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Die Seele des Fremden und ihre Krankheiten oder

Die Seele des Fremden und ihre Krankheiten oder Niemand wird als Migrant geboren. A. Friedmann Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Wien D.Vyssoki Ambulanz Esra Wien.

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Die Seele des Fremden und ihre Krankheiten oder

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Presentation Transcript


  1. Die Seele des Fremden und ihre Krankheiten oder Niemand wird als Migrant geboren A. Friedmann Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Wien D.Vyssoki Ambulanz Esra Wien

  2. Definition von „Migrantin“: Migrantinnen sind eine inhomogene Gruppe Migrationserfahrung • 1. Generation: im Ausland geboren, als Erwachsene eingewandert • Generation 1,5: im Ausland geboren, in Österreich aufgewachsen • 2. und 3. Generation: in Österreich geboren und aufgewachsen Aufenthaltsdauer Sprachliche und sozioökonomische, Bildungsunterschiede Stadt/Land Kulturelle, religiöse Unterschiede

  3. Unterschied Migrant-Ausländer • Der Begriff Migrantin ist anders zu verstehen als der Begrifff Ausländerin • . Der Begriff MigrantIn beschreibt bewegliche Menschen- unabhängig von ihrer Herkunft • Der Begriff AusländerIn - fremde Menschen die sich unter Umständen nie von ihrem Geburtsort wegbewegt haben- z.B. Inländer mit ausländischem Pass!)

  4. Migration? PUSH PULL TOURISMUS STUDENTENAUSTAUSCH BERUFSMIGRATION FAMILIEN- ZUSAMMENFÜHRUNG SAISONNIER KRIEGSGEFANGENE DIASPORA GASTARBEITER FLÜCHTLINGE EXIL

  5. ARBEITSMIGRANTINNEN GASTARBEITER • aus den Gebieten ex-Jugoslawiens • aus der Türkei • Italien • Deutschland • (EU-Bürger sind keine Gastarbeiter)

  6. ARMUTSFLÜCHTLINGE • aus dem arabischen Raum • aus bestimmten Regionen ex-Jugoslawiens • aus Albanien • aus Afrika • aus Indien, China und Mongolei • aus Regionen ex-UdSSR: Kaukasus und dem Schwarzmeerraum

  7. FLÜCHTLINGE nach GENFER KONVENTION Afghanistan, Armenien, China, Georgien, Indien, Irak, Iran, Kosovo, kurdische Regionen, Libanon, Nigeria, Mongolei, Pakistan, Ruanda, Somalia, Sudan, Syrien, Tschetschenien, Türkei, Usbekistan, Weissrussland...

  8. Einige grundsätzliche Überlegungen und Thesen: • MIGRATION IST DER VERSUCH DER VERWIRKLICHUNG EINER UTOPIE. • MANCHE UTOPIEN SIND REALISTISCH, MANCHE MÖGLICH, MANCHE IRREAL. • DIE MEISTEN MIGRATIONEN SIND SÜD-NORD bzw. OST-WEST-MIGRATIONEN. • JEDE MIGRATION IST EINE BELASTUNG, DEREN AUSMASS VON MEHREREN • FAKTOREN ABHÄNGT: •  Grund der Migration • – Verbesserung einer ganz guten Situation • - Verbesserung einer ganz schlechten Situation (Flucht, Vertreibung, Not) •  Erwartungshaltung und Wirklichkeit •  Eigenschaften des Migranten • – Alter und sozialer Status (alleine, Familie, Gruppe) • - Fertigkeiten (Sprache, Beruf, soziale Kompetenz, Anpassungsfähigkeit) • - psychische Stabilität Eigenschaften des Zielorts – Vergleich mit Ursprungsort und ursprünglicher Gesellschaft mit der Aktuellen • - Auffangnetze • Geschichte der Verluste vs. Geschichte der Gewinne Freier Wille? Information? Individuelle & soziale Situation? Traum, Wirklichkeit, Hilfe

  9. Einige grundsätzliche Überlegungen und Thesen: Mögliche GEWINNE VERLUSTE • Gräber undAngehörige • die gewohnte Gesellschaft, ihre Sitten und Werte • Sprache u. a. Kommunikation • Position im sozialen Gefüge • Lebensumgebung • Wohnung, Möbel, Erinnerungs- stücke • gewohnte Tagesabläufe • oft auch religiöse Milieus • Verlust von Zugehörigkeit • ökonomische Verunsicherung • Erhalt der Sitten, Gesell- schaft, Werte durch Ghetto- bildung o./u. Parallelgesellschaft) • oder gesellschaftliche Inte- gration und Partizipation • Erlernen der neuen Sprache • Verbesserung der Position im sozialen Gefüge • Anpassung und Verbesserung der neuen Lebensumgebung • Eingewöhnung • Erhalt des religiösen Milieus • ökonomische Stabilisierung BILANZ DER ZUWANDERUNG? BILANZ FÜR DIE 2., DIE 3. GENERATION?

  10. GRUNDSÄTZLICHES AUSGANGSPUNKT MIGRATION ZIELORT Visum, rechtliche Bedingungen Sozioökonomische und kulturelle Probleme Arbeitslosigkeit Arbeitsmigration Hungersnot, 3.Welt-Verhältnisse, Kriegsgebiete Sozioökonomische und kulturelle Probleme, Rechtsprobleme, Armuts- kriminalität Abwehr und Hindernisse Sozioökonomische und kulturelle Probleme, Rechtsprobleme, Armuts- Kriminalität, Inquisition Staatskriminelle Verflechtung, Rechtsunsicherheit Abwehr und Hindernisse, Relativer Asylgrund Sicherheit Sozioökonomische und kulturelle Probleme, Rechtsprobleme, Inquisition, Retraumatisierung Verfolgung i.S. Genfer Konvention Abwehr und Hindernisse, Angst Flüchtlinge

  11. D Y N A M I K am ZIELORT am AUSGANGSPUNKT während der MIGRATION ISOLATION HILFLOSIGKEIT ANGST RESIGNATION TRAUMA STABILISIERUNG AUF NIEDRIGEM NIVEAU UNSICHERHEIT TRAUMASYMPTOMATIK HOCHSPANNUNG ANGST HOFFNUNG LATENZ DEPRESSION DEMÜTIGUNG LATENZ BELASTUNG DYSPHORIE Rezidivierende Belastungen, sequentielle Retraumatisierung Rezidivierende Belastungen, sequentielle Traumatisierung DEPRESSION DEMÜTIGUNG DYSPHORIE

  12. ad: FLÜCHTLINGE NACH DER GENFER KONVENTION AKUTE und AKUTE MASSIVE BELASTUNGEN meist REZIDIVIEREND HEIMAT Anhaltende UNSICHERHEIT und ANGST FLUCHT Rezidivierende retraumatisierende BELASTUNGEN ASYLVERFAHREN XENOPHOBIE ÄNGSTE

  13. MIGRATIONSDYNAMIK und ihre möglichen FOLGEN Trauma/Traumata AKUTE BELASTUNGSREAKTION Wiederholte kleinere Belastungen CHRONISCHE BELASTUNGSREAKTION Bewältigung Bewältigung Scheinbewältigung Scheinbewältigung Retraumatisierung Neue Belastungen POSTTRAUMATISCHEBELASTUNGSSTÖRUNG ANPASSUNGSSTÖRUNGEN Retraumatisierungen Weitere Belastungen Weitere Belastungen Traumatisierung ANDAUERNDE PERSÖNLICHKEITSVERFORMUNGEN (F62.0) Chronischer rezidivierender Leidensdruck, innerfamiliäre und soziale Fehlanpassung, Aggressivität, Depression, Süchte, somatoforme und Impulskontrollstörungen, rezidivierende Erregungszustände, „flashbacks“, Selbstschädigungen, Borderline-Symptomatik und erhöhte Suizidalität.

  14. Population der Ambulanz für Transkulturelle Psychiatrie [1994-2006] [n= 2916] Diagnostizierte Störungen

  15. Zeitraum: 1994-2004 Insgesamt: 1400 Frauen (54% der Patienten), dabei 31% Asylwerberinnen Diagnostisch (ICD-10) : 77%  F3, F4, F5, F6 (>50% F43.x) Psychosomatische Komorbidität Altersgruppe 17-30: 29% Cephalea, Unterleibsbeschwerden 16% schädlicher Substanzmissbrauch, Süchte 11% Konversionsstörungen, Dissoziation 9% Borderline-Symptomatik, Selbsbeschädigung 9% Essstörungen Altersgruppe 30-45: 38% Cephalea, Gastritis, Ulcus, Colitis 24% Dys-, Amenorrhoe; Scheinklimakterium 22% Hypertonie 18% Wirbelsäulenprobleme 8% Konversionsstörungen, Dissoziation 4% schädlicher Substanzmissbrauch (Tranquillizer) Altersgruppe 45-60: 41% Wirbelsäulenprobleme (ohne Substrat) 39% Hypertonie 34% Dys-, Amenorrhoe; Scheinklimakterium 30% Cephalea, Gastritis, Ulcus, Colitis

  16. Phase der Dekompensationnach ca 7 Jahren (Haasen): • Suchterkrankungen nach ca 6,7 Jahren • schizophrene Störungen nach ca 6,9 Jahren • affektive Störungen nach ca 8,9 Jahren und • neurotische Störungen, somatoforme Beschwerden sowie Belastungsstörungen nach mehr als 9 Jahren auftreten

  17. Migrationsprozess nach C. E. Sluzki

  18. Österreich ist ein Einwanderungsland?aber ab wann ist man ein Österreicher? • Wenn man die deutsche Sprache beherrscht und weiß, wer Kant und Goethe waren? • Nur wenn deutsches Blut in den Adern fließt? • Wenn man in Österreich geboren ist? • Wenn man mindestens seit 6, 10, 20 Jahren in Österreich lebt? • Wenn man die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten hat? • Wenn man die kulturellen Werte Österreichs verinnerlicht hat? • VOLKS ? --- STAATSZUGEHORIGKEIT ?

  19. Daten – Statistik • Österreich: 764.314 Männer und Frauen ohne österr. Staatsbürgerschaft. • 352.323 Frauen (9,5 %) • 158.236 kommen aus dem ehemaligen Jugoslawien • 57.142 aus der Türkei • Aufgeschlüsselt auf die Bundesländer sind • in Wien 18 % Männer und Frauen, • im Burgenland 4,2 % anteilig nicht österreichische Staatsbürger. Quelle: Österreichisches Forum für Migrationsstudien 2003

  20. Soziale Benachteiligung und Migration • niederer gesellschaftlicher Status hinsichtlich Bildung und beruflicher Position • hohe Arbeitslosigkeit(Österr: 6%, Ex-Jugoslawien: 8%, TürkInnen: 11%) • hohe Armutsgefährdung(Österr. gesamt: 11%; Männer: 9%, Frauen: 13%, MigrantInnen: 22%, Langzeitarbeitslose: 31%, AlleinerzieherInnen: 50%)

  21. Gender Aspect„Was betrifft Frauen (anders) als Männer“ Migrantinnen • heiraten früher • der Anteil der ledigen Migrantinnen ist geringer • leben oft in transnationalen Haushalten • traditionelles Rollenverständnis – sind für reproduktive Aufgaben in Familie zuständig • haben durchschnittlich mehr Kinder (T: 2,69; Ex-YU: 1,96; Ö: 1,23; Münz/Kytir 2003) • geben seltener ihre Kinder in den Kindergarten • patriarchal-traditionalistische Gewalt • FGM: Beschneidung afrik. Frauen – auch an in Österr. geborenen Mädchen wird Genitalverstümmelung durchgeführt

  22. Nicht die Migration macht krank, sondern die Lebensumstände, in die manhineinversetzt wird durch die Migration.

  23. Gesundheitliche Risiken • seltener bei Gesundenuntersuchungen • höhere Rate von Fehlgeburten (24,5% M., 14,4% Ö.; Appelt 2003) • höhere Säuglingssterblichkeit (T: 8,9‰, Ex-YU: 2,8‰, Ö: 5,1‰; Münz et al 2003) • seltener Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen • Gesundheitliche Situation im Herkunftsland: z.B. höheres Risiko für TBC, Hepatitis B, … • Häusliche köperliche und sexuelle Gewalt gegen Migrantinnen • Frauen als Opfer des Frauenhandels • Hohe psychische Belastung, fehlende soziale Netze

  24. Gender Aspect„Was betrifft Frauen (anders) als Männer“ • Erhöhte psychische und körperliche Gesundheitsrisiken durch Dreifachbelastung von Migrantínnen: • rechtliche und soziale Diskriminierung als Minoritätsangehörige • berufliche Benachteiligung - aufgrund mangelnder Berufsausbildung auf unattraktive und unsichere Arbeitsplätze angewiesen • geschlechtsspezifische Ungleichheiten in Familie und Beruf

  25. Sensible Phasen für psychische Krisen: • 1. Ankunftsphase • 2. Migration im Alter der Pubertät • 3.„Bilanzierungskrisen“ im mittleren Lebensalter (Brucks, 2004)

  26. Migration und Migrationserfahrungen als kritische oder traumatische Ereignisse • Krisenmodelle • Akkulturationsmodelle • Unterschiedsmodelle • Herwartz-Emden & Rieken (2001)

  27. Krisenmodell • Krisenmodelle gehen davon aus, dass Migration dann zu Krisen führt, wenn: • die Anforderungen des Migrations- und Integrationsprozesses - • individuellen Ressourcen überschreiten

  28. Akkulturationsmodell • MigrantInnen begegnen einer neuen Kultur • müssen dabei (meist unbewusst) entscheiden, ob sie ihre alte Kultur • aufgeben sollen oder nicht.

  29. Verhalten gegenüber der Gesellschaft Assimilation Akkulturation Isolation Separation Integration

  30. Akkulturationsmodell • Gemäß dieser Vorstellung bergen drei der vier Entscheidungen das Potential einer Krise in sich: • Assimilation (überangepasste oder einseitig an die Aufnahmegesellschaft orientierte MigrantInnen) Segregation (unterangepasste oder einseitig an die Herkunftsgesellschaft orientierteMigrantInnen) • Marginalisation (vereinsamte und orientierungslose MigrantInnen).

  31. Unterschiedsmodell • Unterschiedsmodelle sehen den Unterschied zwischen Aufnahme- und Herkunftsgesellschaft als die Quelle allen Migrationsstresses. • Es wird angenommen, dass je größer dieser Unterschied ist (je größer die kulturelle Distanz), • desto stärker der Stress und häufiger die Krisen der MigrantInnen sind

  32. Besondere Migranten-Krisensituation • Es gibt keine typischen Krisensituationen von Migranten, aber diese Krisen können um den Belastungsaspekt Migration reicher. • Es wird sehr wohl Menschen geben, die besondere Therapie brauchen werden, da sie in wichtigen Bereichen wenig Resoursen haben(Armut,Sprchkentnisse......)

  33. Kulturspezifische Krisenintevention • Menschen anderer Kulturen sind in vielfältiger Weise anders: • Aber es gibt keine besonderen Interventions Rezepte: Es gibt nur kultursensible therapeutische und beraterische Haltungen,die in wesentlichen charakteresiert sind durch: • eine bewußte Analyse der eigenen Wert- vorstellungen und Haltungen

  34. Was ist Interkulturelle Kompetenz? • Interkulturelle Kompetenz ist die Fähigkeit, Bereitschaft angemessen, respektvoll und erfolgreich in einer fremdkulturellen Umgebungoder mit Angehörigen anderer Kulturen zu kommunizieren, sich auszutauschen (Hinz-Rommel 1996:20)

  35. Rezept für “interkulturelle Kompetenz” • 3 Esslöffel Empathie • 2 Gläser frische Anteilnahme • 70 g Erkennen von Affekten • 5-7 Messerspitzen sinnliche Erfahrung • 5 Tüten Querdenken • 4 Stück eingelegten Scharfsinns • eine Prise freundliche Neugier (es darf auch etwas mehr sein) • eine Portion Weisheit • einen guten Schuss Nachsichtigkeit • Dosierung je nach Bedarf - keine Stereotypien Arist von Schlippe,

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