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14. Charta - Marktplatz Neuss Schadenregulierung nach der VVG – Reform und dem Wegfall des Alles-oder-Nichts - Prinzips

14. Charta - Marktplatz Neuss Schadenregulierung nach der VVG – Reform und dem Wegfall des Alles-oder-Nichts - Prinzips. Prof. Dr. Karl Maier. Bundestag verabschiedet neues VVG. Süddeutsche Zeitung vom 7.7.2007. Bundestag verabschiedet neues VVG. Bild vom 7.7.2007.

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14. Charta - Marktplatz Neuss Schadenregulierung nach der VVG – Reform und dem Wegfall des Alles-oder-Nichts - Prinzips

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  1. 14. Charta - Marktplatz NeussSchadenregulierung nach der VVG – Reform und dem Wegfall des Alles-oder-Nichts - Prinzips Prof. Dr. Karl Maier Prof. Dr. Karl Maier

  2. Bundestag verabschiedet neues VVG Süddeutsche Zeitung vom 7.7.2007 Prof. Dr. Karl Maier

  3. Bundestag verabschiedet neues VVG Bild vom 7.7.2007 Prof. Dr. Karl Maier

  4. Einheitliche Grundsätze bezüglich der Rechtsfolgen • Neue Grundsätze • Einfache Fahrlässigkeit bleibt folgenlos • Grobe Fahrlässigkeit: Kürzung entsprechend Verschulden • Vorsatz führt zur Leistungsfreiheit • Leistungsfreiheit nur soweit Kausalität für VersFall/Umfang der Leistung • Nur bei arglistigem Verhalten Kausalität nicht erforderlich • Belehrungspflichten • Kündigungserfordernis besteht nicht mehr Prof. Dr. Karl Maier

  5. VVG Reform: Einheitliche Grundsätze bezüglich der Rechtsfolgen • Anwendungsbereiche der neuen Grundsätze insbesondere: • Verletzung vertraglicher Obliegenheiten • Gefahrerhöhung • Grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls Prof. Dr. Karl Maier

  6. 1 Die Verletzung vertraglicher Obliegenheiten Prof. Dr. Karl Maier

  7. § 28 VVG 2008 Verletzung vertraglicher Obliegenheiten • (2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er nur leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen, die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der VN. • (3) Abweichend von Abs. 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat. Prof. Dr. Karl Maier

  8. Vertragliche Obliegenheiten § 28 II VVG 2008 Prof. Dr. Karl Maier

  9. § 28 VVG 2008 Verletzung vertraglicher Obliegenheiten - Beispielsfälle: • Fall 1: VN fährt mit BAK von 1,2 Promille, Unfall. Auswirkungen auf die KH – und die Kaskoversicherung ? • Fall 2: VN begeht Unfallflucht • Fall 3: VN macht im Fragebogen falsche Angaben über das Bestehen einer zweiten Unfallversicherung/über die Laufleistung des gestohlenen Fahrzeugs • Leistungsfreiheit des Versicherers ? Prof. Dr. Karl Maier

  10. § 28 VVGE Vertragliche Obliegenheiten – Voraussetzungen der Leistungsfreiheit gleich für OLV vor und nach VersFall • Tatbestand der Obliegenheitsverletzung • (BWL VR) • Verschulden: mindestens grobe Fahrlässigkeit • (BWL Vorsatz: VR, grobe Fahrlässigkeit : VN) • Kausalität. Auch bei Vorsatz! Ausnahme: Arglist. • (BWL VN) • Belehrung in Textform (bei OLV nach VersFall) • - wohl nicht bei Arglist • - nicht bei spontan zu erfüllenden Obliegenheiten (Unfallflucht) Prof. Dr. Karl Maier

  11. § 6 I und II VVG a.F. Tatbestand der OLV Verschulden (leichte Fahrl. ausr) Kündigung Kausalität VersFall/Leistung § 28 VVGE n.F. Tatbestand der OLV Verschulden (Vorsatz/grobe Fahrl.erf.) Kausalität VersFall/Leistung § 28 VVG 2008 Obliegenheiten vor Eintritt VersFall Fall 1: Trunkenheitsfahrt Prof. Dr. Karl Maier

