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Gestaltungsmöglichkeiten bei Ausschreibungen in der Schuldnerberatung und Möglichkeiten zur Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung im Rahmen von Ausschreibungen. Rechtsgrundlagen. Oberhalb der Schwellenwerte:
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Gestaltungsmöglichkeiten bei Ausschreibungen in der Schuldnerberatung und Möglichkeiten zur Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung im Rahmen von Ausschreibungen Rechtsanwältin Dr. Heike Glahs
Rechtsgrundlagen • Oberhalb der Schwellenwerte: §§ 97 ff. GWB, VgV und VOL/A Abschnitt 1 (Dienstleistungen nach Anhang I B) • Unterhalb der Schwellenwerte: • Haushaltsrecht + Erlasse zum Haushaltsrecht + VOL/A oder • Haushaltsrecht + Grundfreiheiten nach EGV (aber ohne VOL/A)
Vergabeunterlagen (§§ 8, 9 VOL/A) • Aufforderungsschreiben • Leistungsbeschreibung • Vertragsentwurf (inkl. VOL/B und BGB-Gesetzesrecht) • Bewerbungsbedingungen (mit Regelungen zu den geforderten Eignungsnachweisen und Wertungskriterien)
Leistungsbeschreibung und Vorgaben • Vorgaben zum Personal (Qualifikation des Personals) • Vorgaben zu den Räumlichkeiten (wo? Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln?) • Räumliche und technische Ausstattung • Leistungsbeschreibung i.e.S: Welche Leistungen sind gegenüber den Berechtigten zu erbringen?
Unzumutbares Wagnis (1)? • Gemeinde G schreibt die Schuldnerberatung aus. In dem Vertragsentwurf ist vorgesehen, dass der Auftragnehmer das in seinem Angebot vorgesehene Büro sowie das in seinem Angebot vorgesehene Personal während der Vertragslaufzeit vorhalten muss. Die Vergütung folgt auf Basis von Fallpauschalen, eine Mindestmenge wird nicht garantiert. Ist ein solches Vorgehen zulässig?
Unzumutbares Wagnis (1) • Vgl. u.a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2004, Verg 18/04. Das OLG führt aus: ... stellt es eine vergaberechtlich nicht hinnehmbare Wagnisüberbürdung dar, dass der Auftragnehmer bei Ausfall von 30 % des vereinbarten Bewerbersolls keine Vergütung erhält und er insoweit ersatzlos die Kosten zu tragen hat. Auch hiermit verlagert die Antragsgegnerin das grundsätzlich allein vom Auftraggeber zu tragende "Verwendungsrisiko" auf den Auftragnehmer, ohne dass dieser die Möglichkeit hätte, die für ihn nachteiligen wirtschaftlichen Folgen abzuwenden. Er muss sich für die gesamte Beauftragungsdauer vollständig … leistungsbereit halten, …, ohne sich bei einem 30 %-Ausfall bei seinem Auftraggeber schadlos halten zu können. Eine Kompensation des Ausfallrisikos ist nach dem Vertrag nicht vorgesehen; die "Garantie" der Antragsgegnerin in Höhe von 70 % der Bewerbersollzahl vermeidet nur einen noch größeren Verlust des Auftragnehmers.
Unzumutbares Wagnis (2) • Gemeinde G schreibt die Schuldnerberatung für einen Zeitraum von fünf Jahren aus. In dem Vertragsentwurf ist ein Sonderkündigungsrecht der Gemeinde für den Fall vorgesehen, dass die erforderlichen Haushaltsmittel nicht mehr vorhanden sind. Im Fall der Sonderkündigung entfällt der Vergütungsanspruch des Bieters für die Zeit nach Kündigung. Ist eine solche Klausel zulässig?
Unzumutbares Wagnis (2) • Solche Klauseln sind unzulässig. • Denn fehlende Haushaltsmittel der öffentlichen Hand führen regelmäßig und nach allgemeinen Grundsätzen nicht dazu, dass ein Recht zur außerordentlichen Kündigung besteht. • Eine Klausel, die ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes kraft Gesetzes, ein Kündigungsrecht bei fehlenden Haushaltsmitteln vorsieht, bürdet den Bietern ein unzumutbares Wagnis auf.
Losweise Vergabe - § 4 VOL/A • Gemeinde G schreibt die Schuldnerberatung aus. Sie möchte erreichen, dass die Schuldnerberatung künftig nicht nur durch ein Unternehmen, sondern durch mehrere Unternehmen durchgeführt wird. Deshalb teilt sie den Gesamtauftrag in 10 Lose auf und gibt vor, dass jeder Bieter den Zuschlag höchstens für drei Lose erhalten kann. Gleichzeitig fordert sie die Bieter auf, in ihrem Angebot mitzuteilen, in welcher Reihenfolge sie sich um die Aufträge bewerben, so dass der Bieter auf 10 Lose bieten kann. Ist dies zulässig?
