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1. Sozialraumorientierung Josef Scheipl
Seminar 26.3.09: „Sozialraumorientierung in der Offenen Jugendarbeit“Steirischer Dachverband der offenen Jugendarbeit Graz
2. 2 Inhalt Zeitgeschichtliches
Unerlässliches Historisches
Gemeinwesenarbeit / Community Work
Sozialräume
Nicht bloß territoriale Areale sondern komplexe Zusammenhänge
Segregation / Territorialisierung / Responsibilisierung
Konstruktivistisch – materialistisch ? relational – reflexiv
Sozialraumorientierung (SRO)
Aufmachen - nicht einschließen
Offene JA – JW ?
Soziales Kapital
4 Dilemmata
Sozialraumanalyse
Sozialräumliche Methoden zur Lebensweltanalyse
SRO-Entwicklungsperspektiven für die Sozialpädagogik
Schnittstellen in der SRO: OJA - JW
3. 3 SozialraumorientierungZeitgeschichtliches aus Österreich Hans HOVORKA/REDL (1987): Ein Stadtviertel verändert sich. Wien.
Hans HOVORKA (1988): Republik ‚KONGE‘! Ein Schwimmbad erzählt seine Geschichte. Wien.
SCHNEE, R./STOIK, Chr. (2001): Empowerment Schöpfwerk. Involvieren und mobilisieren von AkteurInnen im Stadtteil. In: ROESSLER, M./SCHNEE, R./SPITZY, Chr./STOIK, Chr. (Hg.): Gemeinwesenarbeit und Bürgerschaftliches Engagement. Wien, S. 189-198.
WIENER HEIM(REFORM) 2000. Wien (1994-2004)
SCHEIPL, J./PFOSER, B./LEODOLTER, M./KERN, S. (2000): Jugend Eggenberg 2000. Eine kleinräumliche Sozialraumanalyse. Projektbericht. Graz
KRAMMER, I. (2007): Der Grazer Weg zur Sozialraumorientierung in der Jugendwohlfahrt. In: HALLER, D./HINTE, W./KUMMER, B. (Hg.): Jenseits von Tradition und Postmoderne. Weinheim u.a., S. 151-160.
4. 4 SozialraumorientierungUnerlässliches Historisches J.J. ROUSSEAU (1712-1778): EMILE (1764)
J.H. PESTALOZZI (1746-1827): WohnstubenerziehungDorfgemeinschaft (Lienhard u. Gertrud, 1781).
Waisenhäuser (geschlossener Raum) ? Kinderheime ? Wohngemeinschaften ?Mobiles Wohnen (offener Raum)
S. BERNFELD: Erkennt den sozialen Ort als Einflussgröße, „an dem sich am klarsten entschlüsselt, was (…) sozialpädagogisches Handeln (…) eigentlich ist“ (MÜLLER 1992, S. 67). „Tantalus-Situation“ (1931): In Abhängigkeit vom sozialen Ort „mitten in der erregendsten Fülle machtlos entbehren zu müssen“.
GOFFMAN, E. (1977): Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen. Frankfurt/M.
FOUCAULT, M. (1994): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt/M.
5. 5 SozialraumorientierungGemeinwesenarbeit – Community Work
TOYNBEE Hall – London (Barnett, 1884: Geselligkeit – Bildung – Freizeit: „Bildung statt milder Gaben“)
HULL House – Chicago (J. Addams, 1889: social settlement: Zentrum f. soziales u. öffentliches Leben – Untersuchung u. Verbesserung der Lebensbedingungen in den industriellen Bezirken von Chicago.)
Saul ALINSKY (1909-1972) (Reveille for Radicals, 1946, 1969. In: Leidenschaft für den Nächsten. Gelnhausen, Berlin, 1973).
