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Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie

IV. Gerechter Krieg in der Neuzeit (5) 3. Immanuel Kant (Metaphysik der Sitten, 1797) a) Es ist ein Gebot der Vernunft, dass Menschen ihre äußere Handlungsfreiheit nach allgemeinen Gesetzen für freie Wesen beschränken

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  1. IV. Gerechter Krieg in der Neuzeit (5) • 3. Immanuel Kant (Metaphysik der Sitten, 1797) • a) Es ist ein Gebot der Vernunft, dass Menschen ihre äußere Handlungsfreiheit nach allgemeinen Gesetzen für freie Wesen beschränken • („Das Recht ist also der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann“). • b) Dieses Gesetz und seine Konsequenzen (bestimmtere Gesetze) muss öffent-lich festgelegt, angewandt und durchgesetzt werden. Wer stattdessen „nach seinem eigenen Kopfe“ urteilt und handelt, bricht das Recht und kann von den anderen in eine öffentliche Rechtsgemeinschaft gezwungen werden. • c) Eine solche Rechtsgemeinschaft ist der Staat, in der nach der Form der Ver-nunft (Vermögen des Schließens: Obersatz, Untersatz, Schlußsatz) die gesetz-gebende, rechtsprechende und ausübende Gewalt unterschieden werden müssen (Republik). • d) Analog zu den Individuen können auch Staaten sich in einem Naturzustand (nicht-rechtlicher Zustand, Kriegszustand) und einem Rechtszustand befinden. Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 1

  2. IV. Gerechter Krieg in der Neuzeit (6) • 3. Immanuel Kant (Fortsetzung) • e) Der Natur- bzw. Kriegszustand (Kriegsbereitschaft, Recht des Stärkeren) zwischen den Staaten ist „an sich selbst im höchsten Grade unrecht“ (§ 54), die Vernunft fordert seine Überwindung. • f) Es ist daher ein „Völkerbund nach der Idee eines ursprünglichen gesell- schaftlichen Vertrages notwendig“. Dieser hat aber keine souveräne Gewalt über die Einzelstaaten, sondern ist eine „Verbindung, die zu aller Zeit aufgekündigt werden kann“. Ziel dieser „Genossenschaft“ ist es, den „Zustand des wirklichen Krieges untereinander von sich abzuwehren“. Dazu muss das Völkerrecht angewendet werden. • Nach § 61 MdS ist der Völkerbund sogar nur ein „Verein einiger Staaten, um den Frieden zu erhalten“. Er soll als „permanenter Staatenkongreß“ die Idee eines zu errichtenden öffentlichen Rechts der Völker“ verwirklichen, Streitigkeiten auf dem Rechtswege statt durch Krieg zu entscheiden. (Vorbild: Haager Kongress der europäischen Höfe und Republiken, „Europa als einziger föderierter Staat gedacht“) Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 2

  3. IV. Gerechter Krieg in der Neuzeit (7) • 3. Immanuel Kant (Fortsetzung) • g) Im Völkerrecht gibt es ein Recht zum Krieg, im Krieg, nach dem Krieg und im Frieden • Das Recht zum Krieg (1): • 1. Die freie Beistimmung der Staatsbürger „zu jeder besonderen Kriegs-erklärung vermittels seiner Repräsentanten“ (der von den Aktivbürgern gewählten, aber auch des republikanisch regierenden Monarchen). • 2. Die Überzeugung eines Staates von der Rechtsverletzung eines anderen Staates ihm gegenüber ( § 56: „sich lädiert glaubt“). Im Naturzustand ist jeder Richter in eigener Sache. • Diese Überzeugung gründet sich auf: • 2.1.„Tätige Verletzung“. Dazu gehört die Wiedervergeltung ohne vorherige Verhandlung und förmliche Kriegserklärung. • 2.2. Bedrohung eines Staates durch Rüstung sowie Machtzuwachs des bedrohenden Staates durch „Ländererwerbung“. Beide Arten der Bedrohung begründen ein „jus praeventionis“. Es gibt ein „Recht des Gleichgewichts aller einander tätig berührenden Staaten“ Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 3

