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Universität Mannheim Finanzwissenschaft II. Sommersemester 2007 Prof. Dr. Eckhard Janeba. Logistik. Vorkenntnisse: Grundstudium, aktive Beherrschung Mikro und Lösung von statischen Optimierungsproblemen Literatur: Kopiervorlage in Bereichsbibliothek Folien werden im Internet bereitgestellt.
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Universität MannheimFinanzwissenschaft II Sommersemester 2007 Prof. Dr. Eckhard Janeba 6.2.2007
Logistik • Vorkenntnisse: Grundstudium, aktive Beherrschung Mikro und Lösung von statischen Optimierungsproblemen • Literatur: Kopiervorlage in Bereichsbibliothek • Folien werden im Internet bereitgestellt 6.2.2007
Fortsetzung Logistik • http://www.vwl.uni-mannheim.de/fiwi/ • Klausur • Sprechstunde:Dienstags 9-10:30, Verfügungsgebäude, Zi. 227 • Übung: Gonzague Vannoorenberghe, MSc, Verfügungsgebäude, Zi. 225, Sprechstunde wird noch bekanntgegeben 6.2.2007
I. Einführung • Überblick zur Staatstätigkeit • Einnahmen • Ausgaben • Fragestellungen der Finanzwissenschaft • Marktgleichgewicht und Marktversagen 6.2.2007
A. Überblick zur Staatstätigkeit • Träger im öffentlichen Sektor • Haushaltsplan • Größe des öffentlichen Sektors (Niveau, Relevanz, Ausgabenarten, zeitliche Entwicklung, internationaler Vergleich) • Föderalismus 6.2.2007
Zentrale Fragen A. Grundsätzliches • Ist ein marktwirtschaftliches Gleichgewicht ohne staatliche Intervention effizient und/oder gerecht? • Wenn nicht, kann staatliche Intervention zu einer Verbesserung führen? 6.2.2007
Fortsetzung: Fragen B. Ausgabenpolitik Warum interveniert der Staat bei der Bereitstellung öffentlicher Güter, bei externen Effekten, und auf Versicherungsmärkten? Welche Rolle spielt und sollte der Staat bei der Umverteilung von Einkommen und Vermögen spielen? 6.2.2007
Fortsetzung: Fragen C. Einnahmenpolitik • Warum sind die volkswirtschaftlichen Kosten der Besteuerung größer als das Steueraufkommen? • Wie werden die Kosten der Besteuerung gemessen? • Welche Effekte haben Steuern auf Arbeits-, Spar-, Konsum-, und Investitionsverhalten? • Wie sieht eine „optimale“ Steuer aus? 6.2.2007
B. Marktgleichgewicht und Marktversagen • Marktgleichgewicht: Nutzenmaximierung von Konsumenten unter Budgetrestriktion, Gewinnmaximierung von Firmen gegeben Technologie, Räumung aller Märkte • Eine Allokation von Ressourcen heißt Pareto-effizient, wenn es keine andere mögliche Allokation gibt, bei der sich mindestens ein Individuum besser stellt und keines schlechter. 6.2.2007
1. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik • Ein Marktgleichgewicht (MGG) ist unter bestimmten Bedingungen Pareto-effizient. • Bedingungen: Preisnehmer, konstante Skalenerträge, keine öffentliche Güter, keine externe Effekte, keine Markteintrittsschranken, etc. 6.2.2007
2. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik • Jede Pareto-effiziente Allokation kann mit Hilfe von unverzerrenden Steuern als MGG dezentralisiert werden. • Probleme: 1. Unverzerrende Steuern (=lump sum Steuern) 2. Wer bestimmt, welche Allokation implementiert werden soll? 6.2.2007
