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Kapitel Problembereich. 01. Betrachtungsweisen Wachstum 02. Methoden Verteilung 03. Zielanalyse Vollbeschäftigung 04. Mittelanalyse Geldwertstabilität 05. Trägeranalyse Soziale Sicherheit
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Kapitel Problembereich 01. Betrachtungsweisen Wachstum 02. Methoden Verteilung 03. Zielanalyse Vollbeschäftigung 04. Mittelanalyse Geldwertstabilität 05. Trägeranalyse Soziale Sicherheit 06. Politische Ökonomie Schutz vor ausl. Konkurrenz 07. Wohlfahrtstheorie Umweltschutz 08. Ordnungsanalyse Währungssysteme 09. Ordnungskonzeption Freiheit versus Sicherheit 10. Ordnungsdynamik West-Ost-Konflikt
Kapitel V: TRÄGERANALYSE dargestellt anhand des Problems der Sozialen Sicherheit
Gliederung: 01. Problemeinführung 02. Finanzierungsart 03. Finanzierungsmodus 04. Das Äquivalenzprinzip 05. Festsetzung des Bedarfs 06. Angebotssteuerung 07. Das Problem der Dynamisierung
Gliederung: 01. Problemeinführung 02. Finanzierungsart 03. Finanzierungsmodus 04. Das Äquivalenzprinzip 05. Festsetzung des Bedarfs 06. Angebotssteuerung 07. Das Problem der Dynamisierung
Frage1 : Nach welchen Kriterien lassen sich politische Träger beurteilen? (1) • Im Mittelpunkt der Trägeranalyse steht die Frage, welchem Träger bestimmte Aufgaben übertragen werden sollen. • Diese Frage wird in erster Linie danach entschieden, welcher Träger sich für eine bestimmte Aufgabe am besten eignet. • Nur am Rande spielt bei dieser Frage eine Rolle, ob dem Träger ein positiver oder negativer Eigenwert zuerkannt wird. • Die Eignung eines Trägers hängt entscheidend davon ab, über welche Mittel ein Träger verfügt. • Die Trägerproblematik soll anhand des Zieles der Sozialen Sicherheit behandelt werden.
Frage1 : Nach welchen Kriterien lassen sich politische Träger beurteilen? (2) • Die Systeme der sozialen Sicherheit sollen Schutz gegenüber den sozialen Risiken geben. • Risikotatbestände sind vor allem: • Krankheit, Unfall, Alter, Arbeitslosigkeit. • Die sozialen Risiken werden einmal zum Problem, da die einzelnen Individuen unterschiedlichen Risiken ausgesetzt sind ( = Verteilungsproblematik) • und zum andern deshalb, da der Eintritt des Risikos unbe-stimmt ist. • Unbestimmtheit des Risikoeintritts ( = Allokations-problematik)
Frage 1: Nach welchen Kriterien lassen sich politische Träger beurteilen? (3) • Mögliche Mittel, sich gegen diese Risiken zu schützen, sind: • das Versicherungsprinzip • mit einer erwerbswirtschaftlichen Ausrichtung, • freiwilliger Mitgliedschaft, wobei • der Markt das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage automatisch regelt. • das Versorgungsprinzip • mit einem bürokratischen Angebot, • einer Finanzierung durch den allgemeinen Staats-haushalt. • Alle Bürger gehören der Versorgungsgemeinschaft an. • Der Bedarf wird bürokratisch festgesetzt.
Frage 1: Nach welchen Kriterien lassen sich politische Träger beurteilen? (4) • das Sozialversicherungsprinzip als Mischsystem: • als Versicherung mit sozialen Komponenten und • einer Beitragsfinanzierung und Staatszuschüssen • und schließlich mit einer Selbstverwaltung. • Diese Prinzipien unterscheiden sich vor allem • in der Wahl der Finanzierungsart, • dem Finanzierungsmodus, • in der Frage, inwieweit das Äquivalenzprinzip gilt; • weiterhin in der Nachfragesteuerung • und der Angebotssteuerung, schließlich • inwieweit eine Dynamisierung der Leistungen erfolgt.
