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Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft. Dr.med. Bernd Pittner Leipzig. Die Ausgangssituation
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Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft Dr.med. Bernd Pittner Leipzig
Die Ausgangssituation Schwangere Patientinnen kommen in Ihre Sprechstunde und fragen nach einem „Beschäftigungsverbot“. Vorrangig sorgen sie sich um das Kind und sind der Meinung, nur Sie könnten helfen. Die Patientinnen vermuten die Arbeit sei viel zu schwer, zu belastend oder verboten bzw. sie und ihr ungeborenes Kind seien durch Arbeitsabläufe oder Umgebungseinflüsse gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt. Manchmal erklären sie, das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber sei zerstört. Als Gründe werden beispielsweise genannt: mögliche Kündigungen, mangelnde Rücksichtnahme oder extreme psychische Belastungen. Andere Patientinnen werden direkt von ihren Ar-beitgebern oder den Kassen aufgefordert, sich von der Ärztin/ dem Arzt ein Beschäftigungsverbot bescheinigen zu lassen
Wie sollten die nächsten Schritte aussehen? Sie genießen das Vertrauen Ihrer Patientin und sind somit häufig auch Ansprechperson, wenn es am Arbeitsplatz „Schwierigkeiten“ gibt. Lassen Sie sich die Tätigkeit oder die Vorfälle im Betrieb schildern und wägen Sie ab, ob Sie als Mediziner gefordert sind oder ob im Vorfeld einer Entscheidung andere Stellen angesprochen werden können. Sofern Sie nicht von vornherein eindeutig die Notwendigkeit eines „individuellen“ Beschäftigungsverbotes zum Schutz von Mutter oder Kind erkennen, sollten Sie die Patientin zunächst an 1. den Betriebsarzt des Unternehmens oder 2. die zuständige Aufsichtsbehörde verweisen . Denn die Arbeitsplatzverhältnisse sind Ihnen häufig weder bekannt noch können Sie diese überprüfen.
Auch die Arbeitsschutzbehörden leisten Hilfestellung • Treten Zweifel bei der Einschätzung der Arbeitsbedingungen auf , hilft die zuständige Arbeitsschutzbehörde. • Eine Nichtbeachtung der Beschäftigungs-verbote durch den Arbeitgeber wird als Ordnungswidrigkeit, sogar als Straftat verfolgt.
Generelles Beschäftigungsverbot durch den ArbeitgeberMöglichkeiten zum Ausruhen schaffenBekanntmachung des Mutterschutzgesetzes
Mutterschutzgesetz • Ab 6.Februar 1952 in Kraft , geändert 23.Oktober 2012 • Gilt für Arbeitnehmerinnen und Heimarbeiter • Nicht für Schülerinnen, Selbständige und Studentinnen • Für Beamte gelten die Mutterschutz- und Elternzeitverordnungen des Bundes oder der Länder
Womit dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden! • Beurteilung und Durchsetzung generell durch Arbeitgeber
Was ist beim Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen zu beachten!
