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BAUM DES JAHRES 2014. DIE TRAUBEN-EICHE QUERCUS PETRAEA. Die Trauben-Eiche Quercus Petraea. Leicht hat sie’s nicht
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BAUM DES JAHRES 2014 DIE TRAUBEN-EICHE QUERCUS PETRAEA
Die Trauben-EicheQuercusPetraea Leicht hat sie’snicht Natürlich ! Die Eiche an sich – die kenntjeder. Blätter und insbesondere die FrüchtesindseitKindheitstagehöchstvertraut. Selbstaus der DistanzkönnenvieleMenschenzumindestfreistehendeEichen an ihrercharakteristischenBaumkroneerkennen. Aberesgibtmehralsnureine Art von Eiche, die hierbeiuns in Mitteleuropazuhauseist – drei, um genauzusein. Die allerdingskönnenbestenfallsMenschenauseinanderhalten, die beruflichoderausInteressebotanischoderforstlichunterwegssind. Okay, die eine, die Flaum-Eiche, isthöchstselten und kommtnur auf sehrwenigen, sehrwarmen, sonnenbestrahltenHanglagen in Süd- und Ostdeutschlandvor. IhreeigentlicheHeimatliegteherimwärmerenSüdenEuropas. Doch die beidenanderen in Deutschland vorkommendenArtensindhäufig und – wennauchmitunterschiedlichenSchwerpunkten – so gut wieüberall in unsererLandschaftanzutreffen. Einer der beidenist die Trauben-eiche, der Baum des Jahres 2014. die andere – das ist die Stiel-Eiche. Die war bereits 1989 der Baum des Jahres. Zugegeben – beideArtensindsichrechtähnlich. Man muss schon nah rangehen, um die ausschlaggebendenUnterscheidungs- merkmale an Blättern und Früchtenzuerkennen. Erschwerendkommthinzu, dassbeideArtensichuntereinanderkreuzen – also bastardisierenkönnen. Und so schweltdennauchschonlangeeinStreitunterForstbiologen, ob esdennüberhauptzweiArtensindodervielleichtdocheherzweiUnterarteneinereinzigenEichenart. Und: Sind nichtvielleichtschonlängst die Bastarde in der Überzahl? Schliesslichhaben die beidenArtengemeinsamauch die letzte, immerhinhundertausenJahredauerndeEiszeit in den gleichenRegionenimsüdlichen Balkan, in Italien und auf der IberischenHalbinselüberdauert. Artigkeiten Bis ins 18. JahrhunderthineinwurdenichtzwischenzweiEichenartenunterschieden. Auch Carl von Linnéhielt die Trauben-EichenurfüreineVarietät der Stiel-Eiche. Dochselbstalsdanngegenende des 18. Jahrhunderts der Trauben-Eiche der Status einereigenen Art zuerkanntwurde, gab esweiterhingenugArgumente, dies auchwiederanzuzweifeln. Sie hat’s halt nichtleicht, die SpeziesTrauben-Eiche! Und ihre Wahl zum Baum des Jahreswirdihr in diesemPunktauchnichtvielhelfenkönnen.
Die Trauben-EicheQuercusPetraea Artigkeiten (Fortsetzung) Wieauchimmer! Es ist und bleibteinhöchstakademischerStreit. Die Trauben-Eicheselbstkratzt die Frage, in welcheSchublade der botanischenSystematiksie nun eigentlichgehört, natürlichüberhauptnicht. Ob nun Spezies, Sub-SpeziesoderVarietät – wer will, kann die Trauben-Eichedurchaus und mitrecht grosser Trefferquote von der Stiel-Eicheunterscheiden. Bei der Trauben-Eichesitzen die Eichelndichtgedrängt, ähnlichwiebeieinerreifenTraube, an einemkurzenStiel, währendsiebei der Stiel-Eiche locker am EndeeineslängerenStielssitzen. Bei den Blätternistesgenauumgekehrt: Die Blätter der Trauben-Eichesinddeutlichgestielt, die der Stiel-Eichehabendagegennureinensehrkurzen, ja fast gar keinenStiel. KorrekterweisegehörennocheinpaarweitereMerkmalezusicherenBestimmungbeiderArten und zurAbgrenzung von Bastardendazu. Wer’sgenauwissen will: Genaueressteht in der folgendenTabelle:
