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Internationaler Städtewettbewerb: Wien in der europäischen Städtehierarchie. Vorlesung TU WS 2011/12. Charakteristika Metropole Wien. Veränderte Rahmenbedingungen I. 1) Höhere Standortmobilität Unternehmen Auslösende Fakten:
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Internationaler Städtewettbewerb: Wien in der europäischen Städtehierarchie Vorlesung TU WS 2011/12
Veränderte Rahmenbedingungen I 1) Höhere Standortmobilität Unternehmen Auslösende Fakten: Liberalisierung Kapitalverkehr und Niederlassungsfreiheit (EU-Integration) ermöglichen höhere Mobilität Unternehmen „man-made“ – Standortfaktoren gewinnen an Bedeutung; Standortbindung Unternehmen nimmt ab Neue, netzwerkartige Produktionsorganisation (Fragmentierung Wertschöpfungs-kette; vertikale „Disintegration“) erleichtert Veränderungen im Standortnetz Konsequenz: (Größere) Unternehmen optimieren Standorte zunehmend international „Wettbewerb“ zwischen Städten und Regionen nimmt zu
Veränderte Rahmenbedingungen II 2) Wanderung von Unternehmensteilen Auslösende Fakten: Neue Informations- und Kommunikationstechnologien erlauben räumliche Trennung von Unternehmensteilen Neue Konzepte in Unternehmensorganisation führen zu Fragmentierung Wertschöpfungskette Konsequenz: Unternehmensfunktionen lozieren an unterschiedlichen, jeweils „optimalen“ Standorten Stärkere Spezialisierung Teilregionen nach Funktionen (funktionale vs. sektorale Arbeitsteilung) Daraus wachsende Konkurrenz mit ähnlichen Regionen (auch) über größere Distanzen
„Regionale“ Wettbewerbsfähigkeit:Die Region als Unternehmen? „Each nation is like a big corporation competing in the global marketplace“ Bill Clinton „Let‘s start telling the truth: competitiveness is a meaning-less word when applied to national (regional) economies. And the obsession with competitiveness is both wrong and dangerous“ Paul Krugman
„Regionale Wettbewerbsfähigkeit“:Argumente gegen das Konzept • Begriff „Wettbewerbsfähigkeit“ nur mikroökonomisch exakt definiert (Unternehmen) – Übertragung auf territoriale Ebene ist falscher Analogieschluss • „Wettbewerbsfähigkeit“ allein durch Produktivität regionale Unternehmen bestimmt; „regionale“ Wettbewerbsfähigkeit“ keine eigenständige Dimension • Langfristig (automatischer) Ausgleich Produktivitätsunterschiede durch Anpassung Faktorentlohnung / Wechselkurse. • Vorstellung Außenhandel als „Nullsummenspiel“ ist theoretisch und empirisch falsch und führt zu falscher (protektionistischer) Politik
„Regionale Wettbewerbsfähigkeit“:Argumente für das Konzept • „Unternehmerische Produktivität“ und „regionale Wettbewerbsfähigkeit“ sind nur im Ausnahmefall (bei Vollauslastung Ressourcen) deckungsgleich. • Standortausstattung unterstützt oder behindert regionale Unternehmen bei Markterfolgen > auch langfristig große Entwicklungsunterschiede im Raum • Performance Region (bzw. Unternehmen in Region) durch „productive assets“ der Region (Humankapital, Infrastruktur, unterstützende Institutionen etc.) mit bestimmt. • In dynamischer Betrachtung sind Entwicklungschancen und damit Einkommen/Jobs in Region durch Art Spezialisierung bestimmt („quality ladder“) > „policy matters“!
Die Welt der „Rankings“: Rezente Ergebnisse (Beispiel World Economic Forum)
Die Welt der „Rankings“:Methodische Probleme • Umfragedaten: Auswahl Respondenten bestimmt Ergebnis, subjektive Einschätzung widerspricht oft „objektiven“ Daten • Statistische Daten: Datenverfügbarkeit bestimmt Auswahl, Datenqualität und –vergleichbarkeit oft unzureichend • Mischung von Niveau- und Entwicklungsindikatoren, fehlende analytische Trennung von Determinanten (Bestimmungsgründe) und Indikatoren (Ergebnis) Wettbewerbsfähigkeit • Kernproblem statistisch: Gewichtung zu „Gesamtindex“ • Kernproblem konzeptionell: Vorstellung einheitliche „europäische Städtehierarchie“
Probleme dieser räumlichen Denkfiguren • Übertragung (sinnvoller) raumplanerischer Denkfiguren für die kleinräumige Ebene auf kontinentale Räume • Konzeptionell wenig fundierte Verbindung von unterschiedlichen Regionstypen ohne tatsächliche Verflechtung • Überbetonung geographischer Lage als Entwicklungsdeterminante • Aber: eingängig und leicht zu verstehen > große Relevanz in praktischer Wirtschaftspolitik
„Regionale Wettbewerbsfähigkeit“Operationalisierung Begriff • Regionale Wettbewerbsfähigkeit „ … die Fähigkeit einer Regionalwirtschaft, genügend Güter und Dienstleistungen zu erwünschten Faktorkosten und unter akzeptierten volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen abzusetzen“. • Standortqualität „ … die Fähigkeit, durch die Bereitstellung komplementärer Leistungen die nachhaltige Schaffung und Bewahrung hoher Einkommen zu unterstützen“.