Fazit: (1a) • Im Mittelpunkt der Trägeranalyse steht die Frage nach der Eig-nung verschiedener politischer Träger für bestimmte Aufgaben. • Die Eignung eines Trägers kann an der Schwerfälligkeit des Will-lensbildungsprozesses, an einer Interessenkollision oder aber an mangelnden Ressourcen scheitern. • Unabhängig von der Eignungsfrage kann bisweilen zugunsten oder zuungunsten eines Trägers auch deshalb entschieden wer-den, weil man bestimmten Trägern einen positiven oder negativen Eigenwert zuerkennt. • Selbstverständlich müssen zu Beginn jeder Trägeranalyse die charakteristischen Merkmale eines Trägers festgestellt werden. • Im Mittelpunkt aller Einrichtungen zur sozialen Sicherheit steht das Ziel einer Absicherung gegenüber den Risikotatbeständen der Krankheit, des Unfalls, des Alters sowie der Arbeitslosigkeit.
Fazit: (1b) • Diese sozialen Risiken werden vor allem deshalb zum Problem, weil mit diesen Risiken eine vorübergehende oder dauernde Er-werbsunfähigkeit einhergeht, die erwerbswirtschaftliche Arbeit jedoch für den größten Teil der Arbeitnehmer die Haupter-werbsquelle darstellt. • Die den Einrichtungen der sozialen Sicherheit gestellten Ziele be-ziehen sich auf einen Verteilungs- wie auf einen Allokations-aspekt. • Die verteilungspolitischen Ziele erwachsen daraus, dass die einzelnen Arbeitnehmer - ohne hierfür verantwortlich zu sein - in unterschiedlichem Maße von den sozialen Risiken betroffen sind. • Allokationspolitisch ist eine individuelle Vorsorge gegenüber so-zialen Risiken durch Sparrücklagen stets einer kollektiven Ab-sicherung im Rahmen einer größeren Versicherungsgemein-schaft unterlegen, • da bei individueller Absicherung das höchstmögliche Risiko, bei kollektiver Absicherung hingegen lediglich das niedrigere Durch-schnittsrisiko abgesichert werden muss.
Fazit: (1c) • Innerhalb einer größeren Versicherungsgemeinschaft gilt das Gesetz der großen Zahl, wonach sich über- und unterpropor-tionale Risiken ausgleichen. • Zur Lösung des Sicherungsproblems kann das Versicherungs-, das Versorgungs- oder das Sozialversicherungsprinzip ange-wandt werden. • Das Versicherungsprinzip stellt eine Marktlösung dar. • Sowohl Angebot wie Nachfrage erfolgen vollkommen freiwillig, das Angebot ist erwerbswirtschaftlich orientiert, die normalen Marktmechanismen sorgen über Preisvariationen (Beitragsvari-ationen) für eine Anpassung des Angebotes an die Nachfrage. • Das Versorgungsprinzip stellt eine bürokratische Lösung dar. • Alle Bürger gehören der Versorgungsgemeinschaft an, die Büro-kratie setzt den Bedarf fest; • die Finanzierung der Leistungen erfolgt aus dem allgemeinen Staatshaushalt.
Fazit: (1d) • Das Sozialversicherungsprinzip verbindet Elemente der Versiche-rung mit Elementen der Versorgung. • Nur Mitglieder erhalten Leistungen und sind zu Beiträgen ver-pflichtet, die Beitragshöhe wird jedoch vorwiegend an sozialen Kriterien und nicht am Risikoumfang ausgerichtet. • Auf diese Weise wird das Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung durchbrochen und bewusst eine Umverteilung angestrebt. • Ein Teil der Ausgaben kann auch durch Staatszuschüsse gedeckt werden.
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Frage 2: Welche Finanzierungsarten werden innerhalb der Systeme der sozialen Sicherheit herangezogen ? (1) • Soll die Finanzierung über Beiträge oder Steuern erfolgen? • Verwirklichung: • Das Versicherungsprinzip stellt eine Beitragslösung dar. • Die Steuerlösung findet bei Versorgung, Sozialversiche-rung und Sozialhilfe Anwendung. • Unterschiede bestehen darin, dass • Beiträge zweckgebundene Abgaben sind, • bei Steuern hingegen die Finanzierung aus dem allge-meinen Staatshaushalt erfolgt. • Beiträge sind risiko- oder einkommensproportional. • Steuersätze sind teilweise progressiv.