Folgende Impfungen Impfempfelungen der STIKO und SIKO TetanusAuffrischimpfung alle 10 Jahre DiphtherieAuffrischimpfung alle 10 Jahre Poliomyelitis Auffrischimpfung alle 10 Jahre Influenza jährlich Masern , Mumps, Röteln Hepatitis A Hepatitis B Pertussis Auffrischimpfung alle 10 Jahre Varizellen
Fehlende Immunität und Schwangerschaft • Bei Masern, Mumps und Windpocken: Beschäftigungsverbot für die gesamte Schwangerschaft. • Bei Röteln und Ringelröteln: Beschäftigungsverbot bis zur 20. Schwangerschaftswoche. • Bei Keuchhusten und Hepatitis A: Befristetes Beschäftigungsverbot bei Auftreten von Erkrankungen in der Einrichtung bis drei Wochen nach dem letzten Erkrankungsfall. • Bei Scharlach und Influenza: Beschäftigungsverbot befristet beim Auftreten von Erkrankungen in der Einrichtung bis eine Woche nach dem letzten Erkrankungsfall. • Bei Cytomegalie: Beschäftigung nur mit über 3 Jahre alten Kindern unter Meidung eines engen Körperkontakts und Meiden eines Kontakts mit Ausscheidungen (besonders Urin, Speichel und Tränenflüssigkeit). • Gegen Hepatitis B ist grundsätzlich eine Impfung während der Schwangerschaft möglich. In jedem Fall muss bei fehlender Impfung/Immunität jeder Blutkontakt gemieden werden – je nach der Gefährdungsbeurteilung ggf. auch Beschäftigungsverbot
Rechtsgrundlage für Lohnfortzahlung Mutter Arbeitgeber Ärztliches Beschäftigungsverbot § 3,1 MuSchG 100%ige Lohnfortzahlung 100%ige Erstattung der Kosten durch U2-Verfahren weiteres Beschäftigungsverbot § 4 MuSchG 100%ige Lohnfortzahlung 100%ige Erstattung der Kosten durch U2-Verfahren Arbeitsunfähigkeit 100%ige Lohnfortzahlung für sechs Wochen durch Arbeitgeber,(U1-Verfahren) danach Krankengeld (in der Regel 70% des letzten Bruttolohns, maximal jedoch 90% des Nettolohns. Der Nettolohn errechnet sich aus dem Bruttolohn abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge
Feststellung eines individuellen Beschäftigungsverbotes • Bei besonders labiler persönlicher Konstitution bzw Befindlichkeit • Bei belastenden persönlicher Lebensumstände der Arbeitnehmerin bzw ihres Kindes • Risikoschwangerschaft • Psychisch bedingter Stress am Arbeitsplatz • Mobbing am Arbeitsplatz Der Arzt darf sich auf die Aussage der Schwangeren verlassen • Abgrenzung schwangerschaftsbedingter Beschwerden ohne Krankheitswert von denen mit Krankheitswert • Vorläufiges Beschäftigungsverbot • Gefährdung aufgrund der Fortsetzung der Tätigkeit, wenn Arbeitgeber die gebotene fachkundige Überprüfung des ARBEITSPLATZES NICHT VORNIMMT,bis zu einer Klärung
Voraussetzung für ärztliche Krankschreibung • Wenn neben normalen schwangerschaftsbedingten Beschwerden eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt, die mit der Schwangerschaft in keinem Zusammenhang steht(grippaler Infekt, Frakturen u.a.) ist eine Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen. • Wenn über das normale Maß hinausgehende schwangerschaftsbedingte Beschwerden vorliegen, die unabhängig von der Tätigkeit zu einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit führen (Blutungen, Gestose u.a.),ist eine Arbeitsunfähigkeitsschreibung vorzunehmen.
Attest zur Verlage beim Arbeitgeber • Für Frau……………………………….geb. am………………………….. • voraussichtlicher Entbindungstermin………………………………… • spreche ich gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG mit Wirkung vom……………. • ein individuelles Beschäftigungsverbot aus, da Leben oder Gesundheit von • Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. • Das Beschäftigungsverbot gilt voraussichtlich bis zum …………………. • Das Beschäftigungsverbot bezieht sich auf • O jede Tätigkeit • O jede Tätigkeit mehr als ………Stunden pro Tag • O folgende Tätigkeiten • ………………………………………………………… • …………………………………………………………. • O folgende Belastungen • ………………………………………………………….. l
Hinweise für Arbeitgeber und werdende Mütter in der ambulanten Pflege • Arbeitsorganisation – kein Zeitdruck
Hinweise für Arbeitgeber und werdende Mütter in der ambulanten Pflege • Arbeitsorganisation – Risiken erkennen
Zusammenfassung am Ende des Vortrages Der Ausspruch eines arbeitsplatzbezogenen generellen Beschäftigungsverbotes ist in jedem Fall zuallererst Sache des Arbeitgebers, da er seine Arbeitsplätze und die Bedingungen am Arbeitsplatz am Besten kennt und er letztlich auch über ein sogenanntes „mutterschutzrechtliches Umsetzungsrecht“ verfügt, welches ihm – vor dem Ausspruch eines Beschäftigungsverbotes - ermöglicht, die werdende Mutter auf einen anderen ungefährlichen – aber zumutbaren - Arbeitsplatz zu versetzen. Der Arbeitgeber braucht für dieses Beschäftigungsverbot auch keine Dritten, also kein ärztliches Attest i.S.d. § 3 MuSchG.
