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Traumatisierte Kinder in der Jugendwohlfahrt – was tun als Behörde?. „Wenn es in einer Gesellschaft möglich ist, dass massive Misshandlungen an Kinder praktisch ungehindert statt finden, dann müssen wir uns fragen, WARUM dies zugelassen wird!?“ Harvey Schwartz. Ausgangslage.
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Traumatisierte Kinder in der Jugendwohlfahrt – was tun als Behörde? „Wenn es in einer Gesellschaft möglich ist, dass massive Misshandlungen an Kinder praktisch ungehindert statt finden, dann müssen wir uns fragen, WARUM dies zugelassen wird!?“ Harvey Schwartz
Ausgangslage • 80% der Traumatisierungen von Kindern finden in deren unmittelbarem familiären Umfeld statt • Traumatisierungen sind in der Jugendwohlfahrt eher die Regel als die Ausnahme • Oft „unklare“ Hinweise und „widersprüchliche“ Angaben • Kaum ausreichende „Beweise“ für Traumafaktoren • Unterschiedliche Diagnoseverfahren und Bewertungen • Kaum Unterbringungsmöglichkeiten • Zu viele Fälle gleichzeitig
Traumatisierte Kinder und Jugendliche 7. Auswirkungen HelferInnen 1. Risikofaktoren 6. Spezielle Traumatisierungen 2. PTBS Symptome 5. Täterverhalten 3. Auswirkungen 4. Traumapädagogische Diagnostik
1. Risikofaktoren und Artenvon Traumatisierungen Trauma Typ II Traumatisierungen, die über einen längeren Zeitraum auf einen Menschen einwirken (lang andauernd, mehrfach, in der Entwicklungsphase) • Emotionaler Missbrauch • Emotionale Vernachlässigung, anhaltende Abweisung • Körperliche Gewalt • Sexuelle Gewalt • Häusliche Gewalt • Ungebührliche elterliche Machtausübung (Münchhausen by proxy) • Eine schwere (psychische) Störung der Eltern • Unfälle, Krankenhausaufenthalte, schwere Krankheiten
1. Risikofaktoren und Artenvon Traumatisierungen Trauma Typ II • (Gewaltsamer) Tod eines Familienangehörigen • Obdachlosigkeit, Flucht, Krieg, Naturkatastrophen • Traumatisierung durch Trennung • Sucht • Armut • Körperliche und geistige Behinderung • Transgenerationale Weitergabe (innerfamiliärer Missbrauch) • Bindungsrepräsentation
2. PTBS(Posttraumatische Belastungsstörung)Diagnose nach DSM IV 1. Erleben von tatsächlicher oder drohender Todesangst und/oder ernsthafter Verletzung bzw. von ernsthafter Gefahr 2. Wiedererleben des traumatischen Ereignisses durch Belastende Erinnerung an das Ereignis (Bilder, Gedanken) Alpträume Flashbacks
2. PTBS - Diagnostische Kriterien nach DSM IV 3. Anhaltende Vermeidung von Reizen, die an das Trauma erinnern • Bewusstes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen, die in Verbindung mit dem Trauma stehen • Bewusstes Vermeiden von Aktivitäten, Orten oder Menschen, die mit dem Trauma zu tun haben • Unfähigkeit, sich an wichtige Aspekte des Traumas zu erinnern • Vermindertes Interesse oder Teilnahme an wichtigen Aktivitäten • Gefühl der Ablösung oder Entfremdung von Anderen • Gefühl einer eingeschränkten Zukunft
2. PTBS - Diagnostische Kriterien nach DSM IV 4. Erhöhte Erregbarkeit (Hyperarousel) • Anhaltende übertriebene Schreckhaftigkeit • Reizbarkeit und Wutausbrüche • Konzentrationsschwierigkeiten • Ein- und Durchschlafschwierigkeiten • Motorische Unruhe
2. PTBS - Diagnostische Kriterien nach DSM IV 5. Symptome auf der Bedürfnisebene • Zentrales Gefühl ist die Hilflosigkeit (nicht: Stress, Angst, Trauer) • Vertrauen und Selbstvertrauen werden erschüttert • Schuld: Gefühl, für das Ereignis oder seinen Ausgang verantwortlich zu sein • Ärger: Gefühl der Ungerechtigkeit oder Verletzung persönlicher Regeln durch Andere • Scham: Gefühl, eigene bedeutsame Regeln verletzt zu haben • Trauer: Gefühl etwas bedeutsames verloren zu haben • Numbing (emotionale Taubheit): Enge emotionale Bindungen mit Familie, Freunden und Kollegen werden vermieden. Die Gefühle sind allgemein vermindert, eingeschränkt, allenfalls werden routinemäßige und 'mechanische' Aktivitäten zu Ende geführt.