Frage 2: Welche Finanzierungsarten werden innerhalb der Systeme der sozialen Sicherheit herangezogen ? (2) • Weitere Unterschiede: • Die Beitragspflicht ist begrenzt auf Mitglieder, • oftmals bestehen Beitragsbemessungsgrenzen mit Regres-sionswirkung bei der Beitragshöhe. • Die Steuerpflicht gilt für jeden. • Es besteht beim Versorgungsprinzip die Möglichkeit ei-ner defizitären Finanzierung. • Funktionen: • Die Anreizfunktion der Beiträge ist größer. • Bei Steuern ist eine Umverteilung möglich. • Bei Defiziten des Budgets der Sozialversicherung oder der Versorgung findet eine Stabilisierungsfunktion statt.
Fazit: (2a) • Die einzelnen Sicherungseinrichtungen unterscheiden sich vor allem in der Art der Finanzierung. • Die Ausgaben der privaten Versicherungen und zum Teil auch der Sozialversicherung werden durch Beiträge finanziert, • während die Leistungen der Versorgungseinrichtungen aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert werden. • Beiträge stellen zweckgebundene Abgaben dar, für die Steuern gilt im Allgemeinen das Nonaffektationsprinzip, wonach die Ein-nahmen nicht zweckgebunden sein dürfen. • Beiträge sind risikoproportional oder auch einkommenspropor-tional, während insbesondere die Einkommenssteuer progressiv verläuft. • Die Steuerpflicht gilt für jeden Bürger, Beiträge sind nur von Mitgliedern zu entrichten. • Die Finanzierung aus dem Staatshaushalt ermöglicht auch eine Finanzierung aus Krediten.
Fazit: (2b) • Zugunsten einer Beitragslösung spricht, dass die Versicherten hier eher zu einer Zurückhaltung in der Nachfrage bereit sind, wenn die Kosten der Versicherung offengelegt werden, als dann, wenn die Finanzierung über anonyme Einnahmequellen (allge-meine Steuern) erfolgt. • Zugunsten der Steuerlösung spricht, dass nur durch allgemeine Zwangsabgaben eine Umverteilung nach sozialen Kriterien er-folgen kann. • Darüber hinaus gestattet eine defizitäre Finanzierung im Bereich der Arbeitslosenversicherung unter Umständen eine zum Teil erfolgreiche Bekämpfung des Arbeitslosenrisikos. • Wird der Arbeitslosenversicherung gestattet, Defizite zu machen, so steigt mit der Arbeitslosigkeit das Ausgabenvolumen, gleich-zeitig sinken die Einnahmen, • es entsteht ein nachfragesteigerndes Defizit. • Voraussetzung für diesen Einfluss ist das Vorliegen keynesiani-scher Arbeitslosigkeit.
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Frage 3: Was spricht für das Kapitaldeckungs-, was für das Umlageverfahren ? (1) • Die Finanzierung der Sicherungssysteme kann über das Kapitaldeckungs- oder das Umlageverfahren erfolgen. • Diese Frage wird vorwiegend im Rahmen der Altersversor-gung diskutiert, teilweise aber auch bei der Krankenversi-cherung. • Das Umlageverfahren: • Laufende Ausgaben werden aus laufenden Einnahmen gedeckt. • Dieses Umlageverfahren wird in Versorgungssystemen und in der Sozialversicherung realisiert.
Frage 3: Was spricht für das Kapitadeckungs-, was für das Umlageverfahren ? (2) • Das Kapitaldeckungsverfahren: • Mit Beiträgen wird ein Vermögensstock aufgebaut, • aus diesem Vermögensstock wird die Rente finanziert; • Dieses Verfahren wird insbesondere bei privaten Versi-cherungen realisiert. • Unterschiede zwischen beiden Prinzipien: • Eine Umlage ist bei starkem Wachstum vorteilhaft. • Bei Erhöhung des Altersquotienten ist die Umlage weniger effizient. • Bei Neueinführung der Kapitaldeckung entstehen Über-gangseffekte, da bis zur Ansammlung eines ausreichen-den Kapitalstocks die Beiträge sowohl zur Auszahlung der laufenden Renten als auch zum Aufbau eines Kapital-stocks verwandt werden müssen.
