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Multivariate Statistische Verfahren. Diskriminanzanalyse Universität Mainz Institut für Psychologie SoSe 2013 Uwe Mortensen. Einführung I. Es soll entschieden werden, ob. ein Schulkind unter ADHS leidet oder nur eine situativ bedingte Verhaltensabweichung vorliegt.
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Multivariate Statistische Verfahren Diskriminanzanalyse Universität Mainz Institut für Psychologie SoSe 2013 Uwe Mortensen
Einführung I Es soll entschieden werden, ob ein Schulkind unter ADHS leidet oder nur eine situativ bedingte Verhaltensabweichung vorliegt. Ein Bewerber für eine leitende Position für diese Position geeignet ist oder nicht. der Schatten auf dem Röntgen-Foto ein Tumor oder nur eine harmlose Variation im Gewebe ist, Ein Gemälde aus der Zeit Rembrandts von der Hand des Meisters oder von der eines Epigonen ist,
Einführung II In jedem Fall müssen Symptome oder Merkmale von Personen oder Objekten so interpretiert werden, dass sie möglichst fehlerfrei klassifiziert werden. Viele Symptome (Kopfweh, Bauchweh, etc) zeigen sich bei völlig ver- schiedenen Erkrankungen. Viele Fähigkeiten sind wichtig für eine leitende Position, ohne dabei auf eine spezifische Fähigkeit für eine bestimmte leitende Funktion zu weisen. Merkmale auf Röntgen-Fotos, die bei Tumoren zu beobachten sind, treten auch bei harmlosen Gewebeveränderungen auf Merkmale von Rembrandt-Bildern können auch bei Bildern gefunden werden, die nicht von Rembrandt gemalt wurden.
Einführung III Im Allgemeinen muss nur zwischen einer endlichen Menge von alternativen Klassen entschieden werden. Der Ansatz von Fisher (1936): Die Symptome (Indikatoren, Prädiktoren) müssen so gewichtet werden, dass die Zuordnung einer Person oder eines Objekts zu einer Klasse möglichst fehlerfrei ist. Dazu müssen die Personen/Objekte so auf einer noch zu konstruierenden Skala abgebildet werden, dass sie möglichst eng beieinander auf der Skala liegen, wenn sie zur gleichen Klasse gehören, und möglichst weit separiert werden, wenn sie zu verschiedenen Klassen gehören. Aufgabe: finde die optimalen Gewichte und die Skala oder die Skalen, die eine Klassifikation mit minimalem Fehler erlauben.
Spezifizierung der Idee (Y = Kanonische Variable, Diskriminanzfunktion) Zu bestimmende „Gewichte“ der Prädiktoren (hier: Bildpunkte) Maximale Diskriminierbarkeit bezüglich Y
Umsetzung der Idee I Intuitive Einführung: Erinnerung an die Varianzanalyse: Die Gesamtvarianz der Daten wird in eine Varianzkomponente „innerhalb“ der Gruppen und in eine Varianzkomponente „zwischen“ den Gruppen aufgeteilt. Beide Komponenten werden für eine Schätzung der Fehlervarianz herangezogen. Ist die Schätzung auf der Basis der „Zwischen“-Komponente zu groß, wird die Nullhypothese („Es gibt keine Effekte der experimentellen Variablen“) verworfen. Fishers Idee: Die Prädiktoren (entsprechend den unabhängigen Variablen der Varianzanalyse) werden so gewichtet, dass die Varianz „zwischen“ den Klassen relativ zu der „innerhalb“ der Klassen maximal wird.
Umsetzung der Idee II Diskriminanzkriterium Kanon. Variable Daten - Prädiktoren Kategorien, Gruppen
Die Quadratsummen III Zur Quadratsumme „innerhalb“:
Die Lösung Matrix der Varianzen und Kovarianzen „zwischen“:
Die Lösung Wie entscheidet man, in welche Klasse eine Person oder ein Objekt fällt?
Beispiel 1: Nach Amthauer (1970) erhalten Ärzte, Juristen und Pädagogen in den Untertests Analogien (AN), Figurenauswahl (FA) und Würfelaufgaben (WÜ) des IST (Intelligenz-Struktur-Test) die folgenden mittleren Scores: mit der Varianz-Kovarianz-Matrix (und ihrer Inversen)
Beispiel 1 (Fortsetzung): Ein Abiturient hat in diesen Untertests die Scores 108 (AN), 112 (FA) und 101 (WÜ) erzielt. Welche Berufswahl ist für ihn optimal? Für die Gruppe der Ärzte findet man die Distanz d.h. d1 = .9441. Für die Juristen findet man d2 = 1.1236 und für die Pädagogen d3 = 1.1676. Die kleinste Distanz bzw. die größte Nähe findet man zu den Medizinern, also sollte er Medizin studieren.
