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030666 UE Vorbereitung auf die FÜM I - Europarechtlicher Teil. Fr, 27. Mai 2011 17h - 20h im Sem 10 Mo, 30. Mai 2011 17.30h – 20.30h im Sem 10 Di, 7. Juni 2011 17h - 20h im Sem 10. anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at http://europarecht.univie.ac.at/lehrstuhl-prof-lengauer/. Übersicht.
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030666 UE Vorbereitung auf die FÜM I - Europarechtlicher Teil Fr, 27. Mai 2011 17h - 20h im Sem 10 Mo, 30. Mai 2011 17.30h – 20.30h im Sem 10 Di, 7. Juni 2011 17h - 20h im Sem 10 anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at http://europarecht.univie.ac.at/lehrstuhl-prof-lengauer/ anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Übersicht • 1. Teil Binnenmarkt • 2. Teil Gemeinsame Struktur der Grundfreiheiten • 3. Teil Warenverkehrsfreiheit • 4. Teil Arbeitnehmerfreizügigkeit anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
1. Teil Der Binnenmarkt anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
1. Einführung Gemeinsamer Markt Beseitigung aller rechtlichen, technischen, bürokratischen und protektionistischen Schranken (Weißbuch, 1985) Art 3 Abs 2 EUV, Art 26 und 27 AEUV = Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von den 4 Grundfreiheiten gewährleistet ist: (Titel II) Freiheit des Warenverkehrs (Art 28ff AEUV) (Titel IV) Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art 45ff AUEV) und Niederlassungsfreiheit (49ff AEUV) Dienstleistungsfreiheit (Art 56ff AEUV) Freiheit des Kapitalverkehrs (Art 63ff AEUV) Verbot von Diskriminierungen (Art 18 AEUV) und Beschränkungen anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Prinzipien des Binnenmarktes • Marktfreiheit • Marktgleichheit • Wettbewerbsfreiheit anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
2. Teil Gemeinsame Struktur der Grundfreiheiten anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Übersicht über die Grundfreiheiten 1. Grundfreiheit des Freien Warenverkehrs, nämlich das Verbot mengenmäßiger Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung innerhalb der EU (Art. 34 AEUV), 2. Personenverkehrsfreiheit • Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, nämlich das Recht eines Arbeitnehmers, innerhalb der EU Arbeit zu suchen, Aufenthalt zu nehmen und zu arbeiten (Art. 45 AEUV), („abhängig beschäftigt“) • Grundfreiheit der Freiheit der Niederlassung, die Unternehmen das Recht gewährt, sich innerhalb der EU frei niederzulassen (Art. 49 AEUV), („selbstständig“) 3. Grundfreiheit des freien Dienstleistungsverkehrs, die das Recht auf ungehinderte Erbringung und Entgegennahme von Dienstleistungen innerhalb der EU gewährleistet (Art. 56 AEUV), (Warenverkehrsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit= Produktverkehrsfreiheit) 4. Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs, die den ungehinderten Verkehr von Kapital über Grenzen gewährleisten soll (Art. 63 AEUV) 5. Grundfreiheit des freien Zahlungsverkehrs,notwendige Annexfreiheit (sog.fünfte Grundfreiheit) anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Bedeutung des freien Warenverkehrs Kernstück ist die Zollunion: (Arts.28/1 und 30 AUEV) = Wirtschaftsraum, in dem die Waren und andere Leistungen im Rahmen einer einheitlichen Wettbewerbsordnung frei zirkulieren können Verbot diskriminierender innerstaatlicher Abgaben und diskriminierende Praktiken und Verbot aller Beschränkungen (mengenmäßige Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen) Gemeinsamer Außenzolltarif gegenüber Drittländern RL 92/12- Abbau der Grenzkontrollen im innergemeinschaftlichen Warenverkehr durch Verzicht auf Besteuerung der Einfuhr und steuerliche Entlastung der Ausfuhr im Handelsverkehr zwischen den MS anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Bedeutung des freien Personen- und Dienstleistungsverkehrs ANF (Art. 45ff AEUV), NLF (Arts. 49ff AEUV) und DLF (Arts. 56ff AEUV) = Raum