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Begriffserläuterung: Aus den griechischen Wörtern legein = lesen, schreiben, sprechen astheneia = Schwäche zu

Begriffserläuterung: Aus den griechischen Wörtern legein = lesen, schreiben, sprechen astheneia = Schwäche zusammengesetzt. Der Begriffsumfang schwankt in Abhängigkeit von der theoretischen Position und von der historischen Entwicklung der Fachdiskussion. LRS

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Begriffserläuterung: Aus den griechischen Wörtern legein = lesen, schreiben, sprechen astheneia = Schwäche zu

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  1. Begriffserläuterung: Aus den griechischen Wörtern legein = lesen, schreiben, sprechen astheneia = Schwäche zusammengesetzt. Der Begriffsumfang schwankt in Abhängigkeit von der theoretischen Position und von der historischen Entwicklung der Fachdiskussion. Dr. J. Schulze-Bergmann

  2. LRS Verbreitung der LRS: Jahrgangsstärke in NRW: rund 170.000 Kinder LRS pro Jahrgang: 2 bis 4 Prozent LRS/Jahrgang: 3.400 - 6.800 Kinder/a LRS/Klassen 1-4: 13.600 - 27.200 Kinder/a Jungen sind von dieser Schwäche stärker betroffen als Mädchen (Verhältnis 3:2) PISA 2000: 25% der 15 Jährigen bilden die Gruppe der schwachen Leser. Das sind etwa 42.000 Jugendliche eines Jahrgangs in NRW. Dr. J. Schulze-Bergmann

  3. Folgen der LRS: Abwehrhaltungen gegenüber Schreib- und Leseaufgaben Ausgangslage: Intelligenz =/> IQ 90 Kompensations- mechanismen z. B. „Klassenclown“ …oder Aggressivität Feindseligkeit …oder Angst besetzter Rückzug Dr. J. Schulze-Bergmann

  4. LRS-Schwierigkeiten sind sehr stabil, d. h. ohne systematische Intervention bleiben die Symptome bis zum Ende der Schulzeit aktiv. LRS-Kinder und Jugendliche lesen seltener als gleichaltrige Kinder, sie haben eine geringe Lesegeschwindigkeit. Die mangelnde Übung führt zu einer weiteren Schwächung gegenüber dem steigenden Anforderungsniveau der Lerninhalte. Die Schullaufbahn dieser Gruppe ist geprägt von Klassenwiederholungen, die Gruppe entwickelt auch in den anderen Schulfächern Lernschwierigkeiten und im Vergleich zu guten Lesern hat sie wenige Hobbys. Nach der Schule findet diese Gruppe weniger leicht einen Arbeitsplatz, sie hat ein geringeres Einkommen. Bei jugendlichen Kriminellen ist der Prozentsatz derer, die LRS-Symptome zeigen, sehr hoch. Dr. J. Schulze-Bergmann

  5. Zur Geschichte des Begriffs und der Symptombeschreibungen Bereits zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert waren durch Unfälle und Kriegsverletzungen bedingte Schreib- und Leseausfallerscheinungen bei Erwachsenen bekannt. Diese Schwächen wurden auch bei Kindern beobachtet und als ererbt interpretiert. Aber erst der ungarische Psychologe P. Ranschburg veröffentlichte 1916 die Arbeit ‚ Leseschwäche der Schulkinder’ und schuf dort den Begriff der ‚Legasthenie’ (Berlin1916). Er fasste seine auch experimentellen Erkenntnisse 1928 mit dem Text ‚Lese- und Schreibstörungen des Kindesalters’ zusammen (Halle 1928). Obwohl beide Werke in Deutschland veröffentlicht wurden, findet sich das Stichwort in keinem deutschen pädagogischen Lexikon vor 1950. Erst nach dem 2. Weltkrieg wurde der Begriff populär. Dr. J. Schulze-Bergmann