Annahme: die multivariate Gauss-Verteilung Bei der Fisherschen Diskriminanzanalyse wird (zunächst) keine Annahme über die Verteilung der Prädiktoren gemacht, - insofern ist das Verfahren verteilungsfrei. Kann man annehmen, dass die Prädiktoren multivariat normalverteilt sind, so können weitere Entscheidungskriterien eingeführt werden sowie bestimmte statistische Tests durchgeführt werden.
Multivariate Gauss-Verteilung und Klassifikation I a posteriori Dichte Likelihood A priori Wahrscheinlichkeit
Multivariate Gauss-Verteilung und Klassifikation II Zur Entscheidung zwischen zwei Klassen: Für gleiche a priori-Wahrscheinlichkeiten der Klassen hat man Und der Vergleich der a posteriori-Wahrscheinlichkeit entpricht einer Entscheidung nach dem Likelihodd-Quotienten.
Multivariate Gauss-Verteilung und Klassifikation III Spezielle Entscheidungsregeln:
Multivariate Gauss-Verteilung und Klassifikation IV Die Form der Trennflächen hängt davon ab, ob die Varianz-Kovarianz- Matrizen für die verschiedenen Klassen gleich oder ungleich sind.
Multivariate Gauss-Verteilung und Klassifikation VII Klassenbereiche im Falle homogener Varianz-Kovarianz-Matrizen und gleicher a priori-Wahrscheinlichkeiten:
Multivariate Gauss-Verteilung und Klassifikation VII Statistische Tests:
Beispiel 2: Klassifikation von Geweben (Cervix-Krebs) I Optical Coherence Tomography (OCT)-Bild Luminanzprofil
Beispiel 2: Klassifikation von Geweben (Cervix-Krebs) II Aufgabe: Klassifiziere ein OCT-Bild in eine von 6 CIN-Klassen: (CIN = Cervical Intraepithelial Neoplasia = abnormale Erscheinungsform von Zellen im Cervixepithel) 00 = gesund 10 = Entzündung 21 22 = verschiedene Schweregrade 23 30 = Krebs • Wahrer Befund: Histologie/Pathologie • Visuelle Klassifikation durch ExpertIn – wie weit stimmen Pathologen und ExpertIn überein, existieren systematische Unterschiede? • Enthalten die Luminanzprofile die gesamte relevante Information? • Implizieren Wartezeiten bis zur pathologischen Untersuchung (oh bis 4h) Veränderungen im Gewebe, die für die Diagnose relevant sind? • Gibt es prä- und postoperative Unterschiede?
Beispiel 2: Zur Problematik von Diskriminanzanalysen – Anzahl der Prädiktoren und Anzahl der „Fälle“ (Beobachtungen, hier: Profile) Es werden zur Klassifikation nur Profile verwendet, die unmittelbar während der Operation (0h) gewonnen wurden: N = 152, - aber nur 150 Prädiktoren (= Anzahl der Bildpunkte). Können die Klassifikationen anhand der OCT-Bilder einerseits und anhand der histologischen Befunde andererseits aufgrund der Profile vorausgesagt werden? Wenn ja: sollte die Konfiguration der CIN-Klassen in beiden Fällen identisch sein, und was bedeutet es, wenn die Konfiguration nicht identisch ist?
Beispiel 2: Zur Problematik von Diskriminanzanalysen – Anzahl der Prädiktoren und Anzahl der „Fälle“ (Beobachtungen, hier: Profile) • Die Klassifikationen scheinen in beiden Fällen perfekt zu sein: es gibt keine Streuung der individuellen Profile um die Kategorienmittelpunkte • OCT-Klassifikationen und Klassifikationen auf der Basis pathologischer Befunde sind ähnlich, aber auch deutlich verschieden, -- wie ist dieser Befund zu deuten? • Oder sind die perfekten Klassifikationen Artefakte?
Beispiel 2: Zur Problematik von Diskriminanzanalysen – Anzahl der Prädiktoren und Anzahl der „Fälle“ (Beobachtungen, hier: Profile) Generell gilt: Ist die Anzahl der „Beobachtungen“ (hier: Profile) relativ zur Anzahl der Prädiktoren (hier: Bildpunkte) zu „klein“ und/oder sind die Korrelationen zwischen den Prädiktoren zu groß – die Matrix der Prädiktorwerte ist „ill conditioned“ – kommt es zu Artefakten. Im hier vorliegenden Fall kommt es zu perfekt erscheinenden Klassifikationen, über die ein weiteres Nachdenken aber gar nicht lohnt! (Faust-)Regel: man sollte mindestens 2.5- bis 3-mal so viele Beobachtungen wie Prädiktoren haben!
Beispiel 2: Klassifikation von Geweben (Cervix-Krebs) IV: Existieren Unterschiede im Gewebe in Abhängigkeit von der Wartezeit bis zur histologischen Untersuchung? Beispiele für Profile: 0h bis 4h (I)
Beispiel 2: Klassifikation von Geweben (Cervix-Krebs) V Es existieren Unterschiede im Mikrobereich, allerdings scheinen sie nicht systematischer Natur zu sein!
