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Europäische Bevölkerungsentwicklung nach Malthus. 1. Demographischer Übergang und Wandel der Altersstruktur . Einführung.
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Europäische Bevölkerungsentwicklung nach Malthus 1. Demographischer Übergang und Wandel der Altersstruktur FU Berlin, WS 2005/ 06
Einführung • „Ein sehr langes Leben ist nicht das entfernte Privileg zukünftiger Generationen. Ein sehr langes Leben ist das Schicksal vieler Deutscher schon heute. Die Hälfte der 60jährigen (…) werden vermutlich älter als 90. Und die Hälfte der 30jährigen (…) wird vermutlich älter als 95. Ein heutzutage in Deutschland geborenes Baby schließlich hat gute Chancen sein hundertsten Geburtstag zu feiern, und zwar dann im 22.Jahrhundert.“ (James Vaupel/ Max-Planck-Institut für Demografie) • "Wenn mehr als die Hälfte einer Gesellschaft älter sind – und das wird uns drohen – als 50 Jahre, eine Erfahrung, die noch eine Gesellschaft zuvor gemacht hat, wird sich das Lebensgefühl in dieser Gesellschaft dramatisch verändern.“ (Frank Schirrmacher/ Herausgeber FAZ, Autor) FU Berlin, WS 2005/ 06
Einführung (2) • Die heute viel diskutierte „Überalterung der Gesellschaft“, also die Zunahme des Anteils der Älteren an der Bevölkerung, ist eine langfristige Folge von Veränderungen in der Geburtenhäufigkeit und Sterblichkeit, die im größten Teil Europas im 19. Jahrhundert begonnen haben • Dabei gab es zwei große Entwicklungen, die gemeinsam als „demographischer Übergang“ bezeichnet werden: • Ein kontinuierlicher Rückgang der Sterblichkeit (und damit ein Anstieg der Lebenserwartung) führte unter anderem dazu, dass frühere geburtenstarke Jahrgänge immer länger lebten mortalitätsgeleitete Alterung • Durch mehrere Schübe von Geburtenrückgängen sank die Geburtenzahl pro Frau so stark, dass die Kindergeneration zahlenmäßig systematisch kleiner als die Elterngeneration wurde fertilitätsgeleitete Alterung FU Berlin, WS 2005/ 06
Einführung (3) • Die Ursachen und Folgen dieser Entwicklung sind enorm komplex, wir behandeln hier nur einen kleinen Ausschnitt, nämlich • den Verlauf und die wesentlichen Ursachen des demographischen Übergangs in verschiedenen Teilen Europas • die historischen Veränderungen in Wachstumsraten und Bevölkerungszahl in verschiedenen Teilen Europas, • die geographischen Veränderungen, insbesondere die massive Bevölkerungskonzentration, ihre Ursachen und Folgen und (nächste VL) • die starken Wanderungsbewegungen innerhalb Europas im 19. Jahrhundert, die Auswanderung aus Europa bis zum 2. Weltkrieg und die Einwanderung nach Europa seit dem 2. Weltkrieg (übernächste VL) FU Berlin, WS 2005/ 06
Der Plan für heute • Zur Erinnerung: Malthus und Bevölkerungswachstum • Einige Konzepte • Der demographische Übergang in Deutschland und Europa • Der Verlauf im Überblick • Ursachen steigender Lebenserwartung • Ursachen sinkender Geburtenraten • Bevölkerungswachstum und Bevölkerungsdichte im Zeitverlauf • Deutschland heute und die Bevölkerungsprognose 2050 FU Berlin, WS 2005/ 06
Malthus und Bevölkerungswachstum • Im malthusianischen Standardmodell kann eine Bevölkerung nur in den Grenzen ihrer ökonomischen Ressourcen wachsen; einmalige exogene Schocks welche die Sterberate oder die Geburtenrate verändern, verändern die Wachstumsrate nur vorübergehend, niemals permanent • Die malthusianische Logik kann nur durchbrochen werden, wenn • die Arbeitsproduktivität beständig steigt (durch endogenen oder permanenten exogenen technischen Fortschritt, Kapitalakkumulation) oder wenn • ein höherer Lebensstandard nicht mehr zu steigender, sondern zu sinkender Geburtenrate bis unter die Sterberate führt [siehe zum Beispiel das Modell von Becker/Tamura/Murphy (1990)] • oder wenn beides zusammenfällt FU Berlin, WS 2005/ 06