  12. § 28 VVGE Vertragliche Obliegenheiten Fall1 : Trunkenheitsfahrt 1. Problem: Ist der Verstoß gegen die Verpflichtung, ein Kfz nicht in fahruntüchtigem Zustand zu führen vorsätzlich, grob fahrlässig oder leicht fahrlässig erfolgt ? Grundsatz aus der Strafgerichtsbarkeit: Aus bestimmten Promillegehalt läßt sich nicht auf Vorsatz schließen Folge: Grobe Fahrlässigkeit. Folge: Kürzung der Leistung entsprechend der Schwere des Verschuldens (in KH Obergrenze des Regresses: 5000 Euro) Prof. Dr. Karl Maier

  13. Trunkenheitsfahrt 2. Problem: Ist in der KH – Versicherung überhaupt zu kürzen oder ist der VN schon durch die Regreßlimitierung auf 5000 Euro geschützt ? Frage: Ist es gerechtfertigt, den KH – VN doppelt zu privilegieren ? einerseits: BGH hat Relevanztheorie in KH nicht angewendet (weil durch Regreßlimitierung Alles – oder - Nichts – Prinzip in KH nicht gilt) andererseits: in VVG kein Anhaltspunkt, dass Kürzung in KH nicht gelten soll, Quotierung daher auch in KH. So auch in AKB 2008 vorgesehen (Gegen Kürzung Nugel NZV 2008, 15: teleologische Auslegung) Prof. Dr. Karl Maier

  14. Trunkenheitsfahrt 3. Problem: Kann bei abs. Fahruntüchtigkeit um 100 % gekürzt werden ? Gesetzesbegründung (S. 80): „Für das Ausmaß der Leistungspflicht des Versicherers ist entscheidend, ob die grobe Fahrlässigkeit im konkreten Fall nahe beim bedingten Vorsatz oder aber eher im Grenzbereich zur einfachen Fahrlässigkeit liegt“ - 100 % möglich: Römer (VersR 2006, 740), Rixecker (Zfs 2007,15) – vom Ergebnis (Prävention) her sicher sinnvoll, aber - liegt dann noch eine „Kürzung“ vor ? - ist es gerechtfertigt, 1,1 und 1,4 Promille gleich (nämlich mit 100 %) zu kürzen ? Prof. Dr. Karl Maier

  15. Trunkenheitsfahrt 4. Problem: Sind bei Kürzung 5000 Euro als zu kürzender Gesamtbetrag anzusehen oder ist gesamte Regreßforderung zu quoteln und dann mit 5000 Euro zu deckeln? - § 116 VVG läßt den Regreß des VR wegen einer Obliegenheitsverletzung zunächst in unbeschränkter Höhe zu. Auszugehen ist daher zunächst von gesamter Regreßforderung des VR. - Diese ist in einem ersten Schritt gem. § 28 Abs. 2 VVG zu kürzen - Erst in einem zweiten Schritt kommt die KfzPflVV zur Anwendung und limitiert nun das gefundene Ergebnis auf 5000 Euro. - Der VN soll also bis zum Gesamtbetrag von 5000 Euro „normal“ behandelt werden, erst ab diesem Betrag greift der Schutz von § 5 KfzPflVV ein. Prof. Dr. Karl Maier

  16. Trunkenheitsfahrt noch 4. Problem: Sind bei Kürzung 5000 Euro als zu kürzender Gesamtbetrag anzusehen oder ist gesamte Regreßforderung zu quoteln und dann mit 5000 Euro zu deckeln? Beispiel 1: Regreßforderung 8000, Quote 50 %: Ergebnis: Regreß : 4000 Beispiel 2: Regreßforderung 12.000, Ouote 50 %: Ergebnis: Regreß: eigentlich 6000, aber auf 5000 limitiert Prof. Dr. Karl Maier

