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Mentale Blockaden in Prozessen von Entscheidung und Veränderung

Mentale Blockaden in Prozessen von Entscheidung und Veränderung. Priv.Doz. Dr.habil. Telse A. Iwers-Stelljes, MHE. Übersicht. Entscheidung und Veränderung Entstehung von Konflikten Übung zur konstatierenden Wahrnehmung Analyse von Konflikten Übung zur Analyse von Konflikten

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Mentale Blockaden in Prozessen von Entscheidung und Veränderung

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Presentation Transcript


  1. Mentale Blockaden in Prozessen von Entscheidung und Veränderung Priv.Doz. Dr.habil. Telse A. Iwers-Stelljes, MHE

  2. Übersicht • Entscheidung und Veränderung • Entstehung von Konflikten • Übung zur konstatierenden Wahrnehmung • Analyse von Konflikten • Übung zur Analyse von Konflikten • Auflösung von Konflikten • Introvision • Achtsamkeit und Introvision

  3. Entscheidung • Ein viel bemühter und theoretisch reflektierter Begriff in Psychologie, Soziologie, Ethik, Ökonomie • Ausrichtungen: • Präskription: Normative Entscheidungstheorien • Deskription: Empirische Theoriebildung; in aktuellen Konzepten wird hier angeschlossen an subjektorientierte Konzepte

  4. Nicht die zunehmende Komplexität der Probleme oder ihrer Lösbarkeit, sondern ihre innere Abbildung und Bewertung stehen im Fokus • Bewusstseinsfähig • Veränderbar • Die Verantwortung für diese Reflexionen und Regulationen liegt in mir •  in der Gestalt schon lange erkannte Einsicht, die äußere Verantwortung wie die innere Verantwortung betreffend

  5. Am Anfang einer Veränderung steht die Einsicht, dass ich mit verantwortlich bin für die Situation, in der ich mich befinde und die mich auf Veränderung hoffen lässt. Die innere Verantwortung: meine inneren Bewertungen der Situation ebenso wie meine Vermeidungen Die äußere Verantwortung: meine Umsetzungen, Handlungen Untrennbar zusammenhängend

  6. „Damit eröffnet sich eine ganz neue Perspektive, denn wenn sie selbst es waren, die ihre mißliche Situation mitgeschaffen haben, dann könnten ja auch sie selbst es sein, die diese Situation verändern könnten. Diese Entdeckung hat gelegentlich etwas Elektrisierendes an sich. Hoffnung entsteht und das Bewußtsein, selbst eine Wahl zwischen verschiedenen Alternativen zu haben. Es zeigt sich, daß die Illusion der Verantwortungslosigkeit die eigentliche Last war, die es zu 'tragen' galt, und daß die Entdeckung der Verantwortung für das eigene Leben, wenn man sie nicht mit negativen Bewertungen verknüpft, befreiend ist“ (Frank Staemmler, Gestaltkritik, 2, 1999).

  7. Veränderungen beinhalten meistens einen Wunsch, von dem, so Staemmler (1999), eine Kraft ausgeht. Auf der anderen Seite können sie auch von Angst begleitet sein, die der Veränderung entgegensteht. Wunsch und Angst werden so zu zwei inneren Gegenspielern in der Veränderungssituation

  8. Verantwortung für die Veränderung zu übernehmen heißt zunächst, die Wünsche und Ängste wahrzunehmen daran geknüpfte Bewertungen, Einschränkungen, Verankerungen in der eigenen Lebensgeschichte, Gefühle, Erinnerungen, … wahrzunehmen, um diese ausklingen zu lassen

  9. „Was also ist zu tun? Nichts. Es gibt nur etwas zu lassen, nämlich all das, was die Verwirklichung des Wunsches verhindert. Dann kann dessen Kraft zum Zuge kommen und ihre Wirkung entfalten, ohne daß etwas hergestellt werden muß. Aber wie all das lassen, was dem Wunsch entgegensteht? Kann man es lassen, Angst zu haben? Ja: Man kann herausfinden, daß man sich die Angst macht, daß man bereits etwas herstellt, nämlich ausgerechnet das, was man eigentlich gar nicht will. Und wenn man entdeckt hat, wie man sich die Angst macht, kann sie anfangen sich aufzulösen. Damit ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Veränderung geschafft“ (Frank Staemmler, Gestaltkritik, 2, 1999). .