  4. IV. Gerechter Krieg in der Neuzeit (8) • 3. Immanuel Kant (Fortsetzung) • h) Das Recht zum Krieg (2) • 3. Völkerrechtliche Begriffe des „ungerechten Feindes“ (§ 60), die ein Völkerbund • anwenden kann: • Feind oder Aggressor in diesem Sinne ist der, „dessen wörtlich oder tätig geäußerter Wille eine Maxime verrät, nach welcher, wenn sie zur allgemeinen Regel gemacht würde, kein Friedenszustand unter Völkern möglich“ wäre. • Vor allem: • „Verletzung öffentlicher Verträge, von welcher man voraussehen kann, dass sie die Sache aller Völker betrifft, deren (?) Freiheit dadurch bedroht wird, und die dazu aufgefordert werden, sich gegen einen solchen Unfug zu vereinigen und ihm die Macht dazu zu nehmen“ (nicht: ihn zu vernichten oder sein Land zu teilen) Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 4

  5. IV. Gerechter Krieg in der Neuzeit (9) • 3. Immanuel Kant (Fortsetzung) • i) Das Recht im Krieg: • 1. Grundsatz: Der Krieg muss so geführt werden, dass man aus dem Naturzustande der Staaten herausgehen kann zu einem Völkerbund. • 2. Kein Krieg kann ein Strafkrieg sein (gegen Grotius). • 3. Er darf auch kein Ausrottungs- oder Unterwerfungskrieg sein (das Völkerrecht lässt nur „Erhaltung“ bzw. Verteidigung, nicht „Erwerbung“ zu). • 4. Im einzelnen dürfen nur rechtsstaatliche Maßnahmen ergriffen werden. Verboten sind (anders als bei den Vorgängern!) Spionage, Desinformation, Meuchelmord, Vergiftung, Heckenschützen (Scharfschützen im Hinterhalt). Also alles, was das zur Gründung eines dauerhaften Friedens nötige Vertrauen untergräbt. • 5. Reparationen bzw. „Kontributionen“ sind erlaubt, Plünderungen nicht (die Re- parationen müssen die Teile des besiegten Landes gleichmäßig belasten). Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 5

  6. IV. Gerechter Krieg in der Neuzeit (9) • 3. Immanuel Kant (Fortsetzung) • j) Das Recht nach dem Krieg • 1. Es muss ein Friedensvertrag geschlossen werden (der eine Amnestie enthält). • 2. Darin darf die Kriegsschuldfrage nicht erörtert werden. • 3. Deswegen sind auch keine Erstattungen der Kriegskosten zulässig. • 4. Die Gefangenen müssen „ohne Gleichheit der Zahl“ ausgetauscht werden. • 5. Unterwerfung des besiegten Staates zur Kolonie ist unzulässig. • Leibeigenschaft oder Sklaverei der besiegten Einwohner ebenfalls (gegen Aristoteles, Grotius). Alle Bewohner behalten ihre „staatsbürgerliche Freiheit“. Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 6

  7. IV. Gerechter Krieg in der Neuzeit (10) • 3. Immanuel Kant (Fortsetzung) • k) Das Recht des Friedens • 1. Das Recht eines Staates zur Neutralität. • 2. Das Recht zur Garantie eines Friedensvertrages („Fortdauer des geschlossenen Friedens“). • 3. Das Recht zu Verteidigungsbündnissen. Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 7

  8. Menschenrechte in der politischen Philosophie • 1. Was sind Menschenrechte? • 2. „Generationen“ der Menschenrechte • 3. Begründungen der Menschenrechte • 4. Aktuelle Probleme der Menschenrechte • a) Kulturabhängigkeit der Menschenrechte? • b) Individualrechte und Gruppenrechte • c) Menschenrechte und humanitäre Intervention Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 8

