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mittenmang-mobil Freiwilligen-Engagement für Menschen mit und ohne Behinderungen. mittenmang Schleswig-Holstein e.V. Inkludierendes Freiwilligenmanagement und bürgergesellschaftliche Initiativen Petra Knust und Dr. Nicole D. Schmidt 2012. Werkzeugkoffer für inklusive Freiwilligenarbeit.
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mittenmang-mobilFreiwilligen-Engagement für Menschen mit und ohne Behinderungen mittenmang Schleswig-Holstein e.V. Inkludierendes Freiwilligenmanagement und bürgergesellschaftliche Initiativen Petra Knust und Dr. Nicole D. Schmidt 2012
Werkzeugkoffer für inklusive Freiwilligenarbeit Inkludierende Freiwilligen-Begleitung Überblick – Folien zu folgenden Themen und Dokumente (word) als Anhang zur Erläuterung: • Profil und Haltung - Freiwilligenkoordinator(in) • Grundlegende Bausteine des Freiwilligenzentrums – idealtypischer Prozess • Spezialbausteine im Bedarfsfall • Qualifizierung und Fortbildung • Was noch dazu gehört • Bemerkungen zur Infrastruktur • Hindernisse und Fallstricke • Finanzen • Rechte
Freiwilligenkoordinator/inHaltung und Aufgaben • Grundsätzlich: Die Freiwilligenkoordinatorin steuert alle nötigen Prozesse im Freiwilligenzentrum • Die Freiwilligenbegleitung umfasst eine Vielzahl von Aufgaben, da es sich um weit mehr als ein reines Matching handelt: • Im Mittelpunkt steht die/der Freiwillige, dies bedeutet, dass vom Freiwilligen her, in Bezug zu seinen Wünschen und Möglichkeiten das Engagement gedacht, entworfen und geplant wird: Engagements werden oft individuell kreiert • Nicht weil das Individuum quasi sozialarbeiterisch im Mittelpunkt steht, sondern weil diese Vorgehensweise den Erfolg und die Qualität des Engagements erhöht
Haltung mittenmang-Erfahrungen: • Freiwilligenbegleitung ist keine Ergotherapie! Es handelt sich vielmehr um das Training der Mannschaftssportart „Bürgerschaftliches Engagement“, wobei Einzelne zusätzlich spezielle Trainingseinheiten absolvieren • Die Freiwilligenkoordinatorin ermöglicht das Entdecken von bislang unbekannten Bereichen, sie stiftet Beziehungen zwischen Personen, die sich sonst nicht kennen gelernt hätten und ermuntert Freiwillige, neue Aufgaben wahrzunehmen und gesellschaftlich aktiv zu werden
Grundlegende Bausteine des FreiwilligenzentrumsIdealtypischer Prozessablauf • Kontaktaufnahme • Diese wird erleichtert durch eine offene, einladende Möglichkeit wie z.B. einen Treffpunkt mit Cafezeiten • Zentral gelegen und vorzugsweise barrierefrei zugänglich für verschiedene Personengruppen • Nach ein oder zwei Infogespräch(en), bei denen auch bereits erfahrene Freiwillige mitwirken können, erfolgt die Einladung zu einem Erstgespräch
Grundlegende Bausteine des FreiwilligenzentrumsErstgespräch • Dauer ca. 60 min bei Kaffee, Tee oder Wasser in ungestörter Atmosphäre • Ziele: erste Idee entwickeln, ob Person engagement- und teamfähig ist und ob sie die Idee des freiwilligen Engagements richtig verstanden hat (keine Job-Vermittlung, keine vergütete Tätigkeit…) • Grundlage ist folgender Gesprächsleitfaden: • Ein Formular mit Grunddaten wird von der Koordinatorin ausgefüllt • mittenmang stellt sich vor • Interessierte Person stellt sich vor, äußert ggf. erste Engagement-Wünsche und Ideen • …
