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Weltreligionen und Weltkulturen Götz Weber. Pfingst-Christentum. Das Pfingst-Christentum Vorgeschichte: Reformation und Erweckung Geschichte und Richtungen der Pfingstbewegung Kennzeichen der Pfingstbewegung Leben in der Pfingstgemeinde Die weltweite Pfingstbewegung heute.
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Weltreligionen und WeltkulturenGötz Weber Pfingst-Christentum
Das Pfingst-Christentum • Vorgeschichte: Reformation und Erweckung • Geschichte und Richtungen der Pfingstbewegung • Kennzeichen der Pfingstbewegung • Leben in der Pfingstgemeinde • Die weltweite Pfingstbewegung heute
Vorgeschichte Pfingstler: Reformation und Erweckung • Martin Luther (1483-1546) • Voraussetzungen der Reformation: geistlich-moralischer Niedergang der katholischen Kirche, Reformbewegungen, wirtschaftliche und politische Veränderungen • Anfechtungen als Mönch durch Ernstnehmen der mönchischen Frömmigkeit: vollkommene Gottes- und Nächstenliebe und Herzensreue • Ab 1513 auf dem Weg zur reformatorischen Wende • Ablassstreit: Ablass als Nachlass befristeter Kirchenstrafe und der Fegefeuerstrafe, vom Papst verteilt aus dem Schatz der guten Werke Christi u. der Heiligen zum Neubau der Peterskirche • 31.10.1517: 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche: Buße ist kein Geschäft, sondern Reue über eigene Verkehrtheit und Zuversicht auf Gottes Barmherzigkeit
Vorgeschichte Pfingstbewegung: Reformation und Erweckung 2 • Reformatorische Entdeckung Römer 1,17: Gott spricht den Menschen gerecht, vergibt ihm seine Sünden • Luthers Auftritt vor Kaiser und Reich in Worms 1521: kein Widerruf, wachsende reformatorische Bewegung • Übersetzung des NT auf der Wartburg 1521/22 • Gottes Gnade (solagratia) – im für die Sünder gekreuzigten Christus (solus Christus)- durch das Wort (und Sakrament) als Heilsmittel (solo verbo) – dem Glaubenden, der Christus ergreift und empfängt (solafide) = fröhlicher Wechsel • Rechtfertigung: „vor Gott gerecht aus Gnade um Christi willen durch den Glauben“ (Augsburger Bekenntnis Art. 4, 1529) (Melanchthon)
Vorgeschichte Pfingstbewegung: Reformation und Erweckung 3 • Spannungen und Spaltungen in der Reformation • 1522: Zurückdrängen des Bildersturms in Wittenberg (Karlstadt) • 1525: Zerwürfnis mit den aufständischen Bauern (Thomas Müntzer) • 1525: Unfreier Wille in Heilsdingen gegen Humanisten Erasmus • Ab 1527 Kritik an den Schwärmern u. Betonung von Wort, Sakrament, kirchlichem Amt im Gegenüber zur Gemeinde • 1529: Abendmahlsstreit: objektive Gegenwart Christi im Abendmahl gegen Zwinglis „Gedächtnismahl“
Vorgeschichte Pfingstbewegung: Reformation und Erweckung 4 • Johannes Calvin 1509-1564, 2. reformatorische Generation • Der größte Reformator nach und neben Luther • Vertieft oberdeutsch-schweizerischen Typ der Reformation • Verbreitung der Reformation in ganz Europa • Systematisierung der reformatorischen Lehre (Institutio) • Gnade Gottes u. Rechtfertigung schon selbstverständlicher • Betonung der Souveränität Gottes (doppelte Prädestination) • Heiligung der Christen nach den biblischen Geboten • Verselbständigung der Kirche: Ämter Pfarrer, Lehrer, Älteste, Diakone, synodale Verfassung, bekennende Kirche • In Genf: Ideal einer christlichen Stadt oder moralisches Gefängnis? • Statt 2- Reiche-Lehre Luthers: die Welt nach Gottes Willen formen
Vorgeschichte Pfingstbewegung: Reformation und Erweckung 5 • Kirchengeschichte der USA • Calvin Kirchenvater der USA: das eigene Leben u. die Welt nach Gottes Willen formen • 1. Erweckung (1730-60): puritanische Frömmigkeit • In der US-Verfassung (1791) Trennung von Kirche u. Staat. Aufklärung mit religiöser Vision verbunden. Glaube verbindet sich mit marktwirtschaftlicher u. demokratischer Gesellschaft • 2. Erweckung (1790-1840): methodistisch-baptistische Frömmigkeit • Die Wirkung des Erweckungspredigers zählt, nicht Tradition u. Gelehrsamkeit. Zulauf bei einfachen Menschen • Bekehrung, Wiedergeburt, Moral, Bibel, congregation • Erweckung bei weißen u. schwarzen Süd- u. Nordstaatlern, Bürgerkrieg