Harry SPECHT (70er/80er Jahre: Disruptive (=Unterbrechung, außer Kraft Setzung). Taktiken, der Gemeinwesenarbeit. 1969: 1. Gegensätze bekannt machen – 2. traditionelle Verfahren bewusst aber gewaltlos verletzen (Demonstrationen, Hungerstreik) – 3. gesetzliche Erwartungen durch Nichts-Tun passiv oder aktiv verletzen)
6. 6 SozialraumorientierungGemeinwesenarbeit – Community Work Modelle:
MUCHOW, Martha und Hans: Konzentrische Kreise („Der Lebensraum des Großstadtkindes. 1935)
BAACKE, Dieter: Zonenmodell: Ökologisches Zentrum (Familie) ? Ökologischer Nahraum (Nachbarschaft) ?ökologische Ausschnitte (Schule, Betriebe, Kaufhäuser…) ? Ökologische Peripherie (1980)
BRONFENBRENNER, Urie: Struktur-Ebenen-Modell: Mikrosysteme (Gesamtheit aller Wechselbeziehungen), Mesosysteme (Soziales Netzwerk; Gesamtheit der Mikrosysteme), Exosysteme (keine aktive Teilnahme, aber beeinflussend: Bildungs-, Verkehrssystem, Medien), Makrosysteme (politisch, rechtliche Bedingungen einer Gesellschaft generalisierter Muster).
ZEIHER, Hartmut, Inge: Inselmodell (keine konzentrischen Kreise mehr – island hopping) Soziales Leben im Alltag von Großstadtkindern. 1994).
VIRTUELLE RÄUME
7. 7 SozialraumorientierungGemeinwesenarbeit – Community Work
Neuperlach (München, 1980er)
Stadtviertel – Wien (Hovorka, 1987)
Schöpfwerk – Wien (Schnee/Stork, 2001)
8. 8 Sozialraum Wie gestalten BewohnerInnen ihren sozialen Raum und
wie attraktiv ist er für sie?
Welche Mobilitätsgrenzen gibt es?
Welche Rolle spielen Identifikation bzw. Fluchtgefühle?
Besitzt der Sozialraum einen hohen Wohnwert, oder
wohnt man dort, weil man sich nichts Besseres leisten
kann?
Die Sozialisation der Kinder und Jugendlichen findet in den
Beziehungsnetzen von Familien, Nachbarschaft, Schule und
Freizeitbereich statt. Diese sind jedoch an infrastrukturelle
Voraussetzungen gebunden. Beispiele dafür sind die Ausstattung
der Familien mit Wohnraum, die Gestaltung des Wohnumfeldes und die
Verteilung der sozialen Infrastruktur. (Medien???)
9. 9 Sozialraum
Da Kinder und Jugendliche – aber auch Frauen
mit Kindern, ältere Menschen, Personen mit
geringem Einkommen – in der Regel über eine
relativ begrenzte räumliche Mobilität verfügen,
stellen für sie besonders die sozialen
Nahräume zentrale Lebens- und Lernbereiche
dar. In ihnen ist die Mehrzahl der persönlichen
Kontakte, Wahrnehmungen und Tätigkeitsbereiche
angesiedelt. Lebensqualität wird dabei maßgeblich
durch die Qualität des Nahraumes festgelegt (vgl.
Lukas/Strack 1996; Jordan/Schone 1992).
10. 10 Sozialraum
SOZIALRÄUME: NICHT bloß territoriale Areale SONDERN:
KOMPLEXE ZUSAMMENHÄNGE KULTURELLER,HISTORISCHER, SOZIALER und TERRITORIALER DIMENSIONEN
Die Rede vom Raum: meint auch (sozial-)politische Auseinandersetzung!
11. 11 Sozialraum
RÄUME als VORBEDINGUNG pädagogischen Handelns ?
Segregation (Raum als sozialer Brennpunkt)
Territorialisierung (Nahräume – Inklusionsräume)
Responsibilisierung (Raum als „Verantwortungsraum“)
12. 12 Sozialraum
Soziale Arbeit wird üblicherweise über folgende
Dimensionen gesteuert (n. Hinte 2001, 10)
Über den Einzelfall
Über die Immobilien
Über die Zielgruppe
13. 13 Sozialraum - Begriffliches
RÄUME als spezifische MATERIALISIERUNG von GESTALTUNGSPROZESSEN ?
RÄUME: veränderbare Strukturierungen!
14. 14 Sozialraum - Begriffliches
RAUM/SOZIALRAUM:
KONSTRUKTIVISTISCH:
RÄUME sind durch politische Prozesse beeinflusst/hergestellt
MATERIALISTISCH:
Räumliche Arrangements (historisch-politisch
beeinflusst/gestaltet) beeinflussen aktuelle soziale Prozesse
VERMITTLUNG von KONSTRUKT. und MATERIAL. EINSICHTEN ?RELATIONALES BEGRIFFSVERSTÄNDNIS
15. 15 Sozialraum REFLEXIVE RÄUMLICHE HALTUNG:
Analyse bzw. Realisation der Macht- und
Herrschaftsverhältnisse, in welche die
raumbezogenen Praktiken eingebunden sind.
