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Versicherungsrechtliche Judikatur 2008 / 2009 Dr.Wolfgang Reisinger 3. Dezember 2009. Versicherungsrechtliche Judikatur 2008 / 2009. Dr.Wolfgang Reisinger Wiener Städtische Versicherung AG Vienna Insurance Group. Inhalt. Kfz-Haftpflichtversicherung Allgemeine Haftpflichtversicherung
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Versicherungsrechtliche Judikatur2008 / 2009 Dr.Wolfgang Reisinger 3. Dezember 2009
Versicherungsrechtliche Judikatur2008 / 2009 Dr.Wolfgang Reisinger Wiener Städtische Versicherung AG Vienna Insurance Group
Inhalt • Kfz-Haftpflichtversicherung • Allgemeine Haftpflichtversicherung • Rechtsschutzversicherung • Sachversicherung • Personenversicherung
§ 4 Abs 1 Zi 3 KHVG: Ausgeschlossen sind Ersatzansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen von mit dem versicherten Fahrzeug beförderten Sachen. Ausnahmen: → Sachen die beförderte Personen üblicherweise an sich tragen → Gegenstände des persönlichen Bedarfs beförderter Personen → nicht gewerbsmäßiges Abschleppen betriebsunfähiger Fahrzeuge Ausschlüsse in der Kfz-Haftpflicht
7 Ob 197/08h vom 24.9.2008 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: Entsorgungskosten einer Ladung „Der Risikoausschluss beschränkt sich nicht nur auf unmittelbare Schäden am Ladegut, sondern umfasst auch Folgekosten solcher Schäden, wie insbesondere die Entsorgungskosten.“
Vorsatz • § 61 VersVG: „Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der VN den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt“ → gilt für die Sachversicherung • 152 VersVG: „Der Versicherer haftet nicht, wenn der VN vorsätzlich den Eintritt der Tatsachen, für die er dem Dritten verantwortlich ist, widerrechtlich herbeigeführt hat“ → gilt für die Haftpflichtversicherung §
Kläger: Geschädigter Beklagter: Versicherer Problem: Vorsatzdelikt eines mitversicherten Lenkers „Auch wenn der Begriff „Unfall“ im allgemeinen Sprachgebrauch eine vorsätzliche Beschädigung nicht mitumfasst, erstreckt sich die Haftung des Halters nach § 1 EKHG auch auf den Fall, dass ein mitversicherter Lenker das haftpflichtversicherte Fahrzeug absichtlich als Waffe benützt.“ 7 Ob 211/08t vom 22.10.08
Verwendung des Kfz Verwendung AKHB = Betrieb EKHG • Verwendung auf der Straße möglich oder beabsichtigt • Beladen / Entladen • keine ortsgebundene Kraftquelle Wichtig auch als Abgrenzung zur allgemeinen Haftpflicht!
7 Ob 182/08b vom 27.11.08 Klägerin: KFZ-Haftpflichtversicherung Beklagte: Mitschädigerin Problem: Tätigkeit vor Beginn des Beladens „Die allfällige vorangegangene Tätigkeit des Mitarbeiters der Beklagten bei der Verwendung des Fahrzeuges, indem er beim Beladungsvorgang mitgeholfen hat, ist jedenfalls mit Abschluss dieser Verladearbeiten beendet worden.“
Mitversicherte Personen Kfz-Haftpflicht • Eigentümer • Halter • berechtigte Lenker • berechtigte Insassen • Einweiser Berechtigte Lenker: „... Personen, die mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeugs tätig sind“ → geht über den Lenker hinaus
7 Ob 289/08p vom 30.3.09 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: VN als Beifahrer im eigenen Kfz „Es ist erfahrungsgemäß in aller Regel anzunehmen, dass der Lenker das Fahrzeug mit dem Willen des Halters, der als Beifahrer mitfährt, verwendet.“
Haftpflicht → Beeinträchtigung im Sinne der Straßenverkehrsvorschriften → ab 0,8 Promille zwingend beeinträchtigt → darunter nur bei besonderen Umständen → Entscheidung Gericht / Verwaltungsbehörde Kasko / Kfz-Rechtsschutz → Beeinträchtigung allein ausreichend (auch unter 0,8 Promille) Beweispflicht für Beeinträchtigung → Versicherer Alkoholklausel
7 Ob 158/08y vom 27.8.08 Kläger: Versicherer Beklagter: Mitversicherter Problem: Alkoholisierung unter 0,8 Promille „Bei einem Blutalkoholgehalt von unter 0,8 Promille müssen zur Alkoholisierung noch besondere Umstände hinzutreten, damit die Person als durch Alkohol beeinträchtigt und damit als relativ fahruntüchtig anzusehen ist“.
