als rationale Prozesse verstanden. In Shavers Modell müssen diverse Schritte durchlaufen werden, bis eine Person eine Schuldattribution vornehmen kann.
Kritik • Kritik an der Eindimensionalität (internal/external). Gegen die Heidersche Attributionstheorie spricht die einfache Trennung in internal/external: • Weiner konnte zeigen, dass (mindestens) zwei weitere Dimensionen (Stabilität und Kontrollierbarkeit) eine Rolle spielen.
Kritik • Modellierung von Attributionsprozessen. Ein oft vorgebrachtes Argument gegen das Kovariationsprinzip von Kelley betrifft die Tatsache, dass wir im Alltag oft nur eine einzige Beobachtung machen, also Konsistenz, Distinktheit und Konsens eines Ereignisses bzw. eines Verhaltens gar nicht einschätzen können. • Trotzdem sind wir in der Lage, Kausalattributionen zu treffen. Kelley (1972) hat sich selbst mit dieser Frage ausführlich beschäftigt und eingeräumt, dass der Attributionsprozess schematisch ablaufe. Erst in den 1980er Jahren versuchte man, diesen Ablauf genauer zu beschreiben (z.B. Gilbert et al., 1988).