  17. Trunkenheitsfahrt 5. Problem: Muss die Quote in der Kaskoversicherung (§ 81 VVG) der in der KH - Versicherung (§ 28 Abs. 2 VVG) entsprechen ? Zwar bezieht sich Verschulden im Rahmen von § 28 Abs. 2 VVG auf die begangene Obliegenheitsverletzung, bei § 81 dagegen auf Herbeiführung des Versicherungsfalls. Aber: - Einheitlicher Lebensvorgang - Verschulden wiegt in beiden Fällen gleich - Praktikabilität - Vermittelbarkeit Prof. Dr. Karl Maier

  18. Vertragliche Obliegenheitennach Versicherungsfall OLG Saarbrücken 5 U 269/06 VN unterhielt bei zwei VR Unfallversicherungen. Nach einem Unfall weigert sich ein VR zu bezahlen. Der VN habe in einem ihm zugesandten Fragebogen die ausdrückliche Frage nach anderweitigen Unfallversicherungen zu Unrecht verneint. VN verlangt Bezahlung weil: • Er nur fahrlässig gehandelt habe • Die Frage nicht sachdienlich sei, weil mehrere Verträge zulässig seien • Die Obliegenheitsverletzung sei folgenlos geblieben Prof. Dr. Karl Maier

  19. Vertragliche Obliegenheiten • Der Leistungsfall • 7 Was ist nach einem Unfall zu • beachten (Obliegenheiten)? • Ohne Ihre Mitwirkung und die der versicherten Person können wir unsere Leistung nicht erbringen. • 7.1 Nach einem Unfall, der voraussichtlich eine Leistungspflicht herbeiführt, müssen Sie oder die versicherte Person unverzüglich einen Arzt hinzuziehen, seine Anordnungen befolgen und uns unterrichten. • 7.2 Die von uns übersandte Unfallanzeige müssen Sie oder die versicherte Person wahrheitsgemäß ausfüllen und uns unverzüglich zurücksenden; von uns darüber hinaus geforderte sachdienliche Auskünfte müssen in gleicher Weise erteilt werden. • 7.3 Werden Ärzte von uns beauftragt, muss sich die versicherte Person auch von diesen untersuchen lassen. Die notwendigen Kosten einschließlich eines dadurch entstandenen Verdienstausfalles tragen wir. • 7.5 Hat der Unfall den Tod zur Folge, ist uns dies innerhalb von 48 Stunden zu melden, auch wenn uns der Unfall schon angezeigt war. • Uns ist das Recht zu verschaffen, gegebenenfalls eine Obduktion durch einen von uns beauftragten Arzt vornehmen zu lassen. Prof. Dr. Karl Maier

  20. § 6 III VVG a.F. Tatbestand der OLV Verschulden (Vorsatz oder grobe Fahrl.) Vorsatzvermutung Bei grober Fahrlässigkeit: - Kausalität für Feststellung VersFall/Umfang der Leistung Bei Vorsatz: - Keine Kausalität erf. Belehrung hierüber Relevanztheorie § 28 VVG n.F. Tatbestand der OLV Verschulden (Vorsatz/grobe Fahrl.) VR muss Vorsatz beweisen Kausalität für FeststellungVersFall/Umfang der Leistung auch bei Vorsatz Kausalität erf. Bei Arglist: - keine Kausalität erforderlich Belehrung (§ 28 IV VVG) § 28 VVGE Vertragliche Obliegenheiten – nach Eintritt VersFall - Voraussetzungen der LeistungsfreiheitBeispiel: Fragebogen Prof. Dr. Karl Maier

