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Haftungsrisiken bei Thema Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit für Inhaber, Geschäftsführer und leitende Führungskräfte. Franke + Pahl. Hamburg – 12. November 2012. Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit Haftung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer.
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Haftungsrisiken bei Thema Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit für Inhaber, Geschäftsführer und leitende Führungskräfte Franke + Pahl Hamburg – 12. November 2012
Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit Haftung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer
Fall 1: Arbeitgeber A bietet Mitarbeiter M aufgrund befürchteter gesundheitlicher Beeinträchtigungen durch die Bedingungen an dessen Maschinenarbeitsplatz eine arbeitsmedizinische Untersuchung an. M lehnt diese auch auf wiederholte Aufforderung ab. A erteilt M daher eine Abmahnung. Zu Recht?
Fall 2: Die Maschinen im Betrieb B können typbedingt nur max . 3 Stunden am Stück laufen und benötigen dann eine Abkühlphase von 30 Minuten. Es droht Überhitzung. In dieser Zeit können die Mitarbeiter nicht beschäftigt werden. Den Mitarbeitern werden jeweils halbstündige Pausen zugewiesen, für die sie keine Lohnzahlung erhalten. Ist dieses Vorgehen rechtmäßig?
Fall 3: Arbeitgeber A hat aus Kostengründen auf die turnusmäßige Wartung einer Maschine verzichtet. Maschinenarbeiter M bemerkt seit Wochen klappernde Geräusche an der Maschine, meldet sie aber nicht. Eines Tages wird M durch ein umherfliegendes Teil der Maschine erheblich verletzt. In welchem Umfang kann M Entschädigung von A verlangen?
Entwicklung des Arbeitsschutzrechts • kein einheitliches System • neue Gefahr neues Gesetz • ArbeitsschutzG seit 1996 • zahlreiche Verordnungen auf Grundlage ArbSchG • unübersichtliche Materie
GefahrstoffVO BaustellenVO MuSchArbVO LasthandhabVO BiostoffVO ArbeitsstättenVO BetrSichVO
EU-Richtlinien Bundesgesetze ArbSchG, ASiG, SGB VII Verordnungen BG-Vorschriften Technische Regeln BG-Regeln
Arbeitsschutz ist Querschnittsmaterie • öffentliches Wirtschaftsverwaltungsrecht • Verbraucher- und Umweltschutzrecht • Arbeitsrecht • unterschiedliche Kontrollinstanzen
Kontrollinstanzen Gewerbeaufsicht SozVers-Träger Berufsgenossen-schaft u.v.a.m. sonstige Ämter Polizei
Das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) • Bestellungspflicht für Betriebsärzte und ASiG-Fachkräfte • Grundbetreuung + betriebsspezifischer Betreuungsanteil • Eigenermittlungspflicht für betriebsspezifischen Betreuungsanteil
Betriebsspezifischer Betreuungsanteil ? Grundbetreuung
Betriebsarzt ASi-Fachkraft
Bestellungspflicht soweit „erforderlich“ • abhängig von konkreten betrieblichen Gefahren • umfangreicher Aufgabenkatalog Betriebsarzt
Sicherheitsingenieure, -techniker und –meister • Bestellungspflicht, soweit „erforderlich“ • abhängig von konkreten betrieblichen Gefahren • umfangreicher Aufgabenkatalog • besondere Anforderungen an zu bestellende Personen ASi-Fachkraft
Gesetzliches Unfallversicherungsrecht SGB VII • Ziel: Verhütung und ggf. Entschädigung • Durchführung und Kontrolle durch Berufsgenossenschaften • Bestellung von Sicherheitsbeauftragten ab 20 Beschäftigten durch Arbeitgeber
Betriebsarzt ASi-Fachkraft Sicherheits-beauftragter
Arbeitsauftrag abhängig von konkreten betrieblichen Gefahren • Unterstützungs- und Überwachungsfunktion • Fortbildungsanspruch und Kostentragung durch den Arbeitgeber für Lohnausfall Sicherheits-beauftragter
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) • Rechtsgrundlage für weitere Verordnungen • dichteste Regelungsmaterie für Arbeitsschutz • viele allgemeine Regelungen
Leitbild des ArbSchG: menschengerechte Arbeitsplatzgestaltung • Bewertungspflicht nach Tätigkeiten • in der Betrachtung: Arbeitsplatz, Arbeitsmittel sowie Verfahren, Abläufe und Arbeitszeit • auch Ergonomiemängelsind Gefahren • auch eintönige Arbeit bei maschinenbestimmten Arbeitsrhythmus
ArbSchG: ärztliche Betreuung • Pflicht zu (freiwilligen) arbeitsmedizinischen Untersuchungen • kann entfallen, wenn erkennbar kein Gefährdungspotenzial
Fall 1: Arbeitgeber A bietet Mitarbeiter M aufgrund befürchteter gesundheitlicher Beeinträchtigungen durch die Bedingungen an dessen Maschinenarbeitsplatz eine arbeitsmedizinische Untersuchung an. M lehnt diese auch auf wiederholte Aufforderung ab. A erteilt M daher eine Abmahnung. Zu Recht?
