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Alzheimer: spielt eine Infektion eine Rolle?. Seminarvortrag von Sven Mielordt 02.07.2004. Gliederung. Motivation Einführung Chlamydien Alzheimer Nachweis von Chlamydien bei Alzheimer Mausmodelle Ergebnisse Diskussion Literatur. Motivation.
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Alzheimer: spielt eine Infektion eine Rolle? Seminarvortrag von Sven Mielordt 02.07.2004
Gliederung • Motivation • Einführung • Chlamydien • Alzheimer • Nachweis von Chlamydien bei Alzheimer • Mausmodelle • Ergebnisse • Diskussion • Literatur
Motivation • Die Alzheimer-Erkrankung ist die häufigste Form der Altersdemenz • Führt innerhalb von 8-15 Jahren zum Tode • Große Belastung für Angehörige • Kostenintensive Pflege • Steigende Fallzahlen wegen steigender Lebenserwartung in den westlichen Ländern • Genaue Ursachen noch unklar, keine ursächliche Therapie verfügbar Suche nach bisher unbekannten Pathogenen und Therapieansätzen
Einführung • Chlamydien lösen einige weitverbreitete Erkrankungen aus • Spielen offensichtlich auch eine Rolle bei chronischer rheumatischer Arthritis und möglicherweise bei Arteriosklerose • Neuere Studien legen eine Mitwirkung von Chlamydien auch bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer nahe
Chlamydien • Sehr kleine, Gram-negative Bakterien • Wurden früher für Viren gehalten und hatten auch einen anderen Namen (Bedsonien) • Besonderheit besteht im Gegensatz zu üblichen Bakterien darin, dass sie sich nur in fremden Zellen vermehren können (u.a., weil sie selber kein ATP produzieren können) obligat intrazelluläre Bakterien
Chlamydien-Entwicklungszyklusin der eukaryonten Wirtszelle • 1. Adhäsion des metabolisch inaktiven Chlamydien-Elementarkörperchens an die Wirtszelle mit anschließender Internalisierung des Erregers • 2. Intravakuoläre Umwandlung zu dem metabolisch aktiven Retikularkörperchen • 3. Vermehrung innerhalb der Wirtszellvakuole (Einschlusskörper) • 4. Umwandlung der Retikularkörperchen in infektiöse Elementarkörperchen • 5. Freisetzung der Elementarkörperchen und Infektion benachbarter Zellen Essig, Marre Deutsches Ärzteblatt (2000)
Humanpathogene Chlamydien • Chlamydia trachomatis: Erreger der weitverbreiteten sexuell übertragbaren, unspezifischen nicht-gonorrhoischen Urethritis; oft asymptomatisch • Kann unbehandelt zur Infertilität führen (DE: 80000 Frauen/y), erhöhte HIV-Ansteckungsrate bei Frauen • In der dritten Welt Verursacher des Trachoms (weltweit häufigste Ursache für Erblindung); hierzulande zurückgedrängt durch obligatorisches Einträufeln antibiotischer Lösung in die Augen der Neugeborenen • C. psittaci: Erreger der in Deutschland eher seltenen Ornithose (Papageienkrankheit)
Akute Infektionen mit Chlamydia pneumoniae • Lungenentzündungen („atypische Pneumonie“) • Weiterhin Entzündungen von • Nasennebenhöhlen (Sinusitis) • Kehlkopf (Pharyngitis), • Bronchien (Bronchitis)
Chronische Infektionen mit Chlamydien • Chlamydien-induzierte, infektreaktive Arthritis nach Infektionen mit Chlamydia trachomatis gesichert • Verdacht auf Beteiligung von Chlamydia pneumoniae bei chronischen, extrapulmonalen Erkrankungen: • Erreger sehr häufig nachweisbar in arteriosklerotisch veränderten Gefäßproben von Patienten mit koronarer Herzerkrankung (KHK) • Verschiedene Berichte über Nachweis bei multipler Sklerose, chronischem Müdigkeitssyndrom, Alzheimer • Diese Befunde werden kontrovers diskutiert.