Geschichte und Richtungen der Pfingstbewegung • Im 19. Jahrhundert Vorläufer in der Heiligungsbewegung in den USA mit persönlichen Geisterfahrungen • 1. klassische Pfingstbewegung • Los Angeles, Azusa Street, schwarzer Prediger William Seymour 1906: Pfingsterweckung (sagte das Erdbeben in San Francisco voraus) • Zungenrede als Zeichen für die Taufe mit dem Heiligen Geist • Endzeitliche Erwartung, unmittelbares Erleben • Ähnliche Pfingsterweckungen: Charles Fox Parham, Topeka, USA 1901; Jonathan Paul in Mülheim/Ruhr 1905 • Ethnische u. soziale Unbestimmheit wichtig für erfolgreiche Mission in anderen Teilen der Welt • Große Pfingstkirchen heute in Lateinamerika, Afrika, Asien
Geschichte und Richtungen der Pfingstbewegung 2 • 2. Phase: charismatische Bewegungen in evangelischen u. katholischer Kirche in USA u. Europa ab den 50er Jahren des 20. Jh. • Geisterfahrungen integriert in Theologie der jeweiligen Kirche • 3. Phase: „dritte Welle“ • verbunden mit „Gemeindewachstumsbewegung“ in den USA • Zeichen und Wunder als Evangelisationsmethode • Geistliche Kriegführung • Toronto-Segen • Geistestaufe u. Zungenrede nicht betont • 4. Unabhängige Gemeinden u. Werke • David Yonggi Cho, Reinhard Bonnke, Wolfgang Margies, Peter Wenz
Kennzeichen der Pfingstbewegung • Die Geistestaufe • Klassische Pfingstbewegung: • nach Glaubenstaufe 2. Stufe: Erfüllung mit dem hl. Geist u. Sprechen in neuen Zungen • Bei Armen: Akt der Befreiung u. Heilung • Charismatische Bewegung: • Erneuerung des persönlichen Glaubens, Durchbruch zu kraftvollerem Dienst • Ursachen: Offenheit für das Wirken des Geistes, Gottes Gnadengeschenk, massenpsychologische Beeinflussung • Zusammenhang: Christus, Gemeinde, Schöpfung, eschatologischer Vorbehalt
Kennzeichen der Pfingstbewegung 2 • Geistesgaben allgemein (Charismen) • im NT: Apostelgeschichte 2 u. 1. Korinther 12-14 • Gnadengaben : Folge der Christuszugehörigkeit, dienen dem Aufbau der Gemeinde, Kriterium der Liebe (1. Kor. 13) • Natürliche Fähigkeit, der Selbstverfügung entrissen, in den Dienst Christi gestellt? • Oder: außerordentliche Begabung des heiligen Geistes? • Amtskirchen: zaghafte Wiederentdeckung der Charismen • Klassische Pfingstbewegung: Betonung der spektakulären Charismen
Kennzeichen der Pfingstbewegung 3 • Zungenrede/Sprachengebet/Glossolalie • in klass. Pfingstkirchen einzigartige Bedeutung in Verbindung mit Geistestaufe, sonst nicht so zentral • Durch Gebet oder Fürbitte, positiver Nutzen • Zugang zu verdrängten Impulsen? • Wiederaufnahme kindlicher Erlebnisformen? • Vorliterarische Artikulation? • Kommunikation zwischen Gott u. dem Glossolalen • Auslegung: Kommunikation zwischen Gott u. Gemeinde- unfehlbar od. zu überprüfen?
Kennzeichen der Pfingstbewegung 4 • Krankenheilung • Klassische Pfingstbewegung: Krankheit Werk des Teufels; Christus heilt heute wie damals; wer glaubt, wird geheilt • Erfahrung: nur ein kleiner Teil der Kranken wird geheilt • Heute vielfach: nicht mehr Ablehnung medizinischer Hilfe, Möglichkeit übernatürlicher Heilung, Gottes Souveränität • Daneben: Krankengebet/- segnung (Jakobus 5,14-16) und diakonische Fürsorge für die Kranken (Lukas 10,25ff.) • Unterscheidung von suggestiven u. kommerziellen Wunderheilungen • Krankenheilung und—gebet wegen ganzheitlichem Heilungsverständnis u. fehlender westlicher Medizin in Afrika u. Lateinamerika besonders wichtig
Kennzeichen der Pfingstbewegung 5 • Das Charisma der Prophetie • NT: geistgewirkte Einsichten (1. Kor. 14,24f.) • Ankündigung zukünftiger Ereignisse (Apg 11,27ff) • Erbauung, Ermahnung u. Tröstung (1. Kor. 14,3) • Prophetie gehört in die Gemeinde (1. Kor. 14,29ff.), steht im Zusammenhang des Evangeliums • Heute: Demokratisierung der Prophetie, Freiräume, Vertrauen • Weissagungen, Mahnreden, Gebete, Lieder, Visionen • Heute vor allem verkündigende Direktzusage • Aber auch: Dämonologie, Kampf gegen die Herrschaft Satans • Geistliche Kriegführung, apokalyptische Orientierung, politischer Fanatismus (religiöse Rechte in USA, z.T. in Brasilien u. Nigeria)
Leben in der Pfingstgemeinde • Charismatischer Gottesdienst • Gemeinschaftliche Feier der Gegenwart des Leben schaffenden Geistes • Aktivierung der Laien durch Einbringung ihrer Gaben • Alltagssprache, Freiraum für Spontaneität • Gestaltung nach Bildung u. Kultur der Teilnehmenden • 3. Welt: Reinigende Gefühlsgewitter. Verbindliche Gemeinschaft. Hilfe zum Überleben • Lob und Anbetung Gottes mit Gesang und Musik • Kritische Anfragen: kontinuierliches Wirken des Geistes in Wort u. Sakrament? Positiver Sinn des Leids? Beziehung zum Alltag?
