ISO 26000, Leitfaden zur Gesellschaftlichen Verantwortung

1. ISO 26000, Leitfaden zur Gesellschaftlichen Verantwortung Stand Juni 2009 Eine Industriesicht Anwendungsaspekte David Felinski, Vizepräsident IFAN (Internationale Föderation der Anwender von Normen und IFAN Experte in der ISO/TMB WG SR, and Guido Guertler, ICC Beobachter in der ISO/TMB WG SR

2. Verfügbare Präsentationen Das Projekt ISO 26000, Inhalt, Interessenlagen Anwendungsaspekte ISO 26000 CD-Abstimmung, März 2009 Erfolgsfaktoren Fehlschlagsrisiken Tool: Wirksamkeitsprüfung Die aktuelle Präsentation ist in Fettschrift gekennzeichnet.

3. Inhalt • Was ist ein “Guidance Standard”? • Stakeholder Definition • Andere Standards und Codizes • Nutzergruppen, eine Schätzung • Anwendbarkeit bei Stakeholder Gruppen • Anwendbarkeit in Zertifizierungs-Organisationen • Wer entscheidet über die Anwendbarkeit ?

4. Was ist ein “Guidance Standard”? (1/5) …zu Deutsch: ein „Leitfaden“ Er bietet: Orientierung Anleitung Rat Empfehlungen Der Nutzer entscheidet, ob und wie er den Leitfaden anwendet, oft im Dialog mit betroffenen Kreisen (Stakeholdern)

5. Was ist ein Guidance Standard? (2/5) Anforderungen Er kann nicht verwendet werden für Zertifizie-rung Verträge Ausschrei-bungen Er enthält keine

6. Was ist ein Guidance Standard? (3/5) …und was ist ISO 26000 nicht? World TradeOrganization Der Leitfaden ISO 26000 ist kein‘international standard‘ im Sinne der WTO-Vereinbarungen.

7. Was ist ein Guidance Standard? (4/5) …und was ist ISO 26000 nicht? Die Aufgabenstellung (vom19. Juni 2009) ist klar : This International Standard is intended to provide guidance to organizations concerning social responsibility and may used as part of public policy activities. However, for purposes of the Marrakesh Agreement establishing the World Trade Organization (WTO) it is not intended to be interpreted as an “international standard”, “guideline” or “recommendation”. Further, it is not intended to provide a basis for legal actions, complaints, defenses or other claims in any international, domestic, or other proceedings, nor is it intended to be cited as evidence of the evolution of customary international law.

8. Was ist ein Guidance Standard? (5/5) Ein Leitfaden ist freiwillig, er schreibt nichts vor: Es gibt keine Konformität mit einem “Leitfaden”* Einen Leitfaden kann man nicht erfüllen wie Verträge oder Gesetze* Einem Leitfaden kann man folgen * … selbst wenn manche Kreise einen das glauben machen wollen. Gesetze und Verträge kann man erfüllen, zu Anforderungen in Normen und Standards kann man Konformität dokumentieren; aber ein Leitfaden enthält keine Anforderungen

9. Stakeholder Definition (1/2) • Die Definition vom 19. Juni 2009 lautet**: “2.19 Stakeholder Einzelperson oder Gruppe, die Interesse* an irgend-welchen* Aktivitäten oder Entscheidungen einer Organisation hat” Diese unrealistische Definition eines Schlüsselbegriffs kann der Akzeptanz des gesamten Dokuments nur schaden. * Solche undefinierten Begriffe sollten nicht vorkommen; bei dieser Definition ist jeder ein Stakeholder, der einfach sein Interesse erklärt! ** vorbehaltlich der künftigen offiziellen Übersetzung

10. Stakeholder Definition (2/2) Die ICC-Antwort : “Einzelperson oder Gruppe, die von den Aktivitäten einer Organisation auf entscheidende Weise betroffen ist.”* Nur practikableDefinitionen machen den ISO 26000 anwendbar. * “Individual or group significantly affected by an organization’s activities.”

11. Andere Standards und Codizes (1/4) ISO 26000 wird am “Markt” auf andere Standards, Codizes und Regulierungen treffen, die … …kurz, präzise und frei von Wiederholungen und Überlappungen sind* …sich in täglicher Praxis bewährt haben und… * Was „Standards“ normalerweise sind

12. Andere Standards und Codizes (2/4) Es gibt viele Dokumente ohne breiten Konsens*, wie z.B. • SA8000, AA1000, OHSAS 18000:Beispiele privater Initiativen, die primärzum Generieren von Zertifizierungs- einnahmen entwickelt wurden • Nationale Gesetze und Regulierungenverschiedener Länder mit unterschiedlicher Regelungstiefe * ohne das Bestehen eines öffentlichen Einspruchsverfahrens