Grundlegende Bausteine des FreiwilligenzentrumsErstgespräch • Grundlage ist folgender Gesprächsleitfaden: • … • Mitgegeben werden die Regeln des Freiwilligenzentrums (mittenmang-Regeln, von Freiwilligen erarbeitet) besonders wichtig: Respekt + Nicht-Diskriminierung sowie Schweigepflicht, • Angebot: „Selbsttest für Freiwillige“ (Checkliste des FreiwilligenForums SE) und Person wird als Freiwilligen-Kandidat/ -in zur Cafezeit eingeladen (falls sie zunächst grundsätzlich als team- und engagementfähig eingeschätzt wird) • Nächste Phase: genaueres Kennenlernen erfordert regelmäßigen Kontakt
Grundlegende Bausteine des Freiwilligenzentrums Zweitgespräch • Ziele: Klärungen und Vertiefung des Kennenlernens • Fragen klären, die sich inzwischen ergeben haben • Ideen für ein Engagement besprechen, die Kandidaten jetzt schon mitbringen • „Freiwilligen-Vereinbarung zur Kenntnis“ mitgeben (Dokument) • Erläuterung: mit jeder Person, die sich bei mittenmang engagiert hat, wird eine Vereinbarung zwischen mittenmang und der/ dem Freiwilligen getroffen (bei Jugendlichen mit den Erziehungsberechtigten; bei Personen im Betreuungsverhältnis wird diese zur Kenntnis gegeben). Abgeschlossen wird die Vereinbarung, wenn klar formuliert wird: ich möchte mich engagieren • gemeinsam über Engagement-Ideen nachdenken oder • ggf. schon Bedingungen der gemeinsamen Engagement-Idee aus Erstgespräch besprechen
Grundlegende Bausteine des Freiwilligenzentrums Kennenlernphase • Angebot bzw. Verpflichtung zur regelmäßigen Teilnahme an Gruppenangeboten (Cafezeit, Lesegruppe, Fortbildungsangebote etc.) • Wichtig ist das gute und genaue Kennenlernen! – das unterscheidet inkludierende Freiwilligenzentren mittenmang von einer Freiwilligen-Agentur, denn… • nur das Kennenlernen über einen oft längeren Zeitraum ermöglicht die entscheidende Antwort auf die Frage nach der Engagement-Fähigkeit und wird entscheidend die Qualität des Engagements mit beeinflussen • die Koordinatorin ist in dieser Phase in der Rolle der teilnehmenden Beobachterin, je genauer sie jemanden kennen lernt, desto besser können ihre Engagementvorschläge für die Freiwilligen sein • Sichtbar wird auch der Einfluss, den die Erkrankung/ Behinderung auf die Person hat und ob hierdurch z.B. ihre Teamfähigkeit maßgeblich gestört wird und • deutlich wird, was die Person benötigt, um sich gut entfalten zu können und wo ihre Stärken liegen
Grundlegende Bausteine des Freiwilligenzentrums Engagement ja oder nein? • Nicht alle Interessierten sind auch engagementfähig! • Viele können sich im Erst- und Zweitgespräch wunderbar präsentieren, einige zeigen sich aber in Gruppensituationen (Fortbildung oder Cafezeit) als nicht teamfähig. D.h. sie spüren nicht, dass sie zu viel Raum einnehmen, sie sind respektlos im Sprechen oder Handeln oder überfordert mit der Achtsamkeit für sich und andere • Situationen, in denen gemeinsam gelernt wird, zeigen besonders deutlich, ob jemand von einem Engagement profitieren wird, denn Freiwillige haben verschiedene Anforderungen zu bestehen: • Beziehung zu den Engagement-Nehmenden herzustellen und zu halten, guten Kontakt zur Freiwilligenkoordinatorin und zum Freiwilligen-Team zu halten, sich in einer ihnen unbekannten Einrichtung, Gruppe oder Familie als Freiwillige zu integrieren und die Rollenanforderungen zu bewältigen…