Frage 3: Was spricht für das Kapitadeckungs-, was für das Umlageverfahren ? (3) • These von Mackenroth: • Volkswirtschaftlich gibt es nur Umlageverfahren. • Renten werden nämlich immer aus dem Inlandsprodukt finanziert. • Kritik: • Auch volkswirtschaftliches Sparen ist durch Investition • und Entsparen durch Aussetzen von Ersatzinvestitionen möglich. • These von Feldstein: • Das Umlageprinzip beeinträchtigt das Wachstum, da kein Zwang mehr besteht, für das Alter zu sparen. • Heutige Renten werden nämlich beim Umlageprinzip aus heutigen Sozialbeiträgen finanziert.
Fazit: (3a) • Auch im Finanzierungsmodus bestehen Unterschiede zwischen den einzelnen Sicherungseinrichtungen. • Während eine private Lebensversicherung immer das Kapital-deckungsverfahren anwenden muss, kann eine Zwangsversiche-rung sowohl nach dem Umlage- als auch nach dem Kapital-deckungsverfahren organisiert werden. • Der Hauptunterschied zwischen beiden Finanzierungsweisen be-steht darin, dass beim Umlageverfahren die heutigen Beiträge der Erwerbspersonen dazu dienen, die heute anfallenden Rentenzah-lungen an die Rentner zu finanzieren. • Beim Kapitaldeckungsverfahren hingegen wird aus den Bei-trägen der Erwerbspersonen ein Kapitalstock aufgebaut und die Beiträge werden so festgesetzt, dass dieser Kapitalstock ausreicht, um dem jeweiligen Beitragszahler in Zukunft nach dem Austritt aus dem Erwerbsleben Renten auszuzahlen.
Fazit: (3b) • Die Effizienz dieser beiden Finanzierungsweisen lässt sich anhand der Frage klären, welche Rentenhöhe eine Beitragseinheit er-bringt. • Diese Rendite ist beim Umlageverfahren höher, wenn hohe Wachstumsraten des Volkseinkommens erzielt werden. • Je höher nämlich das heutige Einkommen ist, um so geringer ist die prozentuale Beitragslast, die die heutigen Erwerbstätigen zur Finanzierung der heutigen Renten aufbringen müssen. • Umgekehrt gilt, dass eine Verschlechterung im Altersquotienten (die Anzahl der Rentner, die auf einen Erwerbstätigen fällt) auch die Rendite des Umlageverfahrens relativ zu der des Kapital-deckungsverfahrens verschlechtert, da nun die heutigen Erwerbs-tätigen bei gleichbleibendem Einkommen aus dem Beitragsauf-kommen mehr Rentner als bisher finanzieren müssen. • Dies ist nur möglich, wenn entweder der Beitragssatz erhöht oder die Rentenhöhe verringert wird.
Fazit: (3c) • In beiden Fällen verringert sich die Rendite. Beim Kapital-deckungsverfahren richtet sich jedoch die Beitrags- und Renten-höhe allein nach dem Zinssatz, • der Altersquotient beeinflusst die Höhe der Rendite nicht, also wird sich auch eine Verschlechterung im Altersquotienten nicht negativ auf die Rendite auswirken. • Während der Übergang vom Kapitaldeckungsverfahren zum Umlageverfahren problemlos ist, ergeben sich beim Übergang vom Umlageverfahren zum Kapitaldeckungsverfahren während einer Übergangszeit von etwa 40 Jahren erhebliche Finanzie-rungsschwierigkeiten. • In dieser Übergangszeit müssen nämlich die Beiträge so hoch an-gesetzt werden, dass auf der einen Seite mit diesen Beiträgen die heutigen Renten finanziert werden können, • dass aber auf der anderen Seite für die zukünftigen Renten ein Kapitalstock errichtet wird.
Fazit: (3d) • Diese finanzielle Belastung wird vor allem dann zum Problem, wenn gleichzeitig das Volkseinkommen stagniert. • Nach G. Mackenroth kann es auf gesamtwirtschaftlicher Ebene nur ein Umlageverfahren geben, da Renten immer aus dem lau-fenden Inlandsprodukt finanziert werden müssen und aus ge-samtwirtschaftlicher Sicht Einkommensteile nicht gespart wer-den können. • Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, dass eine gesamtwirt-schaftliche Ersparnis über Investitionen sehr wohl möglich ist, • und dass ein gesamtwirtschaftliches Entsparen dadurch erfolgt, dass auf Ersatzinvestitionen verzichtet wird und deshalb ver-mehrt Produktivkräfte im Konsumgütersektor eingesetzt werden können. • Die skeptische Haltung Mackenroths erklärt sich aus der keynesianischen Meinung, dass eine Mehrersparnis nicht auto-matisch zu einer Mehrinvestition führe.