ArbSchG: Beschäftigungsverbote und -beschränkungen • häufig in weiteren Gesetzen konkretisiert (MutterSchG, JugendArbSchG) • generell besondere Gefahren für bestimmte Beschäftigtengruppen zu berücksichtigen • geschlechtsspezifische Regelungen nur zulässig, wenn aus biologischen Gründen zwingend geboten
ArbSchG: Beurteilung der Arbeitsbedingungen • Kernvoraussetzung für wirksame Maßnahmen • Ermittlungspflicht des Arbeitgebers • Bewertung der Schwere der Gefährdung und des Schadenspotenzials • nur einmalige Bewertung bei gleichartigen Arbeitsplätzen nötig • Wiederholungspflicht bei Änderungen im Arbeitsbild
ArbSchG: Dokumentation • Doku ist anzufertigen und aufzubewahren • keine Vorgabe zur Dokumentationstiefe • jeweils aktueller Stand gefordert • bei gleichartiger Gefährdungssituation zusammengefasste Angaben ausreichend schematisierte Erfassung ausreichend • empfehlenswert auch wegen Haftungsperspektive
ArbSchG: Instandhaltung und Kennzeichnung • bezogen auf technische Geräte mit Gefahrenpotenzial • weiter Einschätzungsspielraum
ArbSchG: Unterrichtung und Unterweisung • Unterrichtung rein informatorisch • Unterweisung mit pädagogischem Anspruch (Anweisungen und Erläuterungen)
Kostentragung für Maßnahmen nach ArbSchG • Sachmittelkosten: Arbeitgeber • organisatorischer Schutz (z.B. Arbeitsunterbrechungen): Arbeitgeber • Kosten für persönliche Schutzausrüstung: falls erforderlich Arbeitgeber • nicht: private „Luxusanschaffung“ • Mitbestimmung ohne Kostenzugriff (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG)
Fall 2: Die Maschinen im Betrieb B können typbedingt nur max . 3 Stunden am Stück laufen und benötigen dann eine Abkühlphase von 30 Minuten. Es droht Überhitzung. In dieser Zeit könne die Mitarbeiter nicht beschäftigt werden. Den Mitarbeitern werden jeweils halbstündige Pausen zugewiesen, für die sie keine Lohnzahlung erhalten. Ist dieses Vorgehen rechtmäßig?
Pflichten von Beschäftigten • Pflicht zur Eigensorge • Pflicht zur bestimmungsgemäßen Verwendung von Schutzvorrichtungen • Mitteilungspflicht bei Mängeln • Abmahnungs- und ggf. Kündigungsperspektive • bestimmt ggf. Haftungsbeteiligung des Arbeitnehmers (§ 254 BGB)
Fall 3: Arbeitgeber A hat aus Kostengründen auf die turnusmäßige Wartung einer Maschine verzichtet. Maschinenarbeiter M bemerkt seit Wochen klappernde Geräusche an der Maschine, meldet sie aber nicht. Eines Tages wird M durch ein umherfliegendes Teil der Maschine erheblich verletzt. In welchem Umfang kann M Entschädigung von A verlangen?
