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Hubert Schulte. Finanzreform 2020 „Alles neu“ oder „weiter so“?. Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013. 1. Thesen.
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Hubert Schulte Finanzreform 2020 „Alles neu“ oder „weiter so“? Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013 1
Thesen • Die Argumente für eine Abschaffung oder grundlegende Umgestaltung des geltenden Ausgleichssystems sind nicht tragfähig. Deshalb sollte das System in den bisherigen Grundstrukturen von Umsatzsteuerverteilung, Länderfinanzausgleich und BEZ, mit den wesentlichen Einzelelementen und der bisherigen Ausgleichsintensität weiterbestehen. • Dennoch sind im Rahmen des geltenden Ausgleichssystems eine Reihe von Weiterentwicklungen, Überprüfungen und Aktualisierungen erforderlich. • Darüber hinaus besteht Bedarf an grundlegenden Reformen in den angrenzenden Themenfeldern bundesstaatlicher Finanzierung. Dabei können vertikale Elemente einen wichtigen Beitrag leisten Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013 2
Zu prüfende Argumente, mit denen eine Abschaffung oder grundlegende Umgestaltung des geltenden Ausgleichssystems vielfach begründet wird: • Das System läuft aus dem Ruder. Die Zahlerländer sind überfordert. • Die Finanzkraft wird zu stark nivelliert. Am Ende wird sogar die Finanzkraftreihenfolge umgekehrt (Übernivellierung). • Das System gibt keine Anreiz, die eigene Wirtschafts- und Steuerkraft zu stärken. • Berlin überfordert das System und muss als Hauptstadt gesondert (vertikal) finanziert werden. Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
These: Das Ausgleichssystem läuft aus dem Ruder - die wenigen Zahler sind überfordert. Die Fakten: Relative Belastung der Zahlerländer im Länderfinanzausgleich 2012 * Finanzkraftmesszahl Abgrenzung LFA (Gemeindesteuern zu 64 %) Quelle: Zweite Verordnung 2012, BR-Drs. 681/13 v. 10.9.13; eigene Berechnungen Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013 4
*Finanzkraftmesszahl Abgrenzung FAG; Ansatz Gemeindesteuern wegen Vergleichbarkeit auch vor 2005 einheitlich mit 64 % Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
* Finanzkraftmesszahl Abgrenzung FAG; Ansatz Gemeindesteuern wegen Vergleichbarkeit auch vor 2005 einheitlich mit 64 %
Die relativen Belastungen der heutigen Zahler sind im längerfristigen Vergleich nicht besonders hoch: • Bayern ist mit 8,2 % geringer belastet als der jeweilige „Hauptzahler“ in allen Jahren seit 1996 und liegt deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 10,8 %. • Hessen trug in 2012 mit 6,0 % eine geringere Last als in allen Jahren seit 1995. • Die Belastung für Baden-Württemberg lag immer unter 8 % und betrug seit 1995 im Durchschnitt 6,4 %. • Die Gesamtbelastung der drei Zahlerländer liegt seit 1999 praktisch unverändert bei rund 7,5 %. • Insgesamt ist die Belastung damit nicht „ausgeufert“; vielmehr ist die Belastung unter den 3 Zahlerländern gleichmäßiger verteilt. Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013 7
These: Die Finanzkraft der Länder wird zu stark nivelliert; die Reihenfolge der Länder wird umgekehrt. Die Fakten: • Die angebliche Veränderung der Reihenfolge wird durch eine unzulässige Berechnungsmethode erreicht (Weglassen der Einwohnerwertung, Einbeziehung der SoBEZ). • Die methodisch korrekte Berechnung des BMF zeigt keine Veränderung der Finanzkraftreihenfolge. • Unter Berücksichtigung der gesamten kommunalen Finanzkraft sind die Abstände zwischen den Ländern noch einmal deutlich größer als in den BMF-Berechnungen. Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