Fazit: (3e) • M. Feldstein hatte sich in den 60er Jahren gegen die Einführung des Umlageverfahrens in den USA ausgesprochen, da dieser Übergang zu Wachstumsverlusten führe. • Die Ausweitung der Sozialversicherungssysteme, die auf dem Umlageverfahren basieren, führe dazu, dass insgesamt weniger für das Alter gespart werde, • damit sinke jedoch das wirtschaftliche Wachstum. • Kritisch ist hinzuzufügen, dass nur in einer wachsenden Gesell-schaft durch ein Kapitaldeckungsverfahren auch per saldo ge-spart wird. • In jedem Zeitpunkt werden zwar von den Erwerbstätigen Er-sparnisse gebildet, • gleichzeitig werden jedoch von den Älteren Ersparnisse auf-gelöst. • Per saldo wird nur dann gespart, wenn die neu gebildeten Er-sparnisse größer ausfallen als die gleichzeitig durchgeführten Entsparsprozesse.
Gliederung: 01. Problemeinführung 02. Finanzierungsart 03. Finanzierungsmodus 04. Das Äquivalenzprinzip 05. Festsetzung des Bedarfs 06. Angebotssteuerung 07. Das Problem der Dynamisierung
Frage 4: Wann spricht man von Äquivalenz ? (1) • Das Äquivalenzprinzip: • Es besteht eine Gleichheit von Beiträgen und Leistungen. • Diese Gleichheit bezieht sich aber nur auf das Verhältnis von Beitragshöhe und Risikenumfang, nicht auf die Gesamtheit aller Beiträge und Leistungen innerhalb des gesamten Lebens eines Versicherten. • Realisiert wird dieses Prinzip vorwiegend in privaten Versicherungen. • Allerdings findet in der gesetzlichen Rentenversicherung eine bedingte Realisierung dieses Prinzips statt. • Man unterscheidet zwischen relativer Äquivalenz • (die Rentenstruktur entspricht der Beitragsstruktur) • und absoluter Äquivalenz, welche nur bei Bevölkerungsstag-nation und Konstanz der Einkommensverteilung verwirk-licht ist.
Frage 4: Wann spricht man von Äquivalenz ? (2) • Umverteilungselemente in der Rentenversicherung: • Staatszuschüsse sind möglich; • Es werden Arbeitgeberbeiträge erhoben, • Witwen- und Waisenrenten werden gewährt, • Es gab lange Zeit eine Rente nach Mindesteinkommen; • es können zusätzliche Versicherungszeiten angerechnet werden. • Umverteilungselemente in der Krankenversicherung: • Es werden werden Arbeitgeberbeiträge erhoben; • Beiträge sind nicht risiko-, sondern einkommenspropor-tional; • Es ist eine Mitversicherung der Familienangehörigen möglich.
Fazit: (4a) • In den Versicherungssystemen wird dem Grundsatz nach dem Äquivalenzprinzip entsprochen, nachdem sich Beiträge und Lei-stungen entsprechen. • Die Sozialversicherung kennt allerdings gewisse Umverteilungs-prozesse. • Äquivalenz bedeutet nicht, dass die Summe der Beitragszah-lungen der Summe der Rentenzahlungen entspricht, Beiträge und Renten müssen vielmehr durch Auf- und Abzinsung in Gegen-wartswerte umgerechnet werden, • die Gleichheit bezieht sich weiterhin zum Teil auf Erwartungs-werte. • Die bestehende Sozialrentenversicherung hat eine relative Äqui-valenz weitgehend realisiert, da die Rentenformel dafür sorgt, dass die Rentenhöhe proportional zu der Höhe der entrichteten Beiträge festgelegt wird.
Fazit: (4b) • Eine absolute Äquivalenz wäre in der sozialen Rentenversiche-rung jedoch nur dann gewährleistet, wenn die Bevölkerungs-struktur und die Einkommensverteilung im Zeitablauf konstant blieben. • Umverteilung innerhalb der Sozialversicherung wird u. a. über Staatszuschüsse, Arbeitgeberbeiträge, Renten nach Mindestein-kommen, etc. angestrebt.