ohne Binnengrenzen Abschaffung der Grenzkontrollen und Binnenzölle an den Staatsgrenzen der MS und gemeinsamer Außenzoll Schengener Durchführungsübereinkommen und Dubliner Übereinkommen anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Bedeutung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs = selbständige 4. GVF bzw. unerlässliche Ergänzung • Ziel: Beseitigung der Beschränkungen des freien KV bzw. Rechtfertigung unerlässlicher Maßnahmen • Erga-omnes Prinzip, dh. auch ggü III.Staaten anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Gemeinsame Struktur der Grundfreiheiten I I) Anwendungsbereiche a) persönlicher bzw. gegenständlicher b) sachlicher c) räumlicher anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Gemeinsame Struktur der Grundfreiheiten II II) Gewährleistungen A) Diskriminierungsverbot:(urspr) Art 18 AEUV • Verhältnis zu den Grundfreiheiten • unmittelbar anwendbar • Achtung: Hiervon ist das jeweilige Schutzgut der Grundfreiheit umfasst, nicht etwa ausschließlich natürliche oder juristische Personen! anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Direkte Diskriminierung Regelung (Unionsrechts oder nationales Recht) wendet ein Unterscheidungskriterium an, das gesetzlich verpönt ist oder ungleiche Sachverhalte einer formal gleichen Regelung unterwirft. Das verpönte Unterscheidungskriterium findet sich in jener gesetzlichen Regelung, die Diskriminierung verbietet. anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Indirekte Diskriminierungen Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 97/80/EG „[...] liegt eine mittelbare Diskriminierung dann vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren einen wesentlich höheren Anteil der Angehörigen eines Geschlechts benachteiligen, es sei denn die betreffenden Vorschriften sind angemessen und notwendig und sind durch nicht auf das Geschlecht bezogene Gründe gerechtfertigt.“ Dem Anschein nach wird an neutrale Kriterien angeknüpft ( z.B.. Herkunftsort oder Wohnsitz) anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
direkte Diskriminierung: Regelung wendet Unterscheidungskriterium an, das gesetzlich verpönt ist oder ungleiche Sachverhalte einer formal gleichen Regelung unterwirft Rechtfertigung:bloß mit in EUV und AEUV ausdrücklich (oder im jeweils anwendbaren Sekundärrechtsakt) vor-gesehenen Rechtfertigungsgründen (vhm) indirekte Diskriminierung: dem Anschein nach wird an neutrale Kriterien angeknüpft → benachteiligen Angehörige einer Gruppe Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 97/80/EG des Rates Rechtfertigung:zusätzlich mit sachlichen Gründen des Allgemeininteresses (vhm) direkte/indirekte Diskriminierung anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Beispiel 1 • Das Universitätsgesetz des Mitgliedsstaates A sieht vor, dass ausschließlich Staatsbürger von A auf Universitäten in A studieren dürfen. • Was sagen Sie dazu aus unionsrechtlicher Sicht? • Gibt es eine Rechtfertigung? (6 P) anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Musterlösung 1 • + Verletzung von Art 18 AEUV (1P) • + direkte Diskriminierung, Anknüpfung an die Staatsbürgerschaft(1P) • + Nach ständiger Rechtssprechung des EuGH gilt der Vorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber jeder innerstaatlichen Norm- Anwendungsvorrang (1P) • + Die entgegenstehende innerstaatliche Regelung bleibt weiterhin Bestandteil der Rechtsordnung. Sie darf nicht angewendet werden, verliert aber nicht seine Geltung. (1P) • + Rechfertigung für direkte Diskriminierung: bloß mit dem Vertrag oder im jeweiligen Sekundärakt vorgesehen (2 P) anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Beispiele 2 • Die Gewerbeanmeldung des Unternehmens Clean Bus GmbH mit Sitz in Estland wurde von der zuständigen nationalen Behörde mit der Begründung zurückgewiesen, dass der bestellte Geschäftsführer in Litauen wohne. Die Behörde beruft sich auf §18 der Gewerbeordnung Estlands. Dieser sieht vor, dass der Geschäftsführer eines Gewerbes in Estland wohnen muss. • Was sagen Siedazu aus unionsrechtlicher Sicht? (6P) anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Musterlösung 2 • + Verletzung von Art 18 AEUV (1P) • + indirekte Diskriminierung, Anknüpfung an Wohnsitz(1P) • + Nach ständiger Rechtssprechung des EuGH gilt der Vorrang des gegenüber jeder innerstaatlichen Norm. Anwendungsvorrang der unionsrechtlichenNorm.