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Der individuelle Prozesscharakter der Berufswahl aus psychologischer und pädagogischer Sicht Prof. Dr. Bärbel Kracke, Universität Erfurt. Jugendliche als Akteure Studien- und Berufsorientierung als Prozess Einflussfaktoren im SBO-Prozess Ausgewählte Ergebnisse aus laufenden Projekten
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Der individuelle Prozesscharakter der Berufswahl aus psychologischer und pädagogischer Sicht Prof. Dr. Bärbel Kracke, Universität Erfurt
Jugendliche als Akteure Studien- und Berufsorientierung als Prozess Einflussfaktoren im SBO-Prozess Ausgewählte Ergebnisse aus laufenden Projekten Ein pädagogisch-psychologisches Kompetenzmodell der Berufsorientierung (ThüBOM) Überblick
Vorbemerkung Individualisierung und Pluralisierung der Berufskarrieren mehr Aktivität des Einzelnen. Die Fähigkeit zur Eigeninitiative wird in der Kindheit gebahnt und kann pädagogisch gefördert werden. Im Jugendalter ist die Berufsorientierung eine zentrale Entwicklungsaufgabe.
Theoretischer Hintergrund Traditionelles Verständnis von Berufsorientierung: • an der Statuspassage der Berufswahlentscheidung orientiert • isolierte Aktivitäten unter dem Leitbild der „Normalbiographie“ • Erwerb von Wissen über die Arbeits- und Berufswelt • Kenntnis des Berufsspektrums • Alternativen der Laufbahngestaltung Vorbereitung auf die Berufswahl im engeren Sinne
Theoretischer Hintergrund Weiter entwickeltes Verständnis von Berufsorientierung: • Prozesscharakter der Berufswahl • Selbständigkeit und Eigenverantwortung des Jugendlichen • vernetzte Aktivitäten unter dem Leitbild der Anschlussorientierung / Übergangskompetenz • Erwerb von Kompetenzenzur Gestaltung des Übergangs • Begleitung und Moderationals Leitbild der (schulischen) Berufsorientierung Orientierung im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung
Aufgaben im Berufsorientierungsprozess Bewerbungs- und Vorstellungs-prozess Schule Eingrenzung der Alternativen, Entscheidung Realistische Vorstellungen bzgl. der berufl. Möglichkeiten Sammlung von Erfahrungen und Informationen Elternhaus informelle Lernorte Bewusstwerden eigener Interessen und Fähigkeiten
Einflussfaktoren im Studien- und Berufswahlprozess Persönlichkeit + + Suche nach Informationen durch: Ausprobieren, Lesen, Beobachten, Gespräche + Elternhaus + Schule + + Gleichaltrige + + Berufsberatung/AA Betriebe (Praktika) Hochschulen
Individuelle Voraussetzungen Selbstwirksamkeit, Offenheit, Zielgerichtetheit intensivere Informationssuche Informationsstand, Unsicherheit: Größere Sicherheit und größere Informiertheit intensivere Informationssuche
Soziale Voraussetzungen Kindzentrierte, in der Berufswahl aktive Elternfördern (1) die Informationssuche ihrer Kinder, (2) Kontakte zu Gleichaltrigen, die ebenfalls aktiv sind,(3) Selbstwirksamkeit, effizientes Problemlösen.
Konstruktiv: Helfen bei Nachfrage, auf mögliche Berufe aufmerksam machen, bei Rückschlägen ermutigen, Interessen verstärken, außerschulische Fähigkeiten hochschätzen, Ausprobieren ermöglichen. Destruktiv: Lenken, Abwerten, Drängen, Desinteresse. Elterliches SBO-Verhalten
Schule Abiturientinnen und Abiturienten …. halten die Berufswahl für sehr wichtig, wissen zu 50% noch nicht genau, was sie werden wollen, werden in der Schule nicht ausreichend vorbereitet: - zu spät (nach wichtigen Weichenstellungen), - nicht entsprechend ihrer Informationsbedürfnisse, - einseitig informations- und nicht handlungsorientiert.
Inhalte der schulischen Berufsorientierung Welche Maßnahmen werden durchgeführt? Übersicht über mögl. Maßnahmen Informations-vermittelnde Maßnahmen Handlungsorientierte Maßnahmen Reflexion + Vorträge Infomaterial für Schüler und Lehrer BIZ- Besuch BA- Berater Bewerbung schreiben Projekttage Eignungstests Berufswahl-/Interessentests Rollenspiele Praktika Selbstkonzept fördernde Maßnahmen
Inhalte der Berufsorientierung Welche Maßnahmen werden durchgeführt?