Gliederung: 01. Problemeinführung 02. Finanzierungsart 03. Finanzierungsmodus 04. Das Äquivalenzprinzip 05. Festsetzung des Bedarfs 06. Angebotssteuerung 07. Das Problem der Dynamisierung
Frage 5: Welche Steuerungsarten der Nachfrage gibt es ? (1) • Der Umfang der Nachfrage kann durch Selbstbestimmung oder durch bürokratische Festlegung erfolgen. • In Versorgungs- u. Sozialversicherungssystemen wird die Leistung nach einem feststehenden Leistungskatalog, nicht nach Wahl des einzelnen Versicherten gewährt. • Es besteht die Gefahr des moral hazard, weil • Bei der Inanspruchnahme quasi ein Nulltarif besteht und • Missbrauch aufgrund mangelnder Fähigkeit der Fest-legung des Bedarfs stattfindet. • Aber ‚Moral hazard‘ kann auch beim Versicherungs-geber stattfinden.
Frage 5: Welche Steuerungsarten der Nachfrage gibt es ? (2) • Es bestehen folgende Möglichkeiten der Verringerung des Missbrauchs: • Selbstbeteiligung versus Wahltarife • Bei Selbstbeteiligung zahlt der Versicherte neben dem Beitrag auch bei der Inanspruchnahme einen Teil des Preises. • Bei Wahltarifen kann der Versicherte auf bestimmte Leistungen verzichten. • Bei Selbstbeteiligung besteht jedoch u. U. eine Verschlep-pungsgefahr und findet eine unerwünschte Distribution statt. • Bei Wahltarifen können die Kosten des Missbrauchs nicht mehr auf Dritte abgewälzt werden!
exzessive Nachfrage p Grenzkosten Nachfrage N N0 Nsätt
Frage 5: Welche Steuerungsarten der Nachfrage gibt es ? (3) • Zur Eindämmung der Kostensteigerungen wurde vorüber-gehend die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen als Reformmaßnahme eingeführt. • Teilnehmer an der Konzertierten Aktion waren • der Staat, die Krankenkassen, die kassenärztlichen Vereinigungen, die Tarifpartner und die Ärzte. • Es wurden nur Orientierungsdaten beschlossen, es war keine Bindung vorgesehen. • Es fehlten Anreize zur Befolgung der Leitlinien. • Die Kostenorientierung brachte es mit sich, dass eher Anreize bestanden, hohe Kosten nachzuweisen, als die Kosten zu senken.
Frage 5: Welche Steuerungsarten der Nachfrage gibt es ? (4) • Weitere Steuerungsmöglichkeiten erfolgen durch: • Versicherungspflicht versus Versicherungsberechtigung • Versicherungspflicht besteht vorwiegend für Arbeit-nehmer, • Es werden Einkommensgrenzen festgelegt. • Selbständige sind z. T. versicherungsberechtigt. • Probleme entstehen bei der Weiterversicherung derjeni-gen, welche aus der Versicherungspflicht herauswachsen. • Der Arbeitnehmeranteil ist zwar höher als bei den Versicherungspflichtigen, trotzdem ist der Gesamt-beitrag geringer als bei den Versicherungspflichtigen! • In wachsendem Maße wurden die Selbständigen in die Sozialversicherung einbezogen.
Fazit: (5a) • Jedes Sicherungssystem muss Vorkehrungen treffen, um Angebot und Nachfrage zum Ausgleich zu bringen. • Im Rahmen der Bedarfssteuerung besteht in allen Sicherungs-systemen das Problem des moral hazard. • Unter diesem Begriff wird erstens der Tatbestand einer exzes-siven Nachfrage verstanden. • Da die Beiträge nicht bei der Inanspruchnahme und auch nicht im Umfang der Inanspruchnahme erhoben werden, da also die Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen zum Nulltarif er-folgt, ist auch mit einer Nachfrageausweitung zu rechnen, die auf sonstigen Märkten nicht zu erwarten wäre. • Dieses Verhalten hat allerdings nichts mit Moral zu tun, sondern ist das Ergebnis eines Rationalkalküls. • Darüber hinaus wird unter Moral hazard i. e. S. ein amoralisches Verhalten verstanden, soweit die Versicherungseinrichtungen missbräuchlich in Anspruch genommen werden.