Grundlegende Bausteine des Freiwilligenzentrums Engagementvorbereitung • Hält die Koordinatorin die/den Kandidaten für engagementfähig, beginnen die Engagement-Vorbereitungen • die (gemeinsame) Entwicklung der Idee, was für die Person ein gutes Engagement sein könnte • die Kontaktaufnahme durch die Koordinatorin • der Besuch des Engagement-Ortes durch die Koordinatorin und die Absprache des Aufgabenbereichs • Vorbereitung der Freiwilligen bei Interesse am Engagement Beispiel: Freiwillige möchte Person mit Sehbehinderungen beim Einkaufen unterstützen. Koordinatorin gibt fachliche Hinweise im Vorbereitungsgespräch zum Umgang mit nicht-sehenden Personen; evtl. werden hierzu speziell Tipps von der betroffenen Engagement-Nehmenden eingeholt: „Was muss unsere Freiwillige wissen, um Sie unterstützen zu können?“ oder noch zusätzlich Fachinformationen besorgt und ggf. besprochen
Grundlegende Bausteine des Freiwilligenzentrums Engagement-Start! • Grundsätze: wichtig ist für Freiwillige mit Behinderung, aber auch generell für Freiwilligenarbeit: das erste Engagement sollte gelingen! • Dazu: die Aufgaben werden so klein und passend geschnitzt, dass sie erfolgreich ausgeführt werden können (zeitlich und inhaltlich) • Spaß muss sein! Keine Pflichterfüllung verstärken (na gut, ich mach´s…). Erfolgreich und kontinuierlich sind Engagements vorwiegend deshalb, weil sie Freude bringen, bereichern und als sinnvoll angesehen werden • Der erste Besuch des Engagement-Ortes: gemeinsam mit der Koordinatorin lernen Freiwillige ihren E-Ort kennen, lernen ihre/n Ansprechpartner/in kennen (in der Einrichtung) und die Person, für die sie sich engagieren. • Ziele: prüfen, ob eine Beziehung entstehen kann und ein Engagement erfolgreich sein könnte sowie eine genaue Beschreibung der Aufgabe und Klärung aller Gegebenheiten sicherstellen; damit alle wissen, was, wann, wie passiert
Grundlegende Bausteine des Freiwilligenzentrums Einzelgespräche nach Engagement-Start • Freiwillige berichten der Koordinatorin, was wie gewesen ist und beraten sich über aufgekommene Fragen (hinsichtlich des Ortes, der Infrastruktur, der Erkrankung oder ihres Unterstützungsangebots); sie berichten über die Art des Kontakts und reflektieren ihre ersten Erfahrungen im Engagement • Grundvereinbarung mit allen Beteiligten: Probephasen 3-4 Wochen und dann Reflektion darüber, ob es so passt oder was zu ändern ist oder ob ein Engagement in der gewählten Konstellation nicht möglich ist • Wenn das erste Engagement nicht passt, gleiches Vorgehen: Suche nach alternativem Engagement
Grundlegende Bausteine des Freiwilligenzentrums Engagement-Begleitung I • Diese besteht aus unterschiedlichen Bausteinen, die teils individuell, teils in Gruppen angeboten werden • Cafezeiten: werden genutzt, um andere Freiwillige zu treffen, sich auszutauschen, um Kontakte zu vertiefen und auszubauen; um mit anderen Menschen Zeit zu verbringen in einem akzeptierenden sozialen Begegnungsraum • Gruppenangebote: Lesen, Kochen + Genießen, Vorbereitung bürgerschaftlicher Aktionen (Ehrenamtmesse, soziale Messen, Circus Mensch, Charity-Aktionen für besondere Gruppen wie Lauf ins Leben für Menschen mit Krebs, Stadtlauf-Events…) • Qualifizierung und Fortbildung: nach verschiedenen fachlichen Qualifizierungen, hat mittenmang z.B. die Fortbildungsreihen „MUF“ entworfen: Moderne Umgangsformen, ebenso „FiF“ - Fit im Freiwilligen-Engagement (siehe unten: Folien zu Qualifizierung + Fortbildung)
