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Vorlesung:. Bachelor - Studiengang : Profilmodul ‚Politische Systeme‘ Kleines M odul ‚Politische Systeme‘ Großes Modul ‚PolitischeSysteme‘. Systemvergleich I: Grundlagen und freiheitliche Systeme Teil B: Aspekte der Funktionslogik politischer Systeme.
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Vorlesung: • Bachelor - Studiengang: • Profilmodul ‚Politische Systeme‘ • Kleines Modul ‚Politische Systeme‘ • Großes Modul ‚PolitischeSysteme‘ Systemvergleich I: Grundlagen und freiheitliche Systeme Teil B: Aspekte der Funktionslogik politischer Systeme TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
große Praxisnähe – allerdings die des Maschinenbauers, nicht die des Anwenders! Gliederung des Gedankengangs • Politische Prozesse verlaufen entlang einer Reihe von für den Fachmann leicht zu erkennenden Grundmechanismen, die man praktisch nutzen kann. • Manche von ihnen laufen unter Menschen immer ab, manche andere nur unter besonderen institutionellen Bedingungen. • Mit den ersteren muß man immer rechnen; die anderen kann man – unter entsprechendem Ressourceneinsatz – schaffen oder deaktivieren. • Wer diese Grundmechanismen kennt sowie weiß, wie sie in einem gegebenen politischen System geschaffen oder deaktiviert werden, kennt die ‚Funktionslogik‘ dieses Systems. • Politik zu betreiben, heißt praktisch: seiner Ziele willen mit solchen Grundmechanismen arbeiten – und zwar möglichst kompetent. • Politische Ordnung zu gestalten, heißt praktisch: wünschenswerte Grundmechanismen implementieren, wenig wünschenswerte Grundmechanismen deaktivieren. TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Politik zu verstehen ... ... gelingt besonders dann, • wenn grundlegendepolitische Wirkungs-zusammenhängeeinem bekannt sind; • wenn man gut versteht, warum sie so wirken; • wenn man ihr Auftreten verläßlich erkennt; • und wenn man gegebenenfalls sogar in der Lage wäre, sie auch selbst zu nutzen. = (Aus-) Bildungsziel TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
politisch zentrale Wirkungszusammenhänge = nutzbar für ‚political engineering‘ • Wirklichkeitskonstruktions-Mechanismus • beruht auf dem Zusammenwirken von Operationswirklichkeit, Medienwirklichkeit, Perzeptionswirklichkeit und Situationsdefinition • vom ‚Thomas-Theorem‘ beschrieben • Vorauswirkungs-Mechanismus (‚Antizipationsmechanismus ‘) zwei politisch besonders wichtige Antizipationsmechanismen: • ‚Wiederwahlmechanismus‘ • ‚Mehrheitsmechanismus‘ • Vielerlei intra- und inter-institutionelle Mechanismen (‚institutionelle Mechanismen‘) TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Operationswirklichkeit I = die Wirklichkeit ‚da draußen‘, • in der man handelt (‚operiert‘) • die so-und-nicht-anders beschaffen ist und funktioniert, und zwar ... • ganz gleich, wie man sie sich ... • vorstellt • wünscht „Jene Wirklichkeit, die ‚zurückschlägt‘, wenn man sie falsch behandelt!“ In ihr stellen sich alle politischen Herausforderungen, und nur in ihr können sie gelöst werden – nicht in eingebildeten Wirklichkeiten! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Operationswirklichkeit II • wird zu einem gewissem Teil von Menschen bewußt (mit-)gestaltet • besteht auch, wenn kein Beobachter sie sich vorstellt • ist hier und jetzt ganz unabhängig von des Beobachters Ansichten und Wünschen • besitzt eine hier und jetzt allem Handeln in ihr rahmengebende Funktionslogik ... was für viele politisch engagierte Leute nicht leicht zu verdauen oder zu akzeptieren ist: Voluntarismus TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Perzeptionswirklichkeit • ist jene Wirklichkeit, die sich einem Beobachter als so und nicht anders darstellt • ist geprägt durch des Beobachters Perspektivität und Selektivität kann vom Beobachter selbst durch verändertes Beobachten verändert werden konkretisiert die ‚Welt-Anschauung‘, d.h. die Ideologie des Beobachters • verändert die Operationswirklichkeit allenfalls über von ihr angeleitetes Handeln politisch bedeutsame Ausprägungen: populäre Vorstellungen und Vorurteile; Ideologie bei politischen Elitegruppen und ihren Unterstützern TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Ideologie ist ... • weite Bedeutung: Eineunter den vielen Weisen, die Welt anzuschauen eine perspektivische, selektive Welt-Anschauung • enge Bedeutung: Eine die Operationswirklichkeit für einen gegebenen Zweck falschwieder-gebende Perzeptionswirklichkeit • falsches Bewußtsein, eine falsche Weltanschauung • die folglich auch zu Handlungen führt, deren Folgen sich in der Operationswirklichkeit anders als erwartet auswirken (‚Thomas-Theorem‘) ... für die politische Praxis höchst brisant! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Das ‚Thomas-Theorem‘ = ‚Gesetz‘ von der wirklichkeitskonstruktiven Rolle bloßer Situationsdefinitionen • „Wenn Menschen eine Situation als so-und-nicht-anders-beschaffen definieren • und von dieser Situationsdefinition ausgehend handeln, • dann sind die Folgen dieses Handelns real, • ganz gleich, wie irreal die Situationsdefinition war.“ Ideologie, gerade auch alsfalsches Bewußtsein reale Handlungsfolgeeiner irrealen Ursache TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Eine Bank ist wirtschaftlich gesund. Dennoch wird in den Medien berichtet, sie stehe vor dem Bankrott. Viele Einleger glauben den Medien. Sie ziehen darum ihre Einlagen von der Bank ab. Die Bank kommt in Liquiditätsprobleme. Jetzt erleben die Einleger, daß die Bank wirklich Liquiditätsprobleme hat. Auch die Zweifler ziehen nun ihre Einlagen ab. Die Bank geht in Konkurs. Operationswirklichkeit Medienwirklichkeit Perzeptionswirklichkeit Situationsdefinition Handeln auf der Grundlageder Situationsdefinition Operationswirklichkeit Beglaubigung der zunächstirrealenSituationsdefinition Handeln auf der Grundlageder Situationsdefinition Operationswirklichkeit Beispiel zum‚Thomas-Theorem‘ TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Folgerungen • Politisch läßt sich viel erreichen, wenn man zielgerichtet die Situationsdefinition von solchen Akteuren prägt, deren Handeln man beeinflussen will. • Mittel: • Information und Desinformation • Propaganda, Zensur, ‚Kommunikationsmanagement‘ • Etablierung von erwünschten Standards ‚politisch korrekten Denkens, Deutens und Darstellens‘ • Symbolische Politik & politische Symbolik • in jedem Fall: enges Zusammenwirken mit Journalisten und ‚Medienpotentaten‘ ‚drittes Gesicht‘ der Macht TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Die ‚Antizipationsschleife‘ überlegt sich, wie für ihn wichtige Andere auf welche eigene Handlung vermutlich reagieren dürften(‚geplante Aktion‘) will etwas Bestimmtes erreichen oder vermeiden durchgeführte Aktion Erwartungssicherheit Reaktionsstabilität • wählt seine Handlung so, • daß mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit • das zu Erreichende erreicht • das zu Vermeidende vermieden wird tatsächlich eingetretene Reaktion antizipierte Reaktion TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Politikgestaltung über Antizipationsschleifen ‚Vorauswirkung‘ von Ursachen • Es ist vorteilhaft, von vornherein Anreize für solches Verhalten zu erzeugen, das herbeigeführt werden soll. • Zu diesem Zweck muß Erwartungssicherheit geschaffen werden über ... • erhältliche Gratifikationen bei Wohlverhalten • eintretende Bestrafungen bei Fehlverhalten. • Das erreicht man am sichersten durch ... • Einführung beeindruckender Möglichkeiten, zu belohnen oder zu bestrafen • verläßliches Belohnen oder Bestrafen, sobald Anlaß dafür gegeben ist. • Besteht erst einmal Erwartungssicherheit, so müssen Bestrafungen meist gar nichtmehr durchgeführt werden, weil jenes Verhalten, das sie nach ziehen würde, seitens rationaler Akteure von vornherein unterbleibt. • Grundsätzliche Asymmetrie: • Erwartungssicherheit hinsichtlich von Bestrafungen braucht meist nur die Demonstration der Möglichkeit, zu bestrafen. • Erwartungssicherheit hinsichtlich von Belohnungen läßt sich nur erhalten durch tatsächliches Belohnen. TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Beispiele für Antizipationsschleifen • Folter: Vorzeigen der Folterwerkzeuge reicht meistens! • MAD: ‚Mutual Assured Destruction‘ als zentrales sicherheitspolitisches Konzept im Kalten Krieg • ABV: unübersehbare Präsenz von Polizisten im Wohnviertel und auf der Straße zur Prävention von Rechtsverstößen TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Grundproblem bei Politikgestaltung über ‚vermiedene Bestrafung‘ • Ausgangslage: • Bestimmtes Verhalten unterbleibt, weil die Akteure eine andernfalls eintretende Bestrafung erwarten. • Schlußfolgerungen eines unbedarften Beobachters: • (a) „Da Bestrafungen ja nicht erfolgen, gibt es keinen Grund, jenes Verhalten zu unterlassen!