  9. 1. Was sind Menschenrechte? • M. sind Ansprüche von Individuen gegeneinander, vor allem aber gegen staatliche (zwangsbewehrte) Herrschaft. Sie betreffen Integrität, Würde und Handlungsfreiheiten der Individuen. Als Rechte müssen sie durchsetzbar, d. h. von einer überlegenen Gewalt garantierbar sein. Heute vor allem der Staat, überstaatliche Organisationen (europäische oder internationale Gerichte), Staatenbünde und die Vereinten Nationen. Manche Individualrechte implizieren Gruppenrechte (öffentliche Religionsausübung, Schulwahl, Muttersprache etc.). • Die Zahl der Menschenrechte hat sich seit den ersten „Bills of Rights“ bzw. „Declaration des Droits de l‘homme et du citoyen“ (1688 England; 18. Jh. Virginia, Vereinigte Staaten, Französische Republik; 20. Jh. Völkerbund, UNO-Declaration of Human Rights 1948) bis heute ständig vermehrt. Ursprünglich: Recht auf Unabhängigkeit von persönlicher Herrschaft, Leben, körperliche Unversehrtheit, Unbescholtenheit, Gleichheit vor dem Gesetz, Eigentumserwerb, Religionsfreiheit. Heute UN-Listen von mehr als 150 Menschenrechten (z.B. Wohnung, Erziehung, Datenschutz etc.). Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 9

  10. 2. Generationen der Menschenrechte • Nach dem geschichtlichen „Zuwachs“ an Menschenrechte unterscheidet man (nach T.H. Marshall) vier Generationen der Menschenrechte: • A) Abwehrrechte: Recht auf Leben, Unversehrtheit, fairen Prozess (Anwalt, Haftprüfung etc.), Eigentum, freie Wahl der Religion (Verlassen der Religionsgemeinschaft), Auswanderungsrecht, freie Meinungsäußerung, Forschungsfreiheit, freie Berufswahl, Gewerbefreiheit, freie Partnerwahl, reproduktive Freiheit (welche einzuschränken bei Notstand? Kern: Menschenwürde, Wesensgehalt) • B) Mitwirkungsrechte: aktives und passives Wahlrecht, Mitwirkung an der Gesetzgebung, aktive Religionsfreiheit (freie öffentliche Religionsausübung), Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit etc. (welche einzuschränken bei „Ausnahmezustand“?) • C) Soziale Rechte: Recht auf Existenzminimum, Recht auf Arbeit, Arbeitszeitbegrenzung, Krankheits- und Erholungsurlaub, Recht auf Bildung, Recht auf Wohnung, Gesundheit etc. (staatlich zu garantieren ohne Eingriffe in A? Staatsziel Sozialstaat) • D) Umweltrechte: Recht auf saubere Luft und Wasser, Rechte zukünftiger Generationen, Recht auf Lärmfreiheit, „natürliche Lebensgrundlagen“, Artenvielfalt (Problem wie C) Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 10

  11. 3. Begründungen der Menschenrechte • A. Philosophisch • a) anthropologisch: Menschen wollen und sollen ihre spezifischen Fähigkeiten entwickeln und Bedürfnisse befriedigen. Dazu gehören: Vernunft, Sprache, Sozialität, Politik (vgl. Aristoteles), selbst bestimmtes Handeln, freie Bildung von Überzeugungen, Streben nach Erkenntnis • Problem: Naturalistischer Fehlschluss, Speziesismus • b) vernunfttheoretisch: Menschen nehmen teil an einer von der sinnlichen Welt grundsätzlich unterschiedenen Vernunft, die anderen rationalen Wesen (Gott, Engel, Sternen, Wesen auf anderen Himmelskörpern) gemeinsam, immateriell, unzerstörbar, unsterblich, fähig zur Gesetzgebung, daher absolut wertvoll und einziger „Selbstzweck“ ist. Sie müssen die für die Ausbildung dieser „Würde“ notwendigen Lebens- und Handlungsmöglichkeiten haben. Sie dürfen nicht instrumentalisiert werden (vgl. Kant: Jederzeit zugleich als Zweck behandeln). Problem: nach der metaphysischen Welterklärung beweisbar? Setzt „Vernunft“ nicht schon Vernunftrechte voraus? Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 11