(1P) • + Die entgegenstehende innerstaatliche Regelung bleibt weiterhin Bestandteil der Rechtsordnung. Sie darf nicht angewendet werden, verliert aber nicht seine Geltung. (1P) • Rechtfertigung aus dem Vertrag und darüber hinaus, im Gegensatz zur direkten Diskriminierung.(2P) anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Gemeinsame Struktur der Grundfreiheiten II B) Beschränkungsverbote (=„unterschiedslos anwendbare Maßnahme“) Weiterentwickelung durch die Rspr des EuGH: Sämtliche Grundfreiheiten enthalten ZUSÄTZLICH das Verbot der Beschränkung eines grenzüberschreitenden Vorganges durch unterschiedslos (dh keine Unterscheidung zwischen inländischen und ausländischen Waren/Personen/DL) anwendbare Maßnahmen =Maßnahme hat keinen diskriminierenden Charakter aber beeinträchtigt den Gebrauch der Freiheit ( „weniger attraktiv“, „zusätzliche Kosten“, „abschreckende Wirkung“) „Effet utile“ verlangt daher eine Auslegung über die das bloße Diskriminierungsverbot hinaus Unscharfe Grenze zum Verbot der indirekten Diskriminierung anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Beispiele • Verbot der Einfuhr eines Likörs wegen zu geringen Alkoholgehalts, Abspruch der Verkehrsfähigkeit (Cassis de Dijon) • Gestaltszwang für die Verpackung von Margarine • Lokalisationsgebot für Rechtsanwalt • Kammerpflicht für Arzt • Diskriminierende Ausländersperrklauseln (Bosman) • Nichtanerkennung äquivalenter Kenntnisse im Ausland anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Gemeinsame Struktur der Grundfreiheiten III III) Zulässige Eingriffe (=Schranken der Grundfreiheiten) im AEUV geregelt Bereichsausnahmen (Art.45 Abs. 4 AEUV und Art. 51 AEUV) von der Rspr entwickelt („immanente Schranken“ - „Cassis de Dijon“/“van Binsbergen“) anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Gemeinsame Struktur der Grundfreiheiten IV-VI IV) unmittelbar anwendbar „hinreichend genau und bestimmt“ und gewähren daher natürlichen und juristischen Personen (subjektive) Rechte V) (Verpflichtungs-) Adressaten,„Drittwirkung“ ( va Kollektivmaßnahmen in privatwirtschaftlich geregelten Verhältnissen) VI) Handlungs-/Unterlassungs-/Unterbindungspflicht der MS anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
3. Teil Warenverkehrsfreiheit anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Warenverkehrverkehrsfreiheit Art. 34 AEUV Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Art. 35 AEUV Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten. anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Die Freiheit des WarenverkehrsArt 28, 29, 34 ff AEUV Zollunion (Arts. 28/1, 30-32 AEUV) - untereinander dürfen keine Ein- und Ausführzölle und Abgaben gleicher Wirkung erhoben werden - Gemeinsamer Außenzolltarif gegenüber Drittländern - Einheitliches Zollgebiet - Unterschied: Freihandelszone anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Abschaffung der Binnenzölle und Verbot zollgleicher Abgaben Zoll Zollgleiche Abgaben Gebühren Adressaten des Verbots unmittelbare anwendbar anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Begriffsbestimmung • Ware = körperlicher Gegenstand, der über die Grenze gebracht wird, einen Geldwert hat und deshalb Gegenstand eines Handelsgeschäfts sein kann (EuGH Rs C-7/68, Kommission gegen Italien) anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Beispiele • Gas • Elektrizität • Abfälle • Abgrenzung zur DL DL ist in Ware verkörpert:-> Ware Filme, Pc-Programme, Übersetzungen, Baupläne Körperlicher Gegenstand verwirklicht DL: Ausstrahlung von Fernsehsendungen, Übertragung bestimmter Rechte (UrheberR, PatentR, MarkenR) • Abgrenzung zur KVF +Geschäfte mit Aktien, Schuldverschreibungen, Wertpapiere -> Kapitalverkehr anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Freiheit des WarenverkehrsArt. 