Beispiel 2: Klassifikation von Geweben (Cervix-Krebs) VI Diskriminanzanalyse in Bezug auf die zeitlichen Abstände bis zur histologischen Untersuchung (0h, 1h, 2h, 3h und 4h): lassen sich die Profile nach dem zeitlichen Abstand klassifizieren? (Statt der Punkte kann man die Nummer des Profils anzeigen lassen und so überprüfen, ob es wenigstens einen Ansatz zur Klassenbildung gibt: Befund = negativ!) Es sind keine den Zeitpunkten entsprechenden Cluster erkennbar, d.h. die Daten korrespondieren zur Nullhypothese, nach der die Zeitpunkte keinen systematischen Einfluss auf die Profile haben.
Beispiel 2: Klassifikation von Geweben (Cervix-Krebs) VI Folgerung: da es keine systematischen Unterschiede zwischen den Untersuchungszeitpunkten zu geben scheint, können alle Profile zu einer Stichprobe zusammengefasst werden. Statt nur 152 Profile können nun 464 Profile untersucht werden! Dazu werden zunächst die mittleren Profile für jede CIN-Klasse und die zugehörigen Standardabweichungen der Luminanzwerte pro Bildpunkt betrachtet. Die Form der mittleren Profile könnte sich von CIN-Klasse zu CIN-Klasse unterscheiden.
Beispiel 2: Klassifikation von Geweben (Cervix-Krebs) VII Mittlere Profile pro Klasse, wie anhand der OCT-Bilder klassifiziert: Kommentar: Die mittleren Verläufe erscheinen spezifisch für die Kategorien, sind aber insbesondere für CIN = 10, 21, 22, 23 gering.
Beispiel 2: Klassifikation von Geweben (Cervix-Krebs) VIII Standardabweichungen der Profile pro Klasse (Klassifikation anhand der OCT-Bilder) Kommentar: Auch die Standardabweichungen haben charakteristische Verläufe. Keine Homogenität bezüglich der Bildpunkte!
Beispiel 2: Klassifikation von Geweben (Cervix-Krebs) IX OCT-Klassifikation Pathologie Mittl. Prof. Stand ‘abw.
Plots der mittleren Profile 1h, 2h, 3h, und 4h versus 0h Der Befund korrespondiert zu dem, dass keine h-spezifische Kategorisierung der Profile möglich zu sein scheint. Aber man kann von derartigen Beziehungen nicht auf die Unmöglichkeit von Klassifikationen schließen!
Beispiel 2: Klassifikation von Geweben (Cervix-Krebs) X • Die mittleren Profile in den Klassen sind einander ähnlich, aber • Die Standardabweichungen sind relativ groß – kann dies zu unterschiedlichen Klassifikationen anhand der OCT-Bilder einerseits und der pathologischen Befunde andererseits kommen?
Diskriminanzanalysen zur Zuordnung von Profilen zu CIN-Kategorien (i) auf der Basis von OCT-Bildern und (ii) auf der Basis pathologischer Befunde (464 Profile, 151 Bildpunkte als Prädiktoren) I Kan. Var. 1: p = .000 Kan. Var. 2: p = .065 Kan. Var. 1: p = .000 Kan. Var. 2: p = .152
Diskriminanzanalysen für OCT und Histolog. (464 Profile, 151 Bildpunkte als Prädiktoren) II Mittlere Positionen der Profile für die einzelnen CIN-Klassen, (i) für die OCT-Beurteilungen, (ii) für die histologischen Beurteilungen. Bis auf die Klassen 22 und 23 stimmen die mittleren Positionen gut überein.
Übereinstimmung von Klassifikation und prognostizierter (DA-Klassifikation)
Beispiel 2: Klassifikation von Geweben (Cervix-Krebs) III Chi-Quadrat = 261.437 df =16, p = .000
Prä- und Post-Op-Daten: Existieren spezifische Prä- und Post-Cluster? Die Profile werden alle auf einen von zwei möglichen, jeweils sehr kleinen Bereich einer Diskriminanzfunktion (Kanonische Variable) Abgebildet: ca – 25 für post-op-Profile, + 25 für prä-op-Profile! Allerdings gibt es nur 78 Profile, bei 151 Prädiktoren. In diesem Fall erzeugt die DA eine perfekte Klassifikation auch bei rein zufälligen Helligkeitswerten, d.h. die gezeigte Klassifikation muß als Artefakt betrachtet werden! S ist sehr wahrscheinlich,dass keinerlei Prä-Post-Unterschiede existieren!
Mittlere Prä- und Post-Profiles sowie Standardabweichungen Die mittleren Profile sind sich extrem ähnlich (allerdings: die Steigung sollte gleich 1 und die add. Konstante sollte gleich Null sein! Analog: Standardabweichungen:
Beispiel 2: Gibt es Unterschiede zwischen prä- und postoperativem Gewebe?