  10. Was bedeutet es, NICHTS zu tun? Wie kann sich Angst AUFLÖSEN?

  11. Reflexionsspanne kann graduell alle erdenklichen Weiten einnehmen Es müssen nicht immer ausgewachsene Konflikte und ihre Wahrnehmung sein, die Entscheidungen beeinflussen oder verhindern Es können auch ganz kleine Bewegungen sein

  12. Manchmal sind sie kaum wahrnehmbar. Manchmal gehen sie einher mit • latenter Unruhe oder Anspannung, • leichtem Druck oder Gereiztheit, • Verunsicherung oder Sorge, • Überforderungswahrnehmung… Diese inneren Bewegungen beeinflussen graduell unterschiedlich die situative Wahrnehmung und Handlungsplanung.

  13. Als konflikthaft werden sie aber manchmal erst wahrgenommen, wenn sie an externen Begebenheiten entfaltet werden, z. B. in einer Situation des ENTSCHEIDEN-MÜSSENS • in Interaktionen am Arbeitsplatz • mit Schülern • mit der Klasse • mit Kollegen • mit der Schulleitung, … genauso wie in privaten Entscheidungssituationen in Phasen von Übergängen und notwendigen Veränderungsschritten

  14. Reflexion von inneren Konflikten: • Kleine Übung • Wie entstehen innere Konflikte? • Warum entstehen innere Konflikte? • Was bewirken sie? • Übung • Wie kann ich sie erkennen? • Übung

  15. Ausgangspunkt der Entstehung innerer Konflikte ist ein Zustand innerer Ruhe - eine glatte Meeresoberfläche Ohne Verzerrung von Wahrnehmungen und inneren Bewegungen kognitiver oder emotionaler Art durch hemmende, blockierende, verzerrende Eingriffe Wagner (2011) bezeichnet diese Kognitionen als epistemisch (epistéme, griech. Wissen, Erkenntnis, Einsicht)

  16. „Im Alltag sind epistemisch gültige Kognitionen im subjektiven Erleben gekennzeichnet durch das damit verbundene Gefühl von „So ist es“ – ein Gefühl des Konstatierens, feststellend, selbstverständlich, nüchtern, unspektakulär, sozusagen mit leiser innerer Stimme gesprochen“ (Wagner 2011, 59) Diese Kognitionen können wahr, falsch oder als vielleicht wahr/falsch wahrgenommen und klassifiziert werden.

  17. Eine kleine Übung: Epistemische Wahrnehmung meint, die Dinge so wahrzunehmen wie sie sind. Dies bezieht sich auf alle Sinne, Gedanken und Empfindungen Lauschen Sie einmal hinein in den Klangteppich der Alltagssinfonie

  18. Diese epistemische Wahrnehmung ist Konstatierendes, aufmerksames Wahrnehmen Bewertungsfrei Fokussiert Nicht ausklammernd  weitgestellt

  19. Abbildung aus: Wagner, 2011 Entstehung der ersten Wellen

  20. Das Konstatieren hört auf durch • Erste auftretende Widersprüche • Zwischen zwei Informationen • Zwischen zwei Erwartungen (Wasch mich aber mach mich nicht nass!) • Zwischen zwei Handlungsoptionen (z. B. an sich selbst; gleichzeitig nett sein und sich durchsetzen) • Inkongruente Kognitionen • Z. B. Sollvorstellungen, die inkongruent mit den eigenen Bedürfnissen sind

  21. Das Konstatieren hört auf durch • Unauflösbare Diskrepanzen zwischen Ist- und Soll-Kognitionen • „Es läuft nicht so, wie es soll!“ • Hilflosigkeit oder Kontrollverlust • Leerstellen • Keine Ahnung, wie es weitergeht

  22. Durch diese inneren Spannungen kommt zu einem Eingreifen in die epistemischen Abläufe • Innerhalb des epistemischen Prozesses wird nun eine Kognition, die einen sicheren Ausgang anmuten lässt, hervorgehoben • Durch Koppelung von physiologischer Erregung an diese Kognition = Introferenz (introferre= hineintragen; vgl Wagner, 2011)

