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Herzlich Willkommen zum öffentlichen Vortrag Schlaganfall Dr . med. Dominik Müntener Leitender Arzt Neurologie Kantonsspital Schaffhausen. Johann Jakob Wepfer (1620-1695). 1658. Übersicht. Teil 1: Grundlagen Definition, Epidemiologie Einteilung Symptome Ursachen Diagnostik
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Herzlich Willkommen zum öffentlichen Vortrag SchlaganfallDr. med. Dominik Müntener Leitender Arzt Neurologie Kantonsspital Schaffhausen
Übersicht • Teil 1: Grundlagen • Definition, Epidemiologie • Einteilung • Symptome • Ursachen • Diagnostik • Prophylaxe • Teil 2: Akuttherapie • Erste Hilfe • Hospitalisation
Teil 1 Grundlagen
Definition Schlaganfall Akute, umschriebene Funktionsstörung des Gehirns aufgrund einer Durchblutungsstörung (Blutmangel oder Blutung) Synonyme - Stroke - Hirnschlag, Hirninfarkt - Apoplexie, Insult - Schlägli, Streifung = transient-ischämische Attacke, Symptome < 24h
Epidemiologie Schlaganfall Dritthäufigste Todesursache (nach Krebs und Herzkrankheiten) Häufigste Ursache einer bleibenden Behinderung Zweithäufigste Ursache einer Demenz
Epidemiologie • Schweiz • 16’000 Schlaganfälle pro Jahr • 44 Schlaganfälle pro Tag • Tendenz steigend • Schaffhausen • 200 Schlaganfälle pro Jahr • 0.55 Schlaganfälle pro Tag
Einteilung Hirninfarkt 80% - Verschlossenes Gefäss, Mangeldurchblutung Hirnblutung 20% - Riss einer Hirnarterie
Symptome • schlagartiger Beginn • neurologische Ausfälle • meistens schmerzlos • Unterscheidung zwischen Blutung und Infarkt ist aufgrund der Symptome nicht möglich! • Symptome abhängig von der Lokalisation des Infarktes oder der Blutung
Blutversorgung des Gehirns Basilararterie Vertebralarterie Halsschlagader (A. carotis) Hauptschlagader (Aorta)
Blutversorgung des Gehirns Vordere Hirnarterie Halsschlagader (A. carotis) Mittlere Hirnarterie Hintere Hirnarterie Basilararterie Vertebralarterie Circulus Willisi (Wepferi)
Symptome bei Schlaganfall • Einseitige Lähmung oder Gefühlstörung des Gesichtes und/oder der Extremitäten • Verwaschenes Reden, Schluckstörung • Sprachstörungen (falsche Worte oder Silben) • Sehstörungen (Doppelbilder, Gesichtsfeldausfälle) • Gangunsicherheit • Dreh- oder Schwankschwindel • Koordinationsstörung • Starke ungewohnte Kopfschmerzen (v.a. bei Blutung)
„Strokemimics“ Ähnliche Symptome wie beim Schlaganfall sind auch bei anderen Erkrankungen zu beobachten Beispiele: - Migräneaura - Epileptischer Anfall - Unterzuckerung - Intoxikation - Hyperventilation Unterscheidung häufig nur durch Zusatzuntersuchungen möglich
Einteilung der intrakraniellen Blutung Epiduralhämatom - Trauma Subduralhämatom - Trauma, Blutverdünnung Subarrachnoidalblutung - Riss einer Gefässerweiterung (Aneurysma) Hirnblutung - langjähriger, unbehandelter hoher Blutdruck - brüchige Gefässe (Amyloidangiopathie) - Trauma - Gefässmissbildungen - Blutgerinnungsstörung, Blutverdünnung
Wie kommt es zum Hirninfarkt? • Verschluss eines Hirngefässes durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) • Quelle des Thrombus liegt häufig ausserhalb des Kopfes • Thrombus wird mit dem Blut ins Gehirn gespült (Embolus)
Entstehung des Hirninfarktes Zerebraler Blutfluss 100g min % 100% 50 80% 40 60% 30 elektrische Funktion ↓ 40% 20 kompletter Funktionsverlust 20% 10 0% 0 0 Zelltod Thrombus Je nach Ausmass der Blutflussverminderung (Abnahme der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Nervenzellen) kommt es zum Infarkt und/oder zum Funktionsverlust.