II. Theorie und Politik der Öffentlichen Einnahmen A. Normative Theorie der Besteuerung B. Besteuerung und Anreizwirkungen C. Steuerinzidenz im Allgemeinen Gleichgewicht D. Steuerreform und Duale Einkommensteuer 6.2.2007
A. Normative Theorie der Besteuerung • Zusatzlast • Optimale Indirekte Besteuerung • Optimale Direkte Besteuerung • Ökologische Steuerreform/Doppelte Dividende 6.2.2007
1. Zusatzlast • Warum sind manche Steuern besser als andere? • Wie messen wir die volkswirtschaftlichen Kosten der Besteuerung? • Schwerpunkt: Effizienz, nicht Gerechtigkeit 6.2.2007
Messung • Schlechter Ansatz: Wohlfahrtsänderung = Steueraufkommen • Beispiel • Problematischer Ansatz: Wohlfahrt = Konsumentenrente • Pfadabhängig wenn sich mehr als ein Preis ändert 6.2.2007
Sinnvoller Ansatz • Kompensierende Variation (CV): Einkommen, das der Konsument erhalten muß, um bei Preisänderung Nutzen konstant zu halten • Äquivalente Variation (EV): Einkommen, das der Konsument bereit ist aufzugeben, um Preisänderung zu vermeiden 6.2.2007
Formale Definition • CV(p0,p1) = E(p1,V(p0,y)) – E(p0,V(p0,y) = E(p1,V(p0,y)) – y • EV(p0,p1) = E(p1,V(p1,y)) – E(p0,V(p1,y) = y - E(p0,V(p1,y)) • Graphische Analyse 6.2.2007
Zusatzlast (ZL) einer Steuer • ZL = EV – R bzw. ZL = CV - R, wobei R das Steueraufkommen ist • ZL = E(p1,V(p1,y)) – E(p0,V(p1,y) – R(p1,y) = y - E(p0,V(p1,y)) – (p1-p0) x(p1,y) • Analog bei CV • Graphische Analyse • Approximation durch Konsumentenrente ?? 6.2.2007
Weiterführendes • Approximation von ZL basierend auf CV bei konstanten Produzentenpreisen: ZLCV = - t‘SΔt – 0,5Δt‘SΔt wobei t Steuervektor und S Slutzky-Matrix • Vorzeichen der Wohlfahrtsänderung bei existierender Steuer a priori unklar • Zusatzlast nichtlineare Funktion des Steuersatzes 6.2.2007
Anwendung • Empirische Messung der Zusatzlast bei Weihnachtsgeschenken • Veranschaulichung der Zusatzlast • Bar vs. „in-kind“ Geschenke • Umfragedaten • Empirische Analyse 6.2.2007
2. Optimale Indirekte Besteuerung • Vorüberlegungen • Ramsey Ansatz • Repräsentativer Konsument • Inverse Elastizitätenregel • Corlett-Hague Regel • Uniforme Besteuerung • Heterogene Konsumenten • Produktionseffizienz • Schlussbetrachtungen 6.2.2007
Vorüberlegungen • Ziel: Ein gegebenes Steueraufkommen erzielen durch Besteuerung von Gütern unter Minimierung der Zusatzlast • Fragen • Wie sieht optimale Steuerstruktur aus? • Wann ist Struktur uniform? • Sollten Inputs besteuert werden? • Gibt es einen Gerechtigkeits-Effizienz Zielkonflikt? 6.2.2007
Ramsey Ansatz • Historische Problemstellung: Frank Ramsey (1927); moderne Behandlung: Diamond und Mirrlees (1971) • Theorie des Zweitbesten • Allgemeines Gleichgewicht • Qualitative Charakterisierung 6.2.2007
Annahmen • Vollständiger Wettbewerb • m Konsumgüter, ein Input (Arbeit) • Konstante Skalenerträge • Konsumenten-, Produzentenpreise und Steuern Pi,qi,ti für i=1,...,m, wobei Pi=qi+ti • w ist Preis der Arbeit (unbesteuert), Arbeitsangebot L, Einkommen wL 6.2.2007
Repräsentativer Konsument kauft m Konsumgüter (Mengen Xi) und bietet Arbeit an, um Nutzen zu maximieren • Indirekte Nutzenfunktion V(P1,...,Pm,w,I) • Steuereinnahmenziel: Σi tiXi = T • Staat maximiert V(P,w,I) durch Wahl von ti unter Beachtung von Einnahmenziel • Individuelles Verhalten steckt in V(P,w,I)! 6.2.2007