Kfz-Ausschluss allgemeine Haftpflicht Art 7 Abs 2 Zi 3 AHVB: „Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen aus Schäden ... durch Haltung oder Verwendung von Kfz oder Anhängern, die ... ein behördliches Kennzeichen tragen müssen oder tatsächlich tragen.“ → gilt nicht für ortsgebundene Kraftquellen → dient zur Abgrenzung von der Kfz-Haftpflicht
7 Ob 159/08w vom 22.10.08 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: Abgrenzung allgemeine Haftpflicht / Kfz-Haftpflicht „Nicht nur das Ein– und Aussteigen aus einem KFZ gehört zum Betrieb eines Fahrzeuges, sondern auch das damit verbundene Öffnen und Schließen der Fahrzeugtüren zum Zwecke des Ein- und Aussteigens aus Anlass der Beförderung.“
Anzeigepflicht allgemeine Haftpflicht Anzuzeigen sind innerhalb einer Woche ab Kenntnis: Versicherungsfall Geltendmachung einer Schadenersatzforderung Einleitung eines Strafverfahrens Klage Obliegenheit nach Eintritt des Versicherungsfalls (§ 6 Abs 3 VersVG): Qualifizierter Vorsatz → immer leistungsfrei schlichter Vorsatz → leistungsfrei bei Kausalität grobe Fahrlässigkeit leichte Fahrlässigkeit → nicht leistungsfrei
7 Ob 88/08d vom 27.8.08 Klägerin: Versicherungsnehmerin Beklagter: Versicherer Problem: verspätete Schadenmeldung „Die Dokumentation des Schadenfalles kann die eigene Befund-aufnahme der entstandenen Schäden vor deren Beseitigung nicht ersetzen und stellt insbesondere keinen strikten Gegenbeweis dar.“
Versicherungsfall im Arbeitsgerichts-RS „... der behauptete oder tatsächliche Verstoß des VN, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften“. → Meistens Ereignis als Versicherungsfall (leichter feststellbar) → Verstoß als Versicherungsfall auch in der Vermögenshaftpflicht → Arbeitsgerichts-RS ≠ Arbeitsrechtsschutz
7 Ob 12/09d vom 30.3.09 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: Eintritt des Versicherungsfalls bei Entlassung „Ein Verstoß ist ein tatsächlicher, objektiv feststellbarer Vorgang, der immer dann, wenn er wirklich vorliegt oder ernsthaft behauptet wird, den Keim eines Rechtskonfliktes in sich trägt.“
Katastrophenausschluss Rechtsschutz „Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit Ereignissen, die in außergewöhnlichem Umfang Personen- oder Sachschäden bewirken (Katastrophen im Sinne der Katastrophen-hilfegesetze).“ Offene Fragen: → was ist eine Katastrophe? → sind damit nur Naturkatastrophen gemeint?
7 Ob 243/08y vom 10.12.08 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: Ist ein Dammbruch eine Katastrophe? „Der Begriff Katastrophe charakterisiert im allgemeinen Sprach-gebrauch ein besonders schweres Schadenereignis, ohne nach dessen Ursachen zu differenzieren.“
Alkoholklausel Rechtsschutz Als Obliegenheit wird bestimmt, „dass der VN sich im Zeitpunkt des Versicherungsfalles nicht in einem durch Alkohol, Suchtgift oder Medikamentenmissbrauch beeinträchtigten Zustand befindet und dass er einer gesetzlichen Verpflichtung entspricht, seine Atemluft auf Alkohol untersuchen, sich einem Arzt vorführen, sich untersuchen oder sich Blut abnehmen zu lassen“. → aus dem Kfz-Bereich abgeleitet → gilt aber für jede Art des Rechtsschutzes
7 Ob 255/08p vom 14.1.09 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: Alkoholklausel außerhalb Fahrzeug-Rechtsschutz „Eine generelle Obliegenheit des VN, in jeder Lebenssituation eine wie immer geartete Alkoholbeeinträchtigung zu vermeiden, lässt sich der Klausel nicht entnehmen.“
Grobe Fahrlässigkeit • Geregelt in § 61 VersVG → gilt nur in Sachversicherung • Objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß • Subjektiv schwerstens vorzuwerfen • Hängt von den Umständen des Einzelfalls ab → Mosaiksteinchentheorie: Mehrere (leicht fahrlässige) Handlungen können in ihrer Gesamtheit oder Häufung die Annahme grober Fahrlässigkeit rechtfertigen.
7 Ob 20/08d vom 7.2.08 Klägerin: Versicherungsnehmerin Beklagter: Versicherer Problem: brennender Christbaum in der Haushaltversicherung „Wann und unter welchen Umständen das Entzünden von Kerzen auf einem Christbaum als grobfahrlässig anzusehen ist, hängt von den konkreten, speziellen Gegebenheiten des Einzelfalles ab und lässt sich daher nicht generell, sondern nur einzelfallbezogen beantworten.“
Grobe Fahrlässigkeit / vorbeugende Obliegenheiten • Beide dienen der Verminderung der Gefahr • Vorbeugende Obliegenheiten führen bereits bei leichter Fahrlässigkeit zur Leistungsfreiheit (sofern nicht anders vereinbart) • Beide führen nur bei Kausalität zur Leistungsfreiheit • Hauptunterschied Beweislast zur Kausalität: • Bei grober Fahrlässigkeit → Versicherer • Bei Obliegenheitsverletzung → VN
7 Ob 33/09t vom 3.6.09 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: Instandhaltungspflicht eines Daches „Im Hinblick auf die Instandhaltungsobliegenheit ist der VN verpflichtet, den ihm im Zuge eines chronologisch ersten Schadenfalles bekanntgewordenen Mangel in der Statik der Dachkonstruktion beheben zu lassen.“
Legalzession (§ 67 VersVG) • Gilt in der Sachversicherung und in der Haftpflichtversicherung • Betrifft Schadenersatzansprüche des VN gegen einen Schädiger • „Schadenersatzanspruch“ sehr weit ausgelegt: • Vertragliche Ansprüche • Ansprüche aus Bereicherung • Ansprüche aus Garantie/Gewährleistung • Nachbarrechtliche Ansprüche
7 Ob 93/09s vom 3.6.09 Kläger: Versicherer Beklagte: Schädigerin Problem: Regress gegen Hotelgast „Die Ansicht, weil die Beklagte Entgelt zu zahlen habe, sei sie im Rahmen der Gebäudeversicherung als Mitversicherte anzusehen, verkennt, dass durch eine Feuerversicherung die Substanz des Gebäudes und nicht dessen Gebrauch durch Feriengäste versichert wird.“
Schutz des Versicherers vor Betrug • Kein Versicherungsschutz bei Vorsatz • § 61 VersVG (für die Sachversicherung) • § 130 VersVG (für die Transportversicherung) • § 152 VersVG (für die Haftpflichtversicherung) • § 170 VersVG (für die Lebensversicherung) • § 181 VersVG (für die Unfallversicherung) • Vorvertragliche Anzeigepflicht (§ 16ff VersVG) • Anfechtung wegen Arglist (§ 22 VersVG) • Grobe Fahrlässigkeit (§ 61 VersVG) • Diverse Aufklärungspflichten
Aufklärungspflichten • Pflicht des Versicherten, alles zweckdienliche zur Aufklärung des Sachverhaltes beizutragen und alle vom Versicherer gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. • Soll den Versicherer ganz allgemein in die Lage versetzen, sachgemäße Entscheidungen über die Behandlung des Versicherungsfalles zu treffen. • Falsche Angaben gegenüber dem Versicherer ziehen Folgen nach sich und haben daher durchaus pönalen Charakter. • Geregelt in § 34 VersVG und nahezu allen AVB.