Fazit: (5b) • Ein solches Verhalten ist möglich, da der Eintritt des Ver-sicherungsfalles nicht immer eindeutig festgestellt werden kann. • Moral hazard gibt es sowohl bei den Versicherungsnehmern als auch bei den Versicherungsgebern. • Zur Reduzierung des Moral hazard-Verhaltens wurde eine Selbstbeteiligung bei der Inanspruchnahme der Versicherungen diskutiert und teilweise eingeführt. • Gegen eine Selbstbeteiligung wird eingewandt, dass sie zu einer Verschleppung der Krankheiten führe und damit die Krank-heitskosten sogar erhöhe. • Dieser Einwand gilt nicht gegen alle Arten der Selbstbeteiligung, • so wird von den Anhängern einer Selbstbeteiligung zumeist vor-geschlagen, den ersten Gang zum Arzt nicht mit einer Selbst-beteiligung zu belegen, um mögliche Fehlanreize (verspätetes Aufsuchen des Arztes) zu vermeiden.
Fazit: (5c) • Eine Selbstbeteiligung wird oftmals auch deshalb abgelehnt, weil sie dem grundsätzlichen Ziel jeder Versicherungseinrichtung, den Kranken auf Kosten des Gesunden materiell zu entlasten, wider-spreche. • Auch hier kommt es auf die Art der Selbstbeteiligung an, in-wieweit eine Selbstbeteiligung die verteilungspolitischen Ziele ver-letzt. • Gerade wenn es gelingt, auf diesem Wege die Zahl der Bagatell-fälle zu reduzieren, könnten die stets knappen Ressourcen stärker für die Bekämpfung der kostenintensiven schweren Krankheiten eingesetzt werden, • sodass dann die Krankenversicherung gerade denjenigen vor-wiegend zugute käme, die in besonders starkem Maße von Krankheiten betroffen sind. • Eine Selbstbeteiligung hat stets den Nachteil, dass sie ein Zwangs-element darstellt, das jeden trifft, unabhängig davon, wie groß das Sicherheitsbedürfnis des einzelnen ist.
Fazit: (5d) • Demgegenüber stellt die Praxis der Wahltarife der Privat-versicherungen das effizientere Instrument dar, das einerseits dem unterschiedlichen Sicherungsbedürfnis der einzelnen Ver-sicherten besser entspricht, von dem andererseits starke Anreize ausgehen, Missbrauch zu reduzieren. • Da nämlich die Existenz von Wahltarifen die Möglichkeit schafft, einzelne Leistungen abzuwählen und damit einen geringeren Bei-trag zu zahlen, gelingt es denen, die Missbrauch betreiben, nicht mehr, die dadurch verursachten Kosten auf Dritte abzuwälzen. • Seit Mitte der 70er Jahre wurde der Versuch unternommen, auch im Gesundheitswesen die Kostenexplosion durch eine Konzer-tierte Aktion einzudämmen. • Wie auf dem Arbeitsmarkt beschränkte sich die Konzertierte Ak-tion auch im Gesundheitswesen mit gewissen Ausnahmen darauf, unverbindliche Orientierungsdaten zu entwickeln.
Fazit: (5e) • Genau so wie die Konzertierte Aktion auf dem Arbeitsmarkt nur in den ersten Jahren gewisse Erfolge aufgewiesen hat, waren auch die Kostendämpfungen im Gesundheitswesen auf wenige Jahre beschränkt. • Dieser anfänglich kurzfristige Erfolg lässt sich damit erklären, dass Interessengruppen sehr wohl für kurze Zeit bereit sein kön-nen, das Eigeninteresse hinter das Gemeinwohl zu stellen. • Auf lange Sicht bleibt jedoch die Konzertierte Aktion erfolglos, weil diejenigen, die die Orientierungsdaten nicht beachten, mate-riell begünstigt und nicht bestraft werden. • Die Kostenorientierung bei der Festlegung der Ausgabengrenzen bringt es mit sich, dass die Beteiligten bestrebt sind, möglichst hohe Kosten nachzuweisen.
Gliederung: 01. Problemeinführung 02. Finanzierungsart 03. Finanzierungsmodus 04. Das Äquivalenzprinzip 05. Festsetzung des Bedarfs 06. Angebotssteuerung 07. Das Problem der Dynamisierung
Frage 6: Welche Formen der Angebotssteuerung gibt es ? • Private versus öffentlich-rechtliche Träger: • In der Sozialversicherung finden sich zumeist öffentlich-rechtliche Träger; • in der GKV gibt es allerdings private Ersatz- u. Betriebs-kassen. • Sowohl die Arztpraxen als auch die Medikamentenpro-duktion werden zumeist von privaten Personen ange-boten. • Allerdings gibt es oft staatliche Krankenhäuser. • Bei den Sozialversicherungsträgern ist das Prinzip der Selbstverwaltung realisiert. • An der Selbstverwaltung sind Arbeitnehmer und Arbeit-geber beteiligt. • Es finden periodische Sozialwahlen statt.