Ergebnis und Interpretation • Lagrange Ansatz • Ergebnis ist die Ramsey Regel: ΣitiSki/Xk = - θ < 0, k=1,...,m, wobei • θ = 1 – λ/ - ΣitidXi/dI • Ski = dXCk/dPi • Im Optimum sollten die Steuern so gesetzt werden, dass die kompensierte Nachfrage für jedes Gut im gleichen Verhältnis zur Ausgangsposition verringert wird. 6.2.2007
Herleitung Ramsey Regel • Hilfsresultate 1. dPi / dti = 1 2. ∂V / ∂Pi = - (∂V/∂I) Xi = - Xi 3. ∂Xi / ∂Pk = Sik – Xk (∂Xi/∂I) 4. Sik = Ski • Lagrange Ansatz L = V( P,w,I) + [ ∑i ti Xi(P,w,I) - T] 6.2.2007
BEO: - Xk +α[…] = 0 α[ Σiti(∂Xi/∂Pk) ] = (λ-α) Xk Σiti (Sik- Xk (∂Xi/∂I)) = [(-α)/α] Xk Σiti Sik = [(-α)/α + Σiti(∂Xi/∂I)]Xk 6.2.2007
Spezialfall: Keine Kreuzpreiseffekte • Also: dXi/dPk = 0 für alle i ungleich k • Dann reduziert sich Ramsey Regel zur inversen Elastizitätenregel tk/Pk = (λ-μ) μ -1/εkk, wobei εkk die Preiselastizität der Nachfrage für Gut k • Die prozentualen Steuersätze sollen invers zur Elastizität der unkompensierten Nachfrage sein 6.2.2007
Spezialfall: n=2 • Arbeit bzw. Freizeit (Gut 0) und zwei Konsumgüter (i=1,2) • Ergebnis ist die Corlett-Hague Regel: τ1=t1/q1 ist größer (kleiner) als τ2=t2/q2, wenn ε10 kleiner (größer) als ε20 ist, wobei εi0 die Kreuzpreis-elastizität der kompensierten Nachfrage nach Gut i bezüglich des Lohnsatzes ist. • Interpretation: Das Gut, das mehr komplementär zu Freizeit ist, wird höher besteuert. 6.2.2007
Uniforme Besteuerung • Wann ist die optimale Steuerstruktur uniform, d.h. τi=ti/Pi=τ für alle i=1,...,m? • Möglichkeit 1: Arbeit ist unelastisch. Uniforme Güterbesteuerung de facto eine unverzerrende Steuer. • Möglichkeit 2: Nutzenfunktion homothetisch und separabel zwischen Konsumgütern und Arbeit. 6.2.2007
Gerechtigkeit vs. Effizienz • Heterogene Konsumenten • Erweiterte Ramsey-Regel • Zielkonflikt zwischen Gerechtigkeit und Effizienz: wer konsumiert unelastisch nachgefragte Güter? 6.2.2007
Produktionseffizienz • Eff. Produktion bedeutet, dass die Ökonomie auf der Transformationskurve produziert. • Passiert bei Abwesenheit von Besteuerung in Wettbewerbsmärkten • Sollte Produktion effizient sein, wenn Steuern erhoben werden müssen, um R zu finanzieren? 6.2.2007
Wenn ja, dann dürfen u.a. Inputs nicht besteuert werden. • Antwort: Produktion ist im Optimum effizient! • Veranschaulichung des Resultats • Bedeutung des Resultats 6.2.2007
Schlußbetrachtungen • Numerische Resultate • Stärken und Schwächen des Optimalsteuer-ansatzes 6.2.2007
3. Optimale Direkte Besteuerung • Normative Prinzipien der Besteuerung • Was ist Einkommen? • Messung der Progression • Opfertheorien • Optimale Einkommensbesteuerung mit endogenem Einkommen 6.2.2007
Normative Prinzipien der Besteuerung • Äquivalenzprinzip (benefit principle) Gegenleistung des Staates, wenn auch nicht individuell zurechenbar (z.B. Verteidigung) Rechtfertigung der Umverteilung hinter Schleier der Ungewissheit 6.2.2007
2. Leistungsfähigkeitsprinzip (ability to pay principle) - Rechtfertigung eines Steueraufkommens - Horizontale vs. Vertikale Steuergerechtigkeit 6.2.2007
Was ist Einkommen? • Mögliche Definitionen • Geld von wiederkehrenden Quellen, am Markt verdient • Reinvermögenszugang • Synthetische Einkommensteuer • Was macht die Einkommensteuer in der Praxis kompliziert? 6.2.2007
