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Deutsche Sprache des Mittelalters

Deutsche Sprache des Mittelalters. Die Anfänge volkssprachiger Schriftlichkeit (9.-11. Jh.). Deutsche Sprache und ihre Geschichtlichkeit. Deutsche Sprache der Gegenwart. Sprache als a) Instrument unmittelbarer Kommunikation. Voraussetzung: körperliche Kopräsenz der Kommunikationspartner.

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Deutsche Sprache des Mittelalters

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Presentation Transcript


  1. Deutsche Sprache des Mittelalters Die Anfänge volkssprachiger Schriftlichkeit (9.-11. Jh.)

  2. DeutscheSprache und ihre Geschichtlichkeit

  3. Deutsche Sprache der Gegenwart • Sprache als • a) Instrument unmittelbarer Kommunikation. • Voraussetzung: körperliche Kopräsenz der Kommunikationspartner. • b) Instrument einer „vermittelten/zerdehnten“ Kommunikation (Brief, Zeitung, sonstige Medien): mediale Vermittlung, u.a. Schriftlichkeit → Möglichkeit der Speicherung von Sprache in verschiedenen Medien. • Sprache in medialer Vermittlung reicht über die Begrenztheit des Raums und der Zeit hinaus.

  4. Sprache und Funktion • Wirksamkeit von Sprache • a) in unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen/Schichten • b) in unterschiedlichen Anlässen, • c) in definierten Segmenten der Kommunikation, z.B.: • a) informelle, kolloquiale Praxis; • b) Fachsprachen in Medizin, Biologie, Elektronik, Astronomie, Handwerke, Wissenschaftsfeldern etc.); • c) in unterschiedlichen historischen Bezugssystemen; Untersuchung in synchroner (gleichzeitiger) und diachroner (zeitübergreifender) Sprachbetrachtung.

  5. Sprache in stetiger Veränderung(diachrone Sprachbetrachtung) • Notwendigkeit der kontinuierlichen Anpassung der Sprache an Notwendigkeiten der Verständigung; • Stetige Aktualisierung des Wortschatzes; • Stetige Anpassung der Sprache an sich verändernde Sprachnormen und kulturellen Wandel: → Sprachwandel Untersuchung in diachroner Sprachbetrachtung.

  6. Folgerung • Sprachwandel ist kein Merkmal des unmittelbar gegenwärtigen Sprachgebrauchs, sondern kann nur im zeitlichen Verlauf (diachron) beobachtet werden. • Wer bewusst die Sprache beobachtet, bemerkt ihre Veränderung. • Quellenmaterial: Tonaufzeichnungen; Schriftquellen.

  7. Sprache und Regionalität • Die Einheitlichkeit der Sprache existiert – bis in die Gegenwart – nur im Medium überregionaler Schriftlichkeit. • außerhalb der überregionalen Schriftnorm gliedert sich Sprache in unterschiedliche Varietäten: • regionale Varietäten (Dialekte) • gruppenspezifische Varietäten (Soziolekte)

  8. Deutsche Sprache des Mittelalters (8.-15. Jh.) • Kennzeichen: • Bezeugung nur in medialer Vermittlung: Schrift; • Ehemalige Mündlichkeit ist nur in sekundärer Bezeugung greifbar; • Schriftlichkeit in deutscher Sprache in unterschiedlichen Medien: • Runenzeugnisse, vorwiegend nordeuropäisch • Handschriften mit deutschsprachigen Zeugnissen (ab 8. Jh.), in lateinischer Sprache seit der Antike. • Buchdruck (ab etwa 1450), Inschriften etc.

  9. Schrift und Schriftgebrauch im deutschen Mittelalter • Schrift im westlichen Europa: Lateinische Alphabetschrift. • Prinzip: Zusammensetzung einzelner selbständiger Lautzeichen (Buchstaben) ohne je eigenen Sinn zu bedeutungs- und sinntragenden Zeichenkomplexen = Wörtern • funktionale Anwendung von Schrift innerhalb der lateinischen Sprache. • Die Anwendung der lateinischen Alphabetschrift auf die deutsche Sprache stellt einen kulturellen/ kulturgeschichtlichen Übertragungsprozess dar.

  10. Lateinische Schrift und germanische/deutsche Sprache • Problematische Ausgangssituation: das Zeichensystem des Lateinischen passte nicht auf das Phonemsystem des Deutschen. • Wie soll man deutsche Wörter mit den ihnen fremden Zeichen in Schrift umsetzen? • Zu den Schwierigkeiten: der Benediktinermönch Otfrid von Weißenburg (9. Jh.) im Vorwort seines (althochdeutschen) „Evangelienbuchs“

  11. Otfrid von Weißenburg, Evangelienbuch (um 865/70)(-> Zweisprach. Ausg. von G. Vollmann Profe, reclam) Otfrids Widmung des Evangelienbuchs an Erzbischof Liutbert von Mainz: • Otfrid tadelt die rauhe Unkultiviertheit der Sprache (linguae barbaries); • das Deutsche sei eine ungehobelte, bäuerische Sprache (lingua agrestis), • ohne den „Zügel“ eines grammatischen Systems (insueta freno grammaticae artis).