“ • (b) „Bestimmtes Verhalten unterbleibt doch; deswegen gibt es keinen Grund, mit Strafen zu drohen und in zum Strafen geeignete Zwangsmittel zu investieren!“ • Reale Folgen, falls solche Schlußfolgerungen die Politik zu prägen beginnen: • Fall (a): Es wird die Glaubwürdigkeit der Strafandrohung getestet. Erweist diese sich als unglaubwürdig, bricht ihre gesamte verhaltensprägende Vorauswirkung zusammen. • Fall (b): Bislang unterbliebenes Verhalten breitet sich aus, sobald klar wird, daß es am Willen oder der Fähigkeit am Strafen fehlt! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Der ‚Wiederwahlmechanismus‘ ... hat ein Amt auf Zeit. Er verdankt sein Amt freien Wahlen. Er kann wiedergewählt werden. Er möchte so gerne wiedergewählt werden. Er ist aber abhängig von der freien Entscheidung der Wähler. Also fühlt er starken Anreiz sein Amt so führen, daß ihn die Wähler wirklich wiederwählen wollen. Und darum kann er während seiner Amtszeit nicht allzu lange oder allzu weit von dem abweichen, was die Wähler zu akzeptieren bereit sind! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Der ‚Mehrheitsmechanismus‘ entscheiden im Optimalfall: kenntnisreich und kritisch möchteMehrheit Konflikt Lernen (aufgezwungenes) will solche Mehrheit verhindern • führt nachteilige Folgen der Politik des Gegners vor Augen antizipiert mehrheitsverhindernde Argumentedes Gegners und versucht darum ... • appelliert an mehrheits-verhindernde Interessenlagen • Nachteile für möglichstwenige zu verursachen • sucht Schwachpunkte in der Argumentation des Gegner • so viele Interessen zu berücksichtigen, wie für eine Mehrheit nötig sind Vorteil • weniger Nachteile verursacht • mehr Interessen berücksichtigt • ausnutzbare Schwachpunkte zu vermeiden TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Institutionelle Mechanismen • sind verläßlich auslösbare und zielgerichtet einsetzbare Handlungsketten, die • angeleitet von Interessen • entlang von Regeln • beruhend auf Positionen und den mit diesen verbundenen Ressourcen • in und zwischen Sozialorganisationen zur Erreichung von Zielen genutzt werden können, • sofern Interessen-, Struktur- und Verhaltensstabilität für • Erwartungssicherheit • und verläßlich wirkende Antizipationsschleifen sorgen. TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Interessen Interessen Interessen ‚Institutioneller Mechanismus‘ Wirkungen der Handlungskette ausgelöste Handlungskette ? Position - beabsichtigte Regeln Position - unbeabsichtigte Ressourcen InteressenverwirklichungZielverwirklichung Ressourcen Macht Macht Regeln erzeugt durch Organisations-und Institutionenbildung Regeln formal oder informal persönlich definiert Grundlage:Erwartungssicherheit (‚Antizipationsschleifen‘) Position Ressourcen Macht TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Beispiele für politisch wichtigeinstitutionelle Mechanismen • Gegenseitigkeitsmechanismus • Verantwortlichkeitsmechanismus • Gegenzeichnungsmechanismus • Mannschaftsmechanismus • Kopplungsmechanismus • Überlagerungsmechanismus • Kommissionsmechanismus TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Gegenseitigkeitsmechanismus • Funktion: Sorgt für Geben und Nehmen mit Erwartungssicherheit einer fairen Leistungsbalance • Beispiel: Budgetrecht von Ständevertretungen im dualistischen Fürstenstaat • Mechanismus: • Regel: Monarch bekommt gesellschaftliche Ressourcen (Geld, Naturalien, Dienstleistungen, Soldaten) nur gegen Zweckbindung oder gegen die Zusicherung von Gegenleistungen. • Positionen und Ressourcen: • Monarch: Hat Vollmacht und Aufgabe zu regieren; kann