  21. Vertragliche ObliegenheitenZiff 7 AUB 99 • Welche Folgen hat die Nichtbeachtung • von Obliegenheiten? • Wird eine nach Eintritt eines Unfalles zu erfüllende Obliegenheit verletzt, verlieren Sie den Versicherungsschutz, es sei • denn, Sie haben die Obliegenheit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. (Ab 1.1.2009: Bei grober Fahrlässigkeit nur Leistungskürzung möglich) • Bei grob fahrlässiger Verletzung behalten Sie insoweit den Versicherungsschutz, als die Verletzung weder Einfluss auf die • Feststellung des Leistungsfalls noch auf die Bemessung der Leistung gehabt hat. (Ab 1.1.2009 falsch: auch bei Vorsatz Kausalität erforderlich) • Bei vorsätzlicher Verletzung behalten Sie in diesen Fällen den Versicherungsschutz insoweit nur, wenn die Verletzung • nicht geeignet war, unsere Interessen ernsthaft zu beeinträchtigen, oder wenn Sie kein erhebliches Verschulden trifft (ab 1.1.2009 falsch, Leistungsfreiheit nur bei Kausalität) Prof. Dr. Karl Maier

  22. Exkurs: Anpassungsbedarf AUB Abschluss bis zum 31.12.2007 (Altbestand) 01.01.2008 01.01.2009 neues VVG altes VVG an VVG angepasste AVB Abschluss ab dem 1.1.2008 (Neuverträge) 01.01.2008 01.01.2009 neues VVG altes VVG an VVG angepasste AUB Gleichzeitige Geltung von zwei unterschiedlichen VVG/AUB Versionen Prof. Dr. Karl Maier

  23. an VVG angepasste AVB Mitteilung der AVB Änderung Umstellungs-Szenario Bestandsverträge • Für Bestandsverträge mit Abschluss bis zum 31.12.2007 gilt bis 31.12.2008 das alte VVG weiter (Artikel 1 Abs. 1 EGVVG) • Notwendige Bedingungsänderungen müssen dem VN einen Monat vor dem 1.1.2009 mitgeteilt werden (Artikel 1 Abs. 3 EGVVG) Abschluss bis zum 31.12.2007 (Bestandsverträge) 01.01.2008 01.01.2009 01.12.2008 neues VVG altes VVG Prof. Dr. Karl Maier

  24. Vertragliche Obliegenheitennach Versicherungsfall OLG Saarbrücken 5 U 269/06 Lösung nach § 6 Abs. 3 VVG 2007 • Die Frage ist sachdienlich, höheres Risiko des VR bei mehrfacher Absicherung desselben Risikos • VN hat vorsätzlich gehandelt, der VN hatte dieselbe Frage am selben Tag bei beiden VR falsch beantwortet. Zudem: Vorsatzvermutung • Ob bei Vorsatz Obliegenheitsverletzung folgenlos geblieben ist oder nicht, spielt derzeit keine Rolle. Das ergibt sich aus § 6 Abs. 3 VVG a.F.und Ziff. 8 AUB 99 • Anders aber nach der VVG – Reform: § 28 Abs. 3 VVG Prof. Dr. Karl Maier

  25. § 28 VVGE Verletzung vertraglicher Obliegenheiten Sonderproblem: § 28 Abs. 3 (Kausalität): § 28 (3) VVG: Abweichend von Abs. 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den - Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles ( = Obliegenheitsverletzungen vor Versicherungsfall) noch für die - Feststellung oder den Umfang der Leistungspflichtdes Versicherers ( = Obliegenheitsverletzung nach Versicherungsfall) ursächlichist. • Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat. Prof. Dr. Karl Maier

  26. Vertragliche Obliegenheiten OLG Saarbrücken 5 U 269/06 Lösung nach § 6 Abs. 3 VVG 2007 • Die Frage ist sachdienlich, höheres Risiko des VR bei mehrfacher Absicherung desselben Risikos • VN hat vorsätzlich gehandelt, der VN hatte dieselbe Frage am selben Tag bei beiden VR falsch beantwortet. Zudem: Vorsatzvermutung • Ob bei Vorsatz Obliegenheitsverletzung folgenlos geblieben ist oder nicht, spielt derzeit keine Rolle. Das ergibt sich aus § 6 Abs. 3 VVG und Ziff. 8 AUB 99 • Anders aber nach der VVG – Reform! Prof. Dr. Karl Maier