Erweitertes malthusianisches Modell mit d(BR)/dW < 0 FU Berlin, WS 2005/ 06
Einige Konzepte • Bevölkerungsdynamik ist durch zahlreiche Rückkopplungseffekte hochkomplex; wir reduzieren es hier auf das allernötigste • Die wesentlichen Faktoren der Bevölkerungsdynamik sind Geburtenrate, Sterberate, und Nettomigration • (letzteres lassen wir jetzt erst einmal außer Betracht, siehe VL zu Migration) • Geburten • CBR oder Rohe Geburtenrate (t) = Geburten (t) / Bevölkerung in 1000 (t) • In D (2001) 8,9; in CH (2001) 10,2 höheres Geburtenniveau in der Schweiz? • Evtl. gibt es in CH mehr Frauen im gebärfähigen Alter, aber weniger Kinder/ Frau! • altersspezifische Geburtenziffer (t) = Geburten von Frauen im Alter X (t) / Zahl der Frauen im Alter X in 1000 (t) • TFR oder zusammengefasste Geburtenziffer = Summe aller altersspezifischen Geburtenziffern über Altersgruppen im gebärfähigen Alter (15-45) • In D (2001) 1,35; in CH (2001) 1,41 ja, höheres Geburtenniveau in der Schweiz!! FU Berlin, WS 2005/ 06
Einige Konzepte • Sterblichkeit und Lebenserwartung • CDR oder rohe Sterberate (t) = Todesfälle (t)/ Bevölkerung in 1000 (t) • Sterbe- bzw. Überlebenswahrscheinlichkeit eines Jahrgangs bei Geburt? • Zentral ist die „durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt“ (e0) • Sterbetafel: • Wie reduziert sich ein fester Bestand an Neugeborenen (100.000) durch Sterblichkeit über die Lebensjahre hinweg? • Typischerweise arbeitet man mit „Periodensterbetafeln“: sie zeigt für jede Altersklasse X die empirische Wahrscheinlichkeit (v(X)) zu sterben: v(0)=0, v(1)>0 [in D heute ca 0,008 %] • Die Wahrscheinlichkeit das Alter X zu erreichen nennen wir l(X): l(0)=1 • Die Wahrscheinlichkeit das Alter 1 zu erreichen ist ? • l(1)=1-v(1) [in D heute ca 99,99 %] FU Berlin, WS 2005/ 06
Einige Konzepte • Wie viele Kinder müssen geboren werden, damit die Bevölkerung nicht ausstirbt (ohne Migration)? • 2 pro Frau? • Hängt unter anderem ab von der Wahrscheinlichkeit mit der Mädchen das gebärfähige Alter erreichen, bzw. Frauen das Ende des gebärfähigen Alters erreichen • v.a. gilt: je höher die Kindersterblichkeit, desto mehr Kinder müssen geboren werden, um die Elterngeneration zu ersetzen • „Ersatzniveau“: endgültige Kinderzahl pro Frau, die ausreicht um die Elterngeneration genau zu ersetzen • Altenquotient: Anzahl Menschen im Rentenalter pro 100 Menschen im Erwerbsalter FU Berlin, WS 2005/ 06
Einige Konzepte • „Bevölkerungspyramide“: graphische Darstellung der Anteile einzelner Altersgruppen in % der Gesamtbevölkerung, getrennt nach Männern (links) und Frauen (rechts); (der Begriff „Pyramide“ stammt aus Zeiten, in denen die europäische Bevölkerung wuchs…) • „Strategischer Raum eines Bevölkerungsregimes“: graphische Darstellung des Bevölkerungswachstums in Abhängigkeit von TFR und Lebenserwartung bei Geburt: die gleiche Wachstumsrate kann mit hoher Geburtenziffer und niedriger Lebenserwartung bei Geburt (v.a. hoher Kindersterblichkeit) erreicht werden FU Berlin, WS 2005/ 06
Der demographische Übergang in Deutschland und Europaa. der Verlauf im Überblick • Die europäische Bevölkerungsentwicklung seit 1850 ist geprägt von einem Übergang von „Ineffizienz und Chaos“ zu „Effizienz und Ordnung“ • Das lässt sich für 17 Europäische Länder in einer Verschiebung des „strategischen Raums“ ihres Bevölkerungsregimes darstellen: FU Berlin, WS 2005/ 06
Quelle: Livi-Bacci 82001), S. 91 FU Berlin, WS 2005/ 06
Der Verlauf im Überblick (2) • (fast) überall in Europa kam es im 19. Jhd. zu einem Übergang von hohen Geburtenraten und niedriger Lebenserwartung bei Geburt zu niedrigen Geburtenraten und hoher Lebenserwartung bei Geburt • Dabei kam es vorübergehend zu einem massiven Anstieg der Wachstumsraten • Der zeitliche Ablauf unterschied sich zwar, das Schema des Übergangs war aber überall das gleiche, nämlich: FU Berlin, WS 2005/ 06