Nicht immer wird die Aufklärungspflicht in Betrugsabsicht verletzt. Aber → es ist betrugsimmanent, eben nicht alles zweckdienliche zur Aufklärung des Sachverhaltes beizutragen, weshalb die Behauptung einer Verletzung der Aufklärungspflicht eine scharfe Waffe des Versicherers beim Kampf gegen den Versicherungsbetrug ist.
7 Ob 120/08k vom 2.7.08 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: Aggravation bei ärztlicher Untersuchung „Ein in Form von Aggravationen bewusst wahrheitswidriges Verhalten des VN bei einer ärztlichen Untersuchung ist als Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfalles anzusehen, die zur Leistungsfreiheit führen kann.“
Schiedsgutachterverfahren • In manchen Versicherungssparten vorgesehen (Kfz-Kasko, Sachversicherung, Unfallversicherung) • Nur zulässig bei Meinungsverschiedenheit über die Höhe der Entschädigung • Nicht zwingend, sondern nur auf Wunsch Versicherer oder VN • Soll gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden • Kosten müssen in einem vernünftigen Verhältnis zur Entschädigung stehen
7 Ob 51/09i vom 3.6.09 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: Zuständigkeit der Ärztekommission „Die Frage, ob überhaupt ein Versicherungsfall vorliegt, ist von der Kompetenz des Verfahrens schon grundsätzlich nicht umfasst.“
Beweislastverteilung • Eintritt des Versicherungsfalles → Versicherungsnehmer • In manchen Sparten Beweiserleichterungen möglich • Vorliegen eines Ausschlusses → Versicherer
7 Ob 217/08z vom 10.12.08 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: Unfreiwilligkeit eines Unfalls „Die Unfreiwilligkeit hat sich nicht auf das Ereignis, sondern auf die Folgen des Ereignisses zu beziehen.“
Die 4 Musketiere des Kundenschutzes • Unklarheitenregel → § 915 ABGB • Undeutliche Äußerungen gehen zum Nachteil dessen, der sich ihrer bedient hat • Geltungskontrolle → § 864a ABGB • Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts werden nicht Vertragsbestandteil • Inhaltskontrolle → § 879 Abs 3 ABGB • Gröblich benachteiligende Bestimmungen sind nichtig • Transparenzgebot → § 6 Abs 3 KSchG • Unklare oder unverständliche Bestimmungen sind unwirksam
7 Ob 288/08s vom 18.3.09 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: Verringerung der Versicherungssumme „Die Reduktion der Versicherungssumme bei gleichbleibender, gegenüber einer Jugend- oder Erwachsenenunfallversicherung wesentlich niedrigeren Prämie ist sachlich gerechtfertigt, wenn ein Kind 16 Jahre alt wird.“
Prüfung der Gewinnbeteiligung • BGBl 1994/652 → ex-post Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde • BGBl II 2006/298 (Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde über die Gewinnbeteiligung in der Lebensversicherung) → Gewinnbeteiligung muss ein bestimmtes Mindestmaß haben
7 Ob 59/09s vom 29.4.09 Kläger: Versicherungsnehmer Beklagter: Versicherer Problem: Prüfung der Gewinnbeteiligung durch VN „Neben der aufsichtsbehördlichen Kontrolle der eine unter-nehmerische Entscheidung darstellenden Festsetzung der Gewinnbeteiligung ist ein zivilrechtlicher Anspruch auf eine bestimmte Gewinnbeteiligung nicht gegeben.“
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontaktadresse: w.reisinger@staedtische.co.at