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Glauben Sie, was Sie sehen?. Fälschung. Originalaufnahme. Bagdad 2003. Dieselbe Aufnahme, nur aus einem anderen Blickwinkel. Lesestunde 2000. Subjektzentrierung in didaktischer Reflexion IV: Erzählen - Blick auf gesellschaftliche Diskurse, in die unsere Sinnbildungen eingelassen sind.
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Fälschung Originalaufnahme
Subjektzentrierung in didaktischer Reflexion IV: Erzählen-Blick auf gesellschaftliche Diskurse, in die unsere Sinnbildungen eingelassen sind Institut für Geographie GEO 451 – Vorbereitungsmodul mit Staatsprüfung Leitung: Prof. Dr. Dickel Referat: Martin Goldmann, Christian Merten
Inhalte des Referats • Einstieg • Was ist ein Diskurs? • Diskursanalyse I : Texte • Diskursanalyse II: Karten • Diskussion • Quellen- und Literaturverzeichnis
Diskurs/Aussagenanalyse Foucault „Es [ist] eine Aufgabe, die darin besteht, nicht - nicht mehr - die Diskurse als Gesamtheit von Zeichen (von bedeutungstragenden Elementen, die auf Inhalte oder Repräsentationen verweisen), sondern als Praktiken zu behandeln, die systematisch die Gegenstände bilden, von denen sie sprechen. Zwar bestehen diese Diskurse aus Zeichen; aber sie benutzen diese Zeichen für mehr als nur zur Bezeichnung der Sachen. Dieses mehr macht sie irreduzibel auf das Sprechen und die Sprache. Dieses mehr muß man ans Licht bringen und beschreiben.“ (Foucault (1973) [1966]:74)
Diskurstheorie Leitfrage der Diskurstheorie Michel Foucaults: „Wer darf in wessen Namen und mit welchen Folgen was wie zu wem sagen?“ (Hörisch2005:83)
Michel Foucault (1926-1984) • Philosoph, Psychologe • Historiker, Soziologe • 1970 - 1984 Lehrstuhl für die Geschichte der Denksysteme am Collège de France in Paris.
Diskurstheorie „Ich setze voraus, daß in jeder Gesellschaft die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert wird – und zwar durch gewisse Prozeduren, deren Aufgabe es ist, die Kräfte und die Gefahren des Diskurses zu bändigen, sein unberechenbar Ereignishaftes zu bannen, seine schwere und bedrohliche Materialität zu umgehen.“ (Foucault 2012[1972]:10f.)
Diskurse • Diskurs geht über die rein sprachliche Ebene des Bezeichnens hinaus. • Diskurse sind nicht Ausdruck gesellschaftlicher Praxis, sondern sie üben Machtwirkungen aus. • Dies tun sie, weil sie institutionalisiert , geregelt und an Handlungen gekoppelt sind. • In Diskursen spiegeln sich gesellschaftliche Verhältnisse, die durch soziale Praktiken produziert und reproduziert sind.
Diskursanalysen • haben die Aufgabe Macht-Effekte zu untersuchen • zielen auf überindividuelle Regeln der Herstellung sozialer Wirklichkeit • legen offen wie sich bestimmte Sichtweisen etablieren, wie Subjekte konstituiert und zu bestimmten Handlungen angeleitet werden und welche Grenzziehungsprozesse in bestimmten Kontexten wirksam sind.
Die archäologische Perspektive Ziel: • Das Ensemble diskursiver Regeln herauszuarbeiten, die das Auftreten bestimmter Aussagen im Diskurs regeln. Fragen: • Welche Aussagen kennzeichnen den Diskurs, welche Aussagen werden Ausgeschlossen? • Welche Regeln strukturieren das Auftauchen und die diskursive Verknüpfung der Aussagen? (Dzudzek 2011: 176)
Die genealogische Perspektive Ziel: • Aufzeigen von Veränderungen diskursiver Formationen über die Zeit hinaus. Fragen: • Wie haben sich die Regeln der Aussagenproduktion über die Zeit entwickelt? • Welche alternativen diskursiven Ordnungen wurden dabei ausgeschlossen? • Welche Wiedersprüche werden durch die aktuelle diskursive Formation verdeckt? (Dzudzek 2011: 176)
3 Diskursanalyse I: Texte Grundannahme: Jegliche soziale Wirklichkeiten und damit eben auch raumbezogene Stereotypen und Praktiken und räumliche Strukturen sind immer von Machtverhältnissen durchzogen. Aufgabe Phänomene in einer bestimmten Art und Weise problematisieren, das heißt offenzulegen, wie sich bestimmte Sichtweisen als "normal" und "wahr“ etablieren, wie Subjekte konstituiert und zu bestimmten Handlungen angeleitet werden und welche Grenzziehungs- und Identifikationsprozesse in bestimmten Kontexten wirksam sind.