Der Verlauf im Überblick (3) Modell des demographischen Übergangs (Quelle: Livi-Bacci (2001), S. 93) FU Berlin, WS 2005/ 06
Der Verlauf im Überblick (4) Quelle: J.C. Chesnais „La transition démographique“ (1986), S. 294, 301 FU Berlin, WS 2005/ 06
Der Verlauf im Überblick (5) • In Frankreich begann der Übergang zuerst, aber er dauerte sehr lange; Geburten- und Sterberate sanken nahezu parallel, deshalb war das Wachstum nur mäßig • In Schweden begann der Übergang ebenfalls sehr früh, aber die Sterberate sank deutlich schneller als die Geburtenrate; das Bevölkerungswachstum war deutlich höher als in Frankreich • In Deutschland begann der Übergang erst 100 Jahre nach dem Beginn in Frankreich, aber er war schneller abgeschlossen; damit verbunden war ein Bevölkerungswachstum das deutlich höher ausfiel • Um 1965 kam es zu einem (für die Demographen überraschenden) 2. Geburtenrückgang, der etwa zeitgleich in ganz Europa stattfand FU Berlin, WS 2005/ 06
Die Entwicklung in Deutschland im Überblick FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen steigender Lebenserwartung • Die Lebenserwartung ist gestiegen und das Leben ist „berechenbarer“ geworden • Wenn man die rohe Sterberate im Zeitverlauf beobachtet fällt auf, dass sie nicht nur gesunken ist, sondern dass auch die Volatilität abgenommen hat (das gilt unabhängig von Kriegen) Quelle: Livi-Bacci (2001), S. 96 FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen steigender Lebenserwartung Die Lebenserwartung bei Geburt in verschiedenen europäischen Ländern Quelle: Livi-Bacci (2001), S. 97 FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen steigender Lebenserwartung • Warum ist die Lebenserwartung bei Geburt so dramatisch gestiegen? • v.a. die Säuglingssterblichkeit ging dramatisch zurück • Entscheidend waren die hygienischen und medizinischen Fortschritte und deren massenhafte Verbreitung; die Tabelle zeigt die einzelnen Faktoren Quelle: G. Caselli (1991) FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen steigender Lebenserwartung • Wo ist in der Tabelle der Beitrag der Industriellen Revolution und des gestiegenen Lebensstandards? • Um 1880 war durch Steigerung der LW-Produktivität und Finanzierung von Lebensmittelimporten über den Export industrieller Produkte in Westeuropa die Gefahr von Hungerkrisen bereits gebannt; auch ein etwas sinkender Reallohn hätte die Sterblichkeit um 1880 kaum noch direkt beeinflusst; • In früheren Phasen des Rückgangs der Sterblichkeit war die verbesserte Ernährung der Bevölkerung der entscheidende Faktor (McKeown 1976); in späteren Phasen spielen aber Fortschritte in Medizin und Hygiene (Trinkwasserversorgung in Städten usw.) die entscheidende Rolle, unterstützt durch staatliche Förderung FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen steigender Lebenserwartung • Allerdings wurden für die Masse der Bevölkerung erst allmählich spürbar; insbesondere kann man nachweisen, dass ärmere Schichten sehr lange deutlich höhere altersspezifische Sterberaten aufwiesen als reichere Schichten • wenn um 1880 Malthus nicht mehr für die Gesellschaft als ganze galt, galt er für die unteren Schichten der Gesellschaft noch einige Zeit weiter • Außerdem gab es zahlreiche indirekte Effekte; zum Beispiel war die Kindersterblichkeit unehelicher Kinder überall in Europa systematisch höher als die ehelicher Kinder (in Preußen 1876-1904 ca. 50%); wenn also mit steigendem Lebensstandard die Eheschließungen zunahmen, sank auch die allgemeine Kindersterblichkeit FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen sinkender Geburtenraten • Das Absinken der Geburtenraten