34 und 35 AEUV unmittelbar anwendbar Mengenmäßige Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungenund Maßnahmen gleicher Wirkungwie mengenmäßige Beschränkungensind zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Staatliche Maßnahme (Art 101 und 102 AEUV für Handeln durch Unternehmen oder Private -Wettbewerbsregeln) anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
I) „Mengenmäßige Beschränkung“ = alle staatlichen Maßnahmen, mit deren Hilfe zum Schutz der einheimischen Produktion der Konkurrenz ausländische Erzeugnisse vom nationalen Markt fern gehalten werden sollen, indem sie die Ein- oder Ausfuhr der Ware • völlig oder für einen bestimmten Zeitraum verbieten (Verbringungsverbot) oder aber • der Menge oder dem Wert nach begrenzen (Kontingente). anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
II) „Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkung“ =Handelshemmnis oder unterschiedslos anwendbare Maßnahme oder Beschränkung durch andere Weise als durch Rechtsvorschriften Problem: Eingriffe der MS wirken sich indirekt auf den innergemeinschaftlichen Handel aus, indem sie Ein- oder Ausfuhren unmöglich machen, erschweren oder verteuern, ohne sie ausdrücklich zu verbieten oder zu kontingentieren. unmittelbar anwendbar Begriff: Rs „Dassonville“ – vom Diskriminierungsverbot zum Beschränkungsverbot anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
STAATSANWALTSCHAFT gegen BENOIT UND GUSTAVE DASSONVILLEEuGH Rs. C-8/74 Der Großhändler Dassonville hatte in Frankreich aus dem Vereinigten Königreich stammenden „Scotch Whiskey“ gekauft und unter Vorlage der den französischen Bestimmungen entsprechende Begleitdokumente nach Belgien ausgeführt. Dort wurde Herr Dassonville strafrechtlich verfolgt, weil der nicht in der Lage war, die für die Einfuhr von „Scotch Whiskey“ nach belgischen Rechtsvorschriften erforderliche britische Ursprungsbescheinigung vorzulegen. Frage: Einfuhr einer Ware mit der Ursprungsbezeichnung („Scotch Whiskey) zu Recht von der Vorlage einer amtlichen Urkunde (Berechtigung zur Verwendung) abhängig? anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
„Dassonville“- Formel = Jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handelunmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern. 1. Eignung der Handelsbehinderung reicht aus. 2. Beurteilung unabhängig einer eventuellen handelsbeschränkenden Zielrichtung (Kanalisierung der Einfuhren oder allg Veränderung der Handelsströme) 3. Adäquate Verursachung anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Entscheidung des EuGH • Belgischen Rechtsvorschriften behinderten den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar dadurch, dass die Importeuren wie Herrn Dassonville gegenüber Direkteinführern von Scotch Whiskey aus UK erheblich erschweren, sich in den andern MS mit diesem Erzeugnis einzudecken. -> Verletzung der Warenverkehrsfreiheit anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
REWE-ZENTRAL AG gegen BUNDESMONOPOLVERWALTUNG FÜR BRANNTWEIN (EuGH Rs. C-120/78) „Cassis de Dijon“ REWE-AG: Beantragung bei der zuständigen Bundesmonopolverwaltung für Branntwein der Erteilung einer Einfuhrgenehmigung für französischen Likör (Cassis de Dijon), der mit einem Alkoholgehalt von 15-20 % in Frankreich vertrieben wird. Die Bundesmonopolverwaltung verweigerte die Erteilung der Einfuhrgenehmigung, da der französische Likör aufgrund seines zu geringen Weingeistgehaltes in der Bundesrepublik Deutschland nicht verkehrsfähig sei. Gestützt wurde diese Entscheidung auf das Branntweinmonopolgesetz und den dazu ergangen Verordnungen, die einen Mindestweingeistgehalt von 25% Prozent für