  27. Vertragliche Obliegenheiten OLG Saarbrücken (Lösung nach neuem VVG): - Vorsatz liegt vor Auch bei Vorsatz Kausalitätserfordernis! • Kausalität des Verschweigens der zweiten Unfallversicherung für Feststellung des Versicherungsfalls oder Umfang der Leistungspflicht ? • Es genügt nicht irgend ein Nachteil, der darin liegt, dass das Feststellungsverfahren ohne die Obliegenheitsverletzung anders verlaufen wäre, sondern es müssen die Feststellungen selbst imErgebnis zum Nachteil des Versicherers beeinflusst sein. • Also Frage: Hätte der VR bei wahrheitsgemäßer Angabe Beweise erheben und Feststellungen treffen können, die beim Herausfinden der Falschangabe nicht mehr möglich waren ? • (Letzteres ist bei Angabe einer falschen Laufleistung zweifelhaft) Prof. Dr. Karl Maier

  28. Aufklärungsobliegenheiten Fallbeispiel: • VN meldet den Diebstahl seines kaskoversicherten Fahrzeugs. Der VR ist bereit zu regulieren und übersendet dem VN einen Fragebogen zur Wertermittlung des Fahrzeugs. VN gibt auf die entsprechende Frage an, sein Fahrzeug habe eine Laufleistung von 40.000. Noch bevor es zu einer Zahlung seitens des VR kommt erfährt dieser, dass der tatsächliche Kilometerstand sich auf 55.000 belaufen hat. Auf dem Fragebogen findet sich folgende Belehrung: • „Bewusst unrichtige oder unvollständige Angaben gefährden den Versicherungsschutz auch dann, wenn dadurch dem Versicherer kein Nachteil entsteht!“ • Alternative: „Eine grob fahrlässig oder vorsätzlich falsche Beantwortung nachfolgender Fragen kann zu Leistungsfreiheit führen“ Prof. Dr. Karl Maier

  29. falsche Angaben zur Laufleistung:Lösung Tatbestand: Aufklärungspflicht (Ziff. E. 1.1.3 AKB) ist verletzt Verschulden (Ziff E.2.1.AKB):Vorsatz müsste vom VR bewiesen werden Kausalität (Ziff. E.2.2 AKB) Mangelnde Kausalität eines Obliegenheitsverstoßes folgt nicht schon daraus, dass der VR nichts bezahlt hat. Beispiel: Verkehrsunfallflucht. Dagegen dürften die Feststellungen im Fall einer falsch angegebenen Laufleistung allenfalls erschwert werden, letztlich wird dem VR im Endeffekt durch ein derartiges Verhalten aber kein Nachteil entstehen, so dass sich der VR häufig - trotz vorsätzlich falscher Angabe - nicht auf Leistungsfreiheit berufen können wird. Anders bei Arglist. Es ist anzunehmen, dass die Rechtsprechung diese bei eindeutig falschen Auskünften annehmen wird Prof. Dr. Karl Maier

  30. falsche Angaben zur Laufleistung:Belehrungserfordernisse Belehrung (§ 28 IV VVG) 1, Inhaltliche Probleme: Die erste Belehrung wäre dann richtig, wenn noch das VVG a.F. anzuwenden wäre. Das ist dann der Fall, wenn der Vertrag im Jahr 2007 geschlossen worden ist. Wäre der Vertrag im Jahr 2008 zustande gekommen, wäre die Belehrung falsch weil: 1. „bewusst“ - auch grob fahrlässige Verletzungen schaden 2. „auch wenn kein Nachteil“ (bei mangelnder Kausalität kann nach § 28 Abs. 3 VVG auch bei Vorsatz keine Leistungsfreiheit eintreten) Die zweite Belehrung wird von Marlow/Spuhl bez. § 28 Abs. 4 VVG vorgeschlagen, sie könnte aber zu knapp sein weil auf Leistungskürzung nicht hingewiesen wird 2. Formelle Probleme: Was bedeutet „durch gesonderte Mitteilung in Textform“? Prof. Dr. Karl Maier