  6. Nach Ranschburg wird unter Legasthenie Folgendes verstanden: „Mit Legasthenie wird diejenige Minderwertigkeit des geistigen Apparates bezeichnet, der zufolge Kinder im schulpflichtigen Alter sich das verbale Lesen innerhalb des ersten Schuljahres trotz normaler Sinnesorgane nicht entsprechend anzueignen vermögen.“ (Ranschburg 1916. S. III) Dr. J. Schulze-Bergmann

  7. Man versuchte, die legasthenen Kinder von solchen zu unterscheiden, die durch sozio-kulturelle Einflüsse oder physiologische Bedingungen nur Minderleistungen beim Schriftspracherwerb zeigten. „Unter Legasthenie verstehen wir eine spezielle und aus dem Rahmen der übrigen Leistungen fallende Schwäche im Erlernen des Lesens (und auch des selbstständigen Schreibens) bei sonst intakter (oder im Verhältnis zur Lesefertigkeit) relativ guter Intelligenz“ (Linder 1951, S. 100) Da eine eindeutige Definition bis 1970 nicht gelang, galt zu dem Zeitpunkt als Legasthenie: „Inkongruenz von allgemeiner Begabungshöhe und aktueller Lese- und Rechtschreibleistung.“ (Schubenz 1965) Dr. J. Schulze-Bergmann

  8. Aktuelle Definition: Nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehört die LRS-Symptomatik zu der Gruppe der umschriebenen Entwicklungsstörungen. Umschrieben bedeutet hier, dass die Schwierigkeiten nur in den Bereichen Lesen und Rechtschreiben auftreten, ansonsten eine unauffällige Entwicklung bestätigt werden kann. Dr. J. Schulze-Bergmann

  9. Als Störungsmerkmale sind anerkannt: Beeinträchtigung der Lese- und Rechtschreibentwicklung mit deutlichen Folgen für die schulischen Leistungen. Fehlerhaftes Lesen mit Auslassungen, Verdrehungen, Hinzufügen von Wortteilen. Diese Symptome zeigen sich in der ersten Klasse, ggf. auch anhaltend. Nur vertraute kurze Wörter werden erlesen. In den späteren Klassenstufen wird nur langsam, stockend und mit großer Anstrengung gelesen. Der Leser verliert häufig die Zeile und kann nur schlecht vorlesen. Das Leseverständnis ist beeinträchtigt, eine Zusammenfassung des Gelesenen gelingt nicht, ebenso nicht die Schlussfolgerung aus dem Gelesenen. Dr. J. Schulze-Bergmann

  10. Die LRS-Forschung versuchte, in den auftretenden Fehlern eine Ordnung oder einen Entwicklungsaspekt zu finden. Dabei wurde über lange Zeit auf die unzureichende Schriftzeichendarstellung hingewiesen (z. B. Verdrehungen, Verstümmelungen). Tatsächlich scheinen solche Verstümmelungen häufiger aufzutreten als alle anderen Fehlerarten. Des weiteren wurde untersucht, ob genetisch begründete Veranlagungen nachzuweisen sind. Es lassen sich Familien mit LRS-Symptomhäufungen finden, eineiige Zwillinge zeigen übereinstimmend die LRS-Beeinträchtigungen. Diese Daten weisen darauf hin, dass aus den LRS- Symptomen auf eine Schwäche in der Reflexion über den Phonemaufbau der Sprache und ggf. bei der phonologischen Rekodierfähigkeit geschlossen werden kann. Dr. J. Schulze-Bergmann