setzte idR zeitlich nach dem Sinken der Sterberate ein, allerdings in weiten Teilen Westeuropas in etwa zeitgleich zwischen 1880 und 1910; die große Ausnahme ist wieder einmal Frankreich (Geburtenraten sinken schätzungsweise seit 1827!!!) • Die Tabelle zeigt die Entwicklung der TFR 1750-1900 für einige europäische Länder Quelle: Livi-Bacci (2001), S. 106 FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen sinkender Geburtenraten • In Deutschland war die Entwicklung besonders drastisch; zwischen 1875 und 1925 sank die TFR um etwa 50% • Frauen des Geburtsjahrgangs 1865 hatten im Schnitt 4,66 Kinder die Kindergeneration war trotz hoher Kindersterblichkeit größer als die Elterngeneration • Aber bereits die Kinderzahl des Jahrgangs 1880 reichte zum Ersatz der Elterngeneration nicht mehr aus: Frauen dieses Jahrgangs hatten im Schnitt 3,36 Kinder, zum Ersatz hätten sie 3,44 Kinder haben müssen FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen sinkender Geburtenraten • Empirisch gibt es dafür mehrere Gründe (aber eine umfassende Erklärung fehlt bis heute); für den ersten Geburtenrückgang gilt folgendes: • Der Anteil der Ehelosen hat zwischen 1870 und 1960 deutlich abgenommen, zugleich ging die durchschnittliche Zahl an Kindern pro Ehe zurück • Eine wichtige Rolle spielt sicher die Verfügbarkeit, Verbreitung und soziale Akzeptanz von Verhütungsmethoden • Generell werden Kinder immer weniger als Arbeitskräfte und als Altersversicherung gebraucht, sondern zunehmend gewollt oder zur sozialen Selbstdefinition der Eltern benötigt; • Becker/ Tamura/ Murphy (1990) bieten eine mögliche ökonomische Interpretation: gute Ausbildung der Kinder stiftet zunehmend Nutzen, aber Ausbildung ist teuer weniger, besser ausgebildete Kinder FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen sinkender Geburtenraten • Voraussetzung dafür ist aber das traditionelle Gesellschaftsmodell der Familie: beim 2. Geburtenrückgang seit den 1960er Jahren spielt die Auflösung des Familienmodells eine entscheidende Rolle (auch wenn zugleich der Anteil nichtehelicher Kinder seit den 1960ern deutlich stieg • Dabei große Unterschiede in D zw. Ost und West: in Westdeutschland gilt bis heute das Muster „Ehe, wenn Kinder“, im Osten hat sich das seit den 1980er Jahren aufgelöst, vermutlich stark beeinflusst durch Unterschiede der staatliche Förderpolitik [interessanterweise gleicht sich das bisher nicht an] FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen sinkender Geburtenraten FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen sinkender Geburtenraten FU Berlin, WS 2005/ 06
Ursachen sinkender Geburtenraten FU Berlin, WS 2005/ 06
Bevölkerungswachstum und Bevölkerungsdichte • Eine unmittelbare Folge des demographischen Übergangs war ein deutliches Bevölkerungswachstum in Europa FU Berlin, WS 2005/ 06
Bevölkerungswachstum und Bevölkerungsdichte • Das Bevölkerungswachstum innerhalb Europas verlief stark unterschiedlich; eine der Folgen war eine divergierende Bevölkerungsdichte in verschiedenen Teilen Europas • Während noch um 1750 v.a. einige Küstengebiete besonders dicht bevölkert waren, ist seit Ende des 19. Jhd. das am dichtesten besiedelte Gebiet die „Banane“ von London über die Niederlande/ Belgien, das deutsche Rheinland und das Ruhrgebiet bis Norditalien • Die folgenden Graphiken stammen aus dem Penguin Atlas of Modern History (1972) und dem Penguin Atlas of Recent History (1982) FU Berlin, WS 2005/ 06
Bevölkerungsdichte ca. 1750 FU Berlin, WS 2005/ 06
Bevölkerungsdichte ca. 1820 FU Berlin, WS 2005/ 06
Bevölkerungsdichte ca. 1910 FU Berlin, WS 2005/ 06
Bevölkerungsdichte 1999 FU Berlin, WS 2005/ 06
