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Wettbewerb im Gesundheitswesen - Änderungen durch die 8. GWB-Novelle und verbleibende Fragen -

Wettbewerb im Gesundheitswesen - Änderungen durch die 8. GWB-Novelle und verbleibende Fragen -. Prof. Dr. Heike Schweitzer, LL.M. (Yale). Gliederung. Gliederung Einleitung: Wettbewerb im Gesundheitswesen / Ausgangspunkte der 8. GWB-Novelle

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Wettbewerb im Gesundheitswesen - Änderungen durch die 8. GWB-Novelle und verbleibende Fragen -

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  1. Wettbewerb im Gesundheitswesen- Änderungen durch die 8. GWB-Novelle und verbleibende Fragen - Prof. Dr. Heike Schweitzer, LL.M. (Yale)

  2. Gliederung Gliederung • Einleitung: Wettbewerb im Gesundheitswesen / Ausgangspunkte der 8. GWB-Novelle • Neuregelungen zur Anwendung des GWB auf gesetzliche Krankenkassen im Rahmen der 8. GWB-Novelle • Würdigung der Reformvorschläge / Folgeprobleme IV. Ausblick: Künftige rechtspolitische Diskussion

  3. I. Einleitung • Einleitung: Wettbewerb im Gesundheitswesen / Ausgangspunkte der 8. GWB-Novelle • Besonderheiten von Gesundheitsleistungen • Bedeutung des Gutes Gesundheit • Gesundheitsleistungen als Vertrauensgüter • Rechtlich: Staatliche Verantwortung für ein funktionierendes Gesundheitswesen • Wettbewerb auf Gesundheitsmärkten • Ärzte und Krankenhäuser stehen im Wettbewerb / sind „Unternehmen“ i.S.d. Wettbewerbsrechts • Regulierung schließt Wettbewerb nicht aus

  4. I. Einleitung • Anwendung der Wettbewerbsregeln auf gesetzliche Krankenkassen (KK)? • KK als Nachfrager ggü. Leistungserbringern (Ärzten, Krankenhäusern, Pharmaunternehmen u.a.) • KK als Anbieter von Versicherung auf Versicherungsmarkt: • Historisch gewachsenes Nebeneinander vieler KK • Seit 1996: Kassenwahlrechte der Versicherten, d.h. Wettbewerb um Mitglieder (Preis, Service) • Ergänzt um „Selektivvertragswettbewerb“ (Qualität, Preis) • Wettbewerb zwischen KK besteht • Besonderheiten des Wettbewerbs zwischen KK: • Aufnahmeanspruch der Versicherten; kein Wettbewerb um gute Risiken • Risikostrukturausgleich zwischen KK • Gesetzlich festgelegter Leistungskatalog • Einheitlich festgelegter Beitragssatz (aber Zusatzbeiträge) • Pflicht der KK zum kollektiven Kontrahieren mit Leistungserbringern in vielen Bereichen • Handlungsbeschränkungen der KK bei Rücklagen / Investitionspolitik • Kein freier Markteintritt; Haftungsverbund bei Auflösung, Insolvenz oder Schließung

  5. I. Einleitung • Sicht von Sozialgerichten / BVerfG auf den Wettbewerb zwischen KK: • Wettbewerbsmodell unterscheidet sich von dem der gewerblichen Wirtschaft / bloßes Anreiz- und Steuerungssystem im öff. Interesse. • Basis des Wettbewerbs in der GKV: Solidarprinzip; Ausrichtung am gemeinsamen Interesse hochwertiger/wirtschaftlicher Gesundheitsversorgung. Kein Wettbewerb um den Ausbau der eigenen Marktposition zu Lasten von Konkurrenten. • Kooperationsgebot (Art. 4 Abs. 3 SGB V) dominiert Wettbewerb. • EuGH, AOK-Urteil (2004): KK sind im Kernbereich ihrer Tätigkeit keine Unternehmen i.S.d. EU-Wettbewerbsrechts. Grund: solidarisches System sozialer Sicherheit. • Rein sozialer Zweck, keine Gewinnerzielungsabsicht • Beiträge nicht proportional zum versicherten Risiko • Gesetzlich festgelegter Leistungskatalog • Risikostrukturausgleich • EuG / EuGH – FENIN-Urteil (2003, 2006): Ausnahme für solidarische Systeme sozialer Sicherheit erstreckt sich auch auf Nachfragetätigkeit (d.h. insbes.: Kollektiv- + Selektivverträge mit Leistungserbringern). • Ergebnis: Vom Gesetzgeber eingeführte Wettbewerbselemente unterfallen nicht dem Schutz des EU-Wettbewerbsrechts