Fazit: SBO in der Schule Selbstexploration sehr wenig präsent Handlungsorientierung vor allem durch Praktika Aber: Reflexion von Praktika gering Bewusstsein über die Wichtigkeit der Selbstexplorationsphase als Grundlage für weitere Schritte im Berufsorientierungsprozess muss gefördert werden
Zusammenarbeit von Schule und Eltern in der SBO Engere Zusammenarbeit aktivere, selbst-reflexive Kinder Zusammenarbeit: Lehrer informieren Eltern über Maßnahmen der BO, beziehen Eltern ein (Interviews) Schule organisiert Informationsabende Eltern berichten über Berufe Eltern vermitteln Praktikumsstellen/Betriebsbesichtigungen Eltern sind „Paten“ für Jugendliche Schüler berichten Eltern über Praktika Eltern und Schüler planen in der Schule Praktikum
Das Thüringer Berufsorientierungsmodell Förderung von Berufswahlkompetenz im Kontext schulischer Berufsorientierung Aktueller Stand und Ausblick
Theoretischer Hintergrund Begleitung und Moderation des Berufswahlprozesses als Leitbild der schulischen Berufsorientierung erfordert veränderte Strukturen: • fächer- und jahrgangsübergreifende Berufsorientierung • Berufsorientierung als Aufgabe der ganzen Schule
Theoretischer Hintergrund • Profil einer berufsorientierenden Schule (EBISS, SWA-Programm 2005) • Berufsorientierung als didaktisches Grundprinzip im Schulleitbild • fächer- und jahrgangsübergreifende Konzeption • Kooperation mit externen Partnern • Laufende Reflexion und Anpassung der Konzeption • Entwicklung von Schule aufPerson-, Unterrichts- und Organisationsebene
Forschungsziel ThüBOM Entwicklung eines Rahmenmodells, das auf alle Ebenen Bezug nimmt und Ansätze zur Unterrichts-, Personal- und Organisationsentwicklung bietet.
Umwelt(sozio-ökonomische, politische wirtschaftliche und Einflussfaktoren) Bestimmung zentraler Merkmale und Prozesse auf den Ebenen der SchülerInnen, Lehrkräfte, didaktischer Konzepte und der Schulorganisation Ableitung relevanter Lernziele Beschreibung notwendiger Bedingungen auf allen Ebenen zur Umsetzung der Lernziele BW Kompetenz
Berufswahlkompetenz Konzept der Berufswahlreife(Super 1955): Fähigkeit und Bereitschaft, zur Auseinandersetzung mit und effektive Bewältigung von beruflichen Entwicklungsaufgaben.
Berufswahlkompetenz Zentrale Aspekte der Berufswahlreife (Herr, Cramer & Niles, 2004): • Zukunftsgerichtete Planung (aktive Auseinandersetzung, Bewusstsein der Wichtigkeit, Konkrete weitere Planung) • Aktive Exploration (Selbst- und Berufsexploration) • Entscheidungsfähigkeit (Auseinandersetzung mit Alternativen) • Verarbeitung von Informationen (relevante Informationen adäquat verarbeiten) • Realitätsorientierung (Vergleich Selbstkonzept und Realität; Kompromissbereitschaft)
Berufswahlkompetenz Zentral für Kompetenzen sind … • Handlungsbezug • Situations- und Kontextbezug • Subjektbezug • Veränderbarkeit
Berufswahlkompetenz Es kann von Kompetenz gesprochen werden, wenn Schülerinnen und Schüler: • gegebene Fähigkeiten nutzen • auf vorhandenes Wissen zurückgreifen können bzw. die Fertigkeit besitzen, sich Wissen zu beschaffen • zentrale Zusammenhänge der Domäne verstehen • angemessene Handlungsentscheidungen treffen können • bei der Durchführung der Handlung auf verfügbare Fertigkeiten zurückgreifen • dies mit der Nutzung von Gelegenheiten zum Sammeln von Erfahrungen verbinden • aufgrund entsprechender handlungsbegleitender Kognitionen über ausreichend Motivation zu angemessenem Handeln verfügen
Hintergrund ThüBOM Rahmenbedingungen: • KMK / BIBB • Lehrpläne / Empfehlungen • Regionaler Kontext Praxis: Instrumente und Projekte: • Organisationsentwicklung: Q-Siegel, Eigenverantwortliche Schule • Personalentwicklung: Fortbildung • Unterrichtsentwicklung: Berufswahlpass • Ability, Berufsstart, Skating… Theorie: • Arbeitslehre • Berufswahltheorie • Theorie schulischer Berufsorientierung Empirische Befunde: • Abbruchstudien • Studien- und Berufswahlverhalten • Arbeitsmarkstatistik • Wirksamkeit schulischer Berufsorientierung und ihrer Instrumente viel Praxis, wenig Theorie, kaum Forschung
Grundlagen Ziel schulischer Berufsorientierung: • begründete Berufswahlentscheidung Voraussetzungen: • Kenntnis der Fähigkeiten, Interessen, Werte und Ziele und den Anforderungen berufsbezogener Tätigkeiten • Kompetenz, diese Entscheidung zu planen, durchzuführen und zu verantworten Ergebnis: erfolgreiche Berufswahl = Zufriedenheit einer Person mit ihrem gewählten Beruf Leistungsfähigkeit • beruflicher Erfolg • Wohlbefinden längere Verweildauer im Wahlberuf
Berufswahlkompetenz Entwicklungs-psychologische Ansätze Career Adaptability (Savickas, 2005) Kompetenz-modell zur Berufswahl Dimensionen und Facetten der Berufswahl-kompetenz (Hany et al 2009) Kompetenz-modelle Kompetenzfacetten (Klieme, 2003) Messinstrument Diagnose und Evaluation
Berufsorientierungsmodell (1) Kompetenzmodell • kognitive, motivationale und aktionale Voraussetzungen • verschiedene Jahrgangsstufen in den Schularten Thüringens • Definition von Bildungsstandards und Lernzielen • Entwicklung von Messverfahren zur Erfassung dieser Standards (2)Kompetenzvermittlungsmodell • Personelle Umsetzung schulischer Maßnahmen zur Entwicklung der identifizierten Kompetenzen (3) Implementierungsmodell • Strategie zur Entwicklung der Berufsorientierung in Schulen • Fortbildungseinheiten und Arbeitsmaterialien für Lehrkräfte und Schulleitungen • Berufsorientierung an Schulen zu bewerten und ggf. weiterzuentwickeln.