Konzeptionelle Grundlage: Dimensionen der regionalen Wettbewerbsfähigkeit Q: WIFO-Darstellung, basierend auf Begg (1999), Gardiner et al. (2004). a2.1
Modell zur städtischen Entwicklung:Grundmodell Q: Duranton (2009)
Modell zur städtischen Entwicklung:Ausgangssituation Q: Duranton (2009)
Modell zur städtischen Entwicklung:Beseitigung Marktversagen in Produktion und Lebenshaltungskosten Q: Duranton (2009)
Modell zur städtischen Entwicklung:Vollständige Mobilität im Städte-/Regionssystem Q: Duranton (2009)
Modell zur städtischen Entwicklung:Lösung „Koordinationsproblem“ im Stadtsystem Q: Duranton (2009)
Wiens Beschäftigungsdynamik im nationalen Vergleich Unselbständig Beschäftigte; ohne Karenz und Präsenzdienst, Veränderung gegen das Vorjahr in % Abweichung Wien – Österreich In Prozentpunkten Q: HV, WIFO-Berechnungen. 198
Ökonomisches Entwicklungsniveau in europäischen Städten BIP je Einwohner zu Preisen 2000; in Euro Q: ERECO, WIFO-Berechnungen. a2.1
Veränderung des ökonomischen Entwicklungsniveaus in europäischen Städten Entwicklung des BIP je Einwohner Q: ERECO, WIFO-Berechnungen. uIII.1
Wirtschaftswachstum in europäischen Städten Durchschnittliche jährliche Veränderung der Bruttowertschöpfung 1991/2008 in %; Preise 2000 Q: ERECO, WIFO-Berechnungen. A3.4
Arbeitsproduktivität in europäischen Städten Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen; Preise 2000; in Euro Q: ERECO, WIFO-Berechnungen. A3.7
Entwicklung der Arbeitsproduktivität in europäischen Städten Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen; Preise 2000 Q: ERECO, WIFO-Berechnungen. f_uIII_4
Beschäftigungswachstum in europäischen Großstädten Durchschnittliche jährliche Veränderung der Zahl der Erwerbstätigen 1991/2008 in % Q: ERECO, WIFO-Berechnungen. A3.11
Wachstum und Beschäftigung im europäischen Städtesystem Erwerbstätige und BWS zu Basispreisen 2000, durchschnittliche jährliche Veränderung 1991/2008 in % Q: ERECO, WIFO-Berechnungen. – NMS: Neue EU-Mitgliedstaaten. A3.12
Arbeitslosigkeit in europäischen Großstädten Arbeitslose in % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter; 2008 Q: Eurostat, WIFO-Berechnungen. A3.14
Demographischer Wandel: Relative Position Wiens im Städtesystem Unterschied zum Städteschnitt in Prozentpunkten; 2008/2030; 65 Städte Q: Eurostat-EUROPOP; WIFO-Berechnungen. – Abgrenzung auf Nuts 2-Ebene. A3.36
Zukünftige Entwicklung der erwerbsfähigen Bevölkerung Bevölkerung im Alter von 15-64 Jahren; durchschnittliche jährliche Veränderung 2008/2030 in % Q: Eurostat-EUROPOP; WIFO-Berechnungen. – Abgrenzung auf Nuts 2-Ebene. A3.35
Internationale Zuwanderung in europäischen Großstädten auf mittlere Sicht Nettomigration aus dem Ausland in % der Bevölkerung; 2008-2030 Q: Eurostat-EUROPOP; WIFO-Berechnungen. – Abgrenzung auf Nuts 2-Ebene. A3.38
Indikatoren Wettbewerbsfähigkeit: Fazit (I) • Hohe Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Städtevergleich; aber in dynamischer Perspektive nicht ungefährdet • Leichte (relative) Einbußen im BIP/Kopf; nicht aus Erosion Effizienz Stadtwirtschaft (als Kernindikator WBF), sondern aus Problemen Integration wachsende Bevölkerung ins Erwerbsleben • Ursache: niedrige Beschäftigungsintensität Wachstum (als Kehrseite hoher Produktivitäten) • Angesichts Umfeld auch in Zukunft „high-road“-Strategie als einzige Alternative • Daher: explizit wachstumsorientierte Struktur- und Standortpolitik als Notwendigkeit