Verbleibende Steuern nach LFA und allgemeinen BEZ 2011/2012in € je Einwohner Steuern der Länder: Abgrenzung FAG mit tatsächlichem GrErwSt-Aufkommen , voller GewStUmlage und ohne Kürzung gem. § 7 Abs.3 FAG Gemeindesteuern: Aufkommen nach Kassenstatistik (100 %) Berechnung für Durchschnitt der Jahre 2011 und 2012; Berechnungsstand März 2014 Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
Finanzkraftdifferenzen umgerechnet auf die Einwohnerzahl: • Bayern (bereinigte Ausgaben LuG 2012: 64,8 Mrd. €) verfügt über • 2,9 Mrd. mehr als der Durchschnitt der westdeutschen Empfängerländer • 4,7 Mrd. mehr als der Durchschnitt der neuen Länder • Bei Hessen (bereinigte Ausgaben LuG 2012: 35,1 Mrd. €) sind es • 2,4 Mrd. gegenüber Thüringen und • 1,6 Mrd. gegenüber Rheinland-Pfalz • Baden-Württemberg (bereinigte Ausgaben LuG 2012: 52,9 Mrd. €) verfügt umgerechnet über 3,0Mrd. mehr als Rheinland-Pfalz Steuern der Länder: Abgrenzung FAG mit tatsächlichem GrErwSt-Aufkommen , voller GewStUmlage und ohne Kürzung gem. § 7 Abs.3 FAG Gemeindesteuern: Aufkommen nach Kassenstatistik (100 %); Ausgaben LuG nach Kassenstatistik Berechnung für Durchschnitt der Jahre 2011 und 2012; Berechnungsstand März 2014 Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
Verbleibende Steuern nach LFA und allgemeinen BEZ 2011/2012in % des Durchschnitts Steuern der Länder: Abgrenzung FAG mit tatsächlichem GrErwSt-Aufkommen , voller GewStUmlage und ohne Kürzung gem. § 7 Abs.3 FAG Gemeindesteuern nach Kassenstatistik (100 %) Berechnung für Durchschnitt der Jahre 2011 und 2012, Berechnungsstand März 2014 Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
Ein Vergleich der tatsächlichen Finanzausstattung (mit voller Einbeziehung des Gemeindesteueraufkommens) zeigt keine Anhaltspunkte für eine vollständige Einebnung der Finanzkraftunterschiede oder Veränderung der Finanzkraftreihenfolge. • Der Abstand zwischen dem stärksten und dem schwächsten Flächenland beträgt 11,7 Prozentpunkte (414 € je Einw.) und ist damit deutlich größer als in der Abgrenzung LFA/BMF. • Bei grundsätzlich identischen Aufgaben begründet dies schon erhebliche Unterschiede in der finanziellen Leistungsfähigkeit der Länder. • Die neuen Länder liegen im Durchschnitt um 3,9 Punkte unter den westdeutschen Empfängerländern. Dies ist vor allem Folge der geringen kommunalen Steuerkraft. Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
These: Die hohe Grenzbelastung ist anreizfeindlich. Gerade für die Empfängerländer besteht kein Interesse sich um die Stärkung von Witschafts- und Steuerkraft zu kümmern. Die Fakten; • Vgl. Jahrbuch 2013 S. 387ff. • Isolierte Berechnungen zur Grenzbelastung ergeben ein unzutreffendes Bild. Die tatsächliche Grenzbelastung zusätzlicher Steuereinnahmen ist ausgesprochen niedrig. • Der Zusammenhang von Grenzbelastung, Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen ist logisch und empirisch nicht belegt. Die tatsächlichen Entwicklungen widersprechen der Anreizhypothese. • Die Anwendung des Steuerrechts ist bundesweit stark koordiniert. Unterschiede in der Ausstattung der Steuerverwaltung stehen nicht in Zusammenhang mit den Auswirkungen des Finanzausgleichs Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