  11. Wahrscheinlichkeit von LRS Dr. J. Schulze-Bergmann

  12. Allgemein gilt, dass sich erste Hinweise auf legasthene Symptome finden, a.) wenn das Kind • später als durchschnittlich zu sprechen beginnt, • schon im Elementarbereich keine oder nur geringe phonologische • Bewusstheit zeigt, d. h. Reime oder den Wechsel von Anfangs- • buchstaben oder Alliteration nicht bemerkt. • b.) wenn das Kind in der ersten Klasse • selbst kurze Wörter nicht flüssig lesen kann, • beim Lesen Wörter verwechselt, Wortteile nicht liest, andere Wörter als • die vorgegebenen liest, • Pseudowörter nicht richtig lesen kann, • kurze bekannte Wörter eher richtig schreibt, • unbekannte und längere Wörter fast nur fehlerhaft schreibt, • Einzelbuchstaben und Wortteile auslässt, • Pseudowörter nicht schreiben kann. Dr. J. Schulze-Bergmann

  13. Häufig tritt auch eine Rechenschwäche zusätzlich auf. Nicht selten sind motorische Störungen festzustellen, es finden sich bei diesen Kinder zusätzlich auch Sprachschwierigkeiten ( z. B. leichte Artikulationsstörungen, unvollständiger Satzbau beim Erzählen). Bei diesen Kindern kann meistens ein niedriges Selbstwertgefühl und ein geringes Selbstwirksamkeitskonzept festgestellt werden. Bei nachweislicher Hyperaktivität und bei Aufmerksamkeitsstörungen tritt LRS zusätzlich in bis zu 50 Prozent der Fälle auf. Die neueren Untersuchungen (bis 1998) haben keinen Hinweis dafür gegeben, dass die Symptome der LRS von der Intelligenz abhängen. Dr. J. Schulze-Bergmann

  14. Aktuelle neurologische Untersuchungen an 5 jährigen Kindern in Norwegen haben ergeben, dass in bestimmten Hirnregionen, die für Sprachleistungen relevant sind, sich die Durchblutung anders darstellt als bei Kindern, die keinerlei legasthene Merkmale zeigen. Die Risiko-Gruppe wurde weitere 4 Jahre begleitet und zeigte erwartungsgemäß größere Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb als die Kontrollgruppe. Quelle: Universität Bergen, Norwegen (5/11/08) Dr. J. Schulze-Bergmann

  15. Diagnostik: Die diagnostische Untersuchung sollte so früh wie möglich erfolgen. Der Aspekt „phonologische Bewusstheit“ kann bereits im Vorschulalter z. B. mit dem „Bielefelder Screening“ (Jansen u.a. 1999) untersucht werden. Der früheste Zeitpunkt in der ersten Klasse liegt vor, wenn acht Buchstaben erarbeitet worden sind. Das ist meistens im Dezember/Januar der ersten Klasse der Fall. Für diesen Diagnoseschritt empfiehlt sich die „Würzburger leise-lese-Probe (WLLP)“ (Küspert & Schneider 2000). Es handelt sich dabei um die Ermittlung der Lesegeschwindigkeit. (= einer Wortgruppe mit thematischem Verweis auf eins von vier Bildern, es soll genau das passende zugeordnet werden.) Für die Überprüfung der rechtschreiblichen Entwicklung liegen unterschiedlicheTestreihen vor, z. B. die Hamburger Schreibprobe. Dr. J. Schulze-Bergmann

  16. Es liegen eine Reihe von Förderprogrammen vor, dazu gehören: Das „Würzburger Trainingsprogramm“ (Küspert & Schneider, 2001) ist ein Programm zur Schulung der phonologischen Bewusstheit. Das Programm wurde in Anlehnung an skandinavische Untersuchungen und Übungsprogramme, die vor 20 Jahren entwickelt wurden, konzipiert. Es besteht aus zwei Bausteinen, nämlich „hören ,lauschen-lernen I + II“ (Küspert & Schneider 2001) Es wird bereits im Vorschulbereich eingesetzt und läuft mit dem Baustein I über 20 Wochen und mit dem Baustein II über weitere 10 Wochen. Es wird täglich für 15 Minuten trainiert. „Lesen lernen durch lauttreue Leseübungen.“ (Findeisen, Melenk, Schillo 2000), es handelt sich um ein Programm für den Anfangsunterricht. Dr. J. Schulze-Bergmann