Ursachen des Hirninfarktes Fünf Kategorien 1. Arteriosklerose der Hals- oder Hauptschlagader 2. Herzerkrankung 3. Kleingefässerkrankung 4. Andere/mehrere bestimmbare Ursachen (Gefässentzündung, Dissektion u.a.) 5. Unklare Ursache Kleingefäss-erkrankung 20% 30% 10% Arterielle Embolie 10% Kardiale Embolie 30%
Ursachen des Hirninfarktes 1. Arterielle Embolie - Arteriosklerose der hirnzuführenden Arterien - Loslösen von Plaques und Blutgerinnseln
Ursachen des Hirninfarktes 2. Kardiale Embolie - Blutgerinnsel aus dem Herzen - z.B. bei Vorhofflimmern, Klappenfehlern, Narben nach Herzinfarkt - oft grosse Thromben/Infarkte
Ursachen des Hirninfarktes 3. Kleingefässerkrankung - Mikrothrombosierung eines kleinen Gefässes - Kleine Infarkte (Lakune)
Diagnostik beim Schlaganfall • Klärung der Schlaganfallsursache ist wichtig für die Festlegung der richtigen Therapie, um weitere Schlaganfälle zu verhindern (Sekundärprophylaxe) Bildgebung des Gehirns Magnetresonanztomographie (MRI), Computertomographie (CT) Gefässdarstellung MRI, CT, Ultraschall Herzabklärung Ultraschall, EKG
Diagnostik beim Schlaganfall • Computertomographie (CT) • Pro • Schnell • Verfügbarkeit (24h im Kantonsspital) • Gute Unterscheidung Blutung vs. Infarkt • Gefässdarstellung (mit Kontrastmittel) • Contra • Röntgenstrahlung • Beschränkte Auflösung
Diagnostik beim Schlaganfall • Magnetresonanztomographie (MRI) • Pro • Gute Auflösung • Wenig belastend (keine Röntgenstrahlung) • Gefässdarstellung (auch ohne Kontrastmittel) • Contra • Aufwändig • Verfügbarkeit • Nicht immer durchführbar (Platzangst, • Herzschrittmacher)
Diagnostik beim Schlaganfall • Ultraschall der hirnzuführenden Arterien • Pro • Schonend, am Patientenbett durchführbar • Günstig • Information über Blutfluss (Dynamik) • Gute Verlaufsuntersuchung • Contra • Nicht alle Gefässabschnitte einsehbar • abhängig vom Untersucher
Diagnostik beim Schlaganfall • Weitere Abklärungen • Herzuntersuch • Ultraschall (von aussen, über Speiseröhre) • Langzeit-EKG • Labor (Blut) • Selten: Hirnstromkurve (EEG), Nervenwasseruntersuch
Sekundärprophylaxe • Therapie zur Verhinderung eines zweiten Schlaganfalls (oder einer anderen Gefässerkrankung) • Je nach Ursache das Hirninfarktes unterschiedlich • Je schneller die Ursache geklärt werden kann, desto früher kann mit der richtigen Prophylaxe begonnen werden • Zwei Beispiele: • Arteriell-embolisch infolge Arteriosklerose • Aspirin, Plavix, Cholesterinsenker (Statine) • Therapie der Gefässrisikofaktoren • Bei hochgradigen Gefässverengungen: Operation, ev. Stent • Kardial-embolisch bei Vorhofflimmern • Blutverdünnung (Marcoumar, Xarelto...) • Herzmedikamente
Risikofaktoren für Schlaganfall (und andere Gefässerkrankungen) Nicht beeinflussbar • Alter • Geschlecht • Vererbung
Risikofaktoren für Schlaganfall (und andere Gefässerkrankungen) Beeinflussbar • Bluthochdruck (>140/90 mmHg) • Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) • Rauchen • Hohes Cholesterin • Bewegungsmangel • Schlaf-Apnoe-Syndrom • Ernährung • Alkohol • Herzerkrankungen • Stress
Teil 2 Akuttherapie des Schlaganfalls
Akuttherapie des Schlaganfalls Grundsatz Jeder Schlaganfall ist ein Notfall! „Time isbrain“
Wie erkenne ich einen Schlaganfall? Merkwort: FAST (USA, UK) Face – Lächeln, Zähne zeigen Arms – Arme anheben Speech – Satz nachsprechen Time – Notruf alarmieren (144) 144
Schlaganfall - Erste Hilfe Betroffener hinlegen, beruhigen - bei Bewusstseinsstörung Seitenlage - nüchtern lassen (Schluckstörung häufig) Blutdruck/Puls messen - Blutdruck nicht senken Ambulanz alarmieren (144), Hospitalisation - auch wenn sich die Symptome spontan zurückbilden! Hausarzt, Angehörige informieren KeinAspirin oder andere Medikamente geben
Akuttherapie des Schlaganfalls im Spital Rettbares Hirngewebe (Penumbra) schrumpft, abgestorbenes Hirngewebe (Hirninfarkt) wächst innert weniger Stunden.