Antibiotikatherapie von Chlamydieninfektionen • nur wenige Antibiotika sind gegen intrazellulär wachsende Bakterien wirksam • Standardtherapie mit Tetracyclinen (Doxycyclin). Übliche Dosis: 2 x 100 mg/Tag für 10 bis 14 Tage • Makrolid-Antibiotika: Erythromycin (1-2 Wochen), Azithromycin (Einzeldosis 1g) • Gyrasehemmer: Grepafloxacin, Sparfloxacin • Mitbehandlung des Sexualpartners, um ständige gegenseitige Ansteckungen zu vermeiden ("Ping-Pong-Effekt"). Beste Wirkung in der Akutphase!
Besondere Probleme bei Chlamydieninfektionen • Nach Antibiotikatherapie verschwindet häufig die Entzündung zwar zunächst – nicht aber das Bakterium. • Chlamydien können sich in den Zellen ihrer Wirte offenbar auch vor antibiotischen Attacken verstecken: indem sie in das so genannte Persistenzstadium fallen. • Gibt es Stress, etwa in Form eines Antibiotikums, stellen sie sich zunächst tot und die Chlamydien-Infektion läuft so subchronisch, schleichend weiter.
Nachweis von Chlamydieninfektionen • Der Nachweis erfordert Erfahrung und aufwendige Labortechnik: • PCR • Immunhistochemie • Große Qualitätsschwankungen bei Studien, in denen unterschiedlichen Labors die gleichen infizierten Proben überlassen wurden Fehlende Standardisierung und Reproduzierbarkeit führt zu Studien mit widersprüchlichen Ergebnissen
Die Alzheimer-Krankheit • Fortschreitende Erkrankung des Gehirns • Irreversible morphologische und biochemische Veränderungen von Gehirnarealen, besonders im Hippocampus und Assoziationscortex • Wurde erstmals von dem deutschen Neurologen Alois Alzheimer beschrieben • Von den beobachteten Demenzen alter Menschen (Altersdemenz) sind ca. 50-70% vom Alzheimer-Typ • Patienten verlieren in der Endphase die Kontrolle über Blasenentleerung und Stuhlgang; Siechtum begleitet von Angstzuständen und lichten Momenten scheinbaren Begreifens des eigenen Zustandes • Tod ca. 8-15y nach Auftreten erster Symptome
Diagnose von Alzheimer • Familiäre und spontan auftretende Formen • CT, MRT, PET und differentielle Ausschlussdiagnose • Abschließende Diagnose kann oft erst durch Hirnbiopsie oder Sektion nach dem Tode gestellt werden • schwere Atrophie des Gehirns mit Verschmälerung der Gyri (Windungen) und Verbreiterung der Sulci (Furchen) http://www.wissenschaft-online.de/abo/lexikon/neuro/486
Pathogenese bei Alzheimer • Am auffälligsten ist die Einlagerung von Plaques mit ca. 0,2 mm Durchmesser (Alzheimer-Plaques) im extrazellulären Raum sowie von • veränderten Neurofibrillen innerhalb der Neuronen (neurofibrilläre "tangles", Alzheimer-Fibrillen). • Hauptbestandteil der Plaques ist ein weitgehend unlösliches Peptid aus 42-43 Aminosäuren, das sogenannte Aβ-Peptid (β-Amyloid-Peptid). Es entsteht bei der Prozessierung eines Vorläufers, des β-Amyloid-Vorläuferproteins (APP).
Die Secretasen • Die β- und γ-Sekretasen setzen das Aβ-Peptid aus dem APP frei • Für die Stabilität der Plaques aus Aβ-Protein ist β‑Faltblattstruktur ausschlaggebend, innerhalb des APP ist der Aβ-Bereich dagegen in Form einer α‑Helix gefaltet Therapieansatz: Hemmung der β-Sekretase Grafik: Paul Wrede
APP-Mutationen und Präseniline • „Alzheimer-Gene“: Das APP-Gen auf Chromosom 21 und zwei als Präseniline bezeichnete Gene auf Chr. 14 (Präsenilin 1) und Chr. 1 (Präsenilin 2) • Überexpression des normalen APP-Gens führt zu Alzheimer: Patienten mit Trisomie 21 (Down-Syndrom), entwickeln regelmäßig Alzheimer • Sechs Mutationen des APP-Gens sind bisher bekannt. Trotz ihrer Seltenheit war die Entdeckung dieser Mutationen wichtig, um den Beweis zu erbringen, daß APP kausal mit dem Morbus Alzheimer verknüpft ist: Jede dieser Mutationen führt zu einer Überproduktion von Aβ.
