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„Finanzmarktaufsicht und Amtshaftung“. Univ.Prof. Dr. Michael Holoubek. Rechtsprechungsentwicklung (1). 1 Ob 36/79: Schutzzweck des KWG umfasst auch einzelnen Bankgläubiger Amtshaftungsanspruch wegen fehler-hafter Bankaufsicht
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„Finanzmarktaufsicht und Amtshaftung“ Univ.Prof. Dr. Michael Holoubek
Rechtsprechungsentwicklung (1) • 1 Ob 36/79: Schutzzweck des KWG umfasst auch einzelnen Bankgläubiger Amtshaftungsanspruch wegen fehler-hafter Bankaufsicht [BGH: Bankaufsicht hat drittschützenden Charakter 1984: Korrektur durch Gesetzgeber: Wahrnehmung der Bankaufsicht nur im „öffentlichen Interesse“ ] • 1 Ob 22/92: Schutzzweck hinsichtlich einzelner Sparer auch gegenüber „Nicht-Banken“, die unzulässiger Weise Bank-geschäfte betreiben, bejaht • 1 Ob 188/02g: Bankprüfer ist Organ im Sinne des AHG
Rechtsprechungsentwicklung (2) • 1 Ob 251/05a: Schäden infolge fehlerhafter Geschäfts-führung nicht im Schutzbereich keine Amtshaftung für Schäden des Bankunternehmers (Mehrheitsaktionärs) • 1 Ob 142/06y: Alleinvertriebspartner nicht vom Schutzzweck erfasst • 1 Ob 187/08v ua: Aufsichtspflichten nach WAG dienen „auch“ dem Schutz der Anleger [1 Ob 251/05a: Rechtswidrigkeitszusammenhang schon dann gegeben, wenn die Norm die Verhinderung eines Schadens „lediglich mitbezweckt“]
Gesetzgeberische Korrekturmaßnahmen (1) • § 3 Abs 5 FMABG idF BGBl I 33/2005: Organeigenschaft des Abschlussprüfers (Bankprüfers) für Zwecke des AHG ausdrücklich ausgeschlossen • Ausnahme: gesonderter Auftrag der FMA • Präzisierung des „Kontrollmaßstabs“ bei Verwendung von Prüfberichten durch FMA in § 3 Abs 2 FMABG • § 22e FMABG idF BGBl I 47/2006: Vollziehung der Vorschriften über den unerlaubten Geschäftsbetrieb (ausschließlich) „im öffentlichen Interesse“
Gesetzgeberische Korrekturmaßnahmen (2) • § 3 Abs 1 zweiter Satz FMABG idF BGBl I 136/2008: „Schäden … sind solche, die Rechtsträgern unmittelbar zugefügt wurden, die der Aufsicht nach diesem Bundesgesetz unterliegen.“ [Erläuterungen: „Durch diese Bestimmung werden Schäden, die sich lediglich als Reflexwirkung des Aufsichtsverhaltens im Vermögen Dritter auswirken, ausgeschlossen.“]
Kontext des § 3 Abs 1 Satz 2 FMABG • Maßnahmenpaket anlässlich der Finanzkrise • Ermächtigung des BMF zu umfangreichen Haftungsübernahmen im Interbankenmarkt (Interbankenmarktstärkungsgesetz) • Ermächtigung des BMF zur Rekapitalisierung von inländischen Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen (Finanzmarktstabilitätsgesetz) • Unbegrenzte Einlagensicherung: § 93 BWG; § 103h BWG
Präventivwirkung: Antrieb/Hemmnis BWG AHG Bund/ Steuerzahler FMA BWG AHG Funktionsschutz „moralhazard“ Bank Gläubiger/ Sparer Sorgfaltspflichten Seite 7
Verfassungsrechtliche Beurteilung (1) Art 23 Abs 1 B-VG: Der Bund haftet für den Schaden, den die als seine Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers? (Art 23 Abs 4 B-VG) • funktioneller/organisatorischen Organbegriff (VfSlg 13.476/1993) • Rettungspflicht: § 2 Abs 2 AHG (1 Ob 33/91) • „Schaden am Vermögen oder an der Person“: § 1 Abs 1 AHG; Rsp zu Art 5 EMRK Haftentschädigung