  12. Buch II, Cap. 22: Niemand kann zwei Herren dienen (Nemo potest duobus dominis servire) Otfrid von Weißenburg, Evangelienbuch, um 860

  13. NIMAG MAN THAZ TUAN NIHEIN THAZ THAZ THIONO HEREREN ZUEIN Thaz er irfulle io follon Bedero uuillon […] (‚Keine Mensch kann das tun, dass er zwei Herren diene, so dass er allezeit den Willen beider erfülle.‘)

  14. Otfrid von Weißenburg (2. H. 9. Jh.),Brief an Erzbischof Liutbert von Mainz (,Ad Liutbertum‘) • Schwierig sei, die Sprache in Schrift umzusetzen • einerseits wegen der Häufung von Lauten: literarum congeries [gemeint sind Konsonantenhäufungen, die für das lateinisch ungewohnt sind], • andererseits wegen der Unbeholfenheit der Sprache: linguae barbaries • und wegen der gegenüber dem Lateinischen ungewohnten Laute, z.B.: • drei u (uuu) für vu/wu/uw/vu • k und z (die dem lateinischen Alphabet fremd sind).

  15. Sprache und Regionalität im deutschen Mittelalter • Die Schriftsprache des Mittelalters und der frühen Neuzeit zielt auf die möglichst genaue skripturale Wiedergabe des Lautbildes. • Die Schriftsprache des Mittelalters ist in ihren Schreibformen durchgängig regional geprägt (regionalspezifische Schreibsprachen). • Eine anerkannte und verbindliche Schreibnorm (vergleichbar dem „Duden“*) bildet sich erst ab etwa dem 17./18. Jh. heraus. • Norm: Schrift soll der Lautung entsprechen. (Vergleich mit dem Englischen oder Französischen, wo das Schriftbild Lautbilder liefert, die lange zurückliegenden Sprachperioden angehören ) * Konrad Duden, Philologe, 1829-1911. – Vollständiges orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache, zuerst 1880 erschienen.

  16. Dialektale Gliederung des mittelalterlichen Deutsch Sog. Benrather Lini Sog. Rhein. Fächer

  17. Semantik: Wort und Bedeutung • Wörter verändern ihre Bedeutung Gegenwart um 1200 Bedeutung um 1200 Arbeit ar(e)beit ‚Mühsal‘ Frau vrouwe ‚edle Dame‘ List list ‚Klugheit, Kenntnis‘ Milde milte ‚Freigebigkeit‘ Liebe liebe ‚Freude, Glück‘ fromm vrum ‚nützlich, tüchtig‘ Gift gift ‚Gabe, Geschenk‘

  18. Anfänge volkssprachiger Schriftlichkeit • durchgängige praktizierte Schriftlichkeit in lateinischer Sprache seit der Antike (regionale Unterbrechung durch die Völkerwanderung) • Anfänge der Schriftlichkeit des Deutschen um 800 • Deutsche Sprache: • - zunächst im Umkreis kirchlichen Gebrauchs und religiöser Vermittlung: Paternoster, Credo, Beichtformeln, einzelne Predigten; auch in lat.-dt. Glossaren. • - als Hilfe beim Studium lateinischer Texte: Glossen, Interlinearversionen.

  19. Marginale Existenz deutscher Schriftzeugnisse im 9./10. Jh. • Eintrag kleinerer deutscher Texte auf Blatträndern oder freien Blättern. • Deutsche Wörter weden als Übersetzungshilfen interlinear in lateinischen Texten eingetragen (Glossen). • Nur drei buchfüllende deutsche Texte im 9. Jh.: - Otfrid von Weißenburg, ,Evangelienbuch‘, - ,Heliand‘, - der sog. althochdeutsche ‚Tatian‘ (Leben Jesu, althochdeutsch mit nebenstehendem lat. Text; ursprünglich verfasst von dem Syrer Tatian).

  20. ,Hildebrandslied‘ Ik gihorta ðat seggen, dat sih urhettun ænon muo- tin hiltibraht inti haðubrant untar heriun tuem, Sunu fatarungo. Iro sarun rihtun, garutun se iro Guðhamun. Gurtun sih iro suert ana […]. Hildebrandslied, Blatt 1. Handschrift aus dem Kloster Fulda, um 830.

  21. ‚Hildebrandslied‘, Blatt 2 mit Abbruch des Textes

  22. Osculetur me osculo oris sui (‚Er küsse mich mit dem Kuss seines Mundes‘) Cusser mih mit demo cusse sînes mundes, Dicco gehiezzer mir sîne cuonft per prophetas. Nu cume er Selbo. Unte cusse mih Mit dero suoze sînes Euangelii. Quia meliora sunt ubera tua Vino, fraglantia unguentis optimis Wanta bezzer sint dîne spunne Demo uvîne […] Williram von Ebersberg, Bearbeitung des Hohen Liedes

  23. Schreiborte für deutsche Schriftlichkeit im 9.-11. Jahrhundert

  24. Deutsch zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit • Mündlichkeit: Flächendeckender Gebrauch des Deutschen im gesamten Sprachgebiet. • Beim Übergang der Kommunikation in die Schriftlichkeit wurde in der Regel auf die lateinische Sprache umgeschaltet. • Repräsentanz des Deutschen in literarischen Texten wird um 1200 erreicht und in der Folgezeit weiter ausgebaut. • Um 1200 sind ca. 5% der Schriftzeugnisse in deutscher Sprache, 95% lateinisch. • Ein alle Lebensbereiche umfassender Schriftgebrauch des Deutschen ist erst im 15. Jh. erreicht. • Buchdruck im 15. Jh.: deutschsprachige Drucke etwa 10-15%, lateinische Drucke ca. 85-90%. • Drucke um 1700: deutsche ca. 50%, lateinische ca. 50%.

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