Beschäftigungsverbot Schwangerer Die Ausstellung eines Beschäftigungsverbotes darf niemals von den finanziellen Interessen der Beteiligten abhängig gemacht werden: Die Angestellte muss beim Krankengeld mit einer Einkommensminderung rechnen, dem Arbeitgeber werden von der Kasse Gehalt incl. SV Arbeitgeberanteil erstattet. Das ärztliche Zeugnis über ein individuelles Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz kann und darf der behandelnde Arzt nur dann ausstellen, wenn nach ärztlicher Einschätzung Leben und Gesundheit von Mutter und Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet sind. Geht es um Arbeitsabläufe und Gefährdungen am Arbeitsplatz (generelles Beschäftigungsverbot nach § 4 Mutterschutzgesetz) und sollte nicht von vornherein die Notwendigkeit eines individuellen Beschäftigungsverbotes erkennbar sein, sollte die Schwangere zunächst an den Betriebsarzt oder die zuständige Aufsichtsbehörde verwiesen werden. Mit strafrechtlichen Konsequenzen gemäß § 278 StGB muss rechnen, wer eine unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherung wider besseren Wissens ausstellt. Auf diesen strafrechtlichen Aspekt sollte hingewiesen werden, wenn beispielsweise Arbeitgeber oder Sachbearbeiter einer Krankenkasse unberechtigt ein Beschäftigungsverbot fordern. Das ärztliche Zeugnis – auch die AU-Bescheinigung über ein schwangerschaftsbedingtes Beschäftigungsverbot löst finanzielle Konsequenzen bzw. unterschiedliche Ansprüche aus (Anspruch auf Entgeltfortzahlung, Mutterschaftsgeld, Grundlage für die Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen) Ein unrichtig ausgestelltes Attest könnte daher auch Schadenersatzansprüche gegen den ausstellenden Arzt auslösen. Der Medizinische Dienst darf nach dem Mutterschutzgesetz kein Beschäftigungsverbot ausstellen. In keinem Fall sollte man sich aus falsch verstandenem Konkurrenzdenken zu einem Beschäftigungsverbot drängen lassen.
Fehlende Immunität und bestehende Schwangerschaft Bei Masern, Mumps und Windpocken: Beschäftigungsverbot für die gesamte Schwangerschaft. Bei Röteln und Ringelröteln: Beschäftigungsverbot bis zur 20. Schwangerschaftswoche. Bei Keuchhusten und Hepatitis A: Befristetes Beschäftigungsverbot bei Auftreten von Erkrankungen in der Einrichtung bis drei Wochen nach dem letzten Erkrankungsfall. Bei Scharlach und Influenza: Beschäftigungsverbot befristet beim Auftreten von Erkrankungen in der Einrichtung bis eine Woche nach dem letzten Erkrankungsfall. Bei Cytomegalie: Beschäftigung nur mit über 3 Jahre alten Kindern unter Meidung eines engen Körperkontakts und Meiden eines Kontakts mit Ausscheidungen (besonders Urin, Speichel und Tränenflüssigkeit). Gegen Hepatitis B ist grundsätzlich eine Impfung während der Schwangerschaft möglich. In jedem Fall muss bei fehlender Impfung/Immunität jeder Blutkontakt gemieden werden – je nach der Gefährdungsbeurteilung ggf. auch Beschäftigungsverbot