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Sprachwandel und Sprachkritik. Möglichkeiten der medialen Gestaltung im Unterricht

Sprachwandel und Sprachkritik. Möglichkeiten der medialen Gestaltung im Unterricht. Nils Bahlo und Daniel Steckbauer FB Philosophie und Geisteswissenschaften Deutsche Philologie / Linguistik Freie Universität Berlin, 05. Juni 2010. Ablauf 0. Einleitung Sprachkritik (DS)

natasha
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Sprachwandel und Sprachkritik. Möglichkeiten der medialen Gestaltung im Unterricht

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  1. Sprachwandel und Sprachkritik. Möglichkeiten der medialen Gestaltung im Unterricht Nils Bahlo und Daniel Steckbauer FB Philosophie und Geisteswissenschaften Deutsche Philologie / Linguistik Freie Universität Berlin, 05. Juni 2010

  2. Ablauf • 0. Einleitung Sprachkritik (DS) • 1. Was ist Jugendsprache? (Team) • 2. Entwicklung der Jugendsprachforschung (NB) • 3. Transkription (DS) • 4. Praat (NB) • 5. Fragen und Diskussion Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  3. „Das Interesse der Öffentlichkeit und insbesondere der Medien an Sprachfragen ist groß, sehr groß sogar; das Interesse der Sprachwissenschaftler am Interesse der Öffentlichkeit [hingegen] äußerst gering. Die Öffentlichkeit ist über dieses Desinteresse der Sprachwissenschaftler [jedoch] keineswegs betrübt oder verärgert, denn sie interessiert sich [umgekehrt] kaum für die Arbeit der Sprachwissenschaft.“ • (Hoberg 2009: 31; Ergänzungen D.S.) Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  4. - Sprachkritik seit jeher Teil des öffentlichen Diskurses • Kritik an der Verwendung von Sprache in der Öffentlichkeit • durch die Sprecher • - besonders das Sprechen der Jugendlichen im Fokus Spiegel-Titel 28/1984 Spiegel-Titel 40/2006 Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  5. Bsp. von der Webseite des VDS – Anglizismen-INDEX Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  6. Bsp. Aus dem Anglizismen-INDEX Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  7. Nutzung für den interessierten Benutzer eingeschränkt: weder • Ausspracheregeln noch die tatsächliche Herkunft des Wortes sind • angegeben (siehe Eintrag Campus) • - angeführte deutsche Entsprechungen z.T. unpraktikabel bzw. weltfremd Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  8. Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  9. Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  10. Idealzustand von Sprache? • Welcher historische Zeitpunkt soll angesetzt werden? Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  11. Zitat des umstrittenen Historikers Heinrich von Treitschke (1834-1896; zitiert nach Eduard Engel Deutsche Stilkunde aus dem Jahre 1911): • „Dem Durchschnitt des lebenden Geschlechts gebricht das Sprachgefühl so gänzlich wie keiner anderen Generation seit Lessings Tagen. Ja, selbst die Deutschen des 17. Jahrhunderts versündigten sich an ihrer Sprache nicht so frech wie die heutigen. – Die heutigen Barbarismen entspringen der Missachtung, einer Rohheit des Gemüts, die gar nicht mehr weiß, was der Deutsche seiner Muttersprache schuldet.“ Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  12. „Unsichtbare Hand“ (nach Adam Smith) • System, in dem die durchaus eigennützigen Handlungen der Einzelnen nicht auf die Erzeugung von bestimmten Strukturen ausgerichtet sind, sondern der Erfüllung eines bestimmten Zweckes dienen • Sprachwandel als Phänomen der „Unsichtbare Hand“ (nach Rudi Keller) • Durch das tägliche millionenfache Benutzen unserer Sprache erzeugen wir eine Veränderung unserer Sprache. Diese Veränderungen beabsichtigen wir in der Regel nicht, und meist bemerken wir sie auch gar nicht (Keller 1994: 30). Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  13. Sprachwandel als Sonderfall soziokultureller Evolution (Rudi Keller) Eingang (Nordtor) Eingang (Südtor) Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  14. Öffentliche Sprachkritik ist in erster Linie die Kritik an der im Alltag gesprochenen informellen Sprache. • ABER: • bestimmte Fehler, die womöglich kognitive Sprachproduktions- • prozesse reflektieren, wie z.B. • Er kommt nicht, weil (1.5 sec Pause) er hat keine Lust. • Partikeln und Interjektionen (alter, uallah, ey, , ähm) • das Wegfallen von Präpositionen u.v.m. • tauchen als geschriebene Fehler nicht auf, da sie explizit an das kommunikative Medium der gesprochenen Sprache gekoppelt sind! Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  15. Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen. (Aristoteles, gr. Philosoph, 384-322 v. Chr.) • Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe. (Keilschrifttext aus Ur um 2000 v. Chr.) Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  16. Aufgabe von Sprachkritik in der Schule • Sprachkritik als eine Sprachnormenkritik ist nur dann sinnvoll, wenn sie dem Benutzer von Sprache – abseits von subjektivem Sprachgefühl – eine sprachwissenschaftliche Grundlage vermittelt • Kompetenten Sprechern einer Sprache sollten folgende Bereiche zugänglich gemacht werden: • grammatikalische Richtlinien (als vom Menschen geschaffen) • sprachgeschichtliche Einblicke (bezogen auf den Sprachwandel als sich stetig und unabhängig von menschlichen Bestrebungen verändernd) • (sozio-)linguistisch-pragmatische Erkenntnisse (das Changieren zwischen kontextspezifischen sprachlichen Handlungsoptionen) Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  17. Sprachkritik kann nicht allein die Kritik an „falschem Sprechen“ und „dem falschen Sprachgebrauch“ sein, sondern sollte sprachwissenschaftlich fundiert zwischen Phänomenen auf der Ebene des Sprachsystems und der Ebene des Sprachgebrauchs unterscheiden! • Sprachkritik im Unterricht kann verstanden werden als die produktive Auseinandersetzung mit dem aktuellen Sprachgebrauch (natürliche Daten), mit stilisiertem Sprachgebrauch in den Medien (künstliche Beispiele), mit Prozessen des sprachlichen Wandels auf verschiedenen Ebenen (diachrone Belege) und mit Geschichte der Sprachkritik. • Sprachkritik als didaktische Methode zur Förderung von Sprachbewusstsein (als „bewusstes Sprachwissen“) benötigt eine linguistische Basis, die zwischen orthographisch-grammatikalischem Wissen (‚Korrektheit’) UND Erkenntnissen der deskriptiven bzw. im weitesten Sinne pragmatisch ausgerichteten Sprachwissenschaft (‚Angemessenheit’) vermittelt. Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  18. Jugendsprache - Möglichkeiten für den Deutschunterricht • Einblick in die Strukturen von gesprochener Sprache (authentische • Kommunikation) • Erweiterung von sprachlichen Kompetenzen durch die Beschreibung • von Phänomenen der gesprochenen Sprache (Erweiterung zur • Standard-Grammatik) • - bestimmte Auffälligkeiten, das Unterscheiden von Sprachebenen, Sonderfälle/Zweifelsfälle oder Zuordnung etc. •  Reflexion und Analyse des eigenen Sprachgebrauchs • - Kriterien der Angemessenheit der Rede, Zielorientierung, kommunikative Strategien Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  19. Für den Unterricht bietet sich das Thema Sprachkritik mit dem Fokus auf Jugendsprache und Computereinsatz an, da • - der Gegenwartsbezug (Beschäftigung mit dem eigenen Sprachgebrauch) einen besonders hohen Motivationscharakter hat • - das Erheben von Sprachdaten eine aktive Tätigkeit darstellt, die eigenständiges Forschen ermöglicht • - der Beschäftigung mit Computerprogrammen wie EXMARaLDA, PRAAT oder courseLab eine Transferleistung innewohnt, die im Berufsalltag bzw. im Studium vorausgesetzt wird. Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  20. 1. Was ist Jugendsprache? Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  21. 2. Entwicklung der Jugendsprachforschung • Linguistische Jugendsprachforschung (Auszugsweise, Zäsuren) • 2.1 Peter Schlobinski (1993) Sprechstilanalysen • 2.2 Jannis Androutsopoulos (1998) Varietätenlinguistik • 2.3 JuSpiL (2005-2010) Längsschnittuntersuchung • Weiterhin von großer Bedeutung im deutschen Raum: Helmut Henne, Janet Spreckels, Axel Schmidt, Helga Kotthoff, Eva Neuland, Arnulf Deppermann, Inken Keim, Peter Auer, Inci Dirim… Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  22. 2.1 Peter Schlobinski (1991-1993) • ethnografische Gesprächsstilanalysen • Audioaufnahmen aus der Interaktion von Jugendlichen Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  23. 