Grundlagen einer sinnvollen Positionierung in der Städtehierarchie • Spezialisierung auf „stadtadäquate“ Aktivitäten vom Grundtypus: tendenziell humankapitalintensive (lohnkostenextensive) Aktivitäten mit Agglomerationsvorteilen sektoral: in Industrie höher technologische, wissensintensive Fertigungsteile; in Dienstleistungen: Unternehmensdienste, soziale Dienste, Ausbildungs- und F&E-Bereich funktional: höherwertige Funktion in Wertschöpfungskette • Eigenständiges Profil entwickeln; keine „Kopien“ • „Besonderheiten“ Wiens nutzen
Besonderheiten der Wiener Stadtwirtschaft • Besondere Lage an „ökonomischer Bruchlinie“ Europas > Enormes Lohnkostendifferenzial auf kurze Distanz > Modernisierungs- und Rationalisierungsdruck; „Strukturpeitsche“ • Massiver Strukturwandel „Stadtwirtschaft in Bewegung“ > hohe Gründungs- und Stilllegungsraten; jedes Jahr werden 50.000-70.000 Arbeitsplätze neu geschaffen und ähnlich viele wieder vernichtet > Strukturwandel verläuft in Wien seit Anfang 1990er Jahre um die Hälfte rascher als im Durchschnitt der Städte > Massive Tertiärisierung; Strukturwandel zu technologie- und qualifikationsintensiven Aktivitäten • Geringe Exportorientierung > traditionelle Exportaktivitäten stagnieren wegen Tertiärisierung; Exporte in DL- Bereichen noch ausbaufähig • Keine großen „Leitsektoren“ als Ansatzpunkte für Clusterpolitik > diversifizierte Wirtschaftsstruktur (ähnlich Berlin)
Lohnsätze in der Sachgütererzeugung Bratislavas im Vergleich Lohn je Beschäftigtem, Wien = 100; 2004 Q: Eurostat, WIFO-Berechnungen. 453
Lohnsätze im Dienstleistungsbereich Bratislavas im Vergleich Lohn je Beschäftigtem. Wien = 100; 2004 Q: Eurostat, WIFO-Berechnungen. 450
Produktionsentwicklung in Wien und Bratislava im nationalen Vergleich BIP je Erwerbstätigen in Euro, 1995-2004 Q: Eurostat, WIFO-Berechnungen. 599
Besonderheiten der Wiener Stadtwirtschaft • Besondere Lage an „ökonomischer Bruchlinie“ Europas > Enormes Lohnkostendifferenzial auf kurze Distanz > Modernisierungs- und Rationalisierungsdruck; „Strukturpeitsche“ • Massiver Strukturwandel „Stadtwirtschaft in Bewegung“ > hohe Gründungs- und Stilllegungsraten; jedes Jahr werden 50.000-70.000 Arbeitsplätze neu geschaffen und ähnlich viele wieder vernichtet > Strukturwandel verläuft in Wien seit Anfang 1990er Jahre um die Hälfte rascher als im Durchschnitt der Städte > Massive Tertiärisierung; Strukturwandel zu technologie- und qualifikationsintensiven Aktivitäten • Geringe Exportorientierung > traditionelle Exportaktivitäten stagnieren wegen Tertiärisierung; Exporte in DL- Bereichen noch ausbaufähig • Keine großen „Leitsektoren“ als Ansatzpunkte für Clusterpolitik > diversifizierte Wirtschaftsstruktur (ähnlich Berlin)
Branchendynamik in Wien im Städtevergleich Entwicklung der Erwerbstätigen nach Branchen seit 1991 in % Q: ERECO; WIFO-Berechnungen. a3.41
Entwicklung Erwerbstätige in den großen Wirtschaftssektoren Jahr 2008; Index 1991=100 Q: ERECO; WIFO-Berechnungen. f_u3.16
Bedeutung und Entwicklung unter-schiedlicher Branchengruppen in Wien Basis: unselbständig Standardbeschäftigte in NACE(3-Steller)-Gruppen, 2008 Q: HV, BALIweb, WIFO-Berechnungen. f_u3.18