Fruchtsaftliköre vorsahen. anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Vorbringen der Parteien REWE: Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung gegen Art 34 AEUV BRD: Schutz der öffentlichen Gesundheit (da durch diese Bestimmung verhindern werden könnte, dass Produkte, mit geringerem Weingeistgehalt, die leichter als Produkte mit einem hohen Weingeistgehalt zu einer Gewöhnung führen würden, verhindert würde) plus Verbraucherschutz vor einem unlauteren Wettbewerb unter den Herstellern und Händlern schützen EuGH:Unterschiedslos für einheimische und eingeführte Erzeugnisse geltende Regelung vereinbar mit Art 34 AEUV? anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
„Cassis de Dijon“-Formel Dassonville-Formel erfüllt Keine „gemeinschaftliche“ Regelung der Herstellung und Vermarktung von Weingeist „Hemmnisse für den Binnenhandel der Gemeinschaft, die sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen über die Vermarktung dieser Erzeugnisse ergeben, müssen hingenommen werden, soweit diese Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden,insbesondere den Erfordernissen einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes.“ Indikativer Katalog: plus Kohärenz und Struktur des Gesundheitssystems, Grund- und Menschenrechte Verhältnismäßigkeit anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Schranken des Verbots I) Immanente Schranken des Art. 34 AEUV !!! NUR für unterschiedslos anwendbaren Regelungen !!! A) zwingende Erfordernisse B) Allgemeinwohlinteressen C) Verhältnismäßigkeit II) Rechtfertigung nach Art. 36 AEUV A) Geschützte Rechtsgüter nach Art. 36 AEUV B) Verhältnismäßigkeit anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
A) Zwingende Erfordernisse !!! NUR für unterschiedslos anwendbaren Regelungen (Cassis de Dijon-Formel) !!! TB nicht erfüllt Als „zwingende Erfordernisse“ wurden vom EuGH in seiner bisherigen Rspr anerkannt: Z.B. Wahrnehmung von Grundrechten Erfordernisse einer wirksamen steuerlichen Kontrolle Verbraucherschutz (Reinheitsgebot für Bier) Umweltschutz Schutz der Lauterkeit des Handelsverkehrs anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
B) Allgemeinwohlinteressen Darüber hinaus können auch allgemeine wirtschafts-, sozial- oder kulturpolitische Maßnahmen gerechtfertigt werden, die sich durch einen Zweck rechtfertigen, der im Interesse der Allgemeinheit liegt: Z.B. Verbot, AN am Sonntag in Einzelhandelsgeschäften zu beschäftigen Vorschriften, die es den Steuerverwaltungen gestattet, auch solche Waren zu pfänden, die aus einem anderen MS unter Eigentumsvorbehalt geliefert wurden zeitlichen begrenzten Beschränkung der Verbreitung von Filmen ausschließlich in Kinos Begrenzung des Anspruchs auf Kostenerstattung für Arzneimittel im Interesse des finanziellen Gleichgewichts des Krankenversicherungssystems anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
C) Verhältnismäßigkeit Güter- und Interessensabwägung zwischen den Erfordernissen des freien Warenverkehrs und dem berechtigten Schutzinteresse der fraglichen nationalen Maßnahme MS hat unter den zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignete Mittel, das auszuwählen, das den freien Warenverkehr am wenigsten behindert anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
II) Rechtfertigung nach Art 36 AEUV A) Geschützte Rechtsgüter nach Art. 36 AEUV !!!Für diskriminierende Regelungen PLUS unterschiedslos anwendbare Regelungen!!! Rechtfertigung findet sich in der Unverzichtbarkeit des Schutzes dieser überragenden Rechtsgüter MS bleibt dieser Schutz nur solange als keine Harmonisierung auf Unionsebene erfolgt ist anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Freier Warenverkehr Art. 36 AUEV: Die Bestimmungen der Arts 34 und 35 AEUV stehen Einfuhr, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder –Beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, der nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Freier Warenverkehr Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen. taxativ enge Auslegung mitgliedstaatlicher Protektionismus anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
B) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Verbot der willkürlichen Diskriminierung Verbot der verschleierten Beschränkung des Handels zwischen den MS anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Wiederholungsfragen • Was besagt die Warenverkehrsfreiheit! Nennen Sie die relevante Bestimmung im AEUV! • Was ist eine Ware? • Was ist eine mengenmäßige Beschränkung? • Was ist eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung? Was ist die bekannte Rechtssache in diesem Zusammenhang? • Nennen Sie die sich daraus ergebende Formel? • Was besagt die Cassis de Dijon -Formel? • Nennen Sie die Schranken des Gebots der Warenverkehrsfreiheit! Welche wichtige Unterteilung gibt es hier? anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Fall 1 • Der burgenländische Winzer Nepomuk Schluckspecht betreibt eine Weinkellerei, die sich auf die Produktion von Leichtweinen mit einem geringen Alkohohlgehalt von unter 9 % spezialisiert hat. Nachdem seine Leichtweine in Österreich reißenden Absatz finden, möchte Herr Schluckspecht den Vertrieb nun auf die gesamte EU erweitern. • Im Mitgliedstaat Utopia wird der Weinkellerei Schluckspecht der Vertrieb ihres Leichtweins allerdings mit der Begründung verweigert, dass in Utopia nur Weine mit einem Alkoholgehalt von mind. 11 % in Verkehr gebracht werden dürfen. • Herr Schluckspecht denkt sich empört, dass diese Vertriebsbeschränkung doch nicht mit dem Gemeinsamen Markt der EU vereinbar sein kann und fragt im für die Weinkontrolle in Utopia zuständigen Landwirtschaftsministerium nach. Dort erklärt ihm ein Beamter, das Vertriebsverbot für Leichtweine verstoße keineswegs gegen Gemeinschaftsrecht, denn erstens gelte es gleichermaßen für inländische Weine wie auch für Weine aus anderen EU-Mitgliedstaaten, und zweitens könne diese Regelung sowohl aus Gründen des Gesundheitsschutzes als auch des Verbraucherschutzes gerechtfertigt werden. • Wie bewerten Sie die Chancen der Kellerei Schluckspecht, ihren Leichtwein doch in Utopia zu vertreiben? Gehen Sie dabei genau auf die Aussagen und Argumente des Beamten ein! Nennen Sie die Leitentscheidung! anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Lösung • Zur Debatte steht hier ein Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit(1P) • Gemäß Art. 34 AEUV sind mengenmäßige Beschränkungen sowie Maßnahmen gleicher Wirkung verboten. (1P) • Zu den Aussagen des Beamten: Die Warenverkehrsfreiheit umfasst nicht nur ein Diskriminierungs-, sondern auch ein Beschränkungsverbot; daher können auch an sich nicht diskriminierende Regelungen, die eine Beschränkung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs darstellen, dagegen verstoßen – sofern sie nicht gerechtfertigt werden können. (1P) • Nichtdiskriminierende Regelungen können sowohl durch die Rechtfertigungsgründe des Art. 36 AEUV • (1P) als auch durch zwingende Erfordernisse im Sinne der Cassis de Dijon-Rechtsprechung gerechtfertigt werden. (1P) • In beiden Fällen ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderlich – und an der Verhältnismäßigkeit wird die Rechtfertigung durch Utopia auch scheitern (es wären nämlich auch weniger drastische Mittel, wie z.B. eine entsprechende Etikettierung der Weinflaschen, ausreichend). (1P) anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at
Wiederholungsfragen • Was ist eine direkte Diskriminierung? • Nennen Sie die primärrechtliche Bestimmung! • Was ist eine indirekte Diskriminierung? • Nennen Sie die primärrechtliche Bestimmung! • Nennen Sie die Unterschiede zwischen der direkten und der indirekten Diskriminierung im Bezug auf die Rechtfertigung! • Was sind die 3 Voraussetzungsungspunkte bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung? anna.bender-saebelkampf@univie.ac.at