Grundlegende Bausteine des Freiwilligenzentrums Engagement-Begleitung II • Einzelgespräche in der Engagement-Begleitung dienen der Klärung technischer Fragen, der Verbesserung der Kommunikation, dem Feedback oder der Klärung inhaltlicher Fragen zum Engagement, die den Rahmen des Teamtreffs oder der Cafezeit überschreiten oder die vertraulich geklärt werden sollten • Aber auch die Aufgabenpräzisierung z.T. in Bezug auf die eigene Beeinträchtigung oder die Problemlage der Engagement-Nehmenden erfordert gelegentlich ein Einzelgespräch zwischen Freiwilligem und Koordinatorin • Aufnahme eines weiteren oder anderen Engagements: Prozess siehe oben
Grundlegende Bausteine des Freiwilligenzentrums Am Anfang das Ende mitdenken • Am Ende eines Engagements steht der Abschied des Freiwilligen vom Engagementnehmenden und vom Team; hier lassen sich Rituale entwickeln (kleine Geschenke, Rede, Dankschreiben, Zertifikat u.v.m. ) • Falls die Koordinatorin eine Person als nicht engagement- oder teamfähig einschätzt, formuliert sie die Trennungsgründe in einem Gespräch sachlich, z.B. „Was Sie einbringen möchten, passt nicht zu uns“ • Geschieht trotzdem eine Trennung im Unguten, kann dies als Lernchance zur Qualitätsverbesserung genutzt werden
Grundlegende Bausteine des Freiwilligenzentrums K.O.-Kriterien: was darf nicht passieren! • Eine Person wird geschickt, weil ihr ein Engagement angeblich „gut tun würde“.; d.h. das Interesse beruht nicht auf einer eigenen Motivation • Der Druck durch dringende Unterstützungsanfragen ist groß! Die Grundregel, dass die Engagements vom Freiwilligen her zu entwickeln sind, darf nicht außer Acht gelassen werden • Die Beziehung des Freiwilligen zum Engagement-Nehmenden entwickelt sich ungut, wird zum Beispiel ausbeuterisch • Jemand überfordert sich und andere (burn-out-Gefahr) • Verweigerung von Kommunikation oder Kontakt (unerklärlicher Rückzug)
Spezial-Bausteine: Bedarfsfall Befähigung zu einem Bürgerschaftlichen Engagement I • Einige Menschen mit Behinderungen hatten aufgrund ihrer Lebensbedingungen wenig Chancen, Kompetenzen zu erwerben, die erfolgreiche Freiwillige benötigen. In den Begriffen Team- und Engagementfähigkeit verbergen sich eine Reihe von Kompetenzen, etwa kommunikative Kompetenz oder auch instrumentell-praktische Kompetenzen sowie Fähigkeiten zur Selbstorganisation sowie auch direkt kognitive oder lebenspraktische Wissensbestände etc. Noch ist Engagement eher eine Mittelschichtsveranstaltung für Leute mit viel sozialem und kulturellem Kapital. • Personen mit schwierigen Lebensbedingungen und fehlenden Erfahrungen können – in Kombination mit ihrer Beeinträchtigung – Probleme des Verstehens und der Verarbeitung der Eindrücke und Informationen bekommen. • Das Fehlende kann sich zur Engagement-Barriere aufbauen. mittenmang hat daher eine Reihe von ergänzenden unterstützenden Bausteinen entwickelt (siehe Dokument Finanzen H).