  23. Diese eine Kognition wird dadurch dringlich hervorgehoben, Emotional markiert Und in der subjektiven Wahrnehmung vor andere gestellt Es kommt zu Fokussierungen / Fixierungen auf bestimmte Inhalte Und zunächst zu einer Glättung des Prozesses

  24. Umwelt -Reize - Begebenheiten Bewerten Einordnen Binden Verknüpfen Assoziieren Verarbeitung Kognitive Irritation Wider-spruch Wahrnehmungs-selektion Erregung / Anspannung Fokussie-rung, Glättung

  25. Warum dieses introferente Eingreifen? • Wenn ein Verarbeitungsprozess stecken bleibt oder eine Information nicht einzuordnen ist (Leerstelle), • eine Information mit bisherigen Wissensbeständen unvereinbar ist • oder im Widerspruch mit den eigenen Bedürfnissen steht oder auch • am Ende einer graduell sehr unterschiedlichen Skala, eine Kognition eine existentielle Bedrohung mit sich bringt …

  26. entstehen Ausblendungsversuche: • Die irritierende Kognition wird ausgeblendet, blockiert, überschrieben von einer anderen Kognition. • Damit die Überschreibende auch überliegend bleibt, wird ihr Dringlichkeit durch physiologische Reaktionsbindung beigemessen. • Meist ist es eine Kognition (nahezu) gegenteiligen Inhalts.

  27. Entstehung eines „Muss-darf-nicht-Syndroms“ (Wagner, 2011) Entwicklung innerer Paradigmen, Gebote = imperativische Vorstellungen  Imperierung und Subkognition

  28. Umwelt -Reize - Begebenheiten Irritation Widerspruch Imperativ Wahrnehmungs-selektion Dringlichkeit durch Erregung / Anspannung Subkognition

  29. Dieser Prozess bewirkt kognitiv: Das Hervorheben von Kognitionen gegenüber anderen, die ausgeklammert werden müssen und eine Fixierung auf diese Kognitionen – das Muss-Darf-Nicht-Syndrom Die Wahrnehmung wird auf diese Kognition und auf das Einhalten deren Überlegenheit gelenkt Kognitive Kapazitäten zur Wahrnehmung weiterer Aspekte der Situation sind stark eingeschränkt

  30. Dieser Prozess bewirkt emotional Zunehmende Erregung durch die an die durchzusetzende Kognition gebundene emotionale Markierung Die noch gesteigert wird, wenn die durchzusetzende Kognition in Frage gestellt wird, d. h. die mit dem Muss-darf-nicht-Syndrom verbundenen subjektiven Imperative gefährdet sind

  31. Dieser Prozess bewirkt aktional Die Einengung des Verhaltensspielraumes, denn die Handlungen richten sich an den entstandenen Imperativen aus Zugleich können Handlungsfolgen, die zum Schutz der Imperative notwendig wären, manchmal nicht aktiviert werden

  32. Dieser Prozess kann in vielen verschiedenen alltagsweltlich mehr oder weniger relevanten Situationen auftreten zwischen kaum wahrnehmbarer leichter Irritation hoch bedeutsamer Erregung. Von einem inneren Konflikt sprechen wir innerhalb unserer Theorie dann, wenn die Verletzung des subjektiven Imperativs, d. h. das Hervorkommen der Subkognition passieren könnte oder sogar geschieht.

  33. Insgesamt entsteht ein graduell unterschiedlich intensiv aufgeladenes Selbsterleben mit Aspekten von sich im Kreis bewegenden Gedanken erhöhter Erregung eingeengter Situationswahrnehmung Handlungsverzögerungen oder sogar -abbrüchen

  34. Introferentes Eingreifen verändert den Psychotonus. • Absolute innere Ruhe • Versunkenheit, Flow-Erleben • Beginnende Entspannung, Versenkung • Alltagswachbewusstsein • Anstrengung, Volition • Akuter Konflikt • Eskalierender akuter Konflikt (vgl. Wagner, 2011)

  35. Ein introferenter Prozess kann schon im Alltäglichen stattfinden und dabei sehr kleine innere Wellen bewegen Übung: Kleine Reise auf dem Weg hierher Unterschiedliches Erleben – unterschiedlicher Psychotonus

  36. Subjektive Imperative: Erscheinungsformen und begleitende Aspekte • Vernetzung • Konfliktformen • Konfliktumgehungsstrategien • Sprachliche Indikatoren

  37. Vernetzung • Auf der Ausführungsebene beinhalten subjektive Imperative oft überschaubare Themenbereiche. • Sie sind meist verbunden mit imperativischen Vorstellungen bedeutenderen Inhalts und • können in Teilen bis hin zu subjektiven Katastrophenannahmen und dazugehörigen Kernimperativen führen.