Besonderheiten der Wiener Stadtwirtschaft • Besondere Lage an „ökonomischer Bruchlinie“ Europas > Enormes Lohnkostendifferenzial auf kurze Distanz > Modernisierungs- und Rationalisierungsdruck; „Strukturpeitsche“ • Massiver Strukturwandel „Stadtwirtschaft in Bewegung“ > hohe Gründungs- und Stilllegungsraten; jedes Jahr werden 50.000-70.000 Arbeitsplätze neu geschaffen und ähnlich viele wieder vernichtet > Strukturwandel verläuft in Wien seit Anfang 1990er Jahre um die Hälfte rascher als im Durchschnitt der Städte > Massive Tertiärisierung; Strukturwandel zu technologie- und qualifikationsintensiven Aktivitäten • Geringe Exportorientierung > traditionelle Exportaktivitäten stagnieren wegen Tertiärisierung; Exporte in DL- Bereichen noch ausbaufähig • Keine großen „Leitsektoren“ als Ansatzpunkte für Clusterpolitik > diversifizierte Wirtschaftsstruktur (ähnlich Berlin)
Exportintensität der regionalen Industrie Warenexport in % der abgesetzten Produktion der Sachgütererzeugung, unternehmensbereinigt Q: Joanneum Research; Statistik Austria; WIFO-Berechnungen. A3.25
Exportquote der Bundesländer im Warenverkehr Warenexport in % der Bruttowertschöpfung, unternehmensbereinigt Q: Joanneum Research; Statistik Austria; WIFO-Berechnungen. A3.24
Exportorientierung in den Wiener Wirtschaftssektoren Exportanteil am Umsatz im letzten Geschäftsjahr, Anteil der antwortenden Unternehmen in % Q: WIFO, Fragebogen Wiener Unternehmen in schwierigen Zeiten (2009). A3.27
Besonderheiten der Wiener Stadtwirtschaft • Besondere Lage an „ökonomischer Bruchlinie“ Europas > Enormes Lohnkostendifferenzial auf kurze Distanz > Modernisierungs- und Rationalisierungsdruck; „Strukturpeitsche“ • Massiver Strukturwandel „Stadtwirtschaft in Bewegung“ > hohe Gründungs- und Stilllegungsraten; jedes Jahr werden 50.000-70.000 Arbeitsplätze neu geschaffen und ähnlich viele wieder vernichtet > Strukturwandel verläuft in Wien seit Anfang 1990er Jahre um die Hälfte rascher als im Durchschnitt der Städte > Massive Tertiärisierung; Strukturwandel zu technologie- und qualifikationsintensiven Aktivitäten • Geringe Exportorientierung > traditionelle Exportaktivitäten stagnieren wegen Tertiärisierung; Exporte in DL- Bereichen noch ausbaufähig • Keine großen „Leitsektoren“ als Ansatzpunkte für Clusterpolitik > diversifizierte Wirtschaftsstruktur (ähnlich Berlin)
Positionierung im Städtesystem: Fazit Spezialisierung in technologieorientierten Stärkefeldern Life Sciences Creative Industries Automotive Produktion IK-Technologien Nutzung geopolitischer Lage im neuen Integrationsraum Größenvorteile durch Markterweiterung (KMU) Kostenvorteile durch grenzüberschreitende Produktionsnetze (WS-Ketten) Nutzung Synergien Wien-Bratislava Aufwertung als überregionales Dienstleistungszentrum Nutzung Exportpotentiale bei komplexen Unternehmensdiensten Standortvorteil auf „nahen“ Absatzmärkten (NMS) Regionale „Headquarters“ (?)
Herausforderung: Verändertes Wettbewerbsumfeld „Sandwitch-Position“ Wiens Stark innovationsorientierte Konkurrenten im Westen Konkurrenten mit erheblichen Kostenvorteilen im Norden und Osten (Arbeitskosten SK 2007 etwa 1/5 des österreichischen Niveaus) Lohnstückkostenposition bleibt zentral, bei hohen Einkommen nur durch hohe Produktivitäten herstellbar. Aufholprozesse NMS erfordern weiteren Übergang von Märkten mit Preiswettbewerb zu Qualitätswettbewerb Grundlage dafür: Hochrangiges Innovationssystem; effizientes Qualifizierungssystem; moderne Infrastrukturen. Investitionen in „Wachstumstreiber“ (Innovation, Bildung) als Grundlage für regionale Wettbewerbsfähigkeit
Ausgaben für F&E: Forschungsquote Anteil am BIP in %, 2007