13. Andere Standards und Codizes (3/4) • Unternehmens-Richtlinien*:größerer Organisationen, selbstverpflichtend und in der Lieferkette verwendet • Verbands-Richtlinien*:*zur Orientierung der Mitglieder, * als Angebot, ihre Anwendung auf der Verbandswebsite zu dokumentieren* sehr wertvoll für kleine und mittlere Organisationen (SMOs, KMOs) * auch Codes of Conduct genannt

14. Andere Standards und Codizes (4/4) …wird der “addedvalue”* des ISO 26000 entscheidend sein für Da diese „anderen” schon in der Praxis angewendet werden …. …seine globale Anwendung, seine Nützlichkeit undseinen letztlichen Erfolg * Zusatznutzen, Mehrwert

15. Nutzergruppen, Schätzung 96% aller Nutzer werden aus Industrie und Dienstleistungen kommen. 36% 60%

16. Anwendung bei Regierungen (1/6) • Regierungen sind “Organisationen”: wenn der ISO 26000 Leitfaden für ALLE Organisationen sein soll, dann schließt das Regierungsorganisationen ein • Regierungsorganisationen lassen sich unterscheiden:- Verfassungsorgane- Verwaltungen, Behörden - Wirtschaftsbetriebe

17. Anwendung bei Regierungen (2/6) • Auf nationaler Ebene gibt es primär diese Organisationen:- nationale oder föderale Einheiten, Ministerien, Behörden, etc. - sub-nationale Einheiten („Länder“) - Nationale Standardisierungs-Organisationen - regierungseigene oder –geführte Beratungs- oder Forschungseinrichtungen, Laboratorien • Auf regionaler Ebene gibt es diese Organisationen: - regionale oder bundesstaatliche Behörden • Auf internationaler Ebene gibt es diese Organisationen : - Regierungsorganisationen (z.B. Vereinte Nationen, OECD, und andere)

18. Anwendung bei Regierungen (3/6) Ist ISO 26000 anwendbar bei … …Wirtschafts-betrieben?* JA! …Verfassungsorganen? NEIN*, …Verwaltungen, Behörden? JA! * Anleitung zu geben zu gesetzlich geregelten Angelegenheiten ist niemals ISOs Rolle; ISO hat dazu in keinem Rechtssystem irgendeine Autorität * Global gesehen sind Regierungen (zu 100% oder weniger) Eigentümer einer unzähligen Menge von Wirtschaftsbetrieben

19. Anwendung bei Regierungen (4/6) In globalen Zahlen betreiben/besitzen Regierungen folgende Organisationen… …Millionen Wirtschaftsbetriebe …Tausende Verwaltungseinheiten ISO 26000 muss klarstellen, dass derBegriff „ALLE Organisationen“ behördliche Verwaltungseinheiten und Wirtschaftsbetriebeeinschließt, unabhängig vom staatlichen Eigentumsanteil

20. Anwendung bei Regierungen (5/6) • 3.4 Der Staat und gesellschaftliche Verant-wortung(im Text vom 19. Juni 2009 heißt es*): • “Der Staat kann Organisationen in ihrem Bemühen um praktizierte gesellschaftliche Verantwortung auf vielfäl-tige Weise unterstützen, besonders indem er die Anwen-dung von Gesetzen und Verordnungen sicherstellt und damit eine Kultur der Gesetzeseinhaltung stärkt.“ ISO 26000 muss besser klarstellen, dass gut funktionierende Rechtssysteme eine Voraus-setzung sind für die nachhaltige Entwicklung von Aktivitäten des privatenSektors. * Vorbehaltlich der offiziellen Übersetzung

21. Anwendung bei Regierungen (6/6) • 3.4 Der Staat und gesellschaftliche Verant-wortung(im Text vom 19. Juni 2009 heißt es*): • “Der Staat kann Organisationen in ihrem Bemühen um praktizierte gesellschaftliche Verantwortung auf vielfäl-tige Weise unterstützen, besonders indem er die Anwen-dung von Gesetzen und Verordnungen sicherstellt und damit eine Kultur der Gesetzeseinhaltung stärkt.“ Es wird interessant sein, wie Regierungen nicht nur andere unterstützen sondern den ISO 26000 selbst anwenden und wie sie die Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung vermitteln. * Vorbehaltlich der offiziellen Übersetzung

22. Anwendung bei Arbeitsorganisationen Das sind im Wesentlichen Gewerkschaften. Sie haben viele Beschäftigte und sind Eigentümer vieler Wirtschaftsbetriebe. Es wird interessant sein, wieGewerkschaften und gewerkschaftseigene Organisationen den ISO 26000 selbst anwenden und die Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung vermitteln.

23. Anwendung bei Verbraucherorganisationen (1/2) • Remember: ISO COPOLCO, the Consumer Policy Committee, was the initiator of the project Es wird interessant sein, wieVerbraucherorganisationen wieCI (Consumers International)den ISO 26000 selbst anwenden und die Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung vermitteln.