Die Trauben-EicheQuercusPetraea Platzverweis Voretwa 8.000 Jahren, in der erstengrossenWärmeperiodenach der letztenEiszeit, begann die grosseRückkehr der Laubbäu-me in die damalsnoch locker vorallemmitKiefern, Birken und HaselnbestandenenLandschaftenMitteleuropas. Auch die rechtlichtbedürftigenEichenfandenhiergenügendPlatz. Laubmischwälder – meistsogar von Eichendominiert – prägten nun mehr und mehr die Landschaft. DochdieseEichenphase in der mitteleuropäischenWaldgeschichtegingspätestensvorbei, alsvergleichsweisespätauch die Buchenwieder in Mitteleuropaauftauchten. Dank der hohenSchattentoleranzihresNachwuchseskonntendieseSpätheimkehrer die inzwischenrechtdichtgewordeneWaldlandschaftunterwandern und sichallmählich auf allenbesserenStandortenalsprägendeBaumart in MitteleuropasWälderndurchsetzen. Den lichtbedürftigerenBäumenbliebennotgedrungennurnochsuboptimale und unwirtlicheStandorte. So auch den Eichen. Und hier – beimZurückweichenvor der Buche – zeigtsicheinweiterer und auchrechtdeutlicherUnterschiedzwischenbeidenEichen: Die Stiel-Eichekannsich am besten in grundwassernahen, oft feuchten und meistrechtnährstoffreichenTalstandorten und Flussauenbehaupten. SiehältsogarlanganhaltendeÜberflutungenaus – längeralsjedeandereBaumart. Die Trauben-EichedagegenzeigtihreStärkeneheralässigen, auch auf trockenen und auf schlechtmitNährstoffenversorgtenBöden. SonnenbeschieneneHänge der Mittelgebirge – so ab 300 Höhenmetern – gehörenzuihrencharakteristischenStandorten. Seitdem die ZurückkehrendeBuche all die übrigenBaumarten auf die Rängeverwies, gibtes von Naturaus in Mitteleuropa so gut wiekeine von EichendominiertenWäldermehr. DazwischengemischtalssogenannteNebenbaumartkonntensichaberbeideEichendurchausbehaupten, und zwar in einerganzenReihe von Waldtypen – auch in Buchenwäldern. Trauben- und Stiel-Eichenteilensichheute den zweiten und drittenPlatz in der Häufigkeitsskala der Laubbäume in DeutschlandsWäldern. Auf nährstoffarmen, sehrsandigenodersehrsteilen und sonnenexponiertenStandorten, dahabensichdanndochnochursprünglicheTrauben-Eichen-Wäldergehalten. Beispielsweise an den von der SonneschnellaufgeheiztenSchieferhängen am Edersee in Nordhessen. Die Trauben-Eichendort, fast alle 400 Jahre alt und älter, klammernsichmitihrenbizarren, durchErdrutscheimmerwiederblossgelegtenWurzeln an die steilenHänge. Kaumeiner der Bäumeisthöherals 5 Meter.
Die Trauben-EicheQuercusPetraea Kulturförderung Woheuteallerdingshochgewachsenen, von EichengeprägteWälderstehen, dakann man rechtsichersein, dassdortkräftignachgeholfenwurde. Die Eichenwarenschonimmerhöchstinteressantfür den Menschen. Die Brennholzqualität war bestens, die Rindelieferte der LedergerbereiüberausergiebigeLohe, und an den stärkereichenEichelnliess der jagdversessene Adel die Hirsche , und die LandbevölkerungihreSchweinesattwerden. SchonseitdemfrühenMittelalterwurdendaherEichenwäldersystematischkultiviert: Niederwälder, quasi die historische Form heutigerKurzumtriebsplantagen, liefertenvornehmlichBrennholz. Ganzähnlich die Schälwälder, die zusätzlichzumBrennholzbesondersgerbstoffreicheEichenrindeproduzierten. Um auch den Bedarf an Bauholzzudecken, kam die Mittelwaldwirtschaft auf, mit locker auf der Flächeverteiltstehenden, älterenEichenbäumen, unterderenKronenschirmauchnochBrennholzlieferndeBaumartengenugPlatz und Lichtfanden. Und – auchganzwichtig und sehrverbreitet – die sogenanntenHutewälder, in denensommers das Viehweidenkonnte, und in denensichimHerbst die Schweinenochordentlich an den Eichelngütlichtunkonnten, bevordannimfrostigen Winter ihrebesonderswohlschmeckendenSchinkengeerntetwurden. Eichenwäldersind also seitdemMittelalter in der Regel “gewollte” Wälder. WennsienichtmehrgezieltalsEichenbeständebewirtschaftetwerden, weilBrennstoff, LoheoderSchinkenauchanders, bequemeroderbilligerzubekommensind, dannübernimmtnach und nachmeistwieder die Buche die Vorherrschaft in diesenWäldern. So auchbei den heutewohlbekanntestenTrauben-Eichen, den sogenanntenSpessarteichen. VorallemimHochspessart, aberauch in anderenTeilen dieses hessisch-bayerischenWaldgebietsgibtesEichenbeständemitBäumen, biszuvierzig Meter hoch und mitmeterdicken, sehrgeraden und astfreienStämmen, die fürihrhohes Alter – einigesindüber 400 Jahre alt – geradezuschlankwirken. Viele der StämmehabenFurnierqualität, für die heuteviel Geld gebotenwird, mehrals 3.000,- Euro pro m3 sindmöglich.