Leben in der Pfingstgemeinde 2 • Heiligung (als Christ leben) • Wohlstandsevangelium: Christus hat den Menschen auch vom Fluch der Armut befreit. Anteil am Segen Abrahams. Spende u. Reichtum • Ausdruck materialistischen Zeitgeistes? Hoffnung für die Armen? • Positives Denken: gegen negative Einreden: „Gott ist an deiner Seite“. Probleme u. Ängste im Gebet. Reduzierung des Glaubens auf Gesundheitu. Erfolg? • Programm der Visualisierung: mit klarer Vision Gebetserhörung von Gott. Form des Gebets für visuelles Zeitalter? Raum für unvorhergesehene Antworten Gottes?
Leben in der Pfingstgemeinde 3 • Gemeindeaufbau • Vollmächtige Evangelisation • Heilungen u. Dämonenaustreibungen entscheidende Ursache für Wachstum der Kirchen • Kraft des neuen Lebens in Christus? • Oder Machbarkeitswahn u. Gesundheitsfixierung? • Gemeindeneugründungen aus Effektivitätsgründen • Unternehmende Kirche • Erlebnis Glaube: Subjektivierung u. Intensivierung des Glaubens • Gemeinschaft mit „Wir“-Gefühl
Die weltweite Pfingstbewegung heute • Zahlen 2000: 65 Millionen klassische Pfingstler, 176 Mill. charismatische Erneuerung, 295 Mill. Dritte Welle • 524 Mill. Pfingstler weltweit: 126 Mill. Afrikaner, 135 Millionen Asiaten, 141 Millionen Lateinamerikaner, 80 Mill. Nordamerika, 38 Mill. Europa • Stark z.B. in Südkorea, Nigeria und Brasilien • 300000 Pfingstler in Deutschland • Zusammenhang Pfingstglaube u. „hochreligiös“:17% Deutschland, 62% USA, 73% Brasilien, 93% Nigeria • Typen des Christ seins: Westlich (Wettbewerb), Östlich (Harmonie), Südlich (Solidarität) • Verhältnis evangelikal-Pfingstlerische Christen im Westen und dem Rest der Welt: 1960: 60:30, 1975 75:75, 2000 630:120 (in Millionen Menschen)
Die weltweite Pfingstbewegung heute 2 • Pfingstbewegung und Globalisierung • In der 3. Welt: Traditionelle Formen des Zusammenlebens lösen sich auf • Pfingstbewegung hält globaler Herausforderung stand, zugleich kompatibel mit etablierten Formen u. Vorstellungen: • Animismus, Geistbesessenheit, Schamanismus, Prophetie mit Werk des Teufels gleich gesetzt • Christliche Lebensdeutung u. Befähigung zur Beteiligung an neuer Lebensrealität: • Bildung: Organisation, Teamleitung, Evangelisation, Ausbildung, ökonomisches Knowhow, übernationales Netzwerk • In der westlichen Welt: Gegenbewegung zur kulturellen Modernisierung, Verankerung in Mittel-und Oberschicht • Globale Infrastruktur beförderte die Missionare u. Unmengen an pentekostaler Literatur • Massenmedien heute: Heilungsevangelisten im Fernsehen, eigene Radio- und Fernsehprogramme, Etablierung in der Populär- und Jugendkultur, Präsenz im Internet • Globales, in sich machtförmig strukturiertes, aber nicht hierarchisches Netzwerk
Die weltweite Pfingstbewegung heute 3 • Pfingstbewegung und Migration • Weltweite Migration durch Aussiedlung, Arbeitsimmigration u. Flucht • Pfingstlerische Migrationsgemeinden in Deutschland: Afrikaner (Ghana, Kongo, Nigeria), Tamilen, Italiener • Gemeindebildung innerhalb der jeweiligen Ethnie • Krankheit und Kriminalität – vom Teufel • Exorzismus, Wunderheilungen als Wege zum Leben in Fülle • Soziales Netzwerk Gemeinde: Selbstwert, Halt, Hilfe, Kontrolle, Beschäftigung, Bildung (Computer- u. Sprachkurse) • Anspruch der Neu- Missionierung Deutschlands