Weitere Riskofaktoren • Im Vergleich zu Kontrollgruppen weisen Alzheimer-Patienten überdurchschnittlich häufig das ε4-Allel des Apolipoprotein E auf. Menschen, die ε4-homozygot sind, sind einem besonders hohen Alzheimer-Risiko ausgesetzt. • Hoher Blutdruck • Hoher Cholesterinspiegel • Vergangenes Schädel-Hirn-Trauma • Depressionen
Neuropathologische Befunde • B: neuritischer Plaque (Versilberungstechnik nach Bodian) • C: immunhistochem. Nachweis von Aβ-Peptid in den Amyloidablagerungen • D: neurofibrillare Tangle aus τ-Protein in aggregierter Form als Filamente im Cytoplasma der Nervenzellen. Tau ist normalerweise für die Stabilität von Mikrotubuli verantwortlich. • E: immunhistochemischer Nachweis von Tau-Protein http://www.wissenschaft-online.de/abo/lexikon/neuro/486
Chlamydien bei Alzheimer • C. Scott Little und seine Kollegen hatten bereits in früheren Studien in neun von zehn Gehirnen von Patienten, die an einer nicht vererblichen Form der Alzheimererkrankung gestorben waren, den weit verbreiteten Krankheitserreger Chlamydia pneumoniae entdeckt. • Bei Kontrolluntersuchungen von Gehirnen nicht an Alzheimer gestorbener Patienten waren nur ca. 10% der Proben mit C. pneumoniaeinfiziert
Mausmodell • Ziel von Little et. al: Nachweis am Mausmodell, dass Chlamydien tatsächlich Alzheimer auslösen können • Chlamydien wurden aus den Gehirnen von Alzheimerpatienten isoliert und per Nasenspray drei Monate alten BALB/c-Mäusen inokuliert.
Nachweis der Bakterien • Die Bakterien sind auch nach 3 Monaten noch im Gehirn nachweisbar. Offenbar können sie dort vom Abwehrsystem des Körpers unbehelligt überdauern. Ultrastructural profiles of the olfactory bulbs of infected mice after 1,2,3 months Little et. al (2004)
Beta-Amyloide (Plaques) • Ablagerungen von Beta-Amyloiden (Plaques) waren umso größer und häufiger, je mehr sich die Infektion im Gehirn ausbreitete. Little et. al (2004)
Ergebnisse • Sowohl „normale“ BULB/c-Mäuse, als auch speziell für Alzheimer prädisponierte, transgene Mäuse entwickeln signifikant mehr Plaques nach Infektion mit C.pneumoniae verglichen mit der Kontrollgruppe Little et. al (2004)
Diskussion • Die Infektion mit C.pneumoniae könnte zwar das Krankheitsgeschehen begleiten, muss aber nicht ursächlich sein: „Anwesenheit am Tatort beweist nicht die Täterschaft“ • Die sehr hohe allgemeine Durchseuchung mit Chlamydia pneumoniae kann nicht alleinige Ursache von Alzheimer sein, sonst müsste Alzheimer noch viel häufiger sein • Mausmodell ist nur grobe Annäherung an komplexes Krankheitsgeschehen
Literatur • C. Scott Little, Christine J. Hammonda, Angela MacIntyre, Brian J. Balin, Denah M. Appelt. Chlamydia pneumoniae induces Alzheimer-like amyloid plaques in brains of BALB/c mice, Neurobiology of Aging 25 (2004) 419–429 • Balin BJ, Gerard HC, Arking EJ, Appelt DM, Branigan PJ, Abrams JT, et al. Identification and localization of Chlamydia pneumoniae in the Alzheimer’s brain. Med Microbiol Immunol (Berl) 1998;187(1):23–42. • Andreas Essig, Reinhard Marre Chlamydia pneumoniae, ein Erreger chronischer, extrapulmonaler Infektionen? Deutsches Ärzteblatt Jg. 97 Heft 50 15. Dezember 2000 • Donald L. Price Rudolph E. Tanzi, David R. Borchelt, and Sangram S. Sisodia ALZHEIMER’S DISEASE: Genetic Studies and Transgenic Models Annu. Rev. Genet. 1998. 32:461–93 • Wim Annaert and Bart De Strooper A CELL BIOLOGICAL PERSPECTIVE ON ALZHEIMER’S DISEASE Annu. Rev. Cell Dev. Biol. 2002. 18:25–51