Die Trauben-EicheQuercusPetraea Kriegsfolgen Warumsich auf diesen – fürBuchendurchausgünstigenStandorten – so grandiose Eichenbeständeentwickelnkonnten, dafürgibtesmehrereErklärungen. Einedavonlautet so: Während des 30.-Jährigen Kriegs (1618-1648) hattensichvieleBewohner des Maingebiets, jaganzeDörfer, vor den durchziehendenTruppen in die Wälderzurückgezogen. Dort obenhabensie, um Landwirtschaftzubetreiben, den Wald bis auf die fürsiejanützlichenEichengerodet. Als der Krieg danneine Generation spätervorbei war, und die Kriegsflüchtlinge in die Tälerzurückkehrten, konntensich die stehengelassenenEichen auf den Freiflächenbestensvermehren, und esentstanden so rechtdichte, hochstrebende, eichenreicheWälder. Der Spessart(ein Mittelgebirge zwischen Vogelsberg und Rhön, sowie Odenwald im südwestlichen Deutschland in den Bundes- ländern Bayern (Regierungsbezirk Unterfranken) und Hessen.. Im dicht bewaldeten Hohen Spessart liegt der Geiersberg mit 585 m über dem Meeresspiegel. Der Name leitet sich aus Specht und Hardt („Bergwald“) her, steht so für „Spechtswald“) wurde aber auch über Jahrhunderte von den Mainzer Fürstbischöfen genutzt. Hier holten sie sich das Holz zum Bau ihrer Schlösser, hier fällten sie die Stämme, um sie bei den holländischen Schiffbauern zu Geld zu machen (Flösser) und – nicht zuletzt – hier jagten sie. Und für all diese Zwecke war die Eiche mit ihrem starken Holz und ihren nahrhaften Eicheln die geeignetste Baumart. Es entwickelte sich so eine Art von Kahlschlagwirtschaft, die ja den Nachwuchs der lichtliebenden Eichen durchaus fördert. Kriegschaos und Kahlschlag – das sind die Gründe für die heute so eindrucksvollen und gewinnträchtigen Spessarteichen. Auf den meisten eichenbestandenen Flächen ist die Buche heute wieder im Vormarsch. Auf einigen der Standorte wurde sie sogar bereits im 19. Jahrhundert aktiv in die Eichenbestände eingebracht. Das langsame Ende dieses Kapitels der Spessart-Waldkulturgeschichte ist somit absehbar. Und die Trauben-Eiche wird hier wieder zur Nebenbaumart, die sich wohl mit einem Flächenanteil von bis zu 5% in den Spessart-Buchenwäldern behaupten wird. Noch stehen diese imposanten Trauben-Eichen-Methusalems im Spessart. Und noch pilgern alljährlich Hunderte von Forstleuten und Naturfreunden dorthin. Vielleicht mag das erklären, warum heute gerade im Spessart ein erbitterter Streit ausgetragen wird zwischen denen, die sich für eine Forstwirtschaftspraxis einsetzen, und denen, die sich für eine naturnahe, der natürlichen Wald-entwicklunganarbeiten wollen, um auch künftig wertvolle und – mag sein – auch eindrucksvolle Trauben-Eichen zu produzieren.