  6. I. Einleitung • Maßnahmen des dt. Gesetzgebers mit Blick auf Nachfragetätigkeit der KK: • GKV-WSG (mit Wirkung 2007): §§ 19-21 GWB werden auf das Verhältnis zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern für „entsprechend anwendbar“ erklärt (§ 69 Abs. 2 S. 1 SGB V) • AMNOG (mit Wirkung 1.1.2011): Auch die §§ 1-3 GWB sind entspr. anwendbar. • Aber nur, soweit den KK gesetzlich wettbewerbliche Handlungsspielräume eingeräumt sind. • Lücke: Wettbewerb der KK im Versicherungsmarkt (Angebotstätigkeit) • Praktische Relevanz: Verfahren des BKartA gegen 8 KK, die gemeinsam die Absicht zur Erhebung von Zusatzbeiträgen ankündigten – Auskunftsbeschluss. • LSG Hessen v. 15.9.2011: Auskunftsbeschluss rw – Keine Rechtsgrundlage für Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der KK durch BKartA (fehlende Unternehmenseigenschaft der KK). • Reaktion: BKartA stellt auch GWB-Fusionskontrolle bei KK-Zusammenschlüssen ein und appelliert an Gesetzgeber • Gesetzgeber reagiert mit 8. GWB-Novelle • Aktueller Stand: • 1. Lesung am 15.6.2012 • 2./3.Lesung voraussichtlich am 27./28.9.2012 • 8. GWB-Novelle soll zum 1.1.2013 in Kraft treten

  7. II. Neuregelung in der 8. GWB-Novelle II. Neuregelungen zur Anwendung des GWB auf gesetzliche Krankenkassen im Rahmen der 8. GWB-Novelle

  8. II. Neuregelung in der 8. GWB-Novelle • Entsprechende Anwendung des GWB auf das Verhalten von Krankenkassen im Verhältnis zueinander und zu den Versicherten • Erstreckung der „entsprechenden Anwendung“ des GWB auf Angebotstätigkeit; Regelung im Anschluss an das sozialrechtliche Kooperationsgebot (§ 4 Abs. 3 SGB V) => Kooperation nur in den Grenzen des GWB. • „Entsprechende“ Anwendung wg. fehlender Unternehmenseigenschaft. Keine Ermächtigung zu abweichender (sozialrechtsspezifischer) Auslegung • GWB unanwendbar auf Verträge etc. von KK / deren Verbänden, zu denen diese gesetzlich verpflichtet sind, sowie auf Beschlüsse etc. des GBA, zu denen dieser gesetzlich verpflichtet oder ermächtigt (neu!) ist (§ 4 Abs. 3 S. 3 SGB V). • Beispiele: • Beschlüsse des GBA gem. § 35 Abs. 1 SGB V zu Festbetragsgruppen für Arzneimittel • Festsetzung von Festbeträgen durch den Spitzenverband Bund der KK (§ 35 Abs. 3 SGB V) • Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der KK und pharmazeutischen Unternehmen über Erstattungsbeträge für Arzneimittel nach § 130b SGB V. • In diesen Bereichen: Verhaltenskontrolle nur durch Schiedsamtsregelungen