  17. „Lautgetreue Lese-Rechtschreibförderung“ (Reuter-Liehr 2001) ist ein Programm für die Klassenstufen 3 bis 5. „Kieler Lese- und Rechtschreibaufbau“ (Dummer-Smoch, Hackethal 1993) ist ein Programm für den Fall sehr schwerer Lernstörungen bei Kindern und Jugendlichen, es kann auch für erwachsene Analphabeten eingesetzt werden. Dr. J. Schulze-Bergmann

  18. In den Bundesländern wird die schulinterne Förderung der LRS-SuS durch Erlass geregelt. Dazu gehört die Organisation der Förderung (Gruppengröße, Zeitumfang, Dauer). Es muss geregelt werden, wer den Förderbedarf feststellt. Es muss die Förderwürdigkeit bestimmt werden. Aussagen über die Qualifikation der fördernden Lehrkräfte fehlen meistens. Die Benotung und die Folgen für die Versetzung und den Schulabschluss müssen genannt sein. Es gilt: Je ärmer das Bundesland, desto höher die Förderschwelle, desto ungeregelter die LRS-Ausbildung der LehrerInnen. Dr. J. Schulze-Bergmann

  19. Rechtliche Merkmale. Professor Enuschat, Universität Konstanz, hat in 2008 ein juristisches Gutachten vorgelegt zum Themenfeld der Förderbedürftigkeit und der Förderverpflichtung bei LRS. Er geht von folgenden Annahmen aus: Leserechtschreibschwäche oder -störung ist eine neurologisch bedingte Behinderung, die länger als 6 Monate manifest ist und durch Interventionen nur bedingt gemindert werden kann. Eine Förderung, für die eine zeitliche Deckelung ausgesprochen wird, ist nicht rechtens. Eine Behinderung löst einen Unterstützungsanspruch aus. Das betroffene Kind hat einen Rechtsanspruch auf Bildung und Chancengleichheit, beide Ansprüche sind im Grundgesetz verankert. Zur Durchsetzung und Einlösung dieses Anspruchs ist der Staat verpflichtet, weil er die Bildungsgänge in seiner Verantwortung organisiert und den Einzelnen über die Schulpflicht an die Nutzung seiner Angebote bindet. Dr. J. Schulze-Bergmann

  20. Die Lehrer haben eine Diagnosepflicht und Pflicht zur individuellen Förderung, die sie unverzüglich an Dritte delegieren müssen, wenn sie selbst fachlich nicht kompetent sind. Die Schule kann unter dem Aspekt der Chancengleichheit bei Leistungsbewertungen entweder die Prüfungszeit verlängern, die Inhalte so verändern, dass sie mündlich abzuprüfen sind, oder sie kann bei der Leistungsbeurteilung versuchen, den Anteil der Schreib-und Leseleistung nicht zu benoten. Dr. J. Schulze-Bergmann

  21. Außerschulische Förderung ist möglich. Dabei wird das Kind einem Testverfahren unterzogen, das von der Jugendhilfe definiert und durchgeführt wird (nach § 35a, Sozialgesetzbuch VIII). Bei entsprechenden Ergebnissen kann eine finanzielle Förderung erfolgen im Umfang von etwa 3.500.-€ /a erfolgen (= 40 Std/a). Schule Schüler/in zeigt schwache Leistungen Test Schulpsychologe Kinderarzt Jugendhilfe Eltern Lerntherapeut Dr. J. Schulze-Bergmann

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  23. Dr. J. Schulze-Bergmann