2.1 Peter Schlobinski (90er) Elisa: jetzt müssen wir aber Mimie: die ganzen überraschungseier - ne Elisa: die russland für fürsorge machen fürbitte mein ichMimie: lass die menschen in russland nich so hungern - und dass die auch mal zwischendurch eine schöne kleine kleinigkeit (Kichern)Elisa: und Schokolade - und was zum Spieln - und 'ne Überraschung - eine kleinigkeit die Mimie: das nein Elisa: kinderschokolade(...) Mimie: oh herr - nein Elisa: nein herr - oh herr Mimie: oh herr Elisa: befreie uns von dieser schuld oder von dieser last - oh scheiße Mimie: von welcher last Elisa: von den fürbitten ey Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  24. Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  25. 2.2 Jannis Androutsopoulos (1998) • Analyse von Fanzines: • Auf der Textebene hat Androutsopoulos (1998) anhand von Sprachmaterial aus Fanzines nachgewiesen, dass das intertextuelle Spielfeld der Jugendkultur einerseits aus massenmedialen Ressourcen (Werbung und Konsumprodukte), andererseits aus jugendkulturspezifischen Ressourcen (Musik) besteht. Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  26. 2.2 Jannis Androutsopoulos (1998) • Definition Jugendsprache: • „Jugendsprache [ist] eine sekundäre Varietät […], die in der sekundären Sozialisation erworben, in der alltäglichen informellen Kommunikation im sozialen Alter der Jugend habituell verwendet und als solche identifiziert wird. Sie wird auf der Basis einer areal und sozial verschiedenen Primärvarietät realisiert und besteht aus einer Konfiguration aus morphosyntaktischen, lexikalischen und pragmatischen Merkmalen, deren Kompetenz Verwendungshäufigkeit und spezifische Ausprägung nach der soziokulturellen Orientierung der SprecherInnen variiert.“ • Androutsopoulos (1998:592) Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  27. 2.3 Das JuSpiL-Korpus (2005-2010) • - Von 2005 bis 2010 Sprachaufnahmen im Zeltlager der DSJ • - Ein Freundeskreis von Jungen und Mädchen aus Berlin • - Kaum Drop-Outs • - ca. 150 Stunden Gesprächsaufnahmen: • Verdeckte Aufnahmen in den Zelten, • in verschiedenen Situationen am Tage, Spontan- • aufnahmen, Handygespräche mittels Software, • Fotografien von Briefen und Grüßen • - Die Technik/Methodik in den Jahren 2005 - 2010 Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  28. 2.3 JuSpiL-Korpus (Zeltlager Jungen unbeobachtet) • [JuSpiL 18-07-05 Zelt 9 jungen innen ausschnitt] • ((Index: 0.06:02 – 0.06:29)) • 213 Dus: isch geh RAUS=isch gEh raus- • 214 (-) • 215 Nic: !WAS! nich drauf; • 216 (---) • 217 Tim: ja beSTIMMT geht=a n:u(r) to:LETTE [(unverst.) • 218 Kev: [was WILLST • 219 du denn drAUßn;= • 220 Dus: =<<pp> mhm: er will da RUMschlenda:n> • 221 (der SCHIzo) (unverst.) • 222 ((schrilles Kreischen, drei laute Gifel; ca. 2 sec.)) • 223 (--) • 224 Nic: <<flüsternd> er is SO=was von MÜRbe=isch HASSE den • 225 (sack);>= • 226 Kev: =wie ein GANZ kleine(s) lAUtes BABY=(ey=a)lta; • 227 Dus: .hh ä^HÄ; • 228 Nic: isch=schWÖre er will nur AUFmerk[samkeit; • 229 Dus: [((weinerliche • 230 Stimme)) .h ihr seid (so=was von gemein) • 231 (---) • 232 ???: (dis=is MOKKa;) • 233 Kev: <<f> ey, (.) dit=s auch der EInzi(ch)ste grund warum • 234 GEStan die be!TREU!A reingekommen sind; • 235 (1.25) ((im Hintergrund unverst. Kommentar)) • 236 Kev: die ha=m uns näm(l)isch geSA:GT dass=ä:hm (-) (dass=äh) • 237 dass JEmand so laut RUMGEschrie:n hat; Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  29. 2.3 JuSpiL-Korpus (Zeltlager Mädchen beobachtet) • [31_07_2005 zelt 6 maedchen innen betreuer ausschnitt] • 64 Ym: <<acc> ich muss dir • 65 noch was dazu SA:gn; • 66 Sa: ja- (-) (danke) (-) sag mal- • 67 (---) ((0.01:10)) • 68 Sa: nee- • 69 Ym: ^doch; das IS so:; `´mhm, • 70 Sa: ach erZÄHL doch nich- • 71 Ym: ich darf=s • 72 niemandem erzähln mann (äh) du:stin is einer meiner besten • 73 KUMpel; (.) du er is SCHWU:l ich SCHWÖre; (.) und BASti, .hh nur • 74 weil ich aus spaß gesa:gt hab dustin ich LIEBe dich ehm dann hätte • 75 mich BASti fast zusamm:geSCHLA:gn; • 76 (-) ((0.01:23)) • 77 Ym: vorHIN du kannst OLLi fragen o:lli musste dazwischen gehn; (.) er • 78 hat gesagt du BITSCH und du BA:M (--) ich SCHWÖre sascha; (-) • 80 <<acc> a(ber) du darfst es niemandem erZÄHLn;=versprochn?