Akuttherapie des Schlaganfalls im Spital Ziele • Verbesserung der Hirndurchblutung • Wiedereröffnung des verschlossenen Gefässes (Thrombolyse) • Verbesserung der kollateralen Durchblutung (Anhebung des Blutdrucks, Flüssigkeit geben, Lagerung) • Optimale Bedingungen für die Nervenzellen schaffen • Sauerstoffgabe, Blutzucker korrigieren, Fieber senken • Sekundäre Schäden vermeiden • Lagerung, Schluckabklärung • Ursachenabklärung und frühzeitiger Beginn der korrekten Sekundärprophylaxe • Akut-Rehabilitation (Physio-, Ergotherapie, Logopädie)
Thrombolyse (Auflösen des Thrombus) Zwei Methoden 1. Intravenöse Thrombolyse - Zeitfenster: 4.5 Stunden nach Symptombeginn - Infusion (1h) einer starken Blutverdünnung über die Vene - Wirkung erwiesen, Verhindern einer bleibenden Behinderungen bei jedem 7. Patienten 2. Intraarterielle Thrombolyse (mittels Hirnkatheter) - Zeitfenster: 6h - Gabe des Medikamentes lokal im verschlossenen Gefäss, ev. mechanische Rekanalisation - aufwändig, kann nur an grossen Zentren durchgeführt werden, Zeitverlust
Thrombolyse (Auflösen des Thrombus) Lysefenster Intravenös bis 4.5 h Intraarteriell bis 6 h Risiko einer Hirnblutung: 1.6-4.8%
„Stroke Unit“ = Kompetenzzentrum für Schlaganfall • Behandlung durch erfahrenes interdisziplinäres Team (Ärzte, Pflege, Physio-, Ergotherapie, Logopädie) • Zusammenarbeit von Neurologen, Neuroradiologen, Neuro- und Gefässchirurgen, Intensivmediziner, Kardiologen • Medizin-technische Ausrüstung (MRI, CT, Ultraschall, ev. Katheterlabor) • Akutbehandlung und Frührehabilitation
Prognose • 6 Monate nach Schlaganfall (Studie aus den 90er Jahren) • 20% verstorben • 30% pflegebedürftig • 50% weitgehend selbstständig
Prognose Risiko eines erneuten Schlaganfalls nach einem Hirninfarkt ist in den ersten Tagen am höchsten - schnelle Abklärung und Therapie erforderlich Risiko für einen erneuten Schlaganfall: 2.5-5%pro Jahr
Prävention eines ersten Schlaganfalles (Primärprophylaxe) Man kann etwas tun! Gesunder Lebensstil - Regelmässige Bewegung, z.B. 30min Sport, 3x/Woche - Mediterrane Kost (Obst, Gemüse, Olivenöl...) - Moderater Alkoholkonsum, kein Nikotin - Übergewicht vermeiden - regelmässige Kontrollen von Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin beim Hausarzt Konsequente Therapie der Gefässrisikofaktoren
Zusammenfassung • Schlaganfälle sind häufig • Hirnblutung und Hirninfarkt verursachen gleiche Symptome • Rasche Abklärung der Schlaganfallsursache und Beginn einer Sekundärprophylaxe senkt das Risiko eines erneuten Ereignisses • Symptome (FAST) - Halbseitenlähmung, hängender Mundwinkel - Sprachstörung • Ein Schlaganfall ist ein Notfall (144)! • Akuttherapie im Spital kann bleibende Behinderungen vermeiden
Quellennachweis • Röntgenbilder: Neuroradiologie Kantonsspital Aarau • Graphiken: Evidentia