  24. Unterrichtliche Hilfen: Die meisten RS-Didaktiker empfehlen eine tägliche Übungszeit von 15 Minuten im Grundschulbereich. Längere Übungsphasen führen nicht zu einem besseren Erfolg. Schwache Schüler können pro Tag nur eine begrenzte Zahl an neuen Wörtern aus dem Grundwortschatz aufnehmen (< 10). Es ist für den Erfolg des Lernens wichtig, rückgreifende Übungen zu planen, d. h. zurückliegende Inhalte mehrmals und in größeren Abständen zum Übungsinhalt zu machen. Schwächere Schüler benötigen dabei eine direkte Rückmeldung und Ermunterung. Dr. J. Schulze-Bergmann

  25. Der Verband bietet eine Ausbildung zum Legasthenietrainer an. Die Ausbildung ist als Fernstudium über 2 bis 4 Semester zu absolvieren und kostet etwa 200,00 €. Der Verband ist eine auch in Deutschland anerkannte Ausbildungseinrichtung. Auf der Homepage finden sich zahlreiche Fachbeiträge alsDownload. Der Verband hält jährliche Symposien ab. Dr. J. Schulze-Bergmann

  26. ReLv: Rechtschreiben erforschen –Lesen verstehen. Ein Unterrichtsprojekt zur Prävention von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten. Das Projekt wurde 2004 im Kreis Gütersloh an mehreren Schulen eingeführt und bis 2007 erprobt. Ein Projektbericht liegt vor. Das städtische Jugendamt verzeichnete seit 1993 einen deutlichen Anstieg an Förderanträgen gem. §35a SozGB VIII, diese Anträge wurden deshalb z. T. auch gerichtlich erfolgreich durchgesetzt, weil die Schulen keine kompetente Hilfen nachweisen konnten. Die Stadt hatte in der Folge erhebliche Kosten zu tragen. Mit dem Projekt ReLv erhoffte sich die Stadt Gütersloh eine Kosteneinsparung die Rückverlagerung der Fördermaßnahmen an die Schulen. Die Erprobungsphase wurde erfolgreich abgeschlossen. Die Maßnahme kann nicht weiterlaufen, weil Personal und Gelder fehlen. Dr. J. Schulze-Bergmann

  27. FRESH: Freiburger Rechtschreibschule Es handelt sich um eine Fördermethode, die im Raum Freiburg entwickelt und erprobt wurde. Evaluationsberichte liegen seit 1994 und 1998 vor. Die Methode stützt sich auf zwei Ansätze: Die Modellvorstellung von Ordnerstrukturen, die sich im Gehirn bilden und die nach bestimmten Prinzipien arbeiten Die Annahme, die Störungen für die Ordnerbildung , die bei der Aufgabenlösung ‚Schreiben‘ und ‚Lesen‘ auftreten, identifizieren zu können und durch gezielte Fördermaßnahmen beheben zu können. Dr. J. Schulze-Bergmann

  28. Das Modell eines Ordners hat folgende Struktur: Extern: Visuelle Akustische + kinästhetische Information Intern Gespeicherte Bilder, Klang- und Bewegungsmuster z. B. Silben Selbst gesteuertes Rechtschreiben Extern: Motorische Handlungen: Schreiben sprechen Intern Gelernte Klang- und Bewegungsmuster Dr. J. Schulze-Bergmann

  29. Der Verband ist bundesweit organisiert. Der Verband schätzt die Zahl der Analphabeten in Deutschland auf 4 Millionen. 30 Millionen Euro werden jährlich von der Bundesregierung für die Förderung dieser Personengruppe bereitgestellt. Dr. J. Schulze-Bergmann

  30. Der Bundesverband ist nach Landesverbänden organisiert • Der wissenschaftliche Beirat ist besetzt mit 3 namenhaften Sprachwissenschaftlern und Sprachpsychologen. • Der Verband zertifiziert Lerntherapeuten • Der Verband organisiert nationale Fachtagungen • Der Verband gibt Unterstützung bei fehlender Förderung Dr. J. Schulze-Bergmann

