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Prof. Dr. Andreas Krapp (UniBw-München) Welche Bedeutung hat die Interessentheorie für die pädagogisch-psychologische Motivationsforschung? Vortrag an der Erziehungswissenschaftliche Faktultät der Universität Nürnberg-Erlangen (24. Mai 2004).
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Prof. Dr. Andreas Krapp (UniBw-München) Welche Bedeutung hat die Interessentheorie für diepädagogisch-psychologische Motivationsforschung? Vortrag an der Erziehungswissenschaftliche Faktultät der Universität Nürnberg-Erlangen (24. Mai 2004)
Eine Auswahl relevanter Theorien und Konzepte im Kapitel über Lernmotivation: Leistungsmotivation; extrinsische und intrinsische Motivation; Lernfreude; Rubikonmodell; Intention; Volition; Persönliche Ziele, Werte; motivationale Orientierung; tätigkeitsspezifische Vollzugsanreize; Erwartung-mal-Wert-Modell; Anreiz, Aversion, Selbstwirksamkeitserwartung; Fähigkeitsselbstkonzept; Hoffnung auf Erfolg und Furcht vor Miss-erfolg; Prüfungsangst; Neugier; Selbstbestimmungstheorie; psychologische Bedürfnisse, Interesse, usw.
Person des Schülers Motivation Lernbereitschaft Begabung Fähigkeit SchulerfolgLeistung
Ein Rahmenmodell zur Strukturierung pädagogisch bedeutsamer Sachverhalte der Lernmotivation Die Psychologie der Lernmotivation.In: Zeitschrift für Pädagogik, 1993, 39, H.2, S. 187-206
Motivation als Disposition Motivation alssituationsspezifischer Zustand Motivationale Disposition als Ziel unmittel- bare Effekte und Ergeb- nisse mittel- und lang- fristige Folgen 3 6 5 Frühere Entwick- lungs- beding- ungen A N T E Z E D E N Z E N K O N S E Q U E N Z E N Pädagogisch bedeutsamer Sachverhalte der Lernmotivation 2 Aktuelle Bedingungsfaktoren 2a 4 Person des des Lerners Prozesse während 1 1 2b Aktualisierte Lern- motivation der Soziales Umfeld Lern- 2c handlung Lernsituation Lerngegenstand
(2) Die Münchner Interessentheorie • Hintergründe und Ausgangsüberlegungen • Grundzüge der Theorie: Das Interessen-konstrukt • Ergebnisse der Interessenforschung • Die Bedeutung des Interessenkonzepts in der gegenwärtigen pädagogisch-psychologische Motivationsforschung
1978 Der Ausgangspunkt: Entwurf einer pädagogisch orientierten Motivationstheorie auf der Basis kritischer Überlegungen zur damals vorherrschenden Theorie der Leistungsmotivation
Heinz Heckhausen und die Bochumer Schule der Leistungsmotivationstheorie Heckhausen, H. (1963): Hoffnung und Furchtin der Leistungsmotivation. Meisenheim: Hain Heckhausen, H. & Rheinberg, F. (1980): Lern- motivation im Unterricht erneut betrachtet. In: Unterrichtswissenschaft, 8, S. 7- 47. Heckhausen. H. (1980). Motivation und Handeln. Göttingen. Hogrefe. (2. Auflage 1989).
Erwartung x Wert (Anreiz) Das „Erwartungs-Wert-Modell Intentions- bildung Motivation Handlung
Handlungs-Ergebnis- Erwartungen Ergebnis-Folgen- Erwartungen H E E F TätigkeitsspezifischeVollzugsanreize Flow-Erleben (Csikszentmihalyi) Das kognitive Modell der Leistungsmotivation Situations-Ergebnis- Erwartungen S E Folgen Situation Handlung Ergebnis Anreize künftiger Umwelt und Binnen-zustände
Schwachstellen des Models aus pädagogischer Sicht • Motivation wird nur unter dem Gesichtspunkt der Leistung betrachtet. Andere Aspekte (z.B. soziale Motive) werden nicht thematisiert; • Inhaltsneutralität: Keine Berücksichtigung der inhaltlichen Ausrichtung der Lernmotivation; • Primäre Erklärungsebene ist die Steuerung einzelner Handlungsepisoden. Die Wechselwirkung zwischen Motivation und den ontogenetischen Prozessen der Persönlichkeitsentwicklung wird kaum untersucht. • Einseitige Betonung kognitiv-rationaler Komponenten des Motivationsgeschehens. Emotionale und ggf. subbewusst ablaufende Prozesse spielen eine untergeordnete Rolle.