  9. II. Neuregelung in der 8. GWB-Novelle 2. Entsprechende Anwendung der GWB-Fusionskontrolle auf freiwillige Zusammenschlüsse gesetzlicher Krankenkassen • Neuer § 172a ins SGB V: GWB-Zusammenschlusskontrolle (§§ 35 ff. GWB) auf freiwillige Zusammenschlüsse gesetzlicher Krankenkassen entsprechend anwendbar / tritt neben Genehmigungserfordernis nach § 144 Abs. 3 SGB V (Leistungsfähigkeits-/Wirtschaftlichkeitskontrolle). • Genehmigung nach § 144 Abs. 3 SGB V nur, wenn Freigabe durch BKartA • Keine materiell-rechtlichen Sonderregeln • Besondere Fristenregelung für Rettungsfusionen • Zuständige Aufsichtsbehörden (BVA od. zuständige Landesbehörden - § 90 SGB IV) haben Recht zur Stellungnahme vor einer Untersagung (§ 40 Abs. 4 GWB) und im Ministererlaubnisverfahren (§ 42 Abs. 4 S. 2 GWB) – § 172a Abs. 2 S. 3 SGB V. • Ausführung: Temme

  10. II. Neuregelung in der 8. GWB-Novelle 3. Ansprüche und Rechtsbehelfe gesetzlicher Krankenkassen bei unlauteren Werbemaßnahmen konkurrierender Kassen Neuregelung in § 4 Abs. 3 SGB V: KK können „[…] die Unterlassung unzulässiger Werbemaßnahmen von anderen Krankenkassen verlangen“. • Anspruch soll wg. fehlender Unternehmenseigenschaft nicht aus UWG folgen (Vorlagebeschluss des BGH v. 18.1.2012 nicht erwähnt!) • Auch keine „entsprechende Anwendung“ des UWG • Stattdessen Anspruch abgeleitet aus sozialrechtlicher Pflicht zu sachbezogener Information und Rücksichtnahme auf die Belange anderer Krankenversicherungsträger (§§ 13-15 SGB I; § 86 SGB X) (an Wertungsmaßstäbe des UWG angelehnt – s. auch die „Gemeinsame Wettbewerbs-grundsätzen der Aufsichtsbehörden“). Durchsetzung des Anspruchs: § 12 Abs. 1-3 UWG soll entsprechend anwendbar sein, d.h.: • Möglichkeit der Abmahnung bei unlauteren Werbemaßnahmen • Einstweiliger Rechtsschutz nach SGG offenstehen, bei gesetzlicher Dringlichkeitsvermutung.

  11. III. Würdigung der Reformvorschläge / Folgeprobleme • Würdigung der Reformvorschläge / Folgeprobleme

  12. III. Würdigung der Reformvorschläge / Folgeprobleme Vorbemerkung: • Änderungen der 8. GWB-Novelle: sehr zu begrüßen (Ausnahme: Regelung zu unlauteren Werbemaßnahmen) • Unerheblich, ob man im Gesundheitswesen von instrumentellen / freiheitlichen Wettbewerbskonzept ausgeht: Wettbewerb wirkt nur, wenn er geschützt wird. • Fusionskontrolle: Gefährliche Regelungslücke geschlossen - fortschreitender Konzentrationsprozess zwischen KK (von 1223 in 1992 auf 153 in 2011) bedarf der Kontrolle • GWB-Kontrolle des Wettbewerbs auf KK-Angebotsmärkten grundlegend: Erst der wirksame Wettbewerb zwischen KK um Versicherte gewährleistet eine Steuerung des Selektivvertragswettbewerbs i.S.d. Präferenzen der Versicherten.