  12. c) vertragstheoretisch: Jeder Mensch würde in einem Zustand der Gesellschaftsgründung M. für sich und im Tausch auch für alle anderen wählen. Heute: das umfangreichste System gleicher Grundfreiheiten (Rawls). Problem: Auf Interessenbasis sind auch andere Verträge denkbar und die Basis der Interessen kann sich ändern (z.B.: sich Übermenschen, Computern, gütigen Außerirdischen etc. unterordnen). Die Plausibilität der Vertragstheorie setzt schon historisch entwickelte Menschenrechte (Gleichheit, Fairness, Selbstbestimmung) voraus. • d) Historisch: Menschenrechte sind Resultat gemeinsamer Erfahrungen mit dem, worunter Menschen leiden oder „gedeihen“, was sie ihre wertvollen Eigenschaften sind, deren Entfaltung ihnen zusteht. Neue historische Bedingungen erfordern neue Rechte, lassen neue Erfahrungen zu (Briefgeheimnis, Arbeitsbedingungen, Datenschutz, Patientenrechte, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft, Diskriminierungsverbot etc.). Problem: Gibt es interkulturell gemeinsame Erfahrungen? Gibt es unkontroverse Deutungen der gemeinsamen (oder analogen) Geschichte? Kann man die Endgültigkeit der Erfahrungen begründen (mit Rückgriff auf a bis c)? Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 12

  13. B. Theologisch: • a) Offenbarungstheologie: Schöpfung, (christl.) Menschwerdung und versprochene Erlösung zeigen, dass der Mensch „imago dei“ ist, daher Menschenwürde, Instrumentalisierungsverbot. Gott liebt alle Menschen gleich, sie stammen von dem selben Menschenpaar, also Gleichheit vor dem Gesetz. Frühchristlich (Konstantin) und protestantisch: Gott liebt nur nicht erzwungenen Glauben, Gewissensfreiheit. • Problem: Offenbarungsreligionen waren und sind vielfach mit Sklaverei, patriarchalischer Herrschaft, Gewalt (heiliger Krieg) und Gewissenzwang vereinbar. Absolute Wahrheit und Seelenheil rechtfertig(t)en moralischen Zwang. Heute: Keine ausreichende Grundlage in einer pluralistischen Gemeinschaft (aber: Teil eines überlappenden Konsenses). • b) Vernunfttheologie: In der Vernünftigkeit, der freien Selbstbestimmung, der Dialogfähigkeit (Person und Interpersonalität) etc. liegt die Gottesebenbildlichkeit. Daher im Wesentlichen gleiche Konsequenzen wie Vernunftphilosophie („Thomas und Kant“). Probleme: Ist der Gottesbegriff dann noch notwendig? Lässt sich die historische Vielfalt der Menschenrechte aus einer ahistorischen Vernunft ableiten (wie oben Philosophie b) Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 13

  14. 4. Aktuelle Probleme der Menschenrechte • A. Universalismus oder Partikularismus, sind die Menschenrechte Ausdruck eines westlichen, rationalistischen oder christlichen Kulturimperialismus? • a) Dagegen spricht die Universalität der Menschenrechtserklärung der UN, der fast alle Völker zustimmen. Dagegen sprechen die philosophischen und zum großen Teil auch die theologischen Begründungen, die keine besonderen „westlichen“ Voraussetzungen enthalten. Dagegen spricht historisch, dass die Menschenrechte erst im postkolonialen Zeitalter universal gefordert wurden. • b) Dafür sprechen Abweichungen in kulturellen Menschenrechtserklärungen. Z.B. unterwirft die islamische Deklaration der Menschenrechte (Kairo 1990) die Rechte dem Primat der Scharia, die nach zumindest nach einigen Koran-Auslegungen ungleiche Rechte der Geschlechter und drastische Körperstrafen erlaubt. Die afrikanische (Banjul 1982) betont das Recht der kulturellen Identität und Entwicklung der Völker sowie die Pflicht „bei der Ausübung der Rechte die kollektive Sicherheit, die Moralität und das gemeinsame Interesse zu berücksichtigen“. Dafür sprechen ferner kulturelle Einschränkungen der Menschenrechte in manchen Kulturen. • c) Aber es scheint einen zunehmenden „überlappenden Konsens“ zwischen den Kulturen durch die gemeinsame technische Zivilisation, gemeinsame Erfahrungen (Konflikte, Kriege, Wirtschafts- und Umwaltkatastrophen) und Gefährdungen (Klima etc.) zu geben Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 14