  31. Für legasthene Kinder stellen die deutsche und die englische Schriftsprache unterschiedliche Aufgaben dar: Im Englischen sind die inkonsistenten Graphem-Phonem-Beziehungen häufiger als im Deutschen, daher fällt das Erlernen dieses Schriftsprachsystems schwerer. Englische SuS haben diese Probleme ebenfalls und es gibt eine entsprechende fachliche Diskussion und es liegen Lernmaterialien vor. In der Regel korrelieren die Zensuren in den Fächern Deutsch und Englisch stark, d. h. es gibt keine SuS mit schwachen Deutschzensuren, die gute Zensuren im Fach Englisch haben. Dr. J. Schulze-Bergmann

  32. Quellen: Laut, Grünke, Brunstein (Hg.) Interventionen bei Lernstörungen, Göttingen 2004 Klicpera, Gasteiger-Klicpera. Psychologie der Lese- und Schreibschwierigkeiten, Weinheim1998. Warnke, Hemminger, Roth, Schneck. Legasthenie. Leitfaden für die Praxis, Göttingen 2002 Remschmidt, Schmidt, Proustka. Multiaxiales Klassifikationsschema für psychische Störungen nach ICD-10 der WHO, Bern 2006, S. 293 ff Astrid Kopp-Duller. Legathenie und LRS. Download-Angebot des EÖDL, dyslexie research center 2008 Landerl, Karin. Legasthenie in Deutsch und Englisch. Frankfurt 1996 Klicpera, Schabmann, Gasteiger-Klicpera. Legasthenie. Weinheim 2007 Dr. J. Schulze-Bergmann

  33. Beispiel für ein schulinternes LRS-Programm: Dr. J. Schulze-Bergmann

  34. Zielsetzung und Vorgehensweise Ausgangslage und Zielsetzung • LRS hat Auswirkungen auf eine Vielzahl von Fächern • Trotz ihrer normalen bis hohen Intelligenz kann die Teilleistungsschwäche „LRS“ zu Problemen und schlechten Noten in vielen Fächern führen(unleserliche Schrift, geringe Schreibgeschwindigkeit, Textverständnisprobleme....) • Wenn diese Schwäche im Schulalltag nicht adäquat berück- sichtigt wird, „gehen die Kinder unter“ (Motivation, Selbst- bewusstsein,..) • Probleme zwischen Schülern, Lehrern und Eltern • Ziel ist, zu definieren: Wie gehen wir damit im Schulalltag konkret um? Inhaltliche Schwerpunkte (Bsp.) Vorgehensweise und Beteiligte • Hilfestellung im Unterricht ? • ... • Rücksichtnahme bei Klassenarbeiten • Form (z.B. mündlich, nicht handschriftlich) • Bewertung(z.B.Grün statt Rotstift ) • Zeitrahmen • Notengewichtung ? • ... • Motivation ? • Arbeitsteam bilden (Lehrern und Eltern) • Erarbeitung einer Handlungsrichtlinie • inhaltliche Schwerpunkte definieren • Ausgestaltung • Ergebnis im Kollegium kommunizieren Dr. J. Schulze-Bergmann

  35. Handlungsrichtlinien 1 2 3 Analyse der Lernsituation Fördermaß-nahmen und Fortbildung Leistungsfest-stellung undbewertung • Schriftliche und mündliche Arbeiten • Zeugnisse • Schulische Bedingungen • Soziales Umfeld • Voraussetzungen • Kinder • Im Unterricht • In der Schule • außerhalb der Schule • Eltern • Lehrer 4 Verantwortlichkeiten/Verfahrensweise Verantwortliche/Schule AnsprechpartnerEltern/Kind FortschreibungLRS-Entwicklungsprog. LRSArbeitskreis Dr. J. Schulze-Bergmann