Kontrollbefugnisse • Zutritts- und Besichtigungsrecht • verdachtsunabhängig • Prüfungsrecht betreffend geschäftliche Unterlagen • Begleitung bei Betriebsbegehung • aktive Unterstützungspflicht
Anordnungsbefugnisse • im Hinblick auf Durchführung der Vorschriften des ArbSchG und von VOen • im Hinblick auf zusätzliche erforderliche Schutzmaßnahmen • Verwaltungsakte klagbar
Beratungspflicht • Arbeitsschutzbehörde hat Beratungspflicht • Geheimnisschutz gewahrt • enge Voraussetzungen der Weitergabe von Kenntnissen an andere Behörden
Sanktionen • Ordnungswidrigkeiten • Strafvorschriften • Sanktionen ansonsten aus Haftungsgesichts- punkten ggü. geschädigten Mitarbeitern (II.)
Ordnungswidrigkeiten • Zuwiderhandlung gegen eine Rechtsverordnung nach § 18 oder § 19 ArbSchG • Zuwiderhandlung gegen eine Anordnung nach § 22 ArbSchG (Arbeitgeber und Beschäftigte)
Strafvorschriften • bei beharrlicher Verweigerung gegen bußgeldbewehrte Tatbestände • beharrlich = besonders hartnäckig
OWi beiVO-Verstoß Grundverstoß OWi bei Verstoß gegen Anordnung ansonsten sanktionslos Strafbarkeit bei beharrlichem Verstoß
Beispiele: • Verstoß gegen Dokumentationspflicht sanktionslos (es sei denn Anordnung) • Verstoß gegen Lärmschutzvorschriften OWi (Verstoß gegen LärmVO) • wiederholter Verstoß gegen Anordnung Straftat möglich
Fall 4: • Mitarbeiter M hat den Maschinenpark nicht ordnungsgemäß überwacht. Der Maschinenführer F erleidet durch einen Ermüdungsbruch Verletzungen durch umherfliegende Teile. Er verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld von • Arbeitgeber A • Mitarbeiter M • Geschäftsführer G und • der Berufsgenossenschaft • In welchem Umfang kann er dies verlangen?
Fall 5: Industriearbeitgeber I hat in seinem Betrieb weder Sicherheitsbeauftragte noch Fachkräfte für Arbeitssicherheit benannt. Es kommt zu einem Schaden, bei dem Arbeitnehmer A erheblich verletzt wird. Die Gewerbeaufsicht kann nicht ausschließen, dass der Schaden bei Bestellung der Kräfte nicht eingetreten wäre. Haftet I für den entstandenen Schaden?
Verschuldenshaftung möglich aus • Vertrag (§ 280 Abs. 1 BGB) • Delikt (§ 823 Abs. 1 und 2 BGB) • Aufwendungsersatzgesichtpunkten (§ 670 BGB) • ArbSchG und VOen sind Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB • Mitverschulden ist nach § 254 BGB zu berücksichtigen
Typische Schadenspositionen • Körperschäden / Heilungskosten • Sachschäden an Kleidung • u.U. Kfz-Reparaturkosten
Verschuldensunabhängige Haftung des Arbeitgebers, wenn Schaden bei Vollzug einer gefährlichen Arbeit entstanden und nicht lediglich allgemeines Lebensrisiko reine Gefährdungshaftung
Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 SGB VII: Grundsätzlich keine Haftung, es sei denn Vorsatz
Nicht erstattungsfähig sind Sachschäden, die • der Arbeitnehmer nach der Natur der Sache üblicherweise hinnehmen muss (Verschmutzung, Verschleiß) • mit dem Entgelt abgegolten werden
Wer haftet? • Arbeitgeber = Gesellschaft • schadensstiftender Arbeitnehmer • u.U. auch Leitungsorgane
Haftet der Arbeitgeber für Fehlverhalten der Angestellten? „Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.“ § 278 BGB