  15. B. Individualrechte und Gruppenrechte • Seit 2005 gehören der Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen zum Völkerrecht, jedenfalls als Zielbestimmung. Kann kollidieren mit Individualrechten, etwa den Rechten der Frau in traditionalen Gesellschaften oder den Rechten der einzelnen zum Verlassen kultureller Gruppen. Da die einzelnen oft ihr Selbstbewusstsein und ihr Gefühl der Sicherheit und der Anerkennung aus der Gruppenzugehörigkeit nehmen, besteht dieser Konflikt sogar zwischen verschiedenen Rechten des Einzelnen, nämlich zwischen ihren Freiheitsrechten und ihren Rechten auf kulturelle Identität und Geborgenheit in der Gruppe. Welche können bei einem Konflikt eingeschränkt werden? • a) Nicht: Die zentralen Schutz- und Abwehrrechte (oben 1. Generation) und die elementaren Sozialrechte (Arbeitsleben, Gesundheitsschutz, Katastrophensicherung) sowie überlebens- bzw. gesundheitsgefährdende Umweltrechte. Aber: Eigentumsrechte. • b) Einzuschränken zugunsten der Förderung von Gruppenidentitäten erscheinen einige der aktiven Freiheitsrechte: Elternrechte, Sprachenrechte, Wahlrechte (Bevorzugung von Minderheiten), Teile der öffentlichen Religionsausübung (provozierende oder diskriminierende), Freiheiten bei der Ausübung öffentlicher Ämter (Kleider, Wissenschaft?). Bei Gefährdung des Überlebens der Gruppe evtl. Berufswahl? • Vgl. Ch. Taylor, Multikulturalismus und die Politik der Anerkennung. Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 15

  16. C. Humanitäre Intervention • Ist die Verletzung bzw. Vorenthaltung von Menschenrechten ein Grund, ein Recht bzw. eine Pflicht (Walzer) zur gewaltsamen Intervention in souveränen Staaten? • Historische Beispiele: Krieg gegen totalitäre Staaten bei Massenmord oder –vertreibungen (NS-Deutschland, Serbien) Sanktionen gegen Kambodscha, Sudan. • UN-World Summit (2005) outcome document: Responsibility to Protect populations from genocide, war crimes, ethnic cleansing, and crimes against humanity. • In this, we are prepared to take collective action…through the security council…on a case by case basis and in cooperation with regional organizations … should peaceful means be inadequate and national authorities are manifestly failing to protect their populations • Bestätigt vom Sicherheitsrat Resolution 1674 von 2006. • Problem: Welche Menschenrechte müssen wie lange wie schwer verletzt sein? Kann der Vorwand zum Angriffskrieg vermieden werden – vor allem, wenn bei Uneinigkeit des Sicherheitsrates eine Gruppe ohne Votum aktiv wird? Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 16

  17. C. Humanitäre Intervention (Forts.) • Wenn der Eingriff in die Souveränität eines Staates das Gewaltmonopol beseitigt, wie kann eine friedliche Einigung der Gruppen garantiert werden? Third party intervention: Ökonomische Anreize, Kollektive Sicherheitssysteme, Beteiligung an Ressourcen, föderale Strukturen. • Kann eine Besetzung in der globalisierten Welt (internationale Terrornetzwerke, Drogenhandel, verdeckte Einflüsse auswärtiger Mächte) den Rechtsfrieden garantieren? (Jus post bellum). • Bedingung für H.I: Moralische und völkerrechtliche Kriterien für Tyrannis, schwere Menschenrechtsverletzungen, Unmöglichkeit der Selbsthilfe (z.B. Gescheiterte Versuche), „objektives“ Verfahren (zumindest UN). Friedliche Vermittlung und humane Sanktionen ausgeschöpft, Zustand anhaltend. Prof. Dr. Ludwig Siep - Einführung in die politische Philosophie 17

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