  36. Ausgestaltung 1 1 Analyse derLernsituation Handlungsempfehlungen/Maßnahmen Kurzfristig (Schuljahr 03/04) Mittelfristig (Schuljahr 04/05) Schulische Bedingungen Fortsetzung der LRS- Förderung in den Klassen 7 - 10 • 6 Stunden Deutschunterricht/Woche • Sprachdiagnosetest/Rechtschreibtest nach 4-6 Unterrichtswochen, danach Einteilung in bedarfs- spezifische Fördergruppen (7 – 15 Sch.): Sprach- förderung, Rechtschreibförderung, LRS-Förderung, Schreibwerkstatt, falls möglich. • Fortsetzung des Förderunterrichts in den Klassen 6 ( 5. Deutschstunde) • Leseförderung z.B. durch Vorlesewettbewerb • Lehrerfortbildung zum Thema LRS • Fortsetzung der LRS-Förderung in den Klassen 7-10 wünschenswert Soziales Umfeld • Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus a) durch Information durch die Eltern noch vor der Einschulung und gemeinsamer Beratung von Fördermaßnahmen (Aufnahmegespräche) b)durch Zusammenarbeit LRS-Arbeitskreis mit der Schule c) durch Elternarbeit des LRS-Arbeitskreises (z.B. Elternstammtische) d) Vorstellung des Arbeitskreises beim Begrüßungsfest Voraussetzungen Aktueller Status: Herkunft der Schüler/innen aus 7 verschiedenen Grundschulen mit unterschiedlichem Lernstand zu Beginn des 5. Schuljahrs; Feststellungder LRS in der Grundschule oft erst kurz vor dem Übergang in die Sekundarstufe I, daher auch erst rela-tiv später Beginn der speziellen Fördermaßnahmen; LRS-Informationen fürGrundschulen bereitstellen; Durch Lernstandserhebungenund Kernlehrpläne in den Grundschulen mehr Klar-heit über die Lernvoraus-setzungen bei den Fünft-klässlern schaffen Dr. J. Schulze-Bergmann

  37. Ausgestaltung 2 2 Fördermaßnahmen und Fortbildung Handlungsempfehlungen/Maßnahmen Kurzfristig Mittelfristig Kinder • Förderstunde mit Lehrkraft von außerhalb (z.B. Ruheständler/in, bezahlt von Eltern/Schule über Förder verein,.....) • individuelle Hilfen während des Unterrichtsanbieten (z.B. ge- nügend Zeit geben und Arbeitstempo beobachten, getippte Arbeitsblätter/große Schrift, andere Übungsformen im Unter- richt anbieten, Kind nicht an Tafel schreiben lassen) • zusätzliche Arbeitsblätter in Bezug auf anstehende Ar- beiten verteilen, damit zu Hause geübt werden kann • Computergeschriebene HA erlauben • Vortragsabende des LRS-Kreises • Broschüre durch LRS-Kreis erstellen • 2-monatlicher Stammtisch zwecks Hilfe zur Selbsthilfe, Information und Er- fahrungsaustausch Eltern Lehrer • Fortbildungsveranstaltung für Lehrer Dr. J. Schulze-Bergmann

  38. Ausgestaltung 3 3 Leistungsfeststellungund Bewertung Handlungsempfehlungen/Maßnahmen Kurzfristig Mittelfristig Schriftliche und mündliche Arbeiten • Arbeitsblätter und Aufgaben werden getippt (große Schrift) • „LRS“-Vermerk im Notenbuch des Lehrers • Rechtschreibleistung nicht in die Note mit einbeziehen (alle Fächer) • Notenrückstufung aufgrund der Recht- schreibung (ab Klasse 7 prinzipiell möglich) wird nicht vorgenommen • Mehr Zeit, Aufgabenumfang reduzieren (Ein- klammern von Aufgaben) oder andere Aufgaben zur Verständnissicherung – indivi- duell je nach Fach und Kind • Möglichst viel mündlich abfragen • Schul-Laptop darf für Arbeit genutzt werden(ab Kl. 9) • In der Fachkonferenz-Deutsch Bewertungskatalog für Fehler aufgrund der LRS aufstellen ebenso für Fremdsprachen • Berücksichtigung der Handlungs- empfehlungen beim Programm „Deutsch in allen Fächern“) Zeugnisse(gemäß LRS-Erlaß desKultusministeriums) • Beurteilung statt Note möglich • Soweit LRS bei der Note berücksichtigt wird, enthält das Zeugnis einen entspr. Vermerk • Leserechtschreibleistung darf bei der Ent- scheidung über die Versetzung nicht den Ausschlag geben Dr. J. Schulze-Bergmann