  31. 2 Gefahrerhöhung Prof. Dr. Karl Maier

  32. Subjektive GE §23 Ab.I Folge1:Kündigung verschuldet nicht verschuldet Objektive GE(§27VVG) Kündigung (Monatsfrist) Leistungsfreiheit Derzeitige Struktur Gefahrerhöhung(§§23ff.VVG) Fristlos (max.1Monat nach Kenntnis) 1Monat Kündigungsrecht erlicht, wenn: -vorheriger Zustand wiederhergestellt -Monatsfrist nicht eingehalten • Folge2:Leistungsfreiheit • GE verschuldet(§25 I) GE nicht verschuldet(§25II) • GE kausal für Vfall/Leistungsumfang - LF bei Anzeigepflichtverletzung • -Vfall später als 1Monat nach Anzeigeerfordernis • -Keine Kenntnis des VR • -Kündigung • -Kausalität -unverzügliche Anzeige unterblieben -Versfall später als 1Monat nach Anzeigeerfordernis -Kündigung -Kausalität Prof. Dr. Karl Maier

  33. Neuregelungen Gefahrerhöhung • 1. Neustrukturierung/Zusammenführung der GE – Tatbestände • a) subjektive GE • b) subjektiv unerkannte GE • c) Objektive GE • 2. Änderung der Rechtsfolgen: a) Kündigung aber wahlweise:Prämienerhöhung • b) Leistungsfreiheit nur noch bei grober Fahrlässigkeit • c) dann: Quote statt Alles- oder – Nichts – Prinzip Prof. Dr. Karl Maier

  34. § 23 VVGE Gefahrerhöhung (1) Der Versicherungsnehmer darf nach Abgabe seiner auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten. (subj. GE) (2) Erkennt der Versicherungsnehmer nachträglich, dass er ohne Einwilligung des Versicherers eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder gestattet hat, so hat er die Gefahrerhörung dem Versicherers unverzüglich anzuzeigen. (subj. unerkannte GE) (3) Tritt nach Abgabe der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung des Versicherungsnehmers eine Gefahrerhöhung unabhängig von seinem Willen ein, so muss er sie dem Versicherer unverzüglich nach Kenntniserlangung anzeigen. (objektive GE) Prof. Dr. Karl Maier

  35. §26 VVG 2008 Leistungsfreiheit wegen GE Definition Gefahrerhöhung: Eine Gefahrerhöhung liegt vor bei einer nachträglichen Erhöhung der bei Vertragsschluss tatsächlich vorhandenen gefahrerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalles oder die Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher machen. Der neu geschaffene Gefahrenzustand muss zudem von gewisser Dauer sein (Prölss, in: Prölss/Martin § 23 Rdnr. 4 und 11). Prof. Dr. Karl Maier

  36. Gefahrerhöhung • Fallbeispiel OLG Celle VersR 2008, 204: • Die VN beantragte bei ihrem Kaskoversicherer eine Entschädigungsleistung für einen gestohlenen Audi. Ihr Geschäftsführer, der den Pkw nutzte, verwahrte den Kfz-Schein von Anfang an in der Servicemappe im Pkw. Er gab weiter an, vier Originalschlüssel für den Pkw besessen zu haben, von denen einer verloren gegangen sei. Möglicherweise habe er einen der Schlüssel im Fahrzeug liegen lassen. • Der VR berief sich auf § 81 VVG Die VN verteidigt sich u.a. damit, dass das Hinterlassen von Fahrzeugschlüssel und Kfz-Schein im Pkw nicht ursächlich für den Diebstahl gewesen sei Prof. Dr. Karl Maier