(1979, Jg.25, Heft 1 und 2) Überlegungen zur Entwicklung einerpädagogischen Theorie der Lernmotivationunter dem Etikett „Interessentheorie“
Die Person-Umwelt-Interaktion als theoretische Basiskonzeption P3 Pn P2 P1 soziale P Interesse Umwelt Gn gegenständliche Umwelt G1 G3 G2
Merkmale eines interessenthematischen„Person-Gegenstands-Bezugs“ • Emotionale Komponente: während der Realisierung eines Interesses ergeben sich in der Summe positive „Erlebensqualitäten“ („Gefühlsbezogene Valenz“). • Wertbezogene Komponente:der Interessengegenstand und die damit verbundenen Handlungen haben für die Person eine herausgehobene subjektive Bedeutung.(„Wertbezogene Valenz“). Die Idee der harmonischen Verknüpfung beider Komponenten findet sich in vielen älteren Theorien des Interesses (z.B. John Dewey, 1913) und in neueren Theorien zur intrinsischen Motivation (z.B. Mihalyi Csikszentmihalyi und Kevin Rathunde, 1993)
Das Zusammenwirken von kognitiv-rationalen und emotionalen Steuerungsfaktoren im Motivierungs- und Handlungsgeschehen
A N T E Z E D E N Z E NK O N S E Q U E N Z E N (3)Ergebnisse der Interessenforschung
(a)Untersuchungen zum Einfluss von Interesse auf den Lernerfolg und das Lernverhalten von Schülern und Studierenden • Korrelationsstudien über den Zusammenhang von fachlichen Interessen und Leistungsindikatoren in Schule und Studium • Quasiexperimentelle Studien über den Einfluss von Interessen auf die Qualität der erworbenen Wissensstruktur • Untersuchungen über den Einfluss von Interessen auf das Lernverhalten (Lernstrategien)
Korrelationsschätzung Dispositionales Interesse an Schulfach Leistung in diesem Schulfach (1)Korrelationsstudien 2 Aktuelle Bedingungsfaktoren unmittel- bare Effekte und Ergeb- nisse 5 mittel- und lang- fristige Folgen 2a 3 4 5 6 Person des des Lernersz.B. Interessen Prozesse während Frühere Entwick- lungs- beding- ungen 1 1 2b Aktualisierte Lern- motivation der Soziales Umfeld Lern- 2c handlung Lernsituation Lerngegenstand A N T E Z E D E N Z E NK O N S E Q U E N Z E N
Ergebnisse einer Metaanalyse • Ziel: Zusammenfassung der Studien aus den Jahren 1965 bis 1990; • Indikatoren für Leistung: Noten oder Testbefunde • Ergebnis der Recherche: 211 Korrelationen von 127 unabhängigen Stichproben aus 19 Ländern; • Gesamtschätzung: rM = .30 • Untersuchungen in Subgruppen (Moderatoreffekte): Tendenziell höhere Interesse-Leistungskorrelationen - bei natur-wissenschaftlichen Fächern; - bei Jungen;- bei Schülern höherer Klassenstufen. (Schiefele, Krapp und Schreyer, 1993)
(2) Quasiexperimentelle Studien über den Einfluss von thematischen Interessen auf das Textlernen Aktuelles Interesse am Thema eines einesTextes Ausmaß und Qualität des erworbenenWissens 3 2 Aktuelle Bedingungsfaktoren 2a 4 unmittel- bare Effekte und Ergeb- nisse 5 mittel- und lang- fristige Folgen 6 Prozesse während Frühere Entwick- lungs- beding- ungen Person des Lerners 1 1 2b Aktualisierte Lern- motivation der Soziales Umfeld Lern- 2c handlung Lernsituation Lerngegenstand A N T E Z E D E N Z E N K O N S E Q U E N Z E N
Design der quasiexperimentellen Studien Pretestphase Messung der Kontrollvariablen: Vorwissen, Intelligenz, Lesestrategien, Selbswirksamkeitserwartungen; Testphase Lesen der Zusammenfassung und Messung des thematischen Interesses; Lesephase: Lesen eines ca. 5-seitigen Textes; Posttestphase Messung emotional-motivationaler Prozeßvariablen: Aktivation, Flow-Erleben; Messung kognitiver Prozeßvariablen: Elaborationen, Aufmerksamkeit, Zahl der Notizen; Messung des Lernergebnisses: Fragen, Rekognition, freie Wiedergabe und Inhaltsanalyse;