These: Berlin „sprengt“ den Rahmen des Finanzausgleichs und muss als Hauptstadt einen Sonderstatus außerhalb des Finanzausgleichs bekommen. Die Fakten: • Die LFA- und BEZ- Leistungen an Berlin haben nichts mit der Hauptstadtfunktion zu tun; sie sind ausschließlich Folge der Steuerschwäche. • Die Leistungen im LFA erscheinen außerordentlich hoch wegen unterschiedlicher Einwohnerwertungen bei Umsatzsteuerverteilung und Finanzausgleich. • Bei einer Gesamtbetrachtung von Umsatzsteuerverteilung, Länderfinanzausgleich und BEZ erhält Berlin nicht mehr Leistungen als die anderen neuen Länder. • Eine Sonderstellung Berlins dürfte aus Gleichbehandlungsgründen verfassungsrechtlich kaum zulässig sein. Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
Zwischenergebnis: Die Argumente für eine Abschaffung oder grundlegende Umstellung des Ausgleichssystems lassen sich kaum auf Fakten stützen. Deshalb kann das geltende Ausgleichssystem in seinen Grundstrukturen auch über 2020 fortbestehen. Notwendig sind aber Korrekturen und Weiterentwicklungen im Rahmen des geltenden Ausgleichssystems. Wesentliche Ansatzpunkte: • Kommunale Finanzschwäche • Demografische Entwicklung • Transparenz • Aktualisierung und Überprüfung Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
Umfassender Reformansatz durch die Einbeziehung weiterer „Finanzströme“ • Begrenzung der Themenbreite erforderlich, damit Diskussions- und Verhandlungsprozess handhabbar bleibt • Kriterium für die Einbeziehung weiterer Themen: • Unmittelbare Auswirkung auf die Haushalte von Ländern und Gemeinden • Relevante Größenordnung • Unterschiedliche Auswirkungen in den Ländern • Vergleichsmaßstab: Ergebnis des bundesstaatlichen Finanzausgleichs mit einer Streuung von 300 – 400 € je Einwohner zwischen finanzstarken und finanzschwachen Ländern. • Beispiele • Sozialausgaben • Zinsausgaben Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
SVR: Sozialausgaben der Länder einschließlich ihrer Gemeinden 2008in % des kalkulatorischen nominalen BIP Quelle: SVR-Jahresgutachten 2011/2012, Tz. 332 Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
Zinsausgaben der Flächenländer (einschl. Gemeinden) 2012in € je Einwohner Kassenstatistik 1.-4. Vierteljahr 2012 Kernhaushalte einschl. Auslaufperiode Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
Bei den Sozialausgaben bestehen Unterschiede zwischen den Flächenländern in der Größenordnung von 300-450 € je Einwohner • Bei den Zinsausgaben sind es - ohne Saarland - bis zu 250 € je Einwohner • Beide Themen haben für die Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Länder damit vergleichbare Bedeutung wie der bundesstaatliche Finanzausgleich. • Ohne die Lösung dieser Probleme kann auch ein reformierter Finanzausgleich die Einhaltung der Schuldenbremse durch alle Länder nicht gewährleisten. • Naheliegend sind vertikale Lösungen mit erheblichen horizontalen Ausgleichseffekten. Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013
Zusammenfassung • Die Argumente für eine Abschaffung oder weitgehende Umgestaltung des geltenden Ausgleichssystems sind nicht tragfähig. Deshalb sollte das System in den bisherigen Grundstrukturen von Umsatzsteuerverteilung, Länderfinanzausgleich und BEZ, mit den wesentlichen Einzelelementen und der bisherigen Ausgleichsintensität weiterbestehen. • Dennoch sind im Rahmen des geltenden Ausgleichssystems eine Reihe von Weiterentwicklungen, Überprüfungen und Aktualisierungen erforderlich. • Darüber hinaus besteht Bedarf an grundlegenden Reformen in den angrenzenden Themenfeldern bundesstaatlicher Finanzierung. Dabei können vertikale Elemente einen wichtigen Beitrag leisten Jahrbuchtagung Leipzig, September 2013 20