Die Trauben-EicheQuercusPetraea Kriegsfolgen (Fortsetzung) Stärke und Robustheid, das sind Attribute, mitdenenEichenhäufigcharakterisiertwerden. IhrhartesausdauerndesHolzscheintdiesenWesenszuggenausozubelegenwieihreLanglebigkeit und der wuchtige, etwasknorrigeWuchsausgewachsener, frei-stehenderExemplare. Die Germanenhaben die Eichevermutlichgenaudeswegenihremgewalttätigsten, demdaherdonnerdenGottDonarzugeordnet. Um imaufkeimendenNationalismusvoretwazweihundertJahren, damachten die Deutschen die EichezurDeutschenEiche, um die vermeintlicheStärke der sichnach und nachformierendenDeutschlandszusymbolisieren. SeitdemtummelnsichverstärktEichenkranz, Eichenlaub und Eichenfruchtinsbesondere auf deutschenUniformen und deutschenMünzen. Selbstnoch auf den Euro, genauer: auf die deutschen Cent-Münzen, hat es die Eichegeschafft. Ein Bastard – ganznebenbeibemerkt – mitBlättern der Trauben- und Früchten der Stiel-Eiche. DochStärke und Robustheid – diese Attribute geratenbeimBlick in die alljährlicheWaldschadensstatistik ins Wanken: Die Eichensindnämlich die am stärkstengeschädigteBaumart in unserenWäldern. Und das schonseitvielenJahren und nichtnur in Deutschland, sondernauch in Europa. Beirund 80% der in deutschenWäldernstehendenEichenkonstatieren die GutachtermehroderwenigerlädierteBaumkronen. Bei der Hälfte der EichensinddieseKronen so schütter, dassauchLaien das ohneweitereserkennenkönnen. Damals, alsvorüber 30 Jahrenbegonnenwurde, das Leiden der Wälder an unserenZivilisationsabgasengenauerzuerfassen, dasahes so aus, alswennvorallemTannen, Fichten und vielleichtnoch die Kiefern die Hauptleidtragendenwären. DochbereitsEnde der achtzigerJahrewiesendannBuchen und Eichen – und zwardurchgängigbisheute – stärkereSchäden auf alsNadelbäume. Und alssichAnfang der 90 Jahredurchwarme und allzutrockeneJahre der Stress der Bäumenocherhöhte und ungewöhnlichvieleEichenabstarben, spätestensda war das “Eichensterben” eineExtrakategorieimWaldsterbensdebakel. Das Jahr 2003 dannmit seiner extremenTrockenheitverpasste den EicheneinenweiterenSchädigungsschub, von demsiesichbisheutenichterholenkonnten.
Die Trauben-EicheQuercusPetraea Klimaflüchtling Dieses Sterben der Eichenisteinehöchstkomplexe Geschichte. Mit den Luftschadstoffen, den HauptverantwortlichfürVersau-erung und NährstoffungleichgewichteimWaldboden, mitdenenkommen die Eichennocheinigermassenzurecht. Was sieaberfertigmacht, das ist die fatale Kombination von Fressfeinden, von denen die EicheeineganzeMenge hat, und den Vorboten des sichwandelndenKlimas, den ungewöhnlichenTrockenperioden, zunehmendeSpätfrösten und anderenExtremwetterereignissen. Dass diverse Schmetterlingsraupen den erstenLaubaustriebwegfressen – das passiertgelegentlich. Das verträgt die Eiche – ab und an jedenfalls. Doch die HäufigkeitsolcherKahlfressereiennimmtzu– wohlauchklimabedingt. Die von NaturausfürsolcheFällevorgesehenenErsatztriebe, die Johannistriebe, werdenimmerhäufigerdurcheinenstarkenMehltaubefall in ihrerErsatzfunktionbeeinträchtigt. ImWurzelraumgreiftPhytopthora, eineinzelligerPilz, die Feinwurzeln an. Und ist der Baum nach all demschon stark geschwächt, dannkommtauchnoch der Hallimasch. Und unter der Rindefrisst der Eichenprachtkäfer – nichtseltenbiszumAbsterben des Baumes. Die Eiche hat es – hierwirdes nun überdeutlich – wahrlichnichtleicht. Allerdings – in der Statistik der WaldschädenwirdnichtzwischenTrauben- und Stiel-Eicheunterschieden. Es gibtaber in einzelnenBundesländernspezifischereUntersuchungendazu. Und dasaheslange so aus, dass die Wucht des Eichensterbenswohlhauptsächlich die Stiel-Eichetrifft. Doch das istlängstnichtmehr so klar. In BrandenburgsWäldernistseit 2009 durchgängig die Trauben-Eiche die am stärkstengeschädigteBaumart. Der Klimawechsel hat geradeerstbegonnen. Dochwie stark bereits die erstenVeränderungenunseresKlimas in die komplexenAbläufe der Natureingreifen, das führtuns die Trauben-Eiche – Baum des Jahres 2014 – erschreckendvorAugen.