Zusammenhang zwischen Interesse und qualitativen Kriterien des Textlernens(n = 80) Lernindikatoren Sinneinheiten (SE) Vollständige SE Unvollständige SE . Neue SE (Elaborationen) . Hauptgedanken Vollständige Unvollständige Sequenz Sinneinheiten Hauptgedanken . (Schiefele, 1996, S. 202)
Zusammenhang zwischen Interesse und qualitativen Kriterien des Textlernens(n = 80) Lernindikatoren Korrelation mit Interesse Sinneinheiten (SE) Vollständige SE .26 * Unvollständige SE .17 Neue SE (Elaborationen) .37 *** Hauptgedanken Vollständige .36 ** Unvollständige .17 Sequenz Sinneinheiten .26 * Hauptgedanken .39 *** *p < .05 **p < .01 ***p < .001 (zweiseitige Tests) (Schiefele, 1996, S. 202)
(3) Einfluss von Interesse auf das Lernverhalten Dispositionales oder situationales Interesse Lernverhalten/Lernstrategien 3 2 Aktuelle Bedingungsfaktoren 2a 4 unmittel- bare Effekte und Ergeb- nisse 5 mittel- und lang- fristige Folgen 6 Prozesse während Frühere Entwick- lungs- beding- ungen Person des Lerners 1 1 2b Aktualisierte Lern- motivation der Soziales Umfeld Lern- 2c handlung Lernsituation Lerngegenstand A N T E Z E D E N Z E N K O N S E Q U E N Z E N
Korrelation zwischen fachspezifischem Studieninteresse und genereller Lernstrategie-Nutzung(n= 157) Einprägen durch Wiederholen Elaborationen/ Verbindungen knüpfen Kritisches Denken Hauptfach -.15* .46** .49** Nebenfach -.11 .55** .57** (Wild, K.-P., Krapp, A. & Winteler, A., 1992, S. 288)
InteresseExtrinsische Motive Aufgewendete Zeit - Während des Semesters.52** .09 - Eine Woche vor der Prüfung .17 .14 Allgemeine Strategie-Nutzung Elaborationen / Beziehungen herstellen .29** .02 Elaboration / Kritisches Denken.27** .14 Wiederholungsstrategien .16 .23** Spezifische Strategie-Nutzung Elaborationen / Beziehungen herstellen .33** .14 Elaboration / Kritisches Denken .33** .14 Wiederholungsstrategien .05 .33** * p<.05 ** p<.01 „Qualität“ der Lernmotivation, Zeitbudget und Lernstrategie-Nutzung (N = 144)
Elaborative Strategien 11 10 9 8 7 6 EinfacheLesestrategien niedrig mittel hoch Thematisches Interesse Wild, K.-P., Krapp, A. & Winteler, A.,1992, S. 290) Studienverhalten in Abhängigkeit vom Interesse(Befunde aus den quasiexperimentellen Studien)
Rückblick :(3a)Untersuchungen zur Wirkungsweise von Interesse • Korrelationsstudien über den Zusammenhang von Interesse und Leistung; • Quasiexperimentelle Studien über den Einfluss von Interessen auf die Qualität des erworbenen Wissens; • Einfluss von Interessen auf das Lernverhalten bzw. die Nutzung von Lernstrategien. Fazit für die Pädagogik • Eine auf Interesse beruhende Lernmotivation hat im Hinblick auf zentrale Ziele von Erziehung und Unterricht viele Vorteile. • Es ist deshalb erstrebenswert, sowohl situationale als auch individuelle Interessen im Unterricht zu nutzen und deren Entwicklung zu fördern.
(3b)Entstehung und Entwicklung von Interessen • Befunde über die durchschnittliche Veränderung bildungsrelevanter Interessen im Verlauf der Ausbildungszeit • Befunde über intraindividuelle Entwicklungs-verläufe • Wie kann man die inhaltlichen Ausrichtung der Interessenentwicklung erklären?
