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MCW: Block 8 „Grundlagen der Psychosomatik“ WS 2009/10. Univ. Prof. Dr. O. Frischenschlager Zentrum für Public Health / Medizinische Psychologie, MUW. Inhaltsübersicht. 1) Fallbeispiel 2) „Verortung“ der Schaltstelle der psychosomatischen Symptombildung 3) Systematik 4) Therapie
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MCW: Block 8„Grundlagen der Psychosomatik“WS 2009/10 Univ. Prof. Dr. O. Frischenschlager Zentrum für Public Health / Medizinische Psychologie, MUW
Inhaltsübersicht 1) Fallbeispiel 2) „Verortung“ der Schaltstelle der psychosomatischen Symptombildung 3) Systematik 4) Therapie 5) Forschungsansätze
1) Fallbeispiel Medizinstudent, 24 Jahre, • chronische Rückenschmerzen
Psychosoziale Anamnese 1) Begrüßung, 2) Herstellen positiver Atmosphäre 3) Übersicht über Beschwerden • 4) jetziges Leiden • 5) persönliche Anamnese (Biographie) • 6) Familienanamnese • 7) persönliche / psychische Entwicklung • 8) soziale Situation
Anamnese • 9) Systemübersicht + integrierte Diagnose • 10) Therapieempfehlungen
1) Fallbeispiel 2) „Verortung“ der Schaltstelle der psychosomatischen Symptombildung 3) Systematik 4) Therapie 5) Forschungsansätze
Die Funktion des Psychischen AUSSEN Reaktion INNEN Verarbeitung Bewertung Sinneswahr- nehmung Sinneswahr- nehmung
Aufgaben psychischer Funktionen? • A) Orientierung • (angeborene) Affekte, • (gelernte) Gefühle, • (nach und nach entwickelte) Kognitionen
B) Regulation • Autoregulation • Heteroregulation(regulierendes Eingreifen in die Umgebungs-bedingungen (z. B. mittels Kommunikation)
C) Anpassung • Lernen • Verinnerlichung des Gelernten (=Integration in Organisation des Organismus / der Person)
3 Fragen • 1) Wie kommt es zur beobachtbaren Varietät psychophysischer Organisation ? • 2) Wie entsteht die psycho-physische Organisation einer Person? • 3) Wie kommt es zu pathologischen Ausformungen?
a) Wie kommt es zur beobachtbaren Varietät psychophysischer Organisation ? • primärdurch • Mangel an Instinktsteuerung des Erlebens und Verhaltens (verglichen mit anderen, auch höheren Lebewesen) • sekundär durch • Kompensationen dieses Mangels
b) Wie entsteht die psycho-physische Organisation einer Person? • Durch Lernen und Internalisierung
Faktoren der psychophysischen Entwicklung • genetische Voraussetzungen • Reifungsplan • angeborene Affektausstattung • angeborene Fähigkeiten und Bedürfnisse • _________________________________ • Lernen • Sozialisation
Mutter --- Kind hetero-regulatorische Interaktionssequenz Spannungszustand + Schreien Wahrnehmung durch die Mutter + Interpretation + mehr oder weniger angemessene Reaktion Entspannung
Viele solcher Sequenzen führen zu: ERWARTBARKEITEN (aufgrund erster Gedächtnisspuren) Später zu ERWARTUNGEN d.h. zur Internalisierung der Sequenzen Sie sind der Kern der psychischen Struktur inner working model, individuelle Herangehensweise, Persönlichkeit, Charakter
Das Kleinkind • internalisiert die regelmäßig wiederkehrenden Szenen und Abläufe, • Sie werden Teil der inneren Organisation, • sind vorerst im episodischen Gedächtnisverankert, • und daher unbewusst
Viele verinnerlichte Szenen bilden ein „inneres Arbeitsmodell“ von der Welt • es beinhaltet Erwartungen / Befürchtungen • es steuert Erleben und Verhaltenund somit • weitere Erfahrungen, weitere Szenen • (siehe auch Freud´s „Wiederholungszwang“)
internalisierte Szenenbestehen im Kern aus: Selbst Anderer Affekt Handlung
Definition von Affekt: • Angeborenes Verhaltensprogramm, das durch spezifische Stimuli ausgelöst wird.
Definition • „Abfolge von aufeinander bezogenen, synchronisierten Veränderungen in den fünf Subsystemen • Ausdruck (=für Sozialpartner erlebbar), • Körpermuskulatur (=Handlungsvorbereitung), • Physiologie, • Erleben (bewusst / unbewusst, hedonische Tönung), • Sprache, • die durch die Bewertung eines externen oder internen Reizes als bedeutsam für die zentralen Bedürfnisse des Organismus ausgelöst wird“ • (Scherer 1990).