  13. III. Würdigung der Reformvorschläge / Folgeprobleme 1. Kann der dt. Gesetzgeber von EU-Wettbewerbsrecht abweichen, Art. 3 VO 1/2003? Art. 3 Abs. 2 VO 1/2003: Anwendung des einzelstaatlichen Wettbewerbsrechts darf nicht zum Verbot von Vereinbarungen zwischen Unternehmen führen, die geeignet sind, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen, aber den Wettbewerb i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht beschränken / nach Art. 101 Abs. 3 AEUV gerechtfertigt sind. (P1): Allgemeine Bindung des GWB an den Unternehmensbegriff des EU-Wettbewerbsrechts? => nicht abschließend geklärt. (P2): Bindung der MS an die Rspr. des EuGH zur fehlenden Unternehmenseigenschaft von solidarischen Systemen sozialer Sicherheit? • Zweck der Ausnahme: Schutz der Regelungsbefugnis der MS (Verweis auf Art. 153 Abs. 4 AEUV und Art. 168 AEUV) • Entscheidung eines MS, Wettbewerbselemente in Sozialsysteme einzuführen/ sie wettbewerbsrechtlich zu schützen, steht nicht im Widerspruch zu den Zielen des EU-Wettbewerbsrechts. • EU muss Entscheidung des MS respektieren.

  14. III. Würdigung der Reformvorschläge / Folgeprobleme 2. Sind die gesetzlichen Krankenkassen auf der Grundlage der Neuregelung „Unternehmen“ i.S.d. europäischen Wettbewerbsvorschriften? • Sorge der KK (Gutachten Fritzsche); auch Bundesrat in seiner Stellungnahme v. 11.5.2012. • Schon bislang Diskussion: Ist die AOK-Rspr. durch zahlreiche Gesundheitsreformen / Einführung neuer Wettbewerbselemente überholt? Sind KK heute Unternehmen i.S.d. EU-WBR? • BKartAim Verfahren über abgestimmte Zusatzbeiträgen / Teile der Lit.: (+) • LSG Hessen, Urteil v. 15.9.2011 / andere Teile der Lit.: maßgebliche Eigenschaften der GKV sind im Kern unverändert. AOK-Rspr. gilt fort. • U.U. neue Erkenntnisse infolge des BGH-Vorlagebeschlusses zum UWG (aber unklar: einheitlicher Unternehmensbegriff in Grundfreiheiten und WBR?). • Jedenfalls keine weitergehende Änderung durch 8. GWB-Novelle. • AOK-Urteil: Wettbewerbselemente (konkret: Wettbewerb um Beitragssätze) mit begrenzter instrumenteller Zwecksetzung (konkret: Kosteneffizienz) führen nicht zu Unternehmenseigenschaft. • Entscheidung, Wettbewerbselemente unter rechtlichen Schutz zu stellen, ändert nichts an Begrenzung / begrenztem Zweck der Wettbewerbselemente. Entspr. Anwendung des GWB bleibt über § 4 Abs. 3 S. 3 / § 69 Abs. 2 S. 2 SGB V auf die gezielt eingeführten Wettbewerbselemente beschränkt.

  15. III. Würdigung der Reformvorschläge / Folgeprobleme 3. Was bedeutet die Anwendung der §§ 1 ff. GWB für die gesetzlichen Krankenkassen? • Gutachten Fritzsche (6. Juni 2012): Freiwillige Kooperationen zw. KK (Endoprothesenregister, Zentrales Knochenmarksregister, bundesweites Mammographie-Screening, gemeinsame Elektronischen Gesundheitskarte) in Zukunft kaum noch möglich, weil kein substantieller Restwettbewerb. • Allerdings: Erfordernis von substantiellem Restwettbewerb bezieht sich auf den relevanten Markt, nicht auf die konkrete Kooperation. • Gesetzesbegründung: • Gemeinsame Verhaltensweisen der KK, deren Schwerpunkt in einer im Patienteninteresse sinnvollen gemeinsamen Organisation der Versorgung liegt, sind i.d.R. kartellrechtlich unbedenklich. • Hinweis auf Arbeitsgemeinschaftsgedanken • Hinweis auf Bagatellbekanntmachung des BKartA. • Allerdings: KK sind im Umgang mit §§ 1-3 GWB unerfahren; bislang wenig Präzedenzfälle aus dem Gesundheitsbereich. • Vorschlag DJT-Gutachten: Vorübergehende Einführung eines Notifizierungs- und Erlaubnisverfahrens für Kooperationen zwischen Krankenkassen. • Rechtssicherheit für KK / kein Bußgeldrisiko • Information des BKartA über bestehende Kooperationen. • Aber: 8. GWB-Novelle sieht dies nicht vor.