3. Auswirkungen von Traumatisierungen Intrusionen Erinnerungen und Gedanken an ein traumatisches Erlebnis, die sich ins Gedächtnis drängen beziehungsweise in den Alltag einbrechen Flashback Veränderter Bewusstseinszustand, in dem Gedächtnisinhalte aus einer vergangenen Stresssituation Macht über Erleben und Verhalten in der Gegenwart gewinnen. Die traumatische Situation wird durch einen Auslösereiz erneut reaktualisiert
3. Auswirkungen von Traumatisierungen Dissoziation Das Ereignis und die dazugehörigen Gefühle werden voneinander gespalten. Abwehr- oder Bewältigungsmechanismus Schutz vor ansonsten überwältigenden Gefühlserfahrungen Veränderungen des Selbst- und Identitätsgefühls Störung der Funktionen des Gedächtnisses Störung der Selbst- und Umweltwahrnehmung Beeinträchtigung einer konstruktiven Bewältigung und Überwindung der Traumatisierung
3. Auswirkungen von Traumatisierungen Dissoziation - Beobachtungen Nicht-Wissen oder Herunterspielen des Traumas Identifikation mit dem Aggressor Projektion des viktimisierten Selbst auf Andere Freisprechen der misshandelnden Eltern Kindliche Hilfsbedürftigkeit Vermeiden von Reflexion und psychisches „Verflachen“ Zynisches Misstrauen allen Menschen gegenüber Verherrlichen von Starksein und Autorität
3. Auswirkungen von Traumatisierungen Weitere Auswirkungen von Traumatisierungen Wiedererleben und Reinszenieren von Traumainhalten Körperschema-Störungen Häufige (psycho-) somatische Erkrankungen Selbstverletzendes Verhalten Suchtmittelabhängigkeit Essstörungen Depressionen Erhöhte Suizidalität Allgemeine Entwicklungsstörungen
4. Traumapädagogische Diagnostik PTSS 10 - Posttraumatische Stress Skala-10 IK-PTBS - Interview zur komplexe PTBS PTSD-S - Posttraumatische Belastungsstörung – Sucht FDS-20 - Fragebogen zu dissoziativen Symptomen TAQ - TraumaticAntecedentsQuestionnaire CTQ - Childhood Trauma Questionnaire ASRI - ADHS-WHO – Selbstbeurteilungsfragebogen BDI - Beck-Depressions-Inventar
4. Traumapädagogische Diagnostik PLC - Einschätzung der Lebensqualität CAI - FB über bindungsrelevate Fragen (Kinder) AAI - FB über frühe Bindungserfahrungen (Erwachsene) FBKJ -Fragenkatalog über Bindungserfahrung und heutige Situation ETI - Essener Trauma Inventar
5. Täterverhalten Parentale Hilflosigkeit Beeinträchtigung der erzieherischen Kompetenz bzw. der elterlichen Verantwortlichkeit ist mehr als eine vorübergehende Ratlosigkeit in einer Krise bezieht sich im Wesentlichen auf den Umgang mit dem Symptomverhalten des „Problemkindes“ ist Folge und Begleiterscheinung eines nachhaltig erlebten Scheiterns in der Elternrolle ist keine generelle Inkompetenz in Erziehungsbewältigung
5. Täterverhalten Transgenerationale Weitergabe Weitergabe von Traumatisierungen an die nächsten Generationen Eltern mit eigenen unverarbeiteten traumatischen Erfahrungen neigen dazu, diese Erfahrungen mit ihren Kindern zu inszenieren. Kinder werden dadurch Mitakteure in einem alten Theaterstück
5. Täterverhalten Misshandelnden und vernachlässigenden Eltern Sie haben mehr Realtraumatisierungen in der Kindheit erlebt Sie haben Schwierigkeiten, Emotionsausdrücke im Gesicht von Kindern zu erkennen Sie erleben Stress beim Anblick schreiender und lächelnder Säuglinge Sie leiden unter einer generellen Übererregbarkeit Hilflosigkeit, Ohnmacht und Wut zeigen sich bei ihnen als zentrale Affekte vor dem Misshandlungsgeschehen
5. Täterverhalten Misshandelnden und vernachlässigenden Eltern Sie interpretieren kindliches Verhalten signifikant häufiger als „durch schlechte Charaktereigenschaften bedingt“ und als „gegen die Eltern gerichtet“ Sie sind schwer für Hilfen zu motivieren, das gilt insbesondere für vernachlässigenden Eltern Praktisch alle Ehen bestehen aus Partnern, die beide unsicher gebunden waren Subjektives Helferempfinden: „Angst, Hilflosigkeit“
6. Spezielle Traumatisierungen Rituelle Gewalt Sexueller Missbrauch Erzwungene Migration
7. Auswirkungen auf Helfersysteme HelferInnen sind Übertragungen von „Opfern“ und „Tätern“ ausgeliefert: Kontrollverlust über Situation Angst und Hilflosigkeit Beschwichtigung Solidarisierung Vermeidung Erhöhte Erregbarkeit und innere Unruhe Konzentrationsprobleme Sekundärtraumatisierungen