Steuertarife • Steuertarif T = T(y), wobei y die Bemessungsgrundlage ist • Durchschnittssteuersatz t(y) = T(y)/y, Grenzsteuersatz T‘(y) = dT(y)/dy • Linearer Tarif T(y) = a y - b, a>0, Spezialfall: Proportionaler Tarif (b=0) • Freibetrag: T(y) = max {ay-b,0} • Freigrenze: T(y) = ay wenn y>b, sonst T(y) = 0 6.2.2007
Steuerprogression • Progression gemessen an der Veränderung des Durchschnittssteuersatzes (lokales Maß) • Tarif ist progressiv, wenn dt/dy > 0, proportional wenn dt/dy = 0, und sonst regressiv • Für progressive Tarife gilt: Grenzsteuersatz > Durchschnittssteuersatz • Streng konvexe Tarife: T‘‘(y) > 0 6.2.2007
Progression und Einkommensverteilung • Ziele • Maß für Ungleichheit der Einkommensverteilung • Effekt der Besteuerung auf Einkommensverteilung • Lorenzkurve: Misst den Prozentsatz des gesamten Einkommens, den die untersten x% der Bevölkerung besitzen. • Sei x1<x2<...<xH, wobei h=1,...,H der Index der Haushalte ist. Dann ist die Lorenzkurve L(i/H) = Σh=1i xh / Σh=1H xh für i=1,...,H. 6.2.2007
Gini Koeffizient • Messung der Einkommensverteilung mit einer Kennzahl • Graphisch: Fläche zwischen Lorenzkurve und Diagonale relativ zur Fläche unter der Diagonalen • Gleichverteilung (Gini Koeff. = 0), Extreme Ungleichheit (Gini Koeff. = 1) • Gini Koeffizienten in der Realität • Probleme 6.2.2007
Opfertheorien • Adam Smith: „Subjects should contribute in proportion to their respective abilities.“ • John Stuart Mill: „whatever scrifies the [government] requires...should be made to bear as nearly as possible with the same pressure upon all.“ 6.2.2007
Folgt Progression von gleichem Opfer? • Ansatz: Streng konkave Nutzenfunktion U(x), identisch für alle Individuen, x gegeben • Gleiches absolutes Opfer • Gleiches marginales Opfer • Kritik 6.2.2007
Optimale Einkommensbesteuerung • Idee: Mirrlees (1971) • Hier: Ansatz von Stiglitz • Annahmen Endogenes Einkommen keine Pauschalsteuer Heterogene Individuen Nur Bruttoeinkommen beobachtbar 6.2.2007
Ziel: Pareto Optimale Besteuerung • Zwei Typen von Individuen mit Fähigkeiten (Bruttolöhnen) n1,n2, wobei n2>n1 • Steuertarif nicht-linear, nicht differenzierbar • Typen von Gleichgewichten • Pooling Gleichgewicht • Separation Gleichgewicht 6.2.2007
Einkommen Y=nL, Konsum x=Y-T(Y) • Nutzenmaximierung und Arbeitsangebot • MRSn = 1-T´(Yn) • Annahme: Agentenmonotonität • Selbstselektionsbeschränkung • V2(x2,Y2) >V2(x1,Y1) • Staat maximiert V2(x2,Y2) + V1(x1,Y1) unter Budget- und Selbstselektionsbeschränkung 6.2.2007
Ergebnisse • Resultat 1: Bei identischen Präferenzen und exogenen Bruttolöhnen ist der Grenzsteuersatz der Individuen mit den höheren Fähigkeiten gleich 0. • Resultat 2: Wenn die Nutzenfunktionen identisch sind und separabel zwischen Konsum und Freizeit, dann sollten Güter nicht, sondern nur Einkommen besteuert werden (ohne Beweis). 6.2.2007
4. Ökologische Steuerreform Doppelte Dividende • Ausgangssituation: Staat benötigt ver-zerrende Steuern (z.B. Einkommensteuer) zur Finanzierung eines gegebenen Auf-kommens • Kann die Einführung/Erhöhung einer Umweltsteuer die Wohlfahrt erhöhen? 6.2.2007