Spezial-Bausteine: Bedarfsfall Befähigung zu einem Bürgerschaftlichen Engagement II Angebote durch die Koordinatorin (gem. Leistungsvertrag nach SGB IX u. XII für Menschen mit Behinderung und Eingliederungshilfe-Anspruch): • Individuelle Nachbereitung des Teamtreffs • Individuelle Nachbereitung der Fortbildungen und Qualifizierungen • Gespräche – individuelle Reflexion, d.h. Klärungen der Frage, was die eigene Behinderung/ Erkrankung für das Engagement bedeutet, was sie im Kontakt zu Personen oder zu Gruppen oder in Bezug zum Freiwilligen-Team bedeutet und wie Konflikte oder Belastungen vermieden oder gelöst werden können • Vermittlung in ein Probe-Engagement zur Klärung von Eignung und Interesse (für Freiwillige mit und ohne Beeinträchtigungen) • Vor-Ort-Begleitung ins Engagement: wenn die Konfliktpunkte nicht im Gespräch oder telefonisch abschließend zu klären sind (für Freiwillige mit und ohne Beeinträchtigungen)
Werkzeugkoffer für inklusive FreiwilligenzentrenQualifizierung und Fortbildung I • Die Themen der Freiwilligenfortbildung lassen sich unterscheiden in Themen eher allgemeiner Fortbildung und Themen fachlicher Qualifizierung • Neben Standardthemen, die Freiwilligen-Zentren i.d.R. anbieten, z.B. Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Erste Hilfe- und PC-Kurs, sind die mittenmang- Fortbildungsthemen auch auf Grund der Engagement -Erfahrungen und durch Anregung durch die Freiwilligen entwickelt worden • Themen: Bürgerschaftliches Engagement, Engagementpolitik, Allgemeinwissen und Gespräch, Staatsbürgerkunde, moderne Umgangsformen, bürgerschaftliche Aktionen als Lernfeld • Fachliche Themen: Krankheiten und Behinderungen, unterstützte Kommunikation mit nicht-verbal kommunizierenden Menschen; Demenz, Depression, Tod und Sterben, Aktivierung mobilitätseingeschränkter Personen, Mobilitätstraining, Grenzen setzen im Engagement…
Werkzeugkoffer für inklusive FreiwilligenzentrenQualifizierung und Fortbildung II • So vielfältig die Themen sind, so vielfältig sind die didaktischen Formen der Vermittlung • Diskussion mit ExpertInnen, Vorbereitung und Vortrag eigener Beiträge (Klein-Gruppen), Vortrag mit Diskussion, Exkursionen, Filme und andere Medien… • jour fix: d.h. regelmäßige Fortbildungsthemen im festen Rhythmus: • Beispiele sind „mittenmang kuckt hin“ (Filmabende zum Thema Behinderung), „mittenmang kocht gut“ (günstig, einfach und gesund kochen lernen – als Training für Freiwillige, die Personen unterstützen, die neu im eigenen Wohnraum leben), MUF – moderne Umgangsformen sowie FiF - „Fit im Freiwilligenengagement“, dies ist ein von mittenmang entwickelter Quiz mit Fragen zu Staatsbürgerkunde und Allgemeinbildung
Werkzeugkoffer für inklusive FreiwilligenzentrenQualifizierung und Fortbildung III • ReferentInnen begegnen der didaktischen Herausforderung, Menschen mit unterschiedlichem Alter, verschiedenen Bildungsniveaus, sehr unterschiedlicher Lebenserfahrung als gemeinsame Lerngruppe zu haben • Die Aufgabe: alle durch erfahrungsgestütztes, beteiligungsorientiertes Arbeiten, angereichert durch anregende Lernformen und Medien „mitzunehmen“ • Positive Erfahrung mit: nicht zu lange Lerneinheiten, ausreichende Pausen, Methodenwechsel und Sorge für das leibliche Wohl • Wichtig bei mittenmang ist die spezifisch bürgergesellschaftliche Ausrichtung: Förderung der Engagement-Kompetenz – diese kann demokratieförderlich wirken, wenn Selbstbestimmung als Gleiche/ als Mitbürger Elemente der grundlegenden Haltung bilden und das ideale Fortbildungsziel die Leitlinie bildet, die da heißt: Bürgerschaftliches Engagement ist Mitgestalten der Gesellschaft!