Beispiel: EkelAusdruck,Körpermuskulatur,Physiologie,Erleben,Sprache
7 basale Affektqualitäten • sind im expressiven Bereich bereits kurz nach der Geburtbeobachtbar: • Freude • Interesse/Neugier • Überraschung • Ekel • Ärger • Traurigkeit • Furcht
Störungen der Affektentwicklung • deformiertes Affekterleben • des-integriertes Affekterleben • nicht entwickeltes Gefühlsdifferenzierung
Wie werden Affekte „gelernt“? • Konditionierungsvorgänge (klassisch, operant) • Beobachtungslernen (Imitation, Introjektion, Identifikation) • Affektansteckung, Affektinduktion • Affektabstimmung
Untersuchung an 2,5 Monate altenSäuglingen(Malatesta u. Haviland, 1982) 1) Zeigt die Mutter Trauer, führt dies zu: Hemmung des Ärgerausdrucks, Anstieg der Saugbewegungen, Vermeidung des Blickkontakts 2) Zeigt die Mutter Ärger, führt dies zu: Inhibition von Interesse, Anstieg des Ärgerausdrucks, Anstieg motorischer Hemmung Vermeidung des Blickkontakts
vorsprachliche Beziehung • Eine Patientin berichtet von häufig auftretenden aggressiven Impulsen gegen ihr 1-jähriges Kind. • ihr Verhalten gegenüber dem Kind wechselt abrupt: schroff, teilweise aggressiv - • dann, um Schuldgefühle wieder gut zu machen, überschüttet sie das Kind mit Zärtlichkeiten. • häufig reißt sie es dabei sogar aus dem Schlaf.
Zu erwartende Folgen für die affektive Entwicklung 1 • Mangelnde Integration des Erlebens wegen abrupter Wechsel • Auftretende Spannungen können nicht selbst reguliert werden • Mutter fällt als Regulierungshilfe aus, statt ihres Tröstens wird die Irritation verinnerlicht
Folgen 2 • Kind wird bei der Spannungsbewältigung allein gelassen, daher fragliche Grundsicherheit • Die Unterscheidung von eigenem Erleben und dem Erleben des Anderen fällt schwer • Physisches Spannungserleben wird mangelhaft in Psychisches (=kommunizierbare Gefühle) differenziert • Die Störung erfolgt vor dem Spracherwerb
Wenn die Entwicklung gelingt, • kommt es zu einer Differenzierung, • die das Kind zunehmend befähigt, • Gefühle an Stelle von • Affekten zu erleben und zu • kommunizieren.
Das gereifte Kind ist z.B. imstande mitzuteilen, dass es wütend ist…..
Des-Integration des Affekts • besteht, wenn z.B. die • Handlungskomponente, oder der Ausdruck gehemmt ist,
Zur Erinnerung: die Affektkomponenten • Ausdruck • Körpermuskulatur (Handlung) • Physiologie • Erleben, Interpretation • Sprache
Es ist dann auch der Zugang zum • Erlebenund zur Interpretationblockiert. • In diesem Fall ist die physiologische Komponente des Affekts von den anderen Komponenten abgekoppelt.
1) Fallbeispiel 2) „Verortung“ der Schaltstelle der psychosomatischen Symptombildung 3) Systematik 4) Therapie 5) Forschungsansätze
Essstörungen, stoffgebundene Abhängigkeiten Adipositas Bulimie F50.2 Anorexie F50.0 F10-19 E66.9 1) Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen (ICD-10: F5)
2) Befindlichkeitsstörungen • Z.B. • Schwitzen ICD-10: L74.9, • Durchfall ICD-10: K52.9 • Übelkeit ICD-10: R11 (Nausea) • Oft Begleiterscheinungen seelischer Störungen, Affektkorrelate, Affektäquivalente) wie Angst, Depression
3) Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) ICD-10: F44.x • Z.B.: • Lähmung, Tremor, Schwindel, Aphonie, Dysphonie, Taubheit, Globusgefühl, Krampfanfälle, Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen. • IMMER symbolischer Ausdruck! • IMMER unbewusst!
4) Somatoforme Störungen (ohne organische Komponenten) • „…wiederholte Darbietung körperlicher Symptome in Verbindung mit hartnäckigen Forderungen nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederhgolter negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass die Symptome nicht körperlich begründbar sind.“
Z.B. • Herzphobie • Funktionelle Dyspepsie („Reizmagen“) • Colon irritabile, funktionelle Diarrhoe, Obstipation • Hyperventilation • Reizblasensyndrom • Chronische Unterbauchbeschwerden bei Frauen • Somatoforme Rücken- und Kopfschmerzen
5) Körperliche Störung mit psychischen Komponenten ICD-10: F54 z.B. Ko-Morbidität bei: Asthmabronchiale (F54 + J45) Magenulcus (F54 + K25) Colitis ulcerosa (F54 + K51) etc.
Beispiel: Myocardinfarkt • Framingham-Heart-Studie (1948-): • Wulsin et al (2005): • N=3634, alter 52a, 55% weiblich, Zeitraum: 1983-1994 Erfassung der Depressivität, • Personen wurden Tertilen zugeordnet • Ergebnis: • Tertil mit höchster Depression zeigte um 88% mehr Herztote, • das mittlere Tertil um 33% mehr. (P=0.005)
Rugulies (2002): • Meta-Analyse von 11 kontrollierten Studien:Ergebnis: • Relatives Risiko (Odds ratio) für KHK • klinisch Depressive: 2,69 (P<0.001) • depressive Stimmung: 1,49 (P=0.02) • alle depressiven Personen 1,64 (P<0.001)
1) Fallbeispiel 2) „Verortung“ der Schaltstelle der psychosomatischen Symptombildung 3) Systematik 4) Therapie 5) Forschungsansätze
Therapie • 1 Ausführliche Anamnese • 2 Tragfähige Beziehung • 3 Mobilisieren der Affekte (Alexithymie) • 4 Verbalisieren emotionaler Inhalte