Eignungsnachweise + Auswahl der Bieter • § 7 Ziffer 1 Abs. 1: … Der Wettbewerb darf insbesondere nicht auf Bewerber, die in bestimmten Bezirken ansässig sind, beschränkt werden. • § 7 Ziffer 4: Von den Bewerbern können zum Nachweis ihrer Eignung entsprechende Angaben gefordert werden, soweit es durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist.
Eignungsnachweise • Fall: Gemeinde G schreibt die Schuldnerberatung für das Jahr 2008 aus. Sie möchte Eignungskriterien vorsehen, und zwar folgende: - Schuldnerberatungsstelle, die nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO anerkannt ist;- mindestens drei Jahre Erfahrung auf dem Gebiet der Schuldner- und Insolvenzberatung;- vertiefte Kenntnisse und Erfahrung auf dem Gebiet des Sozialrechts und im Umgang mit Leistungsberechtigten des SGB II und SGB XII. • Sind dies zulässige Kriterien?
Wertungskriterien • Preis und sonstige Kriterien, insbesondere Qualität • Wertungsmatrix • Umsetzung von Preis in Punkte/Prozente • Bewertung des Kriteriums Qualität • Wichtig: Bekanntmachung der Wertung (wegen Transparenzgrundsatz)
Zulässige Wertungskriterien • Gemeinde G schreibt die Schuldnerberatung für das Jahr 2008 aus. Als Wertungskriterium nennt sie neben dem Preis die „Erfahrung des Bieters bzgl. der Schuldnerberatung“. Ist dieses Wertungskriterium zulässig?
Zulässige Wertungskriterien • Preis • Kein Mehr an Eignung • Bewertung des Konzeptes, insbesondere im Hinblick auf die Qualität der Vertragsdurchführung • Organisatorische, technische und räumliche Ausstattung sowie Erreichbarkeit der Beratungsstelle • Umsetzung der Schuldnerberatung • Qualität des Konzeptes (Organisation der Beratung im Einzelfall, Umgang mit kritischen Lebenslagen, Maßnahmen zur Vermeidung des Maßnahmeabbruchs)
Wertungsmatrix: Preis • Niedrigster Angebotspreis: 100 Punkte, höchster Angebotspreis 0 Punkte, dazwischen Interpolation • Niedrigster Angebotspreis: 100 Punkte, danach %-tuale Abzüge in Höhe des Preisunterschiedes • Niedrigster Angebotspreis: 100 Punkte, zweitniedrigster 90, drittniedrigster 80 Punkte usw. • Niedrigster Angebotspreis: 100 Punkte; und niedrigster Preis x 1,5 = 0 Punkte, dazwischen Interpolation
Wertungsmatrix: Qualität • 0 Punkte: Das Konzept erfüllt die Anforderungen der Vergabestelle nicht. • 1 Punkt: Das Konzept erfüllt die Anforderungen der Vergabestelle mit Einschränkungen • 2 Punkte: Das Konzept erfüllt die Anforderungen der Vergabestelle. • 3 Punkte: Das Konzept erfüllt die Anforderungen der Vergabestelle in besonders guter Weise. Beurteilungsspielraum der Vergabestelle!
Wertungsmatrix • Bei Angeboten, deren Preis in einer bestimmten Schwankungsbreite liegt, entscheidet allein das Wertungskriterium Konzept darüber, wer das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat. • Wichtig: Jede Wertungsmatrix, auch bzgl. Unterkriterien muss bekannt gemacht werden!
Wertung der Angebote • Stufe 1: Ausschluss aus formalen Gründen • Stufe 2: Eignungsprüfung • Stufe 3: Ausschluss von Angeboten mit einem unangemessen hohen Preis • Stufe 4: Wertung im engeren Sinne (anhand Preis und sonstigen Kriterien)
Stufe 3: Unangemessen niedriger Preis • Gemeinde G schreibt die Schuldnerberatung aus. Bieter A hat ein Angebot abgegeben, das erheblich unter seinen Kosten liegt. Kann ein solches Angebot ausgeschlossen werden?
Stufe 3 • § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A • Keine Ausschlussmöglichkeit ohne Aufklärungsverlangen • Falls nach Aufklärungsverlangen nachvollziehbare Zweifel an der Leistungsbereitschaft des Bieters bestehen, besteht ein Beurteilungsspielraum der Vergabestelle zum Ausschluss • i.d.R. können sich andere Bieter auf § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A nicht berufen!
Stufe 4: Wirtschaftlichstes Angebot i.e.S • Preis + andere Wertungskriterien, z.B. Qualität: • Dokumentationspflicht der Vergabestelle • Weiter Beurteilungsspielraum. Überprüft wird nur: • Richtiger Sachverhalt? • Richtiges Verständnis der aufgestellten Wertungskriterien? • Keine sachwidrigen Erwägungen!