Durchschnittliches Mathematikinteresse in den Jahrgangsstufen 6 bis 10(aus Köller & Baumert, 2001) 60 58 Jungen 56 54 Mädchen 52 50 6 7 8 9 10 Jahrgangsstufe
Eine Längsschnittstudie mit Auszubildendender Versicherungswirtschaft 1. Jahr 3. Jahr 2. Jahr INTER- ABSCHLUSS- INTER- INTER- ABSCHLUSS- EINGANGS- SCHULE BETRIEB BETRIEB SCHULE VIEW ERHEBUNG ERHEBUNG VIEW ERHEBUNG VIEW N =117FragebogenESM N = 58FragebogenESM Fragebogen im neuen Fragebogen Fragebogen (FB) Arbeitsfeld Ende der Ende 1 Jahr Ausbildung der nach Aus- BETRIEB SCHULE Ende der bildung Ausbildung N = 59FragebogenESM N = 117 N = 117 N = 117 N = 71 N = 38 N = 49
Veränderung des Ausbildungsinteresses im Verlauf der Ausbildungszeit DurchschnittlichesAusbildungsinteresse 4 Versicherungskfm. als primärer ja Berufswunsch nein 3,5 3 2,5 Ende Beginn Ende 1. Jahr
Interviewstudie über die Entwicklung spezifischer Interessen • Vorgehensweise: • Definition von "Interesse“; • Benennen und Beschreiben von Interessengebieten in der Berufsschule und im Betrieb; • Einschätzen der "Stärke" der einzelnen Interessen; • Allgemeine Erläuterung von „Ursachen“ und „Hintergründen“ für die Entstehung von Interessen; • Eingehende Beschreibung der Entstehung des stärksten Interesses. (Lewalter, D. et al., 1998)
Intraindividuelle Analysen zur Entstehung und Veränderung ausbildungsspezifischer Interessen Befunde aus retrospektiven Interviews am Ende des zweiten Ausbildungsjahres ALLE Auszubildenden entwickeln neue ausbildungsspezifische Interessen. Von 71 Befragten werden 181 Interessengegenstände genannt. Das ist ein positiver Entwicklungstrend!
Wie kann man die inhaltliche Ausrichtung der Interessenentwicklung erklären? Theoretische Überlegungen und Modelle zur Interessengenese
Kognitiv-rationale und emotionale Steuerungsfaktoren wirken zusammen!
Das Konzept der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse ("basic needs") Die Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan und die pädagogische Interessentheorie postulieren drei grundlegende psychologische Bedürfnisse, die für die Motivations-entwicklung entscheidend sind: Kompetenz-erfahrung Autonomie Soziale Eingebundenheit
Nennungshäufigkeit bedürfnisbezogenerErlebensqualitäten als Grund für die Entstehung eines neuen Interesses
Welche pädagogisch bedeutsamen Sachverhalten der Lernmotivation werden in Interessentheorie thematisiert ? • Welche Resonanz findet die Interessen- theorie in der Fachöffentlichkeit? Welche Bedeutung hat die Interessentheorie für diepädagogisch-psychologische Motivationsforschung?
Interesse als Disposition Interesse alssituationsspezifischer Zustand unmittel- bare Effekte und Ergeb- nisse mittel- und lang- fristige Folgen 3 6 5 Frühere Entwick- lungs- beding- ungen A N T E Z E D E N Z E N K O N S E Q U E N Z E N Pädagogisch bedeutsame Sachverhalte der Lernmotivation Interesse alsZiel von Erziehung u. Unterricht 2 Aktuelle Bedingungsfaktoren 2a 4 Person des des Lerners Prozesse während 1 1 2b Aktualisierte Lern- motivation der Soziales Umfeld Lern- 2c handlung Lernsituation Lerngegenstand
Die internationale „Gemeinde der Motivationsforscher“zeigt Interesse am InteresseSEEON-Conference on Interest and Gender (1996) Doris Lewalter HansSchiefele Klaus-Peter Wild Paul Pintrich Suzanne Hidi Manfred Prenzel Eberhard Todt Ann Renninger Jacque Eccles Edward Deci Wo ist Olaf Köller?
2000 Danke für‘sZuhören!andreas. Krapp @ unibw-muenchen.de
(Ab hier Reste bzw. Folien zum Ausdrucken).....- psychologischen Motivationsforschung
Jungen ohne Unterricht Jungen mitUnterricht Mädchen mit Unterricht Mädchen ohne Unterricht Biologieinteresse in der 7. Jahrgangsstufebei Schülern mit und ohne Unterricht 60 58 56 54 52 Beginn Mitte Ende
Juli 2000 UliSchiefele K.P. Wild
Erhebung bedürfnisbezogener Erlebensqualitätenwährend der Ausbildung mit Hilfe der ESM-Technik Videomitschnitt Berufsschulunterricht
Kognitiv-rationale und emotionale Steuerungsfaktoren wirken zusammen!
Rückblick :(3a) Untersuchungen zur Wirkungsweise von Interesse • Korrelationsstudien über den Zusammenhang von Interesse und Leistung; • Quasiexperimentelle Studien über den Einfluss von Interessen auf die Qualität des erworbenen Wissens; • Einfluss von Interessen auf das Lernverhalten bzw. die Nutzung von Lernstrategien. Fazit für die Pädagogik • Eine auf Interesse beruhende Lernmotivation hat im Hinblick auf zentrale Ziele von Erziehung und Unterricht viele Vorteile. • Es ist deshalb erstrebenswert, sowohl situationale als auch individuelle Interessen im Unterricht zu nutzen und deren Entwicklung zu fördern.