  39. Ausgestaltung 4 4 Verantwortlichkeiten/Verfahrensweise Handlungsempfehlungen/Maßnahmen Kurzfristig) Mittelfristig) Verantwortliche/Schule • Zentraler Ansprechpartner/Kompetenz- team für Lehrer und zugleich Koordinator für den Kontakt zum AK-LRS • Führen einer zentralen Liste bzgl. Betroffener – als Basis für Förderung etc. (Liste nur für Schule einsehbar) Ansprechpartner fürEltern/Schüler • Klassenlehrer(in)/Deutschlehrer(in) als erste Ansprechpartner/Anlaufstelle Fortschreibung LRS-Entwicklungsprogramm • Workshop des Arbeitsteams mit Lehrern zwecks Weiterentwicklung und Optimierung der Maßnahmen Arbeitskreis LRS • Veröffentlichung von Informationen auf der Homepage der Schule Dr. J. Schulze-Bergmann

  40. Einzelfall aus Paderborn. Das Kind wurde1993 geboren. Die Mutter berichtet, dass sie den Spracherwerb des Kindes nicht als normal empfand. Hinweise oder Besondere Überprüfungen durch den Kinderarzt fanden nicht statt. Es wurde ein Jahr zurückgestellt. Bereits im Ersten Schuljahr zeigte sich eine verzögerte Lernentwicklung. Die Grundschulkollegin lehnte eine Wiederholung der Klassenstufe 1 ab, erwog aber die Überweisung des Kindes in den Förderschulbereich. Die Mutter lehnte diese Schullaufbahn ab. Die Mutter übernahm die weitere Initiative, der immer deutlicher werden Schwäche nachzugehen. Ende Klasse 4 wurde an der Kinderklinik Hannover eine deutliche ausgeprägte Schwerhörigkeit festgestellt. Im Abschlusszeugnis der Grundschule finden sich keinerlei Hinweise auf die Lernverzögerung oder Beeinträchtigung. Das Kind erhält ein Hörgerät. Dr. J. Schulze-Bergmann

  41. 2005 geht das Kind über in eine Paderborner Gesamtschule . 2005 wird mit Hilfe eines Rechtschreibtests die schwache rechtschreibliche Entwicklung festgestellt (Prozentrang unter 15). Das Kind besucht diverse Förderkurse der Schule (Deutsch, Englisch, Mathematik) zusammen mit bis zu 15 SuS. 2007 wird der Mutter schriftlich von der SL bestätigt, dass • die Schule eine weitere fachliche Förderung nicht leisten könne, • eine weitere Förderung notwendig sei, • das Kind seelische Beeinträchtigungen zeige. Ende 2007: Die Mutter stellt beim zuständigen Jugendamt den Antrag auf Einzelfallhilfe bzw. Eingliederung und Kostenübernahme für die außerschulische Förderung. Der Eingang des Antrags wurde weder bestätigt, noch bis Anfang 2009 beschieden. Dr. J. Schulze-Bergmann

  42. Förderformen oder Maßnahmen bei Leistungsüberprüfungen, mit denen der Nachteil ausgeglichen werden könnte, sind nicht bekannt. Dr. J. Schulze-Bergmann

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