Was noch dazu gehört I • Ansprechperson am Engagement-Ort: auch wenn es eine gute fachliche Freiwilligenkoordination gibt, ist immer eine Ansprechperson vor Ort nötig; diese gibt Hinweise zur Einrichtung, zu Abläufen, zu Personal und Funktionen, klärt Fragen, und schlichtet gegebenenfalls • Bei Engagements für Einzelpersonen oder in Familien wird ebenfalls abgesprochen, mit wem was zu klären ist • Auslagen-Erstattung: Der Auslagenersatz ist kein Verdienst und kein Stundenlohn; er dient der Erstattung tatsächlich entstandener Kosten (Fahrgeld, Pauschale für Telefonkosten…). Wichtig ist diese besonders für Freiwillige mit knappen Budget • Versicherungen: Haftpflicht- und Unfallversicherung; i.d.R. sind Freiwillige durch die Versicherungen der Einrichtungen mitversichert (aber: nachfragen!); finden die Engagements im nicht-professionellen Raum statt (Familien, Einzelpersonen…) übernimmt das Land SH die Haftpflicht und die Berufsgenossenschaft Wohlfahrtspflege die Unfallversicherung. Freiwillige sollten über diesen Punkt informiert werden
Was noch dazu gehört II • Die Schaffung einer intelligenten Anerkennungskultur ist wesentlicher Bestandteil der EngagementpolitikZentral ist hierbei, dass das persönliche Engagement überhaupt als solches wahrgenommen und wertgeschätzt wird • Darüber hinaus gibt es individuelle Gestaltungsmöglichkeiten - kleines Geschenk, Gutschein, aber auch Teilnahmemöglichkeit an Fortbildungen, Veranstaltungen, Einladungen oder auch: Besuche von Personen des öffentlichen Lebens, gemeinsame Ausflüge oder Besuch von Veranstaltungen… die Möglichkeiten sind fast so groß wie die Menschen unterschiedlich sind – die richtige Form zu finden, ist selbst eine echte Aufgabe! • Tätigkeitsnachweis: ein qualifizierter Nachweis wird als Anerkennung erlebt und kann praktischen Nutzen haben
Bemerkungen zur Infrastrukturbenötigte Ausstattung – Kurzüberblick (siehe auch mm-mobil.No1) • Ort für Gespräche zwischen Freiwilligen und Koordinator/in • Ort für Fortbildungen mit technischer Ausstattung • Ort für Begegnung der Freiwilligen und Interessierter • Ein Mobiltelefon • E-Mail-Kontaktadresse • Zugang zum Internet • Material zur Dokumentation von Freiwilligenbegleitung und weiteren Aktivitäten • Eine kleine Büroausstattung
Hindernisse und Fallstricke I„Jetzt dürfen wir also mitspielen…“ • Immer wenn eine marginalisierte Gruppe, wenn Menschen am Rand der Gesellschaft etwas wollen, mehr Teilhabe fordern, gibt es Widerstand (versteckt, offen, noch unentdeckt, aber wirksam…) Es gibt viele Methoden, Forderungen nach Teilhabe auszuhebeln: (hier nur einige, die mittenmang erlebt hat) • Methode „Alter Hut“: unsere Behinderten engagieren sich schon lange – Folge: man muss nichts ändern; • Methode „die Armen“: jetzt sollen sich auch noch Menschen mit Behinderungen engagieren, das ist eine Überforderung! Folge: man muss nichts tun und hat ein großes Herz gezeigt;
Hindernisse und Fallstricke II„Jetzt dürfen wir also mitspielen…“ • Lob ohne Folgen: „Was Sie da machen, dieses Engagement für Behinderte auf die Beine zu bringen, ist ganz toll, wirklich! Aber Finanzen haben wir dafür nicht übrig“. Folge: man hat ein schönes Projekt im Gemeinwesen, aber setzt keine Prioritäten im Sinne der UN-Behindertenkonvention, d.h. das „Behinderten-Thema“ wandert ganz nach unten auf der politischen Agenda; • „Sonderthema“: Gern kommt auch von Stiftungen „ach, Sie engagieren sich nur für Behinderte… das ist zu speziell, ich fürchte, das können wir nicht fördern. Gehen Sie doch zu Aktion Mensch!“ Folge: Man bleibt im Ghetto der Exklusion. • „mittenmang fördert ja Freiwillige mit Behinderungen“ (Exklusion 2. Variante) Gern auch von bürgergesellschaftlichen Trägern oder der „Kollegenschaft“ geäußert. Folge: Inkludierender Ansatz wird negiert und inklusive Freiwilligenzentren in den Behindertenbereich abgeschoben.