16. 16 Sozialraum „Das Konzept Sozialraumorientierung verlangt
die Interessen der Wohnbevölkerung als Ausgangspunkt jedweden professionellen Handelns zu sehen,
die artikulierten Bedürfnisse von Menschen unmittelbar zu erfragen und daraus Konsequenzen zu ziehen,
aktivierend und ressourcenorientiert zu arbeiten,
kooperativ und vernetzend zu agieren sowie
die von den Menschen definierten sozialen Räume als Ausgangspunkt jedweder professionellen Organisation zu sehen“ (Wolfgang HINTE (2001): Sozialraumorientierung und das Kinder- und Jugendhilferecht. In: Sozialpädagogisches Institut im –SOS-Kinderdorf e.V. (Hg.): Sozialraumorientierung auf dem Prüfstand. Frankfurt/M., S. 125-156).
17. 17 Sozialraum Sozialraum als Steuerungsdimension
Soziale Räume gestalten, Unterstützung der Menschen in ihren Lebensräumen (Mobilisierung sozialer Netzwerke)
Nutzung der Ressourcen des SR für die Einzelfallarbeit (Ressourcenaktivierung)
? OJA – Jugendzentren?
18. 18 Sozialraum Ausbalancierung
von Orientierung am Einzelfall –
an der Immobilie –
an der Zielgruppe – JUGENDLICHE?!
am Sozialraum.
? OJA – Jugendzentren?!
19. 19 Sozialraum
Sozialraumorientierung
Primär nahes Umfeld (von „unten“)
Problematisierung der „Versäulung“
sozialpolitische Mitgestaltung
? OJA – Jugendzentren?!
20. 20 Sozialraum Vorverständnis – handlungsleitend
Raum als „sozialer Brennpunkt“
(Klein-)Raum als Identitätsraum
(Klein-)Raum als Aktionsraum
Jugendzentren als Erprobungsraum
? Mehr Transparenz bezüglich Interessen und Zielsetzung
OJA – Jugendzentren – Öffnung der Zentren?!
21. 21 Sozialraum
Leitlinie:
„Aufmachen – nicht einschließen!“
OJA?
Offene Jugendarbeit/Jugendwohlfahrt (Sozialarbeit)
22. 22 Sozialraum – Aufmachen - nicht einschließen: Räume nicht bloß als benachteiligt identifizieren
Nicht bloß Aktivierung der BewohnerInnen im Raum ? möglicherweise Einschließung/Segregation
Erfassen der Strukturbedingungen des Raumes- Wohnbedingungen
- Bildungsmöglichkeiten
ÖFFNUNGSSTRATEGIEN (Wiederbemächtigung, Ermächtigung)
OJA ? Schnittstelle zur JW?
23. 23 Sozialraum – Aufmachen - nicht einschließen: SOZIALES KAPITAL (Bourdieu 1992)
BONDING – enge Bindung; kleinräumliche Solidarität
BRIDGING – Beziehung zwischen unterschiedlichen Gruppen (horizontal)
LINKING – Herstellen von positivem Verbindungs- kapital (vertikal) durch reflexive SA
24. 24 Sozialraum REFLEXIVE RÄUMLICHE HALTUNG: Bewältigung –
HOMOGENISIERUNGSDILEMMA
PRÄVENTIONSDILEMMA
VERNETZUNGSDILEMMA
MILIEUDILEMMA
25. 25 Prinzipien Sozialräumlicher Arbeit (v. HINTE 2008) Ausgangspunkt: Wille / Interessen der Menschen
Aktivierende Arbeit hat Vorrang vor betreuender Tätigkeit
Personale und sozialräumliche Ressourcen wichtig bei der Gestaltung von Arrangements
Aktivitäten möglichst zielgruppen- und bereichsübergreifend
Vernetzung und Integration versch. sozialer Dienste grundlegend für nachhaltig wirksame Arbeit im Einzelfall wie im Gemeinwesen.