3 Diskursanalyse I: Texte • Der Diskurs ist eine Ordnung oder Formation von Aussagen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt einen bestimmten Raum strukturieren. • Demnach sind Diskurse eine Menge von Aussagen, die demselben Formationsgebiet zugehören (z.B. Politik, Zeitgeschichte, Medizin) • Zentrale Fragen sind: wer, wie, wann, warum und wo Sprache gebraucht. Grundsätzlich gilt, dass der Forscher oder die Forscherin durch die Wahl einer bestimmten Untersuchungsperspektive den Untersuchungsgegenstand auch immer in einer bestimmten Art und Weise konstruiert.
Archäologische Perspektive In der archäologischen Perspektive lassen sich die Regeln rekonstruieren, die das Sprechen und die sozialen Praktiken einer Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt strukturieren. • Typische Fragestellungen : • Welche Aussagen kennzeichnen den Diskurs, welche Aussagen werden ausgeschlossen? • Welche Regeln strukturieren das Auftauchen und die diskursive Verknüpfung der Aussagen? • Welche Macht-Wissen-Komplexe werden innerhalb des Diskurses konstituiert? • Welche Subjektpositionen stellt die diskursive Formation her?
Genealogische Perspektive Die genealogische Perspektive bezieht sich auf die Entstehung, Entwicklung und Veränderung von Diskursen über die Zeit hinweg. "Wahrheiten" und Wissensordnungen, die zu einer bestimmten Zeit als selbstverständlich gelten, könnten prinzipiell auch anders sein (und waren dies zu anderen Zeiten auch). • Fragestellungen : • Wie haben sich die Regeln der Aussagenproduktion • im Sinne einer "Geschichte der Gegenwart" über die Zeit entwickelt? • Welche alternativen diskursiven Ordnungen wurden dabei ausgeschlossen? • Welche Widersprüche werden durch die aktuelle diskursive • Formation verdeckt?
29.Mai 2013 22. Mai 2013
Stilistische und rhetorische Phänomene im Diskurs • Anhand bestimmter Schlüsselwörter (Fahnen- vs. Stigmawörter) die im Zentrum eines Diskurses stehen, können Veränderungen im kollektiven Denken oder gesellschaftlichen Wissen herausgefunden werden Bsp. (1) Bundeswehr statt Wehrmacht, Energiewende, „Gendern“, Globalisierung • Durch die stilistische Möglichkeit, ein jeweils als geeignet betrachtetes Wort, das dem eigenem Weltbild entspricht, wählen zu können, positioniert man sich (auch politisch) im Diskurs. Bsp. (2) Schwangerschaftsunterbrechung vs. werdendes Leben Abtreiben Lohnuntergrenze vs. Mindestlohn „Freiheit oder Sozialismus“ (altes CDU-Wahlprogramm) „Überwachungsstaat“ vs. öffentliche Sicherheit Soziale Marktwirtschaft vs. Planwirtschaft
Stilistische und rhetorische Phänomene im Diskurs Bsp. (3) Schuld-Begriff in der Nachkriegszeit (nach WENGLER 2009) Schlüsselwörter gelten als Indikatoren und Faktoren geschichtlicher Prozesse, mit denen etwas über verbreitetes kollektives Wissen und Denken herauszufinden ist.