das aber mit Eigenmitteln nicht leisten. • Ständevertreter: Verfügen über jene Ressourcen, die der Monarch benötigt – als Vertreter bzw. Besitzer reicher Städte, Stifte oder Herrschaften • Interessen: • Monarch: Will in der Regel seine – auch: selbstdefinierten! – Aufgaben erfüllen, dafür nötige Ressourcen, doch möglichst wenige Konflikte mit seinen Ständen. • Ständevertreter: Wollen die unverzichtbaren öffentlichen Aufgaben zwar erfüllt sehen, doch den Monarchen nicht übermächtig machen, vielmehr ihre eigene Machtstellung sichern oder ausbauen und im Grunde von den von ihnen kontrollierten Ressourcen möglichst wenig abgeben. • Allgemeine Anwendung: Etablierung von Kontrolle über ressourcenschwache (!) Machtinhaber – wobei Ressourcenschwäche relativ ist TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Verantwortlichkeitsmechanismus • Funktion: Sorgt für Einfluß von Regierten auf Regierende • Beispiel: Verantwortlichkeit eines Regierungschefs vor dem Parlament • Mechanismus: • Regel: Parlament (möglicherweise auch dessen Minderheit!) darf Regierungschef auch gegen seinen Willen zur Rede stellen, dessen Antworten politisch bewerten und an die Bewertung Konsequenzen knüpfen. • Positionen und Ressourcen: • Regierungschef: Kann kritischen Nachfragen nach seinen Handlungen nicht entgehen und muß darum entweder schwer verteidigbares Handeln unterlassen oder vertuschen, was letzteres mit einem großen Risiko verbunden ist • Parlament: Hat die Möglichkeiten (ggf. als Minderheitenrechte ausgestaltet), den Regierungschef zur öffentlichen Rechenschaftslegung zu zwingen und kann ihn kritisieren, seinen Rücktritt fordern, sein Budget kürzen, seine Gesetzesvorlagen ablehnen oder ihn gar abwählen • Interessen: • Regierungschef: Will in der Regel Amt behalten und öffentlich angesehen sein. • Parlament: Wünscht entweder gute Arbeit des Regierungschefs oder dessen Sturz. • Allgemeine Anwendung: Etablierung von Kontrolle über Amtsinhaber TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Gegenzeichnungsmechanismus • Funktion: Institutionalisiert Kontrolle (‚Zwei-Schlüssel-System‘) • Beispiel: Kontrasignatur in konstitutioneller Monarchie (= ‚Erster Minister unterzeichnet Rechtsakte des Monarchen und übernimmt die Verantwortung‘) • Mechanismus: • Regel: Rechtsakt des Monarchen braucht Gegenzeichnung durch Ersten Minister • Positionen und Ressourcen: • Monarch: materielle Herrschaftsbefugnis, symbolische Macht • Parlament: Seine Zustimmung für Haushaltsvorlagen ist sowohl nötig als auch aus rein politischen Motiven verweigerbar • Erster Minister: stets suspensives Veto-Recht; dann ein quasi-absolutes Vetorecht, wenn er sich auf eine Parlamentsmehrheit stützen kann, mit der sich im Wahlkampf anzulegen der Monarch scheut • Interessen: • Monarch: Will seine Wünsche von Erstem Minister durchgesetzt sehen, aber Streit mit Ersten Minister / Parlament vermeiden • Erster Minister: Will seine Wünsche vom Monarchen durchgesetzt sehen, aber Streit mit ihm vermeiden • Parlament: Mehrheit will ihre Wünsche durchgesetzt sehen, scheut aber meist Neuwahl • Allgemeine Anwendung: Institutionalisierung eines Veto-Spielers – den man dann seinerseits mit weiteren institutionellen Mechanismen kontrollieren kann TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Mannschaftsmechanismus • Funktion: Sorgt für die Bildung stabiler, konkurrenzfähiger politischer ‚Kampfgemeinschaften‘ • Beispiel: Fraktionenbildung im parlamentarischen Regierungssystem • Mechanismus: • Regel: Parlamentsmehrheit kann Regierungschef abwählen • Positionen und Ressourcen: • Parlament: Bei Mehrfraktionenparlament in der Regel parteipolitische Konkurrenz um die Regierungsrolle; also Auseinandertreten von Regierungsmehrheit und Opposition • Regierungschef: Kann sich schadlos mit Opposition anlegen, nur unter großem Risiko aber mit Regierungsmehrheit • Regierungsmehrheit: Kann jederzeit Regierungschef auswechseln • Opposition: Kann Ansehen des Regierungschefs zu mindern versuchen und so Druck auf Regierungsmehrheit ausüben • Interessen: • Regierungsmehrheit und Regierungschef: Wollen an Macht bleiben • Opposition: Will die politische Stellung des Regierungschefs und seiner Mehrheit schwächen • Allgemeine Anwendung: Sicherung eines Gefolgschaftsverhältnis und von Mannschaftsdisziplin unter einem als stark geltenden politischen Führer TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Kopplungsmechanismus • Funktion: Sorgt für die Verkoppelung ansonsten getrennter Handlungs- und Verantwortungsketten • Beispiel: Selektion von – auch informellen – Parteiführern für Abgeordnetenmandate • Mechanismus: • Regel: Nur der erlangt eine aussichtsreiche Kandidatur, der sich zuvor als Parteiführer durchgesetzt hat. D.h.: Parteiamt und Parlamentsmandat werden faktisch gekoppelt • Positionen und Ressourcen: • Abgeordneter-Parteiführer: Hat als Abgeordneter ein freies Mandat, braucht als Parteiführer aber innerparteiliche Unterstützung • Partei / Selektorat: Kann zwar nicht auf den Abgeordneten Einfluß nehmen, sehr wohl aber auf den Parteiführer • Interessen: • Abgeordneter-Parteiführer: Will in der Regel Abgeordneter bleiben und kann darum als Parteiführer nicht die Grenzen der Zustimmungsbereitschaft seiner Partei ignorieren • Partei / Selektorat: Wünscht Einfluß auf das parlamentarische Verhalten des ‚eigenen‘ Abgeordneten – weiß es aber zu schätzen, wenn dieser unpopuläre Entscheidungen in Ausübung seines ‚freien Mandats‘ auf die eigene Kappe nimmt • Allgemeine Anwendung: Etablierung von effektiven principal-agent-Verhältnissen, wo rechtlich Unabhängigkeit besteht; u.a.: Verbindung von Repräsentation mit Demokratie TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Überlagerungsmechanismus • Funktion: Sorgt für die starke Führung ‚hinter den Kulissen‘ oder in Abweichung von formalen Normen • Beispiel: Führung des politischen Systems der DDR durch die SED • Mechanismus: • Regel: Entscheidungen formal zuständiger Institutionen oder Amtsträger bedürfen der Bestätigung durch einen ‚Hintergrundakteur‘ (‚herrschende Partei‘ oder ‚graue Eminenz‘, ‚Pate‘) • Positionen und Ressourcen: • formaler Akteur: entscheidet gemäß formalen Normen • Hintergrundakteur: hat jederzeit Veto-Möglichkeit, die ihrerseits durch Antizipation vorauswirkt • Interessen: • formaler Akteur: Will seine Aufgaben erfüllen, ohne sich vom Hintergrundakteur Ärger einzuhandeln • Hintergrundakteur: Will seine Ziele durchsetzen – bisweilen ganz offen, bisweilen ohne erkannt zu werden • Allgemeine Anwendung: Sicherung von erwünschten realen Machtverhältnissen selbst dann, wenn – aus gleich warum ins Gewicht fallenden Gründen – andere Machtverhältnisse simuliert werden sollen / müssen. TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Kommissionsmechanismus • Funktion: Sorgt für das Versickern von Verantwortung • Beispiel: Berufung einer Expertenkommission, wenn ein politisches Problem akut wird, aber nicht sofort nach einer Führungsentscheidung verlangt • Mechanismus: • Regel: Es ist möglich, Kommissionen zur Vorbereitung von Entscheidungen zu bilden • Positionen und Ressourcen: • Einberufender: Legt Personenkreis, Beratungsgegenstand und Zeitrahmen für Kommission fest • Kommissionsmitglieder: Können beraten und die (Zwischen-) Ergebnisse ihrer Beratungen ggf. an die Öffentlichkeit tragen • Interessen: • Einberufender: Kann Handlungserwartungen an ihn verringern, Zeit gewinnen, Versuchsballons starten (lassen) und Politikvorschläge vorlegen lassen, beim Umgang mit welchen ihm eine Reihe von Handlungsoptionen bleibt • Kommissionsmitglieder: Selbstbestätigung, Einflußmöglichkeit, loyales Mannschaftsspiel • Allgemeine Anwendung: ‚Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis!‘ TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Institutionen • Politische Systeme bestehen in ihrem Kern aus Institutionen. • ‚Politische Systembaukunst‘ (‚political engineering‘) braucht darum ein gründliches Verständnis dessen, • wie Institutionen zustande kommen und aufrechterhalten werden • welche Rahmenbedingungen die ‚Architektur‘ einer Institution ihrer Weiterentwicklung setzt. TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Achtung: Keineswegs sind soziale Strukturen ‚Naturtatsachen‘ wie chemische oder physiologische Strukturen. Sie sind vielmehr höchst störungsanfällige ‚Kulturtatsachen‘, die allenfalls dem Alltagsdenken als ‚ganz natürlich‘ erscheinen, jenseits von dessen Grenzen aber einer gesonderten theoretischen Erfassung und Erklärung bedürfen. LI LI LI LI LI LI LD = ‚Dresdner institutionelle Analyse ‘ Institutionenbildung • (2) Es ist möglich, daß Menschen ein gemeinsames Ziel verfolgen oder sich gemeinsam abgrenzen: • Leitidee (LI), Leitdifferenz (LD) • Leitideenbündel, Leitdifferenzenprofil • Dabei: Wechselwirkungen von vorgeblen-deter und real befolgter Leitidee möglich! (3) Dann entstehen von dieser Leitidee usw. geordnete Strukturen, nicht selten in hier- archischer Schichtung, und sorgen für Hand- lungssicherheit / erwartbare Handlungsmuster (4) Menschen können die Ordnungsvorstellun-gen und Geltungsansprüche dieser Leitidee usw. auch noch für sich und andere symbolisch zum Ausdruck bringen (‚Ästhetisierung‘) und so in der Tiefenschicht emotionaler Bindung verankern. (5) Genau dadurch entsteht eine Institutionund wird – möglicherweise – verfestigt durch eine Reihe von Mechanismen (1) Menschen … beziehen ihre Handlungen sinnhaft aufeinander und bauen Rollenstrukturen auf Grundlage: ‚natürliche Sozialität‘ (d.h. ange- borene Kompetenzen) TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt (6) Anschließend prägt eine Institution (teilweise) einesteils die sie tragenden Menschen (‚Subjektformierung‘), andernteils die ‚Umwelt‘ der Institutionen / der sie tragenden Menschen
Die ‚Architektur‘ einer Institution = Institution, d.h.: ein verfestigter ‚Aggregatzustand‘ sozialer Wirklichkeit, der dauerhaft sein, sich wandeln oder wieder ‚entfestigen‘ kann. Systemaufgabe A: Aufbau und Sicherung tragfähiger Strukturen dabei: ‚Unten‘ müssen sehr belastungsfähige grundlegende Regeln und Positionen bestehen, da ihr Wegbrechen ihren ganzen ‚Überbau‘ ebenfalls wegbrechen ließe TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Die ‚Architektur‘ einer Institution Wandel der Institution dieses Parlaments z.B.: ein Parlament im parlamen-tarischen Regierungssystem wegbrechender Teil der Institution Wegfall parlamentarischen Rückhaltsfür die Regierung Wegfall von Fraktionsdisziplin Abschaffung der Regel, wonach das Parlament die Regierung stürzen kann = Institution, d.h.: ein verfestigter ‚Aggregatzustand‘ sozialer Wirklichkeit, der dauerhaft sein, sich wandeln oder wieder ‚entfestigen‘ kann. Träger ‚struktureller Bürden‘: Müssen gebildet sein, bevor sich weitere Strukturschichten auf ihnen aufbauen können, und müssen diese dauerhaft tragen können (d.h. ‚verkoppelt sein‘) Systemaufgabe A: Aufbau und Sicherung tragfähiger Strukturen dabei: ‚Unten‘ müssen sehr belastungsfähige grundlegende Regeln und Positionen bestehen, da ihr Wegbrechen ihren ganzen ‚Überbau‘ ebenfalls wegbrechen ließe TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Systemaufgabe B: Sicherung funktionserfüllender Strukturen dabei: In der Regel bestehen ‚Funktionsketten‘, weshalb die Entfernung von tragenden Kettengliedern auch die ganze folgende Funktionskette reißen ließe Leistungsanforderungen (‚funktionelle Anforderungen‘) aus der Umwelt an die Institution (… sonst keine Ressourcen!) Umwelt der Institution Funktion der Institution für ihre Umwelt (manifest oder latent, instrumentell oder symbolisch) Was geschieht, wenn z.B. ein Parlament keine gesetzgebenden Mehrheiten mehr zustande bringt? = Institution, d.h.: ein verfestigter ‚Aggregatzustand‘ sozialer Wirklichkeit, der dauerhaft sein, sich wandeln oder wieder ‚entfestigen‘ kann. Träger ‚struktureller Bürden‘: Müssen gebildet sein, bevor sich weitere Strukturschichten auf ihnen aufbauen können, und müssen diese dauerhaft tragen können (d.h. ‚verkoppelt sein‘) Systemaufgabe A: Aufbau und Sicherung tragfähiger Strukturen dabei: ‚Unten‘ müssen sehr belastungsfähige grundlegende Regeln und Positionen bestehen, da ihr Wegbrechen ihren ganzen ‚Überbau‘ ebenfalls wegbrechen ließe TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Systemaufgabe B: Sicherung funktionserfüllender Strukturen dabei: In der Regel bestehen ‚Funktionsketten‘, weshalb die Entfernung von tragenden Kettengliedern auch die ganze folgende Funktionskette reißen ließe wegbrechender Teil der Funktionserfüllung Umwelt der Institution Leistungsanforderungen (‚funktionelle Anforderungen‘) aus der Umwelt an die Institution (… sonst keine Ressourcen!) reduzierte Möglichkeiten ‚guten Regierens‘ Funktion der Institution für ihre Umwelt (manifest oder latent, instrumentell oder symbolisch) Träger ‚funktioneller Bürden‘: Müssen bestehen bleiben, damit die jeweilige Funktion erfüllt werden kann reduzierte rechtsstaatliche Problemlösungsmöglichenten = Institution, d.h.: ein verfestigter ‚Aggregatzustand‘ sozialer Wirklichkeit, der dauerhaft sein, sich wandeln oder wieder ‚entfestigen‘ kann. keine Gesetzgebungs-mehrheit Träger ‚struktureller Bürden‘: Müssen gebildet sein, bevor sich weitere Strukturschichten auf ihnen aufbauen können, und müssen diese dauerhaft tragen können (d.h. ‚verkoppelt sein‘) Systemaufgabe A: Aufbau und Sicherung tragfähiger Strukturen dabei: ‚Unten‘ müssen sehr belastungsfähige grundlegende Regeln und Positionen bestehen, da ihr Wegbrechen ihren ganzen ‚Überbau‘ ebenfalls wegbrechen ließe TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Systemaufgabe B: Sicherung funktionserfüllender Strukturen dabei: In der Regel bestehen ‚Funktionsketten‘, weshalb die Entfernung von tragenden Kettengliedern auch die ganze folgende Funktionskette reißen ließe • Veränderungen an den Trägern struktureller oder funktioneller Bürden werden weitestreichende Folgen haben für die … - Stabilität der Institution - Funktionsfähigkeit der Institution • Je ‚tiefer‘ eine Veränderung (z.B. durch Reformen) ansetzt, um so schwerer vorhersehbar werden ihre Auswirkun-gen auf den ‚oberen‘ Schichten der Institution sein.- ‚oben‘: wenig Risiko / viele Freiheitsgrade beim ‚Experimentieren‘ - ‚unten‘: großes Risiko / wenig Freiheits- grade beim ‚Experimentieren‘ • Veränderungen bei den funktionellen Anforderungen an eine Institution kön-nen die bisherigen Träger funktioneller Bürden nutzlos (‚bürdelos‘) machen. eröffnet strukturelle Freiheitsgrade des ‚Experimentierens‘ Leistungsanforderungen (‚funktionelle Anforderungen‘) aus der Umwelt an die Institution (… sonst keine Ressourcen!) Umwelt der Institution Funktion der Institution für ihre Umwelt (manifest oder latent, instrumentell oder symbolisch) Träger ‚funktioneller Bürden‘: Müssen bestehen bleiben, damit die jeweilige Funktion erfüllt werden kann = Institution, d.h.: ein verfestigter ‚Aggregatzustand‘ sozialer Wirklichkeit, der dauerhaft sein, sich wandeln oder wieder ‚entfestigen‘ kann. Träger ‚struktureller Bürden‘: Müssen gebildet sein, bevor sich weitere Strukturschichten auf ihnen aufbauen können, und müssen diese dauerhaft tragen können (d.h. ‚verkoppelt sein‘) Systemaufgabe A: Aufbau und Sicherung tragfähiger Strukturen dabei: ‚Unten‘ müssen sehr belastungsfähige grundlegende Regeln und Positionen bestehen, da ihr Wegbrechen ihren ganzen ‚Überbau‘ ebenfalls wegbrechen ließe TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Achtung: Die funktionserfüllenden Strukturen müssen zu den realen Funktionsanforderungen der Umwelt passen! ‚funktionelle Bürden‘ • Eine Struktur, welche eine Funktion erfüllt, trägt eine ‚funktionelle Bürde‘ • z.B.: Fundamente eines Hauses tragen die Mauern • z.B.: disziplinübende Fraktionen im parlamentarischen Regierungssystem tragen eine Regierung • Üblich sind Schichten von funktionellen Bürden: • z.B.: Fundamente eines Hauses tragen die Mauern, die Mauern tragen das Dach, das Dach trägt im Winter den Schnee • z.B.: disziplinbereite Abgeordnete tragen die Fraktionsführung, die Fraktionsführung die Regierung, die Regierung eine berechenbare Position in einer internationalen Organisation • Folglich wird es fatale Folgen haben, an den tieferen Trägerschichten funktioneller Bürden etwas zu verändern, solange nicht funktionelle Äquivalente zur verläßlichen Erfüllung der bisherigen Trageleistung bereitstehen. • z.B. ist es fatal eine stabile Regierung eines Landes zu stürzen, solange nicht eine alternative stabile Regierung zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung verfügbar oder wenigstens verläßlich in Aussicht ist; siehe Irak! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Wichtig neben den funktionellen Bürden: Hinweis: ‚Meme‘ sind in der kulturellen Evolution die Seitenstücke zu den Genen der biologischen Evolution ‚memetische Replikation‘ ‚memetische Bürden‘ • Ein ‚Mem‘ ist ... • ein Informations- oder Sinndeutungsmuster, das weitergegeben werden kann (z.B. eine Aussage darüber, wie Fraktionsdisziplin entsteht oder wie sie zu verstehen ist) • eine Regel, die befolgt werden kann (z.B. eine Geschäftsordnungsregel) • eine Handlung, die nachgeahmt werden kann (z.B. ein Führungsstil) • Ein Mem, von dem folgendes abhängt, trägt eine ‚memetische Bürde‘: • Plausibilität einer weitergehenden Argumentation oder Interpretation (z.B.: ‚Es ist gut, daß es Fraktionsdisziplin gibt!‘) • Gültigkeit bzw. Überzeugungskraft einer Regel (z.B. wird eine Rechtsverordnung ungültig, wenn das sie begründende Gesetz außer Kraft tritt) • Nachahmungswahrscheinlickeit einer Handlung (z.B. werden Handlungen charismatischer oder angesehener Politiker eher nachgeahmt als die von für ganz unbegabt gehaltenen Politikern) • Üblich sind Schichten von memetischen Bürden; siehe oben! • Folglich wird es fatale Folgen haben, an ‚tieferliegenden‘ Memen etwas zu verändern, solange nicht funktionelle Äquivalente zur verläßlichen Erfüllung der bisherigen Trageleistung bereitstehen. • z.B. ist es fatal, das Verbot von Kinderpornographie aufzuheben, wenn man einen Markt für Kinderprostitution gerade nicht will; analog: Drogen, Gewalt ... TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Strukturbildung und Meme • Strukturen werden über Prozesse aufgebaut, bei denen die Replikation von Memen eine große Rolle spielt. • z.B. Mem ‚Frauen gehören zu Haushalt und Kindern!‘ • Ändern sich Meme, so ändern sich auch Strukturen – vor allem dann, wenn grundlegende Meme verändert werden • z.B. Mem ‚Frauen sollen gleiche Rollen spielen wie Männer!‘ TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
funktionelle und memetische Bürden Achtung: ‚memetische Attraktivität‘ ≠ ‚funktionelle Tauglichkeit‘; und somit scheitern viele plausibel anmutende Reformen! • Strukturen erfüllen Funktionen • z.B. Parteien die Funktion politischer Rekrutierung • Veränderte Strukturen werden bisherige Funktionen manchmal besser, häufiger schlechter und bisweilen überhaupt nicht mehr erfüllen. • z.B. verächtlich gemachte, wenig attraktive Parteien die Funktion politischer Rekrutierung • Zu genau solchen nicht verläßlich vorhersagbaren Effekten werden also veränderte Meme führen. • z.B. ein gesellschaftlich kultivierter ‚Anti-Parteien-Affekt‘ • Es gibt keine Garantie dafür, daß memetisch attraktive Veränderungen zu funktionell besser geeigneten Strukturen führen. • z.B. die Schwächung der Stellung von Parteien zur Rekrutierung besseren politischen Personals • Besonders dramatische Konsequenzen können darum Veränderungen an Trägern solcher memetischer Bürden haben, die zu funktionell stark bebürdeten Strukturen führen. • z.B. die Verächtlichmachung von Parteien für das Funktionieren eines von starken Parteien getragenen politischen Systems TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Aber: Woher weiß man das alles? Aus vergleichenden Studien – weswegen die Logik und Methodik des Vergleichens ein weiteres Thema ist! Damit sollte klar sein, • was man sich unter ‚politischen Grundmechanismen‘ vorstellen sollte; • welches besonders wichtige politische Grundmechanismen sind; • was die ‚Funktionslogik‘ eines Systems ist und wie man das sie konstituierende Zusammenwirken von unterschiedlichen Ursachenformen zu verstehen hat; • Welche Probleme sich aus dem Zusammenwirken von memetischer Attraktivität und funktioneller Tauglichkeit ergeben; • was das alles mit der Konstruktion und Analyse politischer Systeme zu tun hat. Zuvor: In welchem Rahmen entfalten sich überhaupt ‚politische Grundmechanismen‘? Staatslehre TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Noch Fragen? -Bitte! TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt