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Skript zu den Seminaren Deutsch für Schüler mit Migrationshintergrund GS / Sek I. Ulrich Mehlem Universität Bielefeld WS 2008 / 2009. Ulrich Mehlem, Universität Bielefeld Skript zum WS 2008/09. Sprache und Migration Einführung. Individuelle und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit
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Skript zu den SeminarenDeutsch für Schüler mit MigrationshintergrundGS / Sek I Ulrich MehlemUniversität BielefeldWS 2008 / 2009
Ulrich Mehlem, Universität BielefeldSkript zum WS 2008/09 Sprache und MigrationEinführung • Individuelle und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit • Sprache und Integration: Grundbegriffe • Faktoren des Zweitspracherwerbs • Soziokulturelle Rahmenbedingungen und Zweitspracherwerb • Frühe Zweisprachigkeit: Chance oder Handicap
Gesellschaftliche Mehrsprachigkeit = es gibt mehrere Sprachen in einer Gesellschaft Territorialprinzip Übergreifende Mehrsprachigkeit einsprachig mit Minderheitenregionen einsprachig durch Migration Individuelle Mehrsprachigkeit = eine Person gebraucht mehrere Sprachen - (+ nur in Grenzregionen) + (Mehrheit der Bürger) +/- nur Minderheiten +/- nur Migranten 1.1. Typen von Mehrsprachigkeit
Erstspracherwerb Sprache (L1) wird zuerst gelernt Sprache wird perfekt gelernt „Muttersprache“ „Familiensprache“ Zweitspracherwerb Sprache (L2) wird später gelernt Spracherwerb erreicht das Niveau von Muttersprachlern nicht (immer) „öffentliche Sprache“ „offizielle Sprache“ 1.2. Erst- und Zweitspracherwerb: Ein grobes Schema
1.3. Erst- und Zweitspracherwerb: Präzisierungen • Es gibt oft mehr als eine Herkunftssprache - binationale Ehen - mehrere Sprachen im Herkunftsland (türkisch - kurdisch / russisch - kasachisch) • Eltern geben ihre Sprache(n) nicht immer an Kinder weiter • Deutsch ist oft auch Familiensprache • Deutsch verdrängt die Herkunftssprache • Sprachloyalität (Festhalten an eigener Sprache / Stolz auf eigene Sprache) sehr unterschiedlich
2.1. Typen sprachlicher und sozialer Integration (Esser 2006, 8)
2.2. Dimensionen individueller Integration • Kulturelle Integration: Erwerb von Wissen und Fähigkeiten • Strukturelle Integration : Platzierung auf Positionen in Wirtschaft, Bildung, Institutionen • Soziale Integration: Aufnahme von Kontakten und sozialen Beziehungen • Emotionale Integration: Identifikation mit Werten, Lebensstilen, Vorstellungen(Esser 2006, S.8)
2.3. Bedeutung der Sprache für die Integration • Ressource = Teil des Humankapitals der Akteure • Symbol = kollektive Identifikation; verknüpft mit Wertvorstellungen der Sprachgemeinschaft; definiert Situationen, z.B. Aktivierung von Stereotypen über den (ausländischen) Sprecher, etwa durch Akzent; • Medium der Kommunikation und der darüber verlaufenden Transaktionen (Esser 2006, S.11)
2.4. Erklärungsmodell des Zweitspracherwerbs (Esser 2006, 14) (1)-(4): Soziokulturelle Rahmenbedingungen des Zweitspracherwerbs, vgl. 4
3.Faktoren des Zweitspracherwerbs • Motivation (z.B. Spracheinstellungen, Migrationsgründe, kommunikativer und sozialer Wert von L2) • Input / Gelegenheit (z.B. Kontakt zur L2, Sprachangebot) • Effizienz des Lernens (individuelle Lernvoraussetzungen und institutionelle Bedingungen) • Kosten des Lernens (linguistische und soziale Distanz zur L2, Lernbarrieren)(Esser 2006, S.16f)
3.1.Motivation • freiwillige Migration ( temporäre, erzwungene Migration) • niedriges Eineisealter bzw. Geburt in Dtld • Interethnische Kontakte ( ethnische Konzentration) • Bildung (auch der Eltern) • Kulturelles Kapital (auch der Eltern) • Kommunikativer Wert von L2 • Sozialer / institutioneller Wert von L2 • Transnationale Beziehungen
3.1.Motivation: Bezugspersonen und Spracheinstellungen • Positive Erfahrungen mit Sprechern der Zweitsprache • Wunsch zur Kontaktaufnahme mit ihnen • Positive Einstellung zur Zweitsprache im familiären Umfeld • Gebrauch von L2 in der Familie • Respekt / Interesse der Deutschsprecher vor / für die Erstsprache • Gesellschaftl. Klima der Offenheit und Toleranz gegenüber Zuwanderern
3.2.Input: Sprachangebot • Qualitäta) Verständlichkeitb) Interaktionc) Beziehung des Sprechers zum Lernerd) Reaktionen auf Äußerungen des Lernerse) Differenziertheit der Sprache • Quantität: Umfang des Inputs • Familie: hohes Einreisealter der Eltern korreliert negativ auch mit dem L2-Erwerb junger Kinder • Familie: höhere L2-Kompetenz der Eltern korreliert positiv mit dem L2-Erwerb junger Kinder
3.3. / 3.4.Effizienz und Kosten des Lernens • Bildung (der Eltern) • Kulturelles Kapital (z.B. Vorstellungen über Lernen, Wert des Lernens etc.) • Schriftkultur generell (z.B. Schreibfähigkeiten in L1) • Besuch von Sprachkursen (empirisch nicht ausreichend belegt) • Geringe soziale und kulturelle Distanz • Geringe linguistische Distanz L1 / L2 • Intelligenz
4. Soziokulturelle Rahmenbedingungen (positiv für L2-Erwerb +) 1. Familien- und Migrationsbiographie • Wanderungs- und Bleibemotiv (freiwillig + / nicht temporär + MOT) • Aufenthaltsdauer + INPUT • Einreisealter („kritische Periode“) + EFF / MOT • Bildung (im Herkunftsland / in Deutschland) + EFF/ MOT • mitgebrachtes kulturelles Kapital (z.B. Literalität, Traditionen und Eigenwert des Lernens) + EFF / MOT • kultureller Eigenwert von L2 + MOT • Intelligenz + EFF
Soziokulturelle Rahmenbedingungen II 2. Herkunftskontext (HK) • kommunikativer Wert von L1 (Sprecherzahl, Status, „Sprachprestige“) - MOT • Zugang zu L2 im HK (informell) + INPUT • Sprachunterricht in L2 im HK (formell) + INPUT • linguistische Distanz von L1 und L2 (andere Sprachfamilie) - EFF • räumliche Distanz von HK zu AK + MOT / INPUT • kulturelle Distanz von HK zu AK (Religion, Lebensformen etc.) +/- EFF
Soziokulturelle Rahmenbedingungen III 3. Aufnahmekontext (AK) • interethnische Kontakte+ MOT/ INPUT (Ursache/Folge) • Arbeitsmarkt im AK + MOT / INPUT • kommunikativer Wert von L2 + MOT • sozialer und institutioneller Wert von L2 + MOT • Kollektivgutwert der L2 als lingua franca + MOT • soziale Distanz AK-HK - EFF • institutionelle Förderung der L1 - MOT • Angebot an Sprachkursen für L2 + EFF / INPUT
Soziokulturelle Rahmenbedingungen IV 4. Bedingungen der ethnischen Gruppe • Verfügbarkeit von Übersetzern - MOT • ethnische Konzentration - INPUT / MOT • Größe der ethnischen Gruppe - INPUT / MOT • Anteil an bilingualen Sprechern - INPUT / MOT • Gebrauch der L1 in der Familie - INPUT / MOT • binnenethnischer Partner - INPUT / MOT • Kontrolle und Kohäsion in der Familie +MOT: L1 • Kinder und deren Kontakte +/–(Esser 2006, 22-37)
5.1.Typen zweisprachiger KompetenzSöhn 2005, 7 dominant bilingual in L1 dominant bilingualin L2
Keine kognitive Belastung Größere geistige Beweglichkeit Übertragbarkeit von in L1 entwickelten Fähigkeiten Funktionale Differen-zierung der Sprachen Recht auf „eigene Sprache“ Größere psychische Stabilität bei Erhaltung von L1 L1 auf Kosten von L2 Gefahr: „doppelseitige Halbsprachigkeit“ Keine / geringe Übertragbarkeit von in L1 entwickelten Fähigkeiten Vorrang der Öffentlichkeit (Bildung / Arbeitsmarkt) und damit von L2 Weniger psychische Probleme bei Einsprachigkeit 5.2. Frühe Zweisprachigkeit – Chance oder Handicap? Was meinen Sie ?