Fazit: (6) • Das Angebot an Sicherungsleistungen kann sowohl von erwerbs-wirtschaftlich ausgerichteten wie von öffentlich-rechtlichen Orga-nisationen erfolgen. • Bisweilen gibt es - z. B. in der GKV - gewisse Formen der Kon-kurrenz zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Einrich-tungen.
Gliederung: 01. Problemeinführung 02. Finanzierungsart 03. Finanzierungsmodus 04. Das Äquivalenzprinzip 05. Festsetzung des Bedarfs 06. Angebotssteuerung 07. Das Problem der Dynamisierung
Frage 7: Welche Probleme ergeben sich bei einer Dynamisierung von Renten ? (1) • Vor 1957 wurden Altersrenten im Prinzip als Fixeinkommen gewährt. • Generelle Preissteigerungen schlugen sich in Reduzierungen des Realeinkommens der Rentner nieder. • Darüber hinaus nahmen Rentner nicht am wirtschaftlichen Wachstum teil. • Teilnahme am technischen Fortschritt ist an und für sich auf zweierlei Weise möglich: • dadurch, dass die Güterpreise sinken oder dadurch, dass die Nominaleinkommen ansteigen. • Werden die Lohneinkommen generell am Produktivitäts-fortschritt ausgerichtet - und dies ist die heutige Praxis -, werden die Produktivitätssteigerungen nicht durch Preis-senkungen weitergegeben.
Frage 7: Welche Probleme ergeben sich bei einer Dynamisierung von Renten ? (2) • Dies bedeutet Ausschluss der Fixeinkommensempfänger von der Teilnahme am wirtschaftlichen Wachstum. • Hier sollte die Rentenreform von 1957 Abhilfe bringen: • Die Renten sollten automatisch mit den Güterpreisen ansteigen und gleichzeitig eine Teilnahme der Rentner am wirtschaftlichen Wachstum sicherstellen. • In der Rentenformel werden die Renten automatisch an die Lohneinkommen angepasst. • Diese Automatik galt jedoch nur für die Zugangsrenten, nicht aber für die Bestandsrenten. • Volle Partizipation der Lohnempfänger am wirtschaftlichen Wachstum und voller Kaufkraftausgleich bedeutet, dass die Lohnquote konstant bleibt.
Frage 7: Welche Probleme ergeben sich bei einer Dynamisierung von Renten ? (3) • Sind die Renten automatisch an die Veränderung der Lohn-einkommen gekoppelt, so wird im Prinzip auch die Quote der Renteneinkommen am Inlandsprodukt konstant bleiben. • Allerdings erfolgte lange Zeit die Anpassung der Zugangs-renten nur verzögert, und zwar über die Veränderung in der allgemeinen Bemessungsgrundlage. • Die Verzögerung in der Rentenanpassung bedeutete jedoch zunächst nur, dass der Anteil der Renten am Inlandsprodukt in Zeiten der Rezession ansteigt und in Zeiten der Hochkon-junktur zurückgeht. • Könnten wir gleichmäßige Konjunkturschwankungen unter-stellen, hätte die Verzögerung in der Bemessungsgrundlage keinen Einfluss auf die langfristige Einkommensverteilung.
Frage 7: Welche Probleme ergeben sich bei einer Dynamisierung von Renten ? (4) • Bei kontinuierlichem Anstieg der Inflationsrate ist jedoch ein langfristiges Absinken der Rentenquote zu erwarten. • Im letzten Jahrzehnt sind sowohl die Inflationsraten als auch die realen Wachstumsraten stark gesunken. • Dieser Trend trug zu einer gewissen Erhöhung der Renten-quote bei. • Da in der Zwischenzeit die Verzögerung der Rentenanpas-sung stark eingeschränkt wurde (die heutigen Renten werden an das Einkommen der Vorperiode angepasst), wirkt sich der Verzögerungsfaktor kaum mehr auf das langfristige Niveau der Rentenquote aus.