„Sozialraumorientierung als fachliches Konzept besteht im Kern aus den o.g. fünf Prinzipien; die Akteur/innen lassen sich aber bei deren Realisierung geradezu hemmungslos von alle möglichen herkömmlichen und aktuellen methodischen Ansätzen beeinflussen“ (HINTE, W.: Sozialraumorientierung. In: SIO 1/2008, S. 8-13, bes. S. 9).
26. 26 Sozialraumanalyse Definition des Kern-Umgebungsraumes;
Sozialstrukturanalyse (Fakten)
Bedürfnisermittlung (Interessenlagen, Wünsche, Stimmungen)
Bestandserhebung (Angebote der JW, des Sozialamtes etc.)
Erfassung- von objektiven Gegebenheiten- der Perspektive des Klientels- der Expertensicht
Derselbe Sozialraum kann sein:
ein Erlebnisraum (für aufwachsende Kinder) oder ein erfahrungsarmer Raum (für Jugendliche)
ein Erlebnisraum (für Jugendliche) oder ein Problemraum (Expertensicht)
27. 27 Sozialräumliche Methoden zur „Lebensweltanalyse“ – Praxis der Jugendarbeit Stadtteilbegehung
Nadelmethode
Cliquenraster
Institutionenbefragung
Strukturierte Stadtteilbegehung
Autofotografie
Subjektive Landkarten
Zeitbudgets
Fremdbilderkundung
(vgl. Richard KRISCH: Sozialraumorientierung als Methodologie der Jugendarbeit. Dresden 2006, Phil.Diss.)
28. 28 Sozialraum - Schnittstelle
OJA – Sozialraum:
OJA – Schnittstelle – JW
Jugendsozialarbeit?
29. 29 JUGENDSOZIALARBEIT OJA – JW: „proaktiv statt reaktiv“
Schnittmenge von Arbeitsansätzen der OJA mit Problemen aus dem Bereich der JW:
Unterstützung der sozialen Integration von jungen Menschen mit Methoden der OJA aus der Perspektive der SA.
Zunächst:
Verstärkte Kooperation zwischen OJA u. JW
Die OJA bietet positiv pragmatischen Zugang:
größere Offenheit
größere Reichweite
weniger Stigmatisierung
als die JW
Kooperationen u.a. bei Einzelfallhilfen, bei Stadtteil- und Beratungsangeboten.
30. 30 Sozialraum – Kooperation OJA-JW OJA – JW
Einblick in die Vielfalt der Cliquen und Szenen der Jugendlichen für die SozialarbeiterInnen
Kennenlernen der Vitalität, der Kompetenzen und Fähigkeiten der Jugendlichen durch die SA
31. 31 Sozialraum – Kooperation OJA-JW
Präventionsprojekte der OJA im Sozialraum (z.B. Projekte zur Gewaltprävention,…)
32. 32 Zielgruppen von OJA im SR: StammbesucherInnen von JUZ?
Besonders belastete Jugendliche im SR?
Jugendliche mit spezifischen Wünschen (z.B. Lehrstellensuche, positiver Schulabschluss)?
Migrantische Jugendliche im SR?
Mädchen / Burschen im SR?
33. 33 Sozialraum - OJA
Vernetzung der OJA mit
- Systemträgern (Schule, Behörde, Polizei, Öffentlichkeit, Medien,…)?
34. 34 Sozialraum - OJA
Probleme der Jugendlichen im SR als Potenziale für die OJA – als Chance zur positiven Veränderung erkennen / benennen / „aktiv“ bearbeiten. (z.B. Vandalismus als Ausgangspunkt für…)
35. 35 Sozialraum - Konkrete Aktivitäten
im JUZ
außerhalb des JUZ
als Einzelfallbegleitung
als Gruppenarbeit
36. 36 Teams im JUZ
Multiprofessionell?
Unterstützung durch profess. SA / Beratung?
37. 37 OJA - Jugendsozialarbeit
In der OJA hat es
Jugendsozialarbeit schon
immer gegeben –
JSA ist zentraler Teil der täglichen Arbeit.
38. 38 OJA - Jugendsozialarbeit
Ist JSA in der OJA zu verankern? –
Wie?
Womit?
39. 39 OJA - Jugendsozialarbeit
Je deutlicher sich das Setting von „offen für alle“ (JUZ) zu mehr Strukturiertheit verfestigt, desto stärker verschiebt sich das Verständnis des Arbeitsbereichs von OJA ? JSA ? JW (festgerahmte, behördliche SA)