24. Anwendung bei Verbraucherorganisationen (2/2) • ISO COPOLCO Mitglieder sind die Verbraucherorganisationen der 160 nationalen ISO-Mitglieder(http://www.consumersinternational.org/Templates/Internal.asp?NodeID=96556 21 June 2009) Es wird interessant sein, wieISO-Mitgliedsorganisationen wie ANSI, AFNOR, BSI, DIN, etc. den ISO 26000 selbst anwenden und wie sie dies vermitteln.

25. Anwendung bei NGOs* NGOs sind „Organisationen“ im Sinne des ISO 26000. Im Allgemeinen kultivieren sie das Image, das Allgemeininteresse am Verhalten anderer Organisationen wahrzunehmen. Mehrere NGOs sind Mitglieder der ISO 26000 Arbeitsgruppe. Es wird interessant sein, wieNGOs den ISO 26000 selbst anwenden undwie sie dies vermitteln. * Nicht-Regierungsorganisationen

26. Anwendung bei Zertifizierungsorganisationen (1/3) • Zertifizierungsorganisationensind kommerzielle Organisationen unabhängig davon, ob sie:- international agieren wie DNV oder TÜV- eigene Rechtskörper sind oder - Teile anderer Organisationen wie z.B. der ISO-Mitgliedsorganisationen sind- technische Produkte testen oder “Manage-ment Systeme” auditieren und zertifizieren

27. Anwendung bei Zertifizierungsorganisationen (2/3) • Im Anwendungsbereich des ISO 26000 (Text vom 19. Juni 2009) steht*: “…ist weder für Zertifizierungszwecke noch für (behördlich) regelnde oder vertragliche Anwen-dungvorgesehen oder geeignet. Zertifizierungsangebote oder Aussagen, nach ISO 26000 zertifiziert zu sein, sind die Vorspiegelung einer falschen Zielsetzung der Internationalen Norm.“ Dieser klare Wortlaut wurde aufgenommen, nach-dem die ersten Zertifizierungsangebote bereits vor der Veröffentlichung des ISO 26000 aufkamen. * Vorbehaltlich der offiziellen Übersetzung

28. Anwendung bei Zertifizierungsorganisationen (3/3) Im Kontext des ISO 26000 sind Zertifizierungsorganisationen Organisationen wie alle anderen auch. Es wird interessant sein, wieZertifizierer den ISO 26000 selbst anwenden undwie sie dies vermitteln.

29. Anwendung bei Industrie und Dienstleistungen (I&D) (1/5) Die möglichen I&D-Nutzer… • …sind kommerzielle Organisationen und stellen ca. 96% aller möglichen Nutzer. • Etwa 98% dieser 96% sind KMOs*; die restlichen 2% sind “große” Organisationen. • Etwa 3% der KMO mögen mittlere, etwa 97% kleine oder Mikro-Organisationen sein. KMO = Kleine und Mittlere Organisationen

30. Anwendung bei Industrie und Dienstleistungen (I&D) (2/5) Große Organisationen (über 250 Personen*): • Normalerweise haben sie “ihre” eigenen“Verhaltensrichtlinien” und befolgen sie. ISO 26000 kann eine Quelle zur Weiter-entwicklung dieser Richtlinien sein *Mikro bis zu 10, klein bis zu 50, mittel bis zu 250, groß über 250: diese Einteilung folgt europäischer Praxis; andere Regionen können andere Einteilungen verwenden

31. Anwendung bei Industrie und Dienstleistungen (I&D) (3/5) Mittlere Organisationen (zwischen 50 and 250 Personen): • Ihr Beitrag zur Wirtschaft ist viel größer als der der “großen” • Oft folgen sie den Richtlinien ihrer Verbände ISO 26000 kann eine Quelle sein für die Entwicklung oder Verbesserung ihrer eigenen Richtlinien oder der ihrer Verbände

32. Anwendung bei Industrie und Dienstleistungen (I&D) (4/5) Kleine Organisationen(bis zu 50 Personen): • Sie sind die Haupttreiber der Wirtschaft, meist in privatem Eigentum oder vom Eigentümer geführt • Sie arbeiten meist nur lokal oder national, und folgen den Vorschlägen ihrer Kunden ISO 26000 kann “interessant” sein, ist aber ein „Nennwert“ und kein besonderer Grund für direkte Änderungen der Praxis

33. Anwendung bei Industrie und Dienstleistungen (I&D) (5/5) Mikro- Organisationen (bis zu 10 Personen): • Generell in privater Hand undselbstgeführt • Normalerweise nur lokaltätig • Folgen den Richtlinien ihrer Kunden • Existenzkämpfe haben Vorrang vor allem andern ISO 26000 ist von vernach-lässigbarem Wert

34. Wer entscheidet letztlich über die Anwendbarkeit ? Nicht ISO Nicht die Arbeits-Gruppe* …allein der “Markt” * …unabhängig davon, wer auch immer erklärt, dass der Leitfaden im “Konsens” verabschiedet wurde.