  16. III. Würdigung der Reformvorschläge / Folgeprobleme 4. Ist die Einfügung einer Regelung entsprechend Art. 106 Abs. 2 AEUV ins SGB V erforderlich? • § 69 Abs. 2 S. 2 SGB V a.F.: GWB ist mit der Maßgabe auf das Verhältnis KK/Leistungserbringer anzuwenden, „dass der Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenkassen besonders zu berücksichtigen ist“. Mit AMNOG gestrichen (nach Gesetzesbegründung aber keine Änderung der Rechtslage). • SGB V enthält keine Vorschrift entsprechend Art. 106 Abs. 2 AEUV Art. 106 Abs. 2: Vorschriften des EUV/AEUV gelten für mit DAWI betraute Unternehmen nicht, wenn ihre Anwendung die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindern würde. • Ist eine solche Vorschrift erforderlich? • Z.T.: Vorrang des Sozialrechts in Spannungsfällen schon wg. bloß „entsprechender“ Anwendung. • Abzulehnen. Keine sozialrechtsspezifische Auslegung des GWB. • Gegenwärtig kein Bedarf für einen dt. Art. 106 Abs. 2: GWB nur anwendbar auf die (engen) Bereiche, in denen KK ausdrücklich wettbewerbliche Handlungsspielräume eröffnet werden (insbes. Zusatzbeiträge; begrenzte Zusatzleistungen; Arzneimittelrabattverträge; bes. Versorgungsformen u.a.). Gefährdungslage für Versorgungsauftrag nicht ersichtlich. • Sinnvoll aber bei Ausdehnung der wettbewerblichen Handlungsspielräume (z.B.: Selektivverträge im Krankenhaussektor).

  17. III. Würdigung der Reformvorschläge / Folgeprobleme 5. Ansätze zur Kontrolle von Kollektivverträgen – Rspr. des OLG Düsseldorf im Fall Hörgeräteakustiker • (P): Welche Rolle kann der Hörgeräteakustiker-Beschluss des OLG Düsseldorf in Zukunft für die wettbewerbsrechtliche Kontrolle von Kollektivverträgen zwischen KK (bzw. KK-Verbänden) und Leistungserbringern spielen? • Hörgeräteakustiker-Beschluss v. 4.5.2011: • Sachverhalt: Verband von Hörgeräteakustikern schloss mit einer AOK einen Versorgungsvertrag über Hörgeräte. Er versprach dabei günstigere Vergütungssätze unter der Bedingung, dass keine Versorgungsverträge mit konkurrierenden Hörgeräteanbietern abgeschlossen würden. [Hinweis: Das GWB war damals auf das Verhältnis KK/Leistungserbringer noch nicht entsprechend anwendbar] • OLG Düsseldorf: § 1 GWB ist gleichwohl auf eine Vertragsklausel anwendbar, die auf das Horizontalverhältnis der Leistungserbringer abzielt. Nur auf Klauseln, die ihrem Regelungs-ziel nach den Leistungsaustausch mit der KK betreffen, ist das GWB unanwendbar. • Übertragbar auf Kollektivverträge? Kollektivverträge beinhalten auch Koordination der Leistungserbringer (vor/bei Vertragsschluss). Diese ist dem Anwendungsbereich des WBR (nur) insoweit entzogen, als es um Handlungen in Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags der KK geht. Kollektivverträge dürfen nicht über das unionsrechtlich privilegierte Ziel hinausgehen – insbes.: keine Ausschlusswirkung gegenüber Kartellaußenseitern.