  37. Fristlos bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit im Fall subjektiver GE 1 – Monatsfrist Bei einfacher Fahrlässigkeit oder bei Verstoß gegen nachträgliche Anzeigepflicht im Fall der objektiven oder subjektiv unerkannten GE Rechtsfolgen der Gefahrerhöhung1. Kündigungsrecht des VR (§ 24 VVG 2008) Prof. Dr. Karl Maier

  38. Rechtsfolgen der Gefahrerhöhung2. Prämienerhöhung (§ 25 VVGE) • Prämienerhöhung: wahlweise und an Stelle des Kündigungsrechts • Bemessung nach den für höhere Gefahren maßgeblichen Geschäftsgrundsätzen • Bei mehr als 10 % Erhöhung fristlose Kündigung durch VN möglich innerhalb eines Monats nach Mitteilung • Diesbezügliche Hinweispflicht des VR Prof. Dr. Karl Maier

  39. 3. Leistungsfreiheit wegen GE §26 VVG 2008 (1) Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, so ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach §23 Abs.1 vorsätzlich verletzt hat. Im Falle einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmer entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer. (2) (3)Die Befreiung des Versicherers von der Pflicht zur Leistung oder deren Einschränkung nach den Absätzen 1 und 2 entfällt, 1.soweit die Gefahrerhöhung nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ist oder 2. wenn zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles die Frist für die Kündigung des Versicherers abgelaufen und die Kündigung nicht erfolgt war. Prof. Dr. Karl Maier

  40. Rechtsfolgen Gefahrerhöhung3. Leistungsfreiheit - leichte Fahrlässigkeit reicht nicht mehr aus Lösung OLG Celle: • Voraussetzungen der Leistungsfreiheit: • Tatbestand der Gefahrerhöhung (fraglich – erhöht Schein im Handschuhfach Diebstahlsgefahr ?) • Vornahme – positive Kenntnis der Gefahrerhöhung • Verschulden (Vorsatz/grobe Fahrlässigkeit?). Frage: War dem VN der gefahrerhöhende Charakter schuldhaft nicht klar ? (allenfalls grobe Fahrlässigkeit gegeben – dann Kürzung). Nach altem VVG konnte schon leichte Fahrlässigkeit zur Leistungsfreiheit führen • Kausalität Eintritt VersFall/ Umfang Leistungspflicht (BWL: VN!) • Ergebnis • OLG Celle: nach § 26 VVG n.F. könnte VR allenfalls die Leistung kürzen Prof. Dr. Karl Maier

  41. 3 Grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls Prof. Dr. Karl Maier

  42. § 81 VVGE: Herbeiführung des Versicherungsfalles • (1) Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer en Versicherungsfall vorsätzlich herbeiführt • (2) Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, so ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem die Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen • Gem. § 87 E sind abweichende Vereinbarungen zulässig Prof. Dr. Karl Maier

  43. Objektive Komponente Subjektive Komponente Augenblicks-versagen Weitere entlastende Umstände Grobe Fahrlässigkeit Prof. Dr. Karl Maier

  44. § 81 VVG Felsch, r+s 2007, 485 (492): „Auch wenn wir bei der zivilrechtlichen Bestimmung eines Haftungsgrunds regelmäßig zwischen Pflichtverstoß und Verschulden trennen, heißt die Befolgung dieses Prüfungsschemas nicht, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hat. Wer durch grobe Fahrlässigkeit einen Menschen tötet oder dessen Leben in Gefahr bringt, weil die missachtete Sorgfaltspflicht (etwa das Verbot eine rote Ampel zu überfahren) Leben schützen soll, lädt schwerere Schuld auf sich, als ein Mensch, der mit grober Fahrlässigkeit den Diebstahls eines Fahrrads ermöglicht. Das Binnenmaß der groben Fahrlässigkeit wird demnach auch vom Gewicht der verletzten Sorgfaltspflicht mitbestimmt.“ Prof. Dr. Karl Maier