Folgerungen für § 3 Abs 1 Satz 2 FMABG • schwache „Erlaubnis“ (Zulassung von Bankunternehmen) zu schwach für zwingenden staatlichen Verantwortungs- zusammenhang zur Tätigkeit der Bank (Rebhahn) • Haftungsregime des B-VG verweist bei der staatlichen Aufsichtstätigkeit auf die Konkretisierung der Aufsichtszwecke in den Verwaltungsmaterien der Gesetzgeber regelt die „Schutzgesetzqualität“ • Grenze: grundrechtliche Schutzpflichten • „wem immer“: historisch Absage an „subjektives Recht“, nicht an „Schutzzweckkompetenz“ des einfachen Materiengesetzgebers
Gleichheitsgrundsatz • Einlagensicherung als funktionales Äquivalent • Ungleichbehandlung: • Vergleichsobjekt: Schutzzweck in der Wirtschaftsaufsicht/Regulierung • sachliche Rechtfertigung: • gesetzgeberischer Spielraum bei der Festlegung von Risikoverteilung (VfSlg 9663/1983: verschuldensunabhängige verschuldensabhängige Haftung nach Bundesstraßengesetz) • Risikoverteilung bei Vermögensschäden/Sozialisierung von Risiko/Chance • kein Vertrauensschutzproblem, weil keine „Rückwirkung“
Eigentumsgrundrecht • budgetäre Erwägungen öffentliches Interesse • Verhältnismäßigkeit
Gemeinschaftsrechtliche Beurteilung • Richtlinien verlangen keinen „Drittschutz“ • RL über Einlagensicherungssysteme verlangt keine Dritthaftung, solange ein funktional äquivalentes Einlagensicherungssystem besteht • Wettbewerbsverzerrung durch „spezifischen Garantieeffekt“ (B. Raschauer) drittschützender Amtshaftung? • gemeinschaftsrechtliche Harmonisierung des Schutzzwecks? EuGH, Rs C-222/02
Einzelfragen des § 3 Abs 1 Satz 2 FMABG • Rechtsträger, die der Aufsicht der FMA unterliegen • § 15 Abs 1 WAG? • „unmittelbar“ • § 3 Abs 1 FMABG als „Abwehrrecht“ • Konzessionsverweigerung/Schadensberechnung? • gesetzwidrig angeordnete Datenübermittlung? • Reichweite der Beschränkung • grobe Fahrlässigkeit/Vorsatz? • vorwerfbare Verletzung eines absoluten Rechts/durch sittenwidriges Verhalten (Parallele zu OGH 1 Ob 251/05a)?
Sachliche Reichweite (1) Konkurs und mangelhafte Bankaufsicht (OGH 1Ob188/02g) • Ausgangslage: Drohender Kreditausfall durch Spekulationen eines Kreditnehmers – Vorstandsmitglieder verschweigen „Problemfall“ • Interne Kontrolle gem § 24a KWG (§ 42 BWG) nicht ordnungsgemäß organisiert • Bankprüfer erkannte fehlende interne Kontrolle, bestätigte aber Ordnungsgemäßheit • Entsprechende Aufsichtsmaßnahmen hätten „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ Konkurs verhindert Amtshaftung für Forderungsausfälle der klagenden Einleger?
Sachliche Reichweite (2) Herabsetzung von Leistungen - § 98 VAG • Ausgangslage: bei Voraussetzungen für Konkurs nach § 66 oder § 67 KO: zur Konkursvermeidung kann FMA Zahlungen untersagen, oder Verpflichtungen des Versicherers aus Lebensversicherungen entsprechend dem Vermögen herabsetzen • greift Haftungsausschluss auch bei Unterlassen der konkursvermeidenden Maßnahme? • Primärrechtsschutz oder/und Sekundärrechtsschutz der Versicherten?
DEPARTMENT OF PUBLIC LAW AND TAX LAW Institute for Austrian and European Public Law Althanstraße 39-45, 1090 Vienna, Austria UNIV.PROF. DR. MICHAEL HOLOUBEK T +43-1-313 36-4660 F +43-1-313 36-713 michael.holoubek@wu.ac.at www.wu.ac.at/ioer Vielen Dank!