  18. III. Würdigung der Reformvorschläge / Folgeprobleme 6. Rechtlicher Maßstab für die Kontrolle unlauterer Mitglieder-Werbemaßnahmen gesetzlicher Krankenkassen (P): Ist das UWG auf KK anwendbar? Praktische Bedeutung: UWG gewährt nicht nur Unterlassungs- sondern auch Schadensersatzansprüche. • § 69 SGB V: Schließt Anwendung des UWG auf Handlungen der KK im Verhältnis zu Leistungserbringern aus, die unter den Versorgungsauftrag fallen. Keine Aussage zur Anwendbarkeit des UWG außerhalb des Regelungsbereichs von § 69 SGB V. • BSG, 31,3,1998, BSGE 82, 78 (st.Rspr.): UWG ist nicht auf KK anwendbar, auch nicht analog. • In Gesetzesbegründung zur 8. GWB-Novelle übernommen. • „Gemeinsame Wettbewerbsgrundsätze der Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenversicherung“ v. 19.3.1998 i.d.F. v. 9.11.2006 (wie auch LSG Hessen): UWG nicht anwendbar; Bezugnahme auf „allgemeine Wertungsmaßstäbe“ des UWG. • Zivilgerichtl. Rspr.: Z.T. von Anwendbarkeit des UWG ausgegangen. • BGH, Vorlagebeschluss v. 18.1.2012: Frage an den EuGH, ob Mitgliederwerbemaßnahmen von KK „Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern“ bzw. Werbemaßnahmen eines „Gewerbetreibenden“ i.S.d. der RL 2005/29/EG v. 11.5.2005 über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL) sind. (P): KK als „Gewerbetreibende“ / „Unternehmen“ i.S.d. UGP-RL? • Übereinstimmender Unternehmensbegriff in Art. 101 ff. AEUV/UGP-RL? • Greift Ausnahme zugunsten solidarischer Systeme sozialer Sicherheit auch bei Grundfreiheiten? Im Lauterkeitsrecht? • Ausnahme ist grds. stark auf Schutz der Möglichkeit zur Quersubventionierung zwischen Risiko-/Einkommensgruppen bezogen. Auf Lauterkeitsrecht so nicht übertragbar.

  19. IV. Ausblick: Künftige rechtspolitische Diskussionen IV. Ausblick: Künftige rechtspolitische Diskussionen • Zuständigkeitsfragen • Wechselhafte Geschichte der Zuständigkeiten • In Zukunft stabil? Unklar • Ausweitung wettbewerblicher Handlungsspielräume der gesetzlichen Krankenkassen / Wettbewerbskonzept • Keine grundsätzliche Abkehr vom System der Kollektivverträge in Sicht. • U.U.: Ausweitung selektivvertraglicher Spielräume (z.B. selektives Kontrahieren mit Krankenhäusern). • U.U.: Ausweitung der Möglichkeiten, Zusatzleistungen anzubieten (s. GKV-VStG) • Zweifelhaft, ob dies ein gutes Konzept für Wettbewerb in der GKV ist: Selektionseffekte bei Wechselmöglichkeiten / Gefährdung der Vergleichbarkeit. • Ausweitung der finanziellen Handlungsspielräume der KK? • Aktuelle Diskussion über Prämienauszahlung wg. hoher Rücklagen. • Privatisierung der Rechtsform der KK? • Gutachten Wille/Hamilton/Graf von Schulenburg/Thüsing zur „Privatrechtlichen Organisation gesetzlicher Krankenkassen“ v. April 2012 im Auftrag der TK • Wettbewerb GKV/PKV • Wettbewerb auf Pharmamärkten

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