Thüringer Berufsorientierungsmodell (ThüBOM) Erwecken Erkunden Entscheiden Erreichen Kognition Selbstwissen, Konzeptwissen, Bedingungswissen, Planungs- und Entscheidungskompetenz Motivation Bewusstsein, Eigenverantwortung, Neugierde, Vertrauen Handlung Exploration, Steuerung, Problemlösen, Stressmanagement
Kognition: Merkmale • Selbstwissen: - der berufswahlkompetente Schüler kennt seine eigenen Stärkenund Schwächen, Wünsche und Ziele, kann diese artikulieren undist in der Lage, selbstrelevante Informationen zu beschaffen • Konzeptwissen: - der berufswahlkompetente Schüler weiß, was einen Berufs ausmacht, welche Berufsfelder es gibt, welche Berufe derzeit am Arbeitsmarkt nachgefragt sind, welche Bildungsgänge Schulen und Hochschulen anbieten, … • Bedingungswissen: - der berufswahlkompetente Schüler kann angeben, was er unternehmen muss, um für den Einstieg in ein bestimmtes Berufsfeld qualifiziert zu sein, kann reflektieren, welche Folgen sich aus unterschiedlichen Lebensführungen für die berufliche Entwicklung ergeben, … 4. Planungs- und Entscheidungskompetenz: - der berufswahlkompetente Schüler bereitet Entscheidungen systematisch vor, sammelt ausreichend Informationen und nimmt rationale Bewertungen vor.
Kognition: Entwicklungsstufen Selbstwissen Stufe Erwecken: • ist in der Lage, sich mit Adjektiven und wenigen Abstufungen selbst zu beschreiben; • erkennt, dass Unterschiede in der Fremd- und Selbstwahrnehmung bestehen Stufe Erkunden: • reflektiert Erfahrungen und korrigiert das eigene Selbstbild • entwickelt differenziertere Begriffe zur Selbstbeschreibung Stufe Entscheiden: • verfügt über ein differenziertes Bild des eigenen Selbst • entscheidet sich für Bildungsgänge und Berufsfelder, die zur eigenen Person passen. Stufe Erwirken: • über- und unterfordert sich nicht und folgt nicht externen Suggestionen
Kognition: Selbstwissen: Diagnostik
Kognition: Förderungsmöglichkeiten • Beispielsweise: Wissensvermittlung anhand verschiedener Medien, zum Beispiel mittels der Internetplattform www.planet-beruf.de
Entwicklungsarbeiten/ Ausblick (work in progress) Kognition Motivation Handlung • Konzept zur internen Lehrerfortbildung (Verzahnung von Berufsorientierung und Schulentwicklung; Portfolioarbeit) • Konzept zur Vor- und Nachbereitung von Praktika und Instrumente zu deren Umsetzung • Optimierung eines schulinternen Instruments zur Evaluation von Praktika • Konzept zur Einführung des Berufswahlpasses unter Einbezug der Eltern
Universität ErfurtBerufswahlforschung / Berufliche Entwicklung Prof. Kracke Entwicklungs- und Erziehungs-psychologie Prof. Hany Differentielle und Pädagogische Psychologie ThüBOM Skating Fortbildung BO-Koordinatoren Gendergerechte Berufsinteressentests Kooperation Elternhaus/Schule www.berufswahlforschung.de
Berufsorientierung am GymnasiumAbiturientenstudie Subjektiver Informationsbedarf (1)
Berufsorientierung am GymnasiumAbiturientenstudie Berufliche Orientierung in Schule und Freizeit (1)
Zusammenarbeit von Schulen und Hochschulen Beispiel: SKATING (Agenturbezirk Erfurt/Weimar) An Gymnasien werden betreute Hochschulbesuche organisiert (!!! Vor- und Nachbereitung, gezielte Auswahl nach Interessen)