Stilistische und rhetorische Phänomene im Diskurs • Metaphern stellen Einstellungen und Denkmuster dar, die darauf verweisen, welche „Mentalitäten“ mit ihnen von welchen Gruppen einer Sprachgemeinschaften zum Ausdruck gebracht werden. • Die Wahl der Metaphorik konstituiert Wirklichkeit Bsp. (4) Wende, Reichskristallnacht, Stunde Null, Einwanderung (WENGLER 2009)
gegenseitige Anerkennung Kulturelle Kooperation interkultureller Dialog • Abb. 3.1 Das Balkendiagramm zeigt das über-/bzw. unterzufällig häufige Auftreten von Begriffen in UNESCO-Resolutionen aus den Jahren 1946 bis 2005. Sie verweist auf die • Dezentrierung und räumliche EntankerungdesKulturkonzept in der UNESCO • Kultur als lokal verankert und global vernetzt im Diskurs verhandelt • Vielfaltvon Kultur innerhalb von Gesellschaften betont (Quelle: Dzudzek 2011)
Abb. 3.2 Die Abbildung zeigt charakteristische Kookkurrenzen mit "Frankfurt am Main", die in einer vergleichenden Printmedienanalyse herausgearbeitet wurden. (Quelle: Mattissek 2008)
4 Diskursanalytisches Arbeiten mit der Karte1.Saubere und distanzierte Beschreibung der Katenelemente. Analyse und Beschreibung der Abstraktionsebene der Karte (auf welchem Niveau abstrahiert die Karte den Sachverhalt der gesellschaftlichen Realität?) Kritisch-distanzierte Reflexion der eigenen Beschreibung der Karte (eigene Wahrnehmung/Art der Vorinterpretation)2.Dekonstruktion der Karte und in ihr eingeschriebener Diskursfragmente. Eine eng an der Beschreibung orientierte Interpretation. Einfluss des Kontextwissens. Reflektion des eigenen Kontextwissens. Datengrundlage der Karte? Erhebungsmethoden? (Vordergrund/ verschweigen)3.Einbinden in den diskursiven Kontext. Zusammenbringen der Interpretation mit textlichen Aussagen im engeren bis weiteren Kontext der Karte. Textliche Erläuterungen, Institutionen, Akteure, Produktion, Nutzung. Welche Position wird durch die Institution vertreten und welche anderen möglichen Positionen gibt es darüber hinaus? (Miener, Kim Pascal (2012): Diskursanalyse – Eine Methode für den Unterricht? In: Praxis Geographie 1/2012, S.44f.)
5 Didaktisches Potential „Für den Geographieunterricht sind ebenso solche Konzepte bedeutsam, die Raum als etwas auffassen, das im Vollzug von Gesellschaft durch Kommunikation und Handeln erzeugt wird. Gemeint ist ein kritisch-geographischer Zugang, der sich den verschiedenen Formen des „Geographie-Machens“ widmet. Zum einen richtet sich der Blick darauf, wie Räume in den Medien hergestellt und wirksam werden. Dies zielt konkret auf das kritische Hinterfragen von geographischen Imaginationen, Weltbildern sowie kulturellen Klischees und Stereotypen in massenmedialen Produkten (z.B. Printmedien, Internet, Karten).“ (Lehrplan Geographie 2011: 4) • Worin seht ihr Potentiale und oder Grenzen der Diskursanalyse als Methode im Geographieunterricht? • Welche Themen würden sich eher eignen, welche eher nicht? • Wie könnte eine Realisierung im Unterricht (noch) aussehen?
Literatur • Glasze, Georg und Mirco Göpfert: Critical geopolitics als neue Perspektive in der Politischen Geographie. Ein Szenisches Spiel zum Elsass-Konflikt im 19. und 20. Jahrhundert für den Geographieunterricht. In: Praxis Geographie, H. 7/8, S. 28-33. • Hupke, K.-D. (2002): Der tropische Regenwald im Unterricht. Zum Wandel eines geographiedidaktischen Gegenstandes. Geographie heute, Jg. 23, H. 200, S. 30-33. • Dzudzek, Iris, Georg Glasze und Annika Mattissek (2011): Diskursanalyse als Methode der Humangeographie. In: Gebhardt, H. u.a. Geographie. Physische Geographie und Humangeographie. 2. Auflage S.175-183. • Miener, Kim Pascal (2012): Diskursanalyse – Eine Methode für den Unterricht? In: Praxis Geographie 1/2012, S.44f. • Margarete Jäger/ Siegfried Jäger (2007): Deutungskämpfe. Theorie und Praxis Kritischer Diskursanalyse. Wiesbaden • Hörisch, J. (2005) Diskurstheorie (Michel Foucault). In: Hörisch, J.: Theorie-Apotheke. Eine Handreichung zu den humanwissenschaftlichen Theorien der letzten fünfzig Jahre einschließlich Ihrer Risiken und Nebenwirkungen. Frankfurt a. M. 82-94. • Glasze, G, und A. Mattissek (Hrsg.): Handbuch Diskurs und Raum. Theorien und Methoden für die Humangeographie sowie die sozial- und kulturwissenschaftliche Raumforschung. Bielefeld 2009. • Wengler (2009): Stilistische und rhetorische Phänomene auf der Ebene des Diskurses.