Hindernisse und Fallstricke III„Jetzt dürfen wir also mitspielen…“* • „Finanzierung für Menschen mit Behinderung“ Motto: „Wir können natürlich nur Menschen mit Behinderungen fördern / nur Menschen mit Eingliederungsbedarf – Folge: Abbau von Inklusionsstrukturen, die erfolgreich erprobt wurden und nachweislich gute Ergebnisse zeitigen. 7. „Ehrenamt muss ehrenamtlich gemacht werden“ Motto: Politik kann doch keine Finanzmittel für eine professionelle Unterstützungsstruktur für „Ehrenamtliche“ bereitstellen. Folge: kommunalpolitische Ignoranz der Erkenntnis „Ehrenamt braucht Hauptamt“. • Wollen Sie dennoch den Versuch machen, inklusive bzw. inkludierende Freiwilligenstrukturen zu schaffen für Menschen mit und ohne Behinderungen? * vergl. Sibylle Prins: Jetzt dürfen wir also mitspielen…in: Witttig-Koppe, Bremer, Hansen (Hg) Teilhabe in Zeiten verschärfter Ausgrenzung? Kritische Beiträge zur Inklusionsdebatte 2010: 140-152 vergl. auch: Inklusion ist kein „schneller Trost“ und kein einfacher Weg. Nur Widerstreit führt zur Zugehörigkeit! (vgl. Fritz Bremer in Soziale Psychiatrie 03+04/2009)
Finanzierung I • Die Freiwilligenzentren mittenmang hatten Finanzierungen über Modellprojekte (BMFSFJ* und Land SH) bzw. als Leuchtturmprojekt sowie Inklusionsprojekt Schleswig-Holstein (2005-2011) • Andere Träger im Bundesgebiet haben für die Idee rund um Menschen mit Behinderungen und Ehrenamt/ bürgerschaftliches Engagement Aktion Mensch-Finanzierungen einwerben können • Vereinzelt fördern Stiftungen das Engagement für Menschen mit Behinderungen • Das Problem: eine nachhaltige Finanzierung, besonders der Infrastruktur für Freiwilligenarbeit lässt sich so nicht sicherstellen! Wir stimmen mit dem BBE** überein, das hier nachhaltige Unterstützung durch das BMFSFJ fordert; Stiftungen und andere Förderer können durch Projektmittel „Sahnehäubchen für Projekte oben drauf“ setzen. Sie fördern die Infrastruktur von Freiwilligenzentren/-Agenturen nicht. Das bedeutet meist das AUS oder prekäre Zustände für kleine Initiativen oder bürgerschaftliche Zusammenschlüsse jenseits großer Träger und Verbände…
Finanzierung II • Einige wenige Kommunen und Bundesländer fördern das bürgerschaftliche Engagement nachhaltiger, indem sie die Aufgabe Förderung des BE als wichtiges Politikfeld etablieren. Hier sehen wir eine Aufgabe der Behindertenverbände und der sozialen Wohlfahrts-Verbände insgesamt: offensiveres Fordern von Finanzmitteln für Inklusion – für sozialraumorientiertes Arbeiten und für bürgerschaftliches Engagement mit inkludierendem Zuschnitt! • Siehe Dokumente G Recht, H Finanzen, I Widerstände und Empowerment * BMFSFJ: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; es hat die Federführung für das Thema Bürgerschaftliches Engagement in der BRD. **BBE: Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement
Rechte I …oder machen wir uns auf den Weg von der formalen Gleichheit zur faktischen Gleichheit! • Die rechtliche Situation von Menschen mit Behinderungen und für eine inklusive Gesellschaft ist nicht schlecht… • Neben einer Grundlegung im Grundgesetz gibt es das Gleichstellungsgesetz, das Sozialgesetzbuch (SGB IX könnte man geradezu als Teilhabegesetz bezeichnen) und inzwischen auch die Anerkennung der UN-Behindertenkonvention (UN-BRK) • Die Gesetze schützen nicht nur gegen Diskriminierung, sondern fordern proaktives Handeln, um Gleichstellung und Chancengerechtigkeit sicherzustellen mit dem Ziel der aktiven Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben • Menschen mit Behinderungen fragen sich zuweilen: ist der Sprung von der formalen Geltung zur materialen, d.h. realen Gültigkeit der demokratischen und sozialstaatlichen Gesetzesvorgaben für eine tatsächliche Teilhabe wirklich gewollt? • (siehe Dokument G)
Rechte II …mit dem SGB IX weiter auf dem Weg zur faktischen Gleichheit! • Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf Bürgerschaftliches Engagement – wie alle anderen auch • Das Freiwilligenzentrum mittenmang in Schleswig hat gemeinsam mit dem Kreis Schleswig-Flensburg* erstmalig im Bundesgebiet einen Leistungsvertrag entwickelt, der eine Förderung von Menschen mit Behinderungen zur Wahrnehmung eines bürgerschaftlichen Engagements vorsieht • Grundlage ist das SGB IX in Verbindung mit dem SGB XII • Der Kreis hat damit explizit das Recht von Menschen mit Behinderungen zu einem Bürgerschaftlichen Engagement als leistungsrechtlichen Grund anerkannt im Rahmen der Eingliederungshilfe • mittenmang ruft hiermit zur Nachahmung auf! (siehe Dokument G) *Der erste Entwurf eines Leistungsvertrages für Menschen mit Behinderungen im Engagement geht auf eine konstruktive Zusammenarbeit des Kreises Segeberg (Kreisverwaltung) mit mittenmang von 2005-2008 zurück
Geleitwortefür alle, die inkludierende Freiwilligenstrukturen schaffen wollen • „Hier geht es um meine Menschenwürde als Staatsbürger, das ist ein grundsätzlicher Wert. Es darf gar nicht diskutiert werden, ob die notwendigen Assistenzleistungen zu hohe Kosten verursachen!“ Qu: Vortrag Matthias Vernaldi (Autor und Theologe, Berlin) am 14.5.2012 Der Umgang unserer Kultur mit Behinderung – von der fürsorgliche Internierung zur Teilhabe zum kleinen Preis; Veranstaltung vom Zentrum für Disability Studies (ZeDisS) Universität Hamburg. Matthias Vernaldi, ein Mensch mit einem höheren Assistenzbedarf, gab sinngemäß obige Antwort auf die Frage eines Sonderpädagogik-Studenten, was man denn antworten könnte auf die ständigen Hinweise auf das viele Geld, dass die Assistenz und die Barrierefreiheit und jetzt noch diese Inklusion kosten würden. • Geleitwort mittenmang: Bürgerschaftliches Engagement macht Teilhabe (leichter)! • und mit Stephane Hessel: „Engagiert Euch!“ – Es macht Spaß und Sinn
Für alle, die inkludierende Freiwilligenstrukturen schaffen wollen Konzept und Inhalt der beiden powerpoint-Präsentationen und der Dokumente zur Erläuterung: Petra Knust und Dr. Nicole D. Schmidt (mittenmang Schleswig-Holstein e.V.) Gestaltung und technischer Support: Jasper Wiegratz (Freiwilliger bei mittenmang) August 2012 Danke an alle Freiwilligen von mittenmang für ihr Vertrauen und ihre Kooperationsbereitschaft! Kontakt: mittenmang1@hotmail.de www.mittenmang.info