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Einkaufsverträge in der Insolvenz. Rechtsanwalt Tobias Kämpf Fachanwalt für Steuerrecht Fachanwalt für Insolvenzrecht Tobias.Kaempf@lwb-online.de. I. Überprüfung des Lieferanten. Wie erkenne ich die drohende Insolvenz?
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Einkaufsverträge in der Insolvenz Rechtsanwalt Tobias Kämpf Fachanwalt für Steuerrecht Fachanwalt für Insolvenzrecht Tobias.Kaempf@lwb-online.de
I. Überprüfung des Lieferanten • Wie erkenne ich die drohende Insolvenz? • Verweigerung von Vertragserfüllungsgarantien oder ähnliches zur Sicherstellung der Lieferung mit unter Anhaltspunkt • Lieferverzug / Hinhalten / Vorkassewunsch • Private Wirtschaftsauskunftsdateien • Offizielle Benachrichtigungen (www.insolvenzbekanntmachungen.de) • Finanzanalysen im Vorfeld der Bestellung (z.B. Anfordern von laufenden BWAs)
Was ist nach IN-Antrag eines Lieferanten zu tun? • Einzige Person, die rechtswirksam handeln kann, ist der vorläufige oder endgültige IV. Keine Zahlung oder Bestellung bei anderen Personen vornehmen. • Sofortige Sammlung aller Ansprüche und Verpflichtungen gegenüber dem insolventen Vertragspartner und ggf. Mitteilung dieser Ansprüche an die Insolvenzverwaltung. • Prüfung der Kündigung des Lieferantenvertrages und Möglichkeit der Ersatzlieferung. • Anmeldung der Insolvenzforderungen erst nach Verfahrenseröffnung. • Unmittelbare Geltendmachung von Aussonderungsrechten (Eigentumsvorbehalt) oder Absonderungsrechten (Sicherungsübereignung).
II. Stationen des IN-Verfahrens • Krise • Antragstellung • Vorläufiges Insolvenzverfahren • schwacher Verwalter • starker Verwalter • Nach ca. 3 Monaten Eröffnung des Hauptverfahrens • Gläubigerversammlung (u.a. Wahl des Gläubiger- ausschusses; Abwahl des IV) und Prüfungstermin • Schlusstermin / Quotenauszahlungen
III. Sicherstellung der Lieferung • Zentrales Problem ist das Wahlrecht des IVs nach § 103 InsO, nämlich ob • die Durchführung des Vertrages oder • die Vermeidung der Vertragspflicht und Zahlung von Schadensersatz (entspr. der Insolvenzquote) für die Insolvenzmasse günstiger ist. • Anzahlungen erhöhen damit das Erfüllungsrisiko des Bestellers, aber auch das Insolvenzrisiko des Lieferanten.
Bsp.: „Worst Case“ ist ein Großprojekt mit Fertigungstermin, bei dem der Lieferant einer Schlüsselkomponente insolvent wird und die Komponente noch nicht produziert ist. • Sog. „Starksagung“ des GFs für Lieferung im Vorfeld der Insolvenz meist rechtlich nicht erheblich. • Schadensersatzforderungen oder Vertragsstrafenvereinbarung mit Lieferanten sind nach Ablehnung der Erfüllung nur Insolvenzforderungen. • Wichtigster und einziger Ansprechpartner für die Sicherstellung der Lieferung ist der vorläufige Insolvenzverwalter. Wenn dieser Einhaltung der Lieferung bestätigt, wird zumindest eine Masseverbindlich-keit begründet.
Eine Masseverbindlichkeit wird vorrangig befriedigt. Problematisch sind Fälle, in denen es nicht zur Eröffnung oder Masseunzulänglichkeit kommt und die Lieferung letztlich nicht erfolgt. Es ist hier zu differenzieren: • vorläufigen starken IV: persönliche Haftung • vorläufigen schwachen IV mit Gestattung durch Insolvenzgericht im Einzelfall eine Masseverbindlichkeit zu begründen oder IV garantiert für Erfüllung aus späterer Masse: persönliche Haftung. • GF mit Zustimmung des vorläufigen schwachen IV unter Zustimmungsvorbehalt: umstritten, ob persönliche Haftung. • Anders generell, wenn nicht vorhersehbar; IV hat Möglichkeit der Exkulpation.
IV. Lösungsmöglichkeiten vom Vertrag • Das Wahlrecht nach § 103 InsO übt der IV aus. In der vorläufigen Insolvenz besteht bei langfristigem Liefertermin oft eine drei Monate Ungewissheit. • Der Insolvenzantrag an sich ist kein gesetzlicher Kündigungsgrund. • Oftmals wird die Antragstellung oder IN-Eröffnung jedoch als Kündigungsgrund vertraglich aufgenommen.
Im Schrifttum ist die Wirksamkeit solcher insolvenzabhängiger Lösungsklauseln stark umstritten und vom BGH ist dies bisher nicht abschließend geklärt. • Argumentiert wird dahingehend, die Kündigung würde dem Wahlrecht des IVs entgegenstehen. Daher wird diese gemäß § 119 InsO für unwirksam gehalten. • Insolvenzunabhängige Lösungsklauseln sind jedoch nach allgemeiner Auffassung wirksam. • z.B.: außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund
Kündigung jedoch auch im vorläufigen Verfahren wegen sonstiger Vertragsverletzungen möglich. • Verhindert werden kann durch Kündigung allerdings nur ein zukünftiger Schaden bei Nichtlieferung. • Unberechtigte Kündigung des Bestellers löst dagegen u. U. Schadensersatzforderung der Insolvenzmasse aus.
V. Herausgabeansprüche • Für Herausgabeansprüche am Liefergegenstand aufgrund vereinbarter Sicherheiten ist zu differenzieren: • Aussonderungsrecht: • Eigentumsvorbehalt durch AGB oder Rahmenvertrag • Rechtsfolge: Herausgabeanspruch des Liefergegenstandes. • Problem: Insolvenzgericht kann im vorläufigen Verfahren die Herausgabe von Gegenständen, die zur Fortführung wichtig sind, untersagen. • Absonderungsrecht: • Sicherungsübereignung durch AGB oder Rahmenvertrag • Verwertungsrecht am Liefergegenstand beim IV • Rechtsfolge: IV muss 91 % des Verwertungserlöses auskehren • Herausgabe der regelmäßig unproblematischen „Beistellung“
VI. Anfechtungen • Nach der Insolvenzordnung können Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, vom Insolvenzverwalter aufgrund bestimmter Anfechtungsgründe angefochten werden. • Für den Besteller relevant sind vorallem nachträgliche Vereinbarungen von Sicherheiten oder Direktzahlungen an Unterlieferanten des Generalunternehmers. • Es besteht die Gefahr der Doppeltzahlung wegen mangelnder Erfüllungswirkung oder der Anfechtung einer für die Insolvenzmasse nachträglich vereinbarten Vertragsmodifikation, die die Insolvenzmasse benachteiligt.