Bevölkerungswachstum und Bevölkerungsdichte • Wie lassen sich solche massiven Unterschiede der Bevölkerungsdichte erklären? • geographische Unterschiede in der Veränderung von Geburten- und Sterberaten sowie • Enorme Migrationsbewegungen vom Land in die Stadt, zwischen Städten und zwischen Ländern • Thema der nächsten beiden VLs FU Berlin, WS 2005/ 06
Deutschland heute FU Berlin, WS 2005/ 06
Deutschland 2050 • we don‘t know but… • nach der "mittleren Variante" der neuesten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamts wird die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2050 auf das Niveau des Jahres 1963 (gut 75 Millionen Einwohner) sinken • folgende Annahmen wurden getroffen: konstante Geburtenhäufigkeit von durchschnittlich 1,4 Kindern pro Frau; Erhöhung der Lebenserwartung bei Geburt bis zum Jahr 2050 für Jungen auf 81,1 Jahre und für Mädchen auf 86,6 Jahre und ein jährlicher positiver Wanderungssaldo von rund 200 000 Personen • Hauptursache für die Schrumpfung ist das anhaltend geringe Geburtenniveau: jährliche Geburtenzahl von ca. 730 000 wird auf etwa 560 000 im Jahr 2050 sinken und dann nur noch halb so hoch sein wie die Zahl der jährlich Gestorbenen, das "Geburtendefizit" wird etwa 580 000 betragen (2001: 94 000) FU Berlin, WS 2005/ 06
Deutschland 2050 • Die Zahl der unter 20-Jährigen wird von aktuell 17 Millionen (21% der Bevölkerung) auf 12 Millionen im Jahr 2050 (16%) zurückgehen. Die Gruppe der mindestens 60-Jährigen wird mehr als doppelt so groß sein (28 Millionen bzw. 37%). 80 Jahre oder älter werden im Jahr 2050 9,1 Millionen Personen und damit 12% der Bevölkerung sein (2001: 3,2 Millionen bzw. 3,9%) • Folge: der Altenquotient (Menschen über 60 pro 100 Menschen zwischen 20 und 59) wird von 44 (2001) nach der "mittleren Variante" bis 2050 bis auf 78 steigen • Würden die Menschen nicht mit 60, sondern erst mit 65 Jahren in den Ruhestand wechseln, ergäbe sich ein deutlich niedrigerer Altenquotient: für 2050 wäre ein Quotient von 55 gegenüber 78 bei dem Rentenzugangsalter von 60 Jahren zu erwarten • Historischer Vergleich: der Altenquotient (Rentenalter 65) lag im Jahre 1864 bei 7,6, 1910 bei 9,8, 1950 bei 16,2 FU Berlin, WS 2005/ 06
Deutschland 2050 • Der Altenquotient zeigt die kritische Beschleunigung der Alterung zwischen 2010 und 2030. Eine schlagartige Erhöhung des Altenquotienten zwischen 2020 und 2030 käme auch bei einem tatsächlichen Rentenzugangsalter von 65 Jahren zum Tragen: Der Altenquotient für 65 Jahre steigt in diesen zehn Jahren von 36 auf 47 und damit mindestens doppelt so schnell wie in den Jahrzehnten davor. • Die Altersstruktur der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (20-64) wird insbesondere um das Jahr 2020 von der älteren Generation der 50- bis 64-Jährigen dominiert: mit 19,5 Millionen Menschen wird diese Altersgruppe im Jahr 2020 39% des Arbeitskräftepotenzials stellen. Zurzeit ist die Generation der 35- bis 49-Jährigen mit 20 Millionen (38%) die stärkste; sie nimmt bis zum Jahr 2020 auf 16 Millionen ab. FU Berlin, WS 2005/ 06
Deutschland 2050 • Kann Zuwanderung den Alterungsprozess stoppen? (UN Population Division: „Replacement Migration“) • Rechenbeispiel nach dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) • Wie viel (netto-) Zuwanderung müsste es nach Deutschland geben, um bis 2050 • die Bevölkerungszahl zu stabilisieren? • die Zahl der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zu stabilisieren? • den Altenquotienten zu stabilisieren? • Zu 1.: ca. 320000 pro Jahr, bis 2050 17,8 Mio. • Zu 2. ca. 458000 pro Jahr, bis 2050 25,2 Mio. • Zu 3. ca. 3,4 Mio. pro Jahr (!), bis 2050 188,5 Mio., Gesamtbevölkerung über 300 Mio., Bevölkerungsdichte in Deutschland ähnlich der in Frankfurt/ Main heute, Ausländeranteil 80% • Migration ist dringend nötig, aber sie kann den Alterungsprozess nicht stoppen FU Berlin, WS 2005/ 06