  45. § 81 VVGSchwere des Verschuldens Also: - Zunächst entscheidend ist das Gewicht der objektiven Sorgfaltspflichtverletzung - unterschiedlichen Pflichtverletzungen (Alkohol am Steuer – Schlüssel in Umkleidekabine vergessen) ist ein unterschiedlicher Schuldvorwurf immanent - Generelle Ausgangsbasis 50 % ist unzulässig - Vergleich mit dem Strafrecht: Unterschiedliche Pflichtverletzungen (Straftaten) haben unterschiedliche Strafrahmen: nur innerhalb dieses Strafrahmens kann sich Strafe ja nach Schwere der Schuld bewegen - Auch im Versicherungsrecht ist zunächst eine Art Strafrahmen zu bestimmen, indem nicht Straftatbestände, wohl aber Fallkonstellationen gebildet werden, bei denen per se von einem höheren oder niedrigeren Unrechtsgehalt auszugehen ist. Prof. Dr. Karl Maier

  46. § 81 VVGSchwere des Verschuldens Kriterien zur Bildung von Fallgruppen (Festlegung des (Straf)Rahmens: • Gefährdung anderer • Zeitraum der Pflichtverletzung – Augeblicksversagen • Höhe des Schadens Prof. Dr. Karl Maier

  47. § 81 VVGSchwere des Verschuldens Erst Innerhalb des so gezogenen Rahmens können subjektive Beweggründe zu einer verminderten oder erhöhten Kürzung führen. Solche subjektiven Momente sind beispielsweise: • Vorsatznähe • Schwierige Verkehrssituation • Rücksichtslosigkeit • Augenblicksversagen Prof. Dr. Karl Maier

  48. § 81 VVGSchwere des Verschuldens Leistungsfreiheitsquote bei Rotlichtverstoß Objektives Gewicht Das objektive Gewicht der Pflichtverletzung dürfte im mittleren Bereich liegen. Ein Rotlichtverstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und wird mit einem Fahrverbot von einem Monat geahndet. Allerdings kann auch einem sonst sorgfältigen Fahrer ein Rotlichtverstoßunterlaufen. Im Vergleich zum Straftatbestand einer Alkoholfahrt wiegt das objektive Gewicht des Rotlichtverstoßes geringer, im Vergleich zum Belassen des Fahrzeugschlüssels in einer unbeaufsichtigten Gardarobe schwerer. Gefährdung anderer Erschwerend wirkt sich aus, dass ein Rotlichtverstoß stets mit einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer verbunden ist. Dauer der Pflichtverletzung Zugunsten des VN ist dagegen zu berücksichtigen, dass sich ein Rotlichtverstoß innerhalb weniger Sekunden abspielt, die Pflichtverletzung also nur eine ganz kurzfristige ist. Höhe des Schadens Zu Lasten des VN ist zu berücksichtigen, dass bei einem Rotlichtverstoß stets ein erheblicher Schaden droht Vorgeschlagene Normalfallquote: 50% Prof. Dr. Karl Maier

  49. § 81 VVGSchwere des Verschuldens Die Normalfallquote ist in einem weiteren, zweiten Schritt aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls nach oben oder unten zu korrigieren. Mögliche Gründe für eine höhere Kürzung: - Absichtliches Überfahren der Ampel • Dem VN bekannte Ampel • Mögliche Gründe für eine geringere Kürzung: • Verwirrende Ampelsituation • Blendung durch Sonne • Ablenkung durch Kind am Rücksitz Prof. Dr. Karl Maier

  50. Fälle zur Quotenbildung 1 BGH VersR 2003, 364 VN hatte seinen Pkw bei Rotlicht an der Wartelinie zum Stillstand gebracht. Links neben VN stand ein anderes Fahrzeug, in dem der VN einen Arbeitskollegen erkannte und diesen grüßte. Als VN wieder nach rechts schaute registrierte er fälschlich Grünlicht, fuhr los und kollidierte mit Querverkehr Prof. Dr. jur. Karl Maier Prof. Dr. Karl Maier

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