>= • 81 Sa: =JA, • 82 verSPROCH[n;=(alter) • 83 Ym: [SILke weiß es ^AUCH; FRAG sie;= • 84 Sa: =ja: jetz geht mal ins • 85 BETT=komm ^HOPP; • 86 (3.0) • 87 Sa: <<pp> so; (.) ab ins BETT;> Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  30. 3. Transkription Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  31. Gesprochene Sprache ist eine flüchtige Entität und muss daher – als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung und damit zu Zwecken der eingehenden Analyse – in einer bestimmten Form aufbereitet werden. • Dies geschieht in der angewandten Gesprächsforschung in Form von Audio- oder Videoaufnahmen und der wissenschaftlichen Methode der Transkription. Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  32. Das Gesprächsanalytische Transkritpionssystem GAT • Transkription als wissenschaftliche Methode zur Annäherung • an natürlich Sprachdaten • - intensive Beschäftigung mit der aufgezeichneten Sprache führt • zu Ideen und Hypothesen (direkt am Material) • Transkription als wichtiger und produktiver Teil • der sprachwissenschaftlichen Forschung Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  33. Der Begriff ‚Transkription’ geht zurück auf das lateinische ‚transscribere’, zu Deutsch ‚überschreiben’ oder ‚umschreiben’ oder auch ‚(hin)über-schreiben’ (Bußmann 1990:807; Schmidt 2005:27). • Transkription im sprachwissenschaftlichen Diskurs bezieht sich auf die Wiedergabe kommunikativer Ereignisse von Interviewdaten oder im Feld erhobenen Aufzeichnungen natürlicher Kommunikation in schriftlicher Form. • Mit Hilfe alphabetischer Ressourcen und spezieller Symbole, die den besonderen Eigenschaften gesprochener Sprache und kommunikativem Verhalten Rechnung tragen sollen, wird eine schriftliche Entsprechung der gesprochenen Daten angestrebt (Dittmar 2004:50). Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  34. Transkription kann also verstanden werden als die Verschriftlichung gesprochensprachlicher Kommunikation durch das möglichst genaue Erfassen von Parametern und Phänomenen der gesprochenen Sprache vermittels bestimmter (festgelegter) Konventionen (d.h. bestimmte Symbole und Zeichen). Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  35. Es gibt verschiedene Transkriptionssysteme, die unterschiedliche methodologische Herangehensweisen reflektieren – das JuSpiL-Korpus ist nach den Konventionen des in der interaktionalen Linguistik weit verbreiteten Gesprächsanalytischen Transkriptionssystems GAT (nach Selting et al.) transkribiert. Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  36. Das Gesprächsanalytische Transkritpionssystem GAT • GAT • entwickelt 1998 von einer Autorengruppe um Margret Selting, Peter Auer, Birgit Barden, Rolf R. Bergmann, Susanne Günthner, Peter Schlobinski u.v.a. • als Vorschlag zur Vereinheitlichung bestehender Transkriptions-systeme und somit zur Verbesserung eines fachübergreifenden Austauschs von Korpora • mittlerweile als weit verbreiteter Standard in der deutschsprachigen linguistischen Gesprächsanalyse mit konversationsanalytischem Hintergrund etabliert • seit März 2010 liegt eine neue überarbeitete Version GAT2 vor • (http://www.gespraechsforschung-ozs.de/heft2009/px-gat2.pdf) Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  37. Das Gesprächsanalytische Transkritpionssystem GAT •  GAT-Konventionen versuchen einen Mindeststandard zu etablieren, der so weit wie möglich theorienunabhängig im Bereich der linguistischen Gesprächsanalyse anzuwenden ist • umfasst sowohl das Layout für Transkripte als auch einzelne zu kodierende Kategorien (Selting et al. 1998: 92). Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  38. Das Gesprächsanalytische Transkritpionssystem GAT • Zum Layout • GAT-Transkripte sind zweiteilig aufgebaut: • - bestehen aus einem Transkriptionskopf und dem eigentlichen Gesprächstranskript Ausschnitt „GAT – Der widerliche Kerl“ S1 – unbekannt S2 – unbekannt Aufnahmeort: unbekannt Länge: unbekannt Transkriptions- kopf ----------- Gesprächs- transkript ----- Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  39. Das Gesprächsanalytische Transkritpionssystem GAT • in der neuen Version von GAT2 werden drei Feinheitsgrade für • Transkripte vorgeschlagen: • Rohtranskript • - einfache Einstiegsstufe der Transkription •  Schwerpunkt: Erfassung des Wortlauts • Basistranskript • - bleibt der Minimalstandard für Analyse und Publikation • Feintranskript • - wie gehabt Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  40. GAT - Darstellungskonventionen • Darstellungskonventionen • In einer GAT-Transkription werde folgende Phänomene der gesprochenen Sprache mittels spezieller Zeichen erfasst: • Überlappungen und Simultansprechen (optional mit Angabe der • Ausdehnung) • schneller, unmittelbarer Anschluss von Einheiten verschiedener • Sprecher (latching) oder Verschleifungen • Notation von Pausen • Dehnungen von Vokalen oder Silben, Verzögerungssignale, • Glottalverschlüsse • Rezeptionssignale (hm, mhm, hä) • Lachen • Akzente (Haupt- bzw. Satzakzent, Nebenakzente) Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  41. Problem der Identifizierung von Akzentstellen • akzentuierte Silben i.d.R. durch eine Kombination aus Tonhöhenbewegung und/oder Lautstärke und/oder Länge gegenüber unakzentuierten Silben gebildet • Platzierung der Akzente wichtig für die Erzeugung der semantischen Fokus-Hintergrund-Struktur - Bsp.: das is doch nich DEIN problem vs. das IS doch nich dein problem vs. DAS ist doch nich dein problem vs. das is doch nich dein PROBLEM  Testverfahren: Ausprobieren möglicher alternativer Akzentuierungen Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  42. GAT - Darstellungskonventionen Darstellungskonventionen für prosodische Phänomene • Phrasierungseinheiten besitzen bestimmte Intonationskonturen, die in GAT am Einheitenende folgendermaßen notiert werden: • ? Hoch steigend • , mittelhoch steigend • - gleichbleibend (schwebende Intonation) • ; mittel fallend • . Tief fallend Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  43. Das Gesprächsanalytische Transkritpionssystem GAT • Nonverbale Handlungen und Ereignisse werden in Doppelklammern • möglichst wertfrei beschrieben • zusätzlich können interpretierende Kommentare (mit Angabe der • Reichweite) angegeben werden • unverständliche Passagen werden gekennzeichnet • vermutete Lautungen werden in bestimmter Weise angegeben Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  44. Das Gesprächsanalytische Transkritpionssystem GAT • Feintranskript • Speziellere Ausbaustufe mit weiter ausgebauten Symbolen für • auffällige Tonhöhensprünge • auffälliges Tonhöhenregister • - Lautstärke- und Sprechgeschwindigkeitsveränderungen Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  45. KEIN Transkriptionssytem leistet eine objektive Wiedergabe des abgelaufenen Interaktionsgeschehens! • Jeder menschliche Transkribent verschriftlicht die von ihm subjektiv wahrgenommenen und interpretierten Äußerungen! •  d.h. Subjektivität des Hörens (z.B. Pausenlängen, Intonation am Einheitenende, Akzentstärken etc.) • Transkription als interpretativer und theoriegeleiteter Prozess der Datenkonstruktion! Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  46. Praktische Anwendung • Der EXMARaLDA Partitureditor Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  47. EXMARaLDA – EXtensible MARkup Language for Discourse Annotation • von Thomas Schmidt am SFB „Mehrsprachigkeit“ der Uni Hamburg • entwickelt • XML-basierte Auszeichnungssprache, die mit Annotationsgraphen • operiert • EXMARaLDA Partitureditor als Computeranwendung für die Eingabe • und die visuelle Darstellung von Transkripten • - kostenfrei im Internet erhältlich Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  48. EXMARaLDA Partitureditor – Die Bedienoberfläche Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  49. EXMARaLDA Audio-/Video-Panel Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

  50. EXMARaLDA Partitureditor: • als kostenlose deutsche Version im Internet erhältlich • umfangreiche Möglichkeiten der Eingabe von Transkripten • verschiedene visuelle Ausgabemodi • Synchronisation von Audio und/oder Videodateien • zusätzliche Hilfsprogramme wie Corpus-Manager und EXAKT, zum Verwalten und Durchsuchen von Transkripten und Datencorpora Freie Universität Berlin 05. Juni 2010

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