  38. Konfliktformen • Realitätskonflikte: Widerspruch zwischen Erwartungen und Realität • Imperativkonflikte: Zwei imperativische Vorstellungen konfligieren miteinander • Undurchführbarkeitskonflikte: Leerstelle oder Paradoxie • Konflikt-Konflikte

  39. Konfliktumgehungsstrategien • Umgang mit dem Konflikt als Ganzen: Ignorieren, Abwerten, Bagatellisieren • Emotionale Umgehungen: Sich selbst beruhigen oder auch sich beklagen • Kognitive Umgehungsstrategien: Theoretisieren, Etikettieren, Realität umdeuten

  40. Konfliktumgehungsstrategien • In Imperative eingreifen: Sich etwas Neues imperieren, Imperative hierarchisieren • Handlungsbezogene Umgehungen: Handeln mit dem Ziel der Konfliktumgehung, Resignieren • Erwartungsbezogene Umgehungen: negative Erwartungen hegen, sich Mut machen

  41. Sprachliche Indikatoren • Explizite Bekundungen von Dringlichkeit • Intensiver Sprachgebrauch (Übertreibungen, Flüche, …) • Hinweise auf emotionale Veränderungen • Unterbrechungen des Sprachflusses (Füllwörter, …); vgl. Wagner & Iwers-Stelljes, 1999

  42. Übung: • Wiederaufgreifen der Erinnerung auf dem Weg hierher • Standbild auf einen Erregungsanstieg • Inneres Suchen nach Imperativen, Netzen, Formen, KUS, inneren Konflikten

  43. Regulation von inneren Konflikten: • Wie kann ein innerer Konflikt beendet werden? • Wie kann ein Imperativ aufgelöst werden?

  44. Was also ist zu tun? Nichts. d. h. nicht mehr introferent eingreifen, einzelne Kognitionen nicht mehr hervorheben gegen andere, keine Subkognitionen entstehen lassen Aber wie ist das Nichts zu erreichen?

  45. Imperativische Vorstellungen können beendet werden, d. h. die introferenten Überschreibung von Subkognitionen wird beendet • indem die imperativische Vorstellung in einer konstatierenden Prozessreflexion analysiert wird und • die unterliegende Kognition aufmerksam konstatierend wahrgenommen wird.  Introvision

  46. Schritte der Introvision: 1. Analyse imperativischer Vorstellungen 2. Subkognitionen konstatieren: „Es kann sein, dass nicht…“ Imperativkette zurückverfolgen bis zu ihrem Anfangspunkt: „Was daran ist unangenehm/ schlimm, wenn …?“ 3. KUS abschneiden 4. Introferenz beenden durch KAW der Subkognition (vgl. Wagner, 2011)

  47. KAW der Subkognition • Die Subkognition ein Weilchen lang aufmerksam konstatierend wahrnehmen • … und so langfristig die Koppelung mit Erregung löschen, • … um auf diese Weise wieder einen „klaren Kopf“ zu bekommen und wieder handlungsfähig zu werden. (vgl. Wagner, 2011)

  48. KAW: • Konstatierend • Konstanter Fokus • Aufmerksam • Weitgestellt • Kognition am Rande nicht aktiv ausblendend • Wahrnehmend statt repetierend • Aktive Suche nach Problemlösungen später

  49. Auswirkungen der Introvision • Die Wahrnehmung der Subkognition muss nicht mehr zwingend ausgeklammert werden. • Der zugrunde liegende Konflikt, die Leerstelle, die Emotion darf sein. • Die Möglichkeit einer Imperativverletzung besteht nicht